Prof. Korte, Vortrag "Wie lernt der Mensch?"
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- Monica Schenck
- vor 8 Jahren
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Transkript
1 Wie lernt der Mensch? Anmerkungen Lernen am Bildschirm: Wie lernt der Schimpanse? eines Hirnforschers Prof. Dr. Martin Korte Abt. für Zelluläre Neurobiologie TU Braunschweig Selektivität Konzentration Motivation Das Gedächtnis gibt es nicht Vorbilder und Spiegelneurone Mediennutzung und Gehirn Gehirndoping Gehirngeschichten Was man beim Lernen heute bedenken muss Denken heißt, Unterschiede vergessen, heißt verallgemeinern, abstrahieren. (Jorge Luis Borges) Das Wissen unserer Zeit verdoppelt sich momentan alle 5 Jahre! 958 Millionen Lesestunden würde es benötigen, die besamten Wikepedia- Einträge zu lesen. Wie lernt der Mensch? immer aber nicht immer, was andere möchten, dass er es lernt er behält nicht immer, was er lernen möchte nicht immer hat der das gelernt, was er später braucht er lernt mehr unbewusst als bewusst Lernen braucht Energie, Sauerstoff, Bewegung, Flüssigkeit und Zeit Lernende sollten also vor allem auf - die Selektivität des Lernens vorbereitet sein - Skalierung durch Bildung / Wertesysteme - auf das richtige benutzen multimedialer Elemente - auf die richtige Lerntechnik (Mustererkennung) in der richtige Lernatmosphäre (soziale Gehirne) Randbedingungen des Lernens: Selektivität Vorbilder Aufmerksamkeit (Konzentration) Motivation 1
2 Konzentrationsfähigkeit und Tagesrhythmus tungsfähigkeit Leist Uhrzeit Motivationsstudie: Verbessert Belohnung die Motivation? MOTIVATION MOTIVATION MOTIVATION Vorschulkinder wurden in 3 Gruppen eingeteilt: 1.Gruppe: bekam eine Belohnung 2.Gruppe: bekam überraschend eine Belohnung 3.Gruppe: bekam zu keinem Zeitpunkt eine Belohnung Ergebnis: Gruppe 3 malte nach dem Test viel häufiger und viel lieber als die Gruppe 1 MOTIVATION 2
3 Nichts ist stärker als die innere Motivation Dopamin: Antriebsstoff für das Gehirn Motivation Stirnlappen Alternative: Basalganglien Stirnlappen intrinsisch Belohnung extrinsisch Dopamin System intrinsisch Belohnung extrinsisch Motivation Dopamin steuert: die selektive Aufmerksamkeit spielt eine Rolle bei der Bewegungskontrolle (Rhythmus) beim Arbeitsgedächtnis und beim Erwartungssystem des Gehirns (Motivation) Wie Lust auf eine Tätigkeit im Gehirn entsteht je überraschender ein Ergebnis, umso größer die hirneigene Belohnung 3
4 Die enorme Bedeutung der Aufmerksamkeit - Konzentration (Aufmerksamkeit) ist nicht einfach da - sie stellt sich als eine Folge einer Tätigkeit ein! - man muss der Aufmerksamkeit ein erreichbares Ziel setzen (Motivation) Aufmerksamkeit kann gesteuert werden, wie der Lichtkegel eines Theaterscheinwerfers Ziele klar definieren Die Gehirnmaschinerie arbeitet kontextabhängig Sinnesinformationen werden gefiltert (selektive Aufmerksamkeit) Informationsspeicherung und Gedächtnisabruf werden streng gefiltert nach Kontext und Zielen Altern ab Individuell fördern und fordern Anforderung, Kompetenz und Flow Klingberg, Multitasking, C.H. Beck,2008 4
