492 Mai 2013 Monats-Zeitschrift der Christlichen Ostmission «ICH KOSTETEI. «Ich kostete zwei Schweizer Franken» Die Zeit drängt
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- Sofia Förstner
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1 492 Mai 2013 Monats-Zeitschrift der Christlichen Ostmission «ICH KOSTETEI Izwei SchweizerI Ifranken»I «Ich kostete zwei Schweizer Franken» Die Zeit drängt
2 2 ostvision mai 2013 editorial ostvision Liebe Leserin, lieber Leser, stellen Sie sich vor, Sie sitzen einem dreizehnjährigen Mädchen gegenüber. Das Mädchen zu seinem Schutz nennen wir es Shanra erzählt Ihnen aus seiner Kinderzeit. Shanras schwarze Haare und die dunkelbraunen Augen sind einfach schön. Ich bin Vater einer erwachsenen, hübschen Tochter. Wäre Shanra meine Tochter, ich würde sie umarmen und ihr sagen: «Wie habe ich dich gern!» Und ich würde alles unternehmen, damit sie eine frohe Kinder- und Jugendzeit erleben dürfte. Doch, was Shanra Ihnen erzählt, tönt ganz anders. Die Ereignisse haben sich in einem unserer asiatischen Projektländer zugetragen. «Es passierte in einer Nacht, als ich im Haus meiner Grossmutter schlief. Im Halbschlaf bemerkte ich, dass jemand leise hereinkam, mich sanft aufnahm und aus dem Haus trug. Ich nahm an, es sei mein Vater, der mich nach Hause holte. Erst nach einer Weile stellte ich fest, dass nicht mein Vater, sondern ein Nachbar aus dem Dorf mich auf seinen Armen trug. Ich verstand nicht, was vor sich ging und bekam Angst. Ich schrie und wollte flüchten. Doch der Mann hatte mich fest im Griff. Vor uns lag ein grosses Feld, nicht weit von einer Pagode, diesem turmhohen Bauwerk, dessen einzelne Stockwerke meist durch vorragende Gesimse oder Dachvorsprünge voneinander getrennt sind. Dort vergewaltigte er mich. Mehrmals. Dann schleppte er mich zur Pagode und stiess mich von einer grossen Statue hinunter. Darauf packte er mich und brachte mich zum Fluss in der Nähe, um mich zu ertränken. Ich war ihm völlig ausgeliefert konnte mich nicht wehren. Ich war verletzt und erschöpft, aber ich lebte noch. Er brachte mich an eine seichte Stelle, begrub mich und verschwand im Glauben, dass ich tot war. Kraftlos und blutend lag ich da. Ein unerträglicher Schmerz und tiefe Angst machten sich breit. Ich wollte sterben. Ich fühlte mich nicht mehr wie ein Mensch, nicht einmal wie ein Tier, sondern nur noch wie sterbender Dreck. Ich war erst sechs Jahre alt.» Shanra wurde drei Tage später von der Polizei und ihren Verwandten gefunden und ins Spital gebracht. Viele Tage lag sie dort. Ihre Eltern besuchten sie nie. Nach dem Spitalaufenthalt wurde Shanra in ein Rehabilitationszentrum für Kinder gebracht. Es dauerte sehr lange, bis sie ihr Erlebnis verarbeiten konnte. Schliesslich besuchte sie die Schule. Dass ihre Familie bis heute immer noch keinen Kontakt mit ihr haben will, macht ihr sehr zu schaffen. Die Angehörigen schämen sich für das, was ihr passiert ist! Ich bin Vater von zwei erwachsenen Kindern, einer Tochter und einem Sohn, die ich sehr liebe. Vor diesem Hintergrund macht mich Shanras Geschichte sehr betroffen. Im Wissen um die Vielzahl solcher Schicksale überlege ich mir, wie mein praktischer Beitrag zur Linderung und Veränderung solchen menschlichen Leids aussehen kann. Gut informiert sein, ist