Mittelstandsfreundlichkeit bei IT- Ausschreibungen einer Fünf-Länder- Anstalt
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- Greta Stieber
- vor 8 Jahren
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1 Mittelstandsfreundlichkeit bei IT- Ausschreibungen einer Fünf-Länder- Anstalt IHK Kiel, Rechtsanwalt Thomas Feil Fachanwalt für IT-Recht und Arbeitsrecht Datenschutzbeauftragter TÜV 1
2 Zu Beginn Eine Geschichte 2
3 Ausschreibungssituation Aus Blickrichtung der Auftraggeber Projekte werden größer und komplexer Vergaberecht ist eine Fessel? Aus Blickrichtung der Auftragnehmer Der Auftragnehmer steht doch schon fest! Wie gehe ich mit lückenhaften und unvollständigen Ausschreibungen um? Technische, fachliche und rechtliche Unsicherheit Bündelung von Nachfragemacht und Zusammenfassung teilbarer Leistungen zunehmende Praxis Zunehmende elektronische Beschaffungsformen erweisen sich als Hürde 3
4 Was steht im Gesetz? 97 Absatz 3 GWB Mittelständische Interessen sind bei der Vergabe öffentlicher Aufträge vornehmlich zu berücksichtigen. Leistungen sind in der Menge aufgeteilt (Teillose) und getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose) zu vergeben. Mehrere Teil- oder Fachlose dürfen zusammen vergeben werden, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern. Wird ein Unternehmen, das nicht öffentlicher Auftraggeber ist, mit der Wahrnehmung oder Durchführung einer öffentlichen Aufgabe betraut, verpflichtet der Auftraggeber das Unternehmen, sofern es Unteraufträge an Dritte vergibt, nach den Sätzen 1 bis 3 zu verfahren. 4
5 97 Abs. 3 GWB - Mittelstandsklausel Mittelständische Interessen sind bei der Vergabe öffentlicher Aufträge vornehmlich zu berücksichtigen. Ist dies unsere Erfahrung? 5
6 Was will der Gesetzgeber? 97 GWB - Verpflichtung bei der Vergabe von Aufträgen oberhalb der EU-Schwellenwerte Mittelstandsfreundlichkeit durch Losvergabe Teilung der Aufträge in Fach- und Teillose Nur in begründeten Ausnahmefällen darf davon abgewichen werden, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern. Verfahren öffentliche Auftraggeber nach dieser Vorschrift, so haben sie aktenkundig zu begründen, dass die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind (OLG Celle, B. v Az.: 13 Verg 4/10). 6
7 Unterhalb der Schwellenwerte? Für die Vergaben der Aufträge unterhalb der EG-Schwellenwerte erwartete die Bundesregierung mit der Verstärkung des 97 Absatz 3 GWB eine Vorbildwirkung für die Erarbeitung der Regelungen in den Verdingungsausschüssen bzw. des Vergabeund Vertragsausschusses. Ergebnis 2 VOL/A Leistungen sind in der Menge aufgeteilt (Teillose) und getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose) zu vergeben. Bei der Vergabe kann auf eine Aufteilung oder Trennung verzichtet werden, wenn wirtschaftliche oder technische Gründen dies erfordern. 7
8 Bieterschützende Vorschrift Die Vorschrift des 97 Abs. 3 GWB hat nicht nur den Charakter eines Programmsatzes, sondern gehört zu den Vorschriften, auf deren Beachtung der Bieter nach 97 Abs. 7 GWB infolge der Prinzipien der Gleichbehandlung und des Wettbewerbs einen Anspruch hat. Daraus folgt, dass ein mittelständischer Bieter subjektive Rechte auf Beachtung der Losvergabe gegenüber dem Auftraggeber geltend machen kann (diverse Urteile). Früher: Es handelt sich nicht um eine "Allgemeine Klausel zum Schutz des Mittelstands" mit dem Ziel einer generellen Bevorzugung mittelständischer Unternehmen bei der Auftragsvergabe (VK Schleswig-Holstein VK-SH 23/05). 8