5 15 min Eindenkzeit das Gehirn benötigt etwas 15 Minuten um sich auf eine neue kognitive Situation einzustellen das Gehirn muss sich hierbei einpendeln auf Aspekte, die für die selektive Wahrnehmung wichtig sind Eindenkzeit bedenken (z.b. durch ritualisierte Stundeneröffner, über wiederekennbare Kontexte den zu erwartenden Themen einleiten) Atmosphärisches nüchtern im Gehirn betrachtet Dopamin: Opinoide: Oxytocin: Leistung, Aufmerksamkeit (Arbeitsgedächtnis) Belohnungssystem des Gehirns soziale Bindung, persönlicher Einsatz, für bestimmte Menschen besonders einsetzen Vorausetzung dafür, dass dieser Motivations-Cocktail auch ausgeschüttet wird: Interesse soziale Anerkennung persönliche Wertschätzung gute Vorbilder Chance auf Erfolg Fairness Ansprüche stellen AD(H)S: Aufmerksamkeits(hyperaktivitäts)syndrom AD(H)S: Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Syndrom - 5-6% aller Kinder sind betroffen, Jungen 3mal so oft als Mädchen - Diagnose ist schwierig, viele Kinder liegen im Grenzbereich, keine Krankheit wie Masern! - eine Ursache: Verschiedene Hirnareale, die für Gefühle, Kontrolle und Bewegungssteuerung zuständig sind, sind mangelhaft miteinander vernetzt. Biologische Unruheherde im Gehirn von ADHS- Kindern 5
6 Ist AD(H)S eine Krankheit? Diagnosekriterien für AD(H)S Die Frage ist falsch gestellt: Es gibt Kinder (und Erwachsene) mit Aufmerksamkeitsstörungen, die deren Leben massiv beeinträchtigen! Es gibt hierfür biologische Ursachen (z.b. mangelnde Wirksamkeit von Dopamin im Gehirn) und Umweltursachen (Medien, Ablenkungen, insgesamt eine erhöhte Anforderung an das Arbeitsgedächtnis). Treffen 6 von 9, so kann die Diagnose AD(H)S lauten: 1. macht Flüchtigkeitsfehler oder übersieht Details 2. hat Mühe, bei Aufgaben oder beim Spielen die Aufmerksamkeit aufrechtzuerhalten 3. scheint nicht zuzuhören, wenn ihm/ihr etwas erklärt wird 4. hat Mühe Anweisungen zu erfassen, und kann nur selten Hausaufgaben, alltägliche Beschäftigungen oder aufgetragene Tätigkeiten erfolgreich zum Abschluss bringen 5. hat Mühe, die eigene Arbeit oder andere Tätigkeiten zu organisieren 6. vermeidet Aufgaben, die länger anhaltende geistige Anstrengungen erfordern 7. verliert häufig Gegenstände oder vergisst, die für eine Aktivität nötigen Sachen wie Stifte, Bücher oder Kleidungsstücke mitzunehmen 8. wird leicht von etwas, was in der Umgebung geschieht, abgelenkt 9. ist bei alltäglichen Tätigkeiten vergesslich die meisten Kriterien deuten auf eine Problem mit dem Arbeitsgedächtnis hin Die verschiedenen Gedächtnissysteme des Gehirns Bewußtes Gedächtnis (explizit) Unbewußtes Gedächtnis (implizit) Autobiografisches Gedächtnis Fakten- gedächtnis Prozedurales Gedächtnis Priming Limbisches System (Hippocampus) Großhirnrinde Limbisches System (Hippocampus) Großhirnrinde Kleinhirn Basalganglien Großhirnrinde 6
7 Die verschiedenen Gedächtnissysteme des Gehirns Der Hippocampus: Dirigent und Koordinator vom explizitem Gedächtnis und Teil des limbischen Systems Bewußtes Gedächtnis (explizit) Flaschenhalsstrukturen Unbewußtes Gedächtnis des (implizit) Gedächtnisses Autobiografisches Fakten- Prozedurales Gedächtnis gedächtnis Gedächtnis Priming Limbisches System Hippocampus Limbisches System (Hippocampus) Großhirnrinde Limbisches System (Hippocampus) Großhirnrinde Kleinhirn Basalganglien Großhirnrinde Assoziationen und ihre Bedeutung: Zelluläre Grundlagen: Wie entstehen Gedächtnisspuren? Synapse: Kontaktstelle zwischen Nervenzellen HIPPOCAMPUS Synapse mit Vesikeln
8 Übung hinterlässt seine Spuren im Gehirn Medizin-Studenten im Lerntest Veränderungen n in der grauen Sub bstanz Draganski, JNS, 2006 Mehrsprachigkeit im Gehirn 1. Englisch 2. Französisch 3. Deutsch Broca Areal Aktivierung der rechten Hemisphäre - dreisprachiger Proband - erlernte 2. und 3. Sprache vor dem dritten Lebensjahr - dreisprachiger Proband - erlernte 2. und 3. Sprache nach dem zehnten Lebensjahr 31 8