sicher ein Beitrag. Die nächsten Seiten der Zeitschrift ostvision mit Berichten aus Nepal und Moldawien sind ein möglicher Weg dazu. Thomas Haller, Vorstandsmitglied wird monatlich herausgegeben von der CHRISTLICHEN OSTMISSION (COM), Worb Nr. 492: Mai 2013 Jahres- CHF 15. abonnement: Redaktion: Georges Dubi Adresse: Christliche Ostmission Bodengasse Worb BE Telefon: Fax: Internet: Postkonto: Bankkonto: Spar + Leihkasse Münsingen, Kontrolle der Bücher: Unico Treuhand AG, Burgdorf Spenden sind in vielen Kantonen steuerabzugsberechtigt. Nähere Auskünfte er teilt unser Sekretariat. Gehen für ein Projekt mehr Spenden als benötigt ein, werden diese für ähnliche Zwecke ein gesetzt. Bildquelle: COM, Hagar International Wenn nicht anders vermerkt, haben die abgebildeten Personen keinen Zusammenhang mit den erwähnten Beispielen. Gestaltungskonzept: fortissimo : think visual, fortissimo.ch Gestaltung: Melanie Keller Druck: Stämpfli Publikationen AG, Bern Papier: Das Magazin ist auf chlorfrei gebleichtem und FSC-zertifiziertem Papier gedruckt. Geschäftsleitung: Georges Dubi, Muri, Missionsleiter Günther Baumann, Magglingen Vorstand: Mario Brühlmann, Orpund, Präsident Pfr. Thomas Hurni, Leutwil, Vizepräsident Pfr. Ruedi Staub, Jouxtens-Mézery Pfr. Jürg Maurer, Hirschthal Markus Reidhaar, Gümligen Thomas Haller, Langenthal Facebook Twitter
3 persönlich 3 Sabin Gurung MENSCHEN unterwegs mit uns Ich habe Soziologie studiert und meine Ausbildung mit dem Master abgeschlossen. Seit 15 Jahren leite ich den Bereich Menschenhandel unserer Hilfsorganisation. Dazu gehören Themen wie sichere Migration, Gewalt gegen Frauen und die Anerkennung von Frauen- und Kinderrechten. Weiter bin ich für reibungslose Managementprozesse, organisatorische Abläufe sowie eine gute Mitarbeiterführung in unserer Organisation verantwortlich. Der Einsatz für Menschenrechte ist meine grosse Leidenschaft. Ich stamme aus dem Osten Nepals, einer der beliebtesten und schönsten Bergregionen des Landes. Mein Grossvater, mein Vater und mein Onkel waren Armeeoffiziere. Mich interessierten aber vor allem soziale Fragen. Da mein Vater viel unterwegs war, verbrachte ich die meiste Zeit mit meiner Mutter. Sie ist eine der gütigsten Frauen, die ich kenne. Durch sie entdeckte ich viele wertvolle Prinzipien und Werte und lernte, was menschliche Ethik ist. Meine Mutter war es auch, die in mir das Bewusstsein weckte, dass ich selbst etwas zum Wohl der Menschheit beitragen kann und soll. Mit Menschen zu handeln, ist ein abscheuliches Verbrechen. Die Opfer müssen unvorstellbare Qualen erdulden und sind fürs Leben gezeichnet. Die Tausenden von wei- nenden Stimmen und verwundeten Herzen, die unschuldigen Gesichter und vernarbten Seelen treiben mich an, dieses menschenverachtende Verbrechen zu bekämpfen. Frauen müssen die gleichen Rechte haben wie Männer, und sie sollen die Möglichkeit erhalten, ihr Leben selbstbestimmt und positiv zu gestalten. Darum setze ich mich für Frauen und Kinder ein, die in einer verzweifelten Notlage sind. Es braucht Männer und Frauen, die sich ergänzend für das Wohl eines Volkes einsetzen. Gemeinsam, mit unseren unterschiedlichen Gaben und Eigenschaften, Hand in Hand, wollen und sollen wir Menschen in Not helfen und den Menschenhandel mit allen Kräften bekämpfen.