9 Grenzen Die Gesamtvergabe kann von Anfang an ins Auge gefasst werden, wenn berechtigte wirtschaftliche und technische Gründe dafür sprechen. Der Grundsatz des Mittelstandschutzes und der Chancengleichheit kleinerer Unternehmen stößt da an seine Grenzen, wo der öffentliche Auftraggeber zumindest solche eigenen Interessen nicht zu opfern braucht, die er nur in Gestalt einer Gesamtvergabe zu erreichen vermag. Der Auftraggeber hat dabei die Interessen des Mittelstands mit seinem eigenen Interesse an einer wirtschaftlichen Vergabe abzuwägen (3. VK Bund, B. v Az.: VK 3-190/09; 3. VK Saarland, B. v Az.: 3 VK 01/2009). 9
10 Sinn und Zweck der Losvergabe Das Gebot der losweisen Aufteilung eines Auftrages soll kleine und mittelständische Unternehmen befähigen, Angebote abzugeben, zu deren Durchführung ihr Unternehmen - noch - in der Lage ist. Keine Vermehrung der abzuschließenden Verträge und keine generelle Erhöhung der Zuschlagschancen Kein Recht auf einen für die eigene Situation optimalen Loszuschnitt 10
11 Nicht Verfolgung allgemeiner wirtschaftspolitischer Ziele wie etwa die Förderung kleiner und mittlerer Unternehmen Unterstützung ortsansässiger Unternehmen Einbeziehung weiterer, allgemeiner wirtschaftspolitischer Erwägungen 11
12 Prüfung des Auftraggeber Auftraggeber muss prüfen, ob der Fach- oder Teillosvergabe keine ernsthaften wirtschaftlichen oder technischen Belange entgegenstehen Ausführungen im Vergabevermerk Sorgfältige Interessenabwägung Ablehnung der Losvergabe allein mit Verweis auf das Auftragsvolumen nicht ausreichend Ausnahmecharakter gebietet eine restriktive Auslegung des Kriteriums der Erforderlichkeit der Gesamtvergabe Auftraggeber trägt Beweislast für das Vorliegen der Ausnahmesituation 12
13 Rechtliche Prüfung Rechtliche Prüfung in 2 Stufen: 1. Stufe: Hat die Vergabestelle eine Gestaltungsfreiheit zur Losvergabe? 2. Stufe Wenn die benötigte Leistung auch in Form einer Losvergabe erbracht werden könnte, so ist auf der 2. Stufe zu untersuchen, ob die Vergabestelle sich ggf. auf besondere - namentlich wirtschaftliche oder technische - Gründe stützen kann, wonach sie zur Vermeidung erheblicher Nachteile dennoch von einer losweisen Vergabe absehen durfte (Einzelfallabwägung). 13
14 Gründe gegen Losvergabe Wirtschaftliche Gründe Einzelfallprüfung: unwirtschaftliche Zersplitterung wäre z.b. gegeben, wenn die Vertragsgemäßheit, insbesondere die Einheitlichkeit der Leistungen, nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand gesichert werden kann oder die Überwachung und Verfolgung von Gewährleistungsansprüchen ungewöhnlich erschwert wird Aufteilung bringt unverhältnismäßige Kostennachteile oder führt zur Verzögerung des Vorhabens ABER: Die üblichen Mehraufwände, die durch mehrere Auftragnehmer entstehen, reichen nicht als wirtschaftlicher Grund aus. keine Splitterlose 14
15 Gründe gegen Losvergabe Technische Gründe Technische Gründe für eine Zusammenfassung aller Leistungen liegen vor, wenn bei getrennten Ausschreibungen das - nicht durch die inhaltliche Gestaltung der Vergabeunterlagen vermeidbare - Risiko besteht, dass der Auftraggeber Teilleistungen erhält, die zwar jeweils ausschreibungskonform sind, aber nicht zusammenpassen und deshalb in ihrer Gesamtheit nicht geeignet sind, den Beschaffungsbedarf in der angestrebten Qualität zu befriedigen (OLG Koblenz, B. v Az.: 1 Verg 2/11). 15
16 Spielräume für Auftraggeber Für eine zusammenfassende Vergabe sprechenden Gründe müssen nicht nur anerkennenswert sein, sondern überwiegen. Das ist im Hinblick auf Koordinierungsgesichtspunkte. Auftraggeber hat Beurteilungs- bzw. Ermessensspielraum Grenze überschritten, wenn der Auftraggeber bei seiner Entscheidung mittelständische Interessen gänzlich unberücksichtigt lässt, er einen unzutreffenden Sachverhalt zugrunde gelegt oder sachwidrige Erwägungen in seine Überlegungen