9 Vorbilder und Nachahmungslernen Steckbrief über Spiegelneurone Lehrer und Eltern vermitteln mehr Botschaften über Gesten und wie sie etwas sagen, als über Fakten (Vorbild sein) Studien zeigen, dass die innere Einstellung über ein Thema sogar noch mehr zählt als Fachwissen und Didaktik Lehren = Pädagogik + Didaktik + Person Spiegelneurone in Aktion: die schmerzhafte Variante Empathie Empathie Wenn wir Schmerz bei anderen Menschen beobachten, sind die gleichen Gehirnareale aktiv, die signalisieren, dass wir wir selbst Schmerzen haben! 36 T. Singer et al.,, Science,
10 Neuroanatomie der Spiegelneurone Moralisches Dilemma 66% : 33% ja : nein 33% : 66% ja : nein 38 Moral im Gehirn Theory of mind und Autismus Geschichte von Sally und Ann Wo wird Sally nach Ihrem Schokoladenkuchen suchen? 1. Intentionen verstehen: rechte temporoparietale p Grenze (braun) 2. Emotionen, die moralische Urteile beeinflussen: werden im ventromedialen präfrontalen Cortex (grün) verarbeitet 3. Konflikte zwischen Emotionen (2) und Rationalität (6): anteriorer Cingulärer Cortex (pink) 4. Rationalität /Logik: medialer präfrontaler Gyrus (blau) 5. Kognition: posteriorer Cingulärer Cortex (orange) 6. kalte, rationale Entscheidungen: dorsolateraler präfrontaler Cortex (gelb) 10
11 Mediennutzung Intelligenz 2.0? - Stiftung Lesen, 2008: 25% der Deutschen nehmen nie ein Buch zur Hand - IQ-Test: Sprachkompetenz nimmt ab - IQ in Bildaufgaben nimmt zu Gehirn& Geist, 20010, S räumliches Denken kann durch Computerspiele verbessert werden - Multitasking-Fähigkeit wird verbessert allerdings ist die Fehlerhäufigkeit auch erhöht - Konzentrationsspannen nehmen ab - die Suchen ach kurzfristigen Belohnungen nehmen zu - Insgesamt lässt sich eine geringere Aktivierung des Stirnlappens feststellen Geist und Gehirn, 2010 Probleme der massiven Computer(spiel)nutzung Das Internet-Gehirn vor allem Jungen sind betroffen falsches Konzentrationstraining Gewaltbereitschaft / Empathie habtische Ausbildung wird vernachlässigt Sprachkompetenz stagniert Lesekompetenz verkümmert soziale Isolation Vergleich der Hirnaktivität von Probanden mit und ohne Interneterfahrung beim Lesen eines Buchtextes und beim simulierten Surfen auf einer Webseite. Wer regelmäßig Suchmaschinen nutzt, aktiviert beim Navigieren im Netz vermehrt Hirnregionen, die für komplexe Entscheidungsprozesse wichtig sind. 11
12 Sieben Aussagen über Lerntypen Ergebnisse eines 10 minütigen Testes: 10% von dem, was wir lesen 20% von dem, was wir hören 30% von dem, was wir sehen 50% von dem, was wir hören + sehen 70% von dem, was wir selber sagen 90% von dem, was wir selber tun (!) Mischstrategien sind also das Beste und nichts ist besser als es selber zu tun 48 K. Witzenbacher, American Audiovisuell Society,
13 Lernen lernen: 7 Prinzipien Gedächtnis 1. Verstehen und Ziele setzen 2. Motivieren und sich konzentrieren 3. das Wissen neu sortieren und ordnen generisch (Mustererkennung) singulär 4. Assoziationen nutzen 5. Bilder erzeugen 6. Zusammenhänge verstehen 7. Üben, Üben, Üben prozedural generisch semantisch episodisch singulär semantisch Wie das Gehirn Erzählungen lauscht rechte Hirnhälfte besonders aktiv beim zuhören / erzählen präfrontaler Cortex (Arbeitsgedächtnis) Cingulum: räumliche und bildliche Vorstellungen und Bezüge zu eigenen Erlebnissen Tempero-parietale Übergangszone und Pol des Temporallappens: Absichten, Gefühle und Überzeugungen anderer Menschen erkennen 13
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