4 4 ostvision wir schützen vor Frauen- und Kinderhandel I«IchI Kostete zweii Schweizer I Franken»I Beatrice Käufeler Projektleiterin Nepal Jährlich landen um die nepalesische Mädchen in indischen Bordellen. Sie wurden getäuscht oder entführt, manchmal sogar von ihren Eltern verkauft. Geena* ist eines der vielen Opfer. Sie wurde von Freunden verkauft und ausgebeutet. Heute ist sie frei und lebt wieder in Nepal. Die Geschichte, die sie erzählt, ist typisch: «Sie würden bald zurückkommen, sagten Ram und Pasang, doch ich sah sie nie wieder. Zwei Tage später begriff ich, dass sie mich getäuscht und an ein Bordell verkauft hatten! Ich war schockiert und spürte, wie Angst mich erfasste. Ich hatte Ram und Pasang an meiner Arbeitsstelle in Nepal kennengelernt. Es ging mir damals schlecht und während Wochen kümmerten sich die beiden um mich, wie gute Freunde. Als sie eines Tages von einer Arbeitsstelle in Indien erzählten, schöpfte ich Hoffnung. Zuhause bei meiner älteren Schwester fühlte ich mich nur als Last. Zudem war ich oft traurig. Ich hatte meinen Ehemann und kurz nach dessen Geburt auch unser Kind verloren. Ich war 18 Jahre alt. In der Falle Weil ich Ram und Pasang vertraute, fuhr ich mit ihnen nach Delhi. Ich hatte Angst, dass der Grenzwächter mich nicht nach Indien lassen könnte, doch Ram kaufte mir eine Halskette als Zeichen dafür, dass er sich als mein Ehemann ausgeben werde. So verlief
5 5 Er nahm Kontakt mit einer Hilfsorganisation auf. Nicht lange danach wurde ich von der Polizei befreit. Mitarbeiter der Hilfsorganisation brachten mich nach Nepal zurück. Ins Bordell kamen jeden Tag mehr als zehn Männer, die für meine «Dienste» bezahlten. Ich bekam pro Freier 20 Rappen. Nur selten gelingt einem Opfer die Flucht aus dem Bordell. alles reibungslos. Von Delhi ging s per Zug weiter nach Pune. Ich vertraute den beiden, denn es gab keine Anzeichen dafür, dass sie Schlimmes vorhatten. Umso grösser war dann mein Schock. Ins Bordell kamen jeden Tag mehr als zehn Männer, die für mich bezahlten. 130 indische Rupien, etwa zwei Schweizer Franken, kostete ich! Ich bekam davon 20 Rappen. Wenn ich mich wehrte oder weigerte, schlugen sie mich. Manchmal vergewaltigten sie mich so lange, bis ich keinen Widerstand mehr leistete. Acht anderen Mädchen, die mit mir im Bordell lebten, erging es ähnlich. Ich war verzweifelt und suchte nach einem Ausweg. Einmal fasste ich Vertrauen zu einem Freier und erzählte ihm meine Geschichte. Neu anfangen Jetzt bin ich 20 Jahre alt. Seit ich zurück bin, begleitet mich eine lokale Hilfsorganisation. Sie hat Kontakt mit meinen Eltern aufgenommen, die sehr glücklich sind, mich wieder in Sicherheit zu wissen. Ich arbeite in einem Hotel und mache eine Ausbildung in der Hauswirtschaft. Ram und Pasang habe ich bei der Polizei angezeigt. Nun warte ich darauf, dass sie zur Rechenschaft gezogen werden.» Die Christliche Ostmission unterstützt Frauen wie Geena, damit sie ihre schlimmen Erfahrungen verarbeiten und im Leben wieder Fuss fassen können. Die Opfer werden ermutigt, ihre Täter vor Gericht zu bringen. Etliche Täter wurden zu mehreren Jahren Gefängnis verurteilt. Die Mission arbeitet auch präventiv. Einerseits bildet sie Frauen aus Dörfern zu Kurierinnen aus, die gefährdete Mädchen auf dem Land über die Gefahren informieren. Andererseits unterstützt sie ehemalige Opfer, die unermüdlich an den Grenzübergängen wachen und verschleppte Mädchen abfangen und in Sicherheit bringen. Dadurch bleibt vielen die unsägliche Qual sexueller Ausbeutung und Erniedrigung erspart. Wenn Mädchen von ihren Freunden oder Familienangehörigen verkauft werden, ist ihr Schmerz besonders gross. *Namen geändert
6 ostvision wir schützen vor Frauen- und Kinderhandel IDie ZeitI drängti Georges Dubi Missionsleiter Moldawien Bis in drei Jahren werden in Moldawien alle Kinderheime geschlossen. Viele der Kinder, die heute in Heimen leben, werden danach keinen Ort haben, wo sie in Sicherheit aufwachsen können und gefördert werden. Das darf nicht sein! Die Christliche Ostmission handelt. Viele Heimkinder haben in ihrem jungen Leben Schreckliches erlebt, ein funktionierendes Familienleben ist den meisten unbekannt. Eines haben sie aber gemeinsam: Sie sehnen sich nach Wertschätzung, Anerkennung und Liebe. Die Schliessung der Heime macht ihre Situation noch schwieriger. Springt der Funke? Die Christliche Ostmission sucht für möglichst viele Heimkinder moldawische Pflegefamilien. Um dieses Ziel zu erreichen, hat sie die Aktion «Ferien für Heimkinder» ins Leben gerufen. Bei einem Ferienaufenthalt lernen Heimkinder und Familien sich kennen. Die ersten Ferientage sind jeweils für die Kinder wie auch für die Ferieneltern besondere Momente. «Werden wir zueinander finden?», fragen sich beide Seiten. Meist springt der Funke bald und die Ferien werden für alle ein bereicherndes Erlebnis. Immer wieder wächst dabei der Wunsch, dass ein Kind ganz bei der Familie bleiben kann. Die Christliche Ostmission ermutigt Familien, diese Möglichkeit zu prüfen. Haben die Beteiligten ein Ja gefunden, unterstützt die Mission sie auf dem eingeschlagenen Weg.
7 Viel Vorarbeit ist nötig Seit Wochen laufen die Vorbereitungen der diesjährigen Aktion Sommerferien für Heimkinder. Es werden Ferienfamilien gesucht und ausgebildet, ausserdem müssen Bewilligungen eingeholt werden. «Ferieneltern Leider wird es zunehmend schwierig, Zutritt zu den Heimen zu bekommen. Viele Heimleiter verweigern die Zusammenarbeit. Sie stehen unter grossem Druck, die ehrgeizigen Pläne des Staates umzusetzen und die Heime rasch zu schliessen. erzählen von ihren Ferienkindern Georgii und Zinaida Sporneac «Unsere Tochter Natascha übernahm die Hauptverantwortung für die Ferienkinder aus dem Waisenhaus. Sie war für die beiden Mädchen Mutter, Schwester und Freundin.» Ivan Russu «Olga sagte zu mir, sie werde vermutlich nie mehr kommen können, doch die Liebe, die sie bei uns erfahren habe, werde sie nie vergessen.» Semion und Elena Kriporash «Daniela ist ein ruhiges Kind. Sie geniesst es, einfach dazugehören und mitzuhelfen.» Mihail und Maria Neaga «Die Kinder helfen auch gerne im Haushalt mit. Sie füttern die Enten, Hühner und Truthähne.» Victor und Anjela Gruska «Adriana will einfach am Familienleben teilnehmen und bei allem helfen, so wie die anderen.»»
8 ostvision persönlich WER IST...? Nach der Pensionierung im Frühjahr 2011 hatte ich mehr Zeit, etwas für arme Menschen tun zu können als während der Zeit, als ich noch im Arbeitsprozess stand. Aber was ist sinnvoll und vor allem, wo ist es sinnvoll?? Da wir meine Frau Ruth und ich seit 2006 in Worb in unserer neuen Wohnung leben, lag es nahe, dass ich mich bei der Christlichen Ostmission meldete. So begann ich im November 2011 mit der Weihnachtspäckli-Aktion meine Mitarbeit bei der Ostmission. Seit 2012 werde ich auch als Fahrer für die Kleidersammlungen in der ganzen Schweiz und zum Laden der LKW s eingesetzt. Ich hab eine Arbeit gefunden, die mich sehr befriedigt und die auch mit meinem Glauben übereinstimmt. Nun kann ich aktiv mithelfen, etwas gegen die Armut der Menschen im Osten zu tun. Meine Frau Ruth und ich sind Mitglied des EGW und aktiv in der Gemeinde Bern-Zentrum tätig. Hansueli Blaser Jeden Tag werden tausende von Frauen und Kindern ver kauft und viele zur Prostitution gezwungen. Ja, Name Vorname Strasse PLZ Ort HELFEN SIE MIT! ich investiere in Kinder und Frauen, um ihnen eine Zukunft zu ermöglichen. CHF 50. pro Monat CHF 100. pro Monat Bitte einsenden an Christliche Ostmission, Bodengasse 14, 3076 Worb oder online anmelden Herzliche Einladung zum Jubiläumsfest Samstag, 31. August 2013, in Worb PATENSCHAFT FRAUEN- UND KINDERHANDEL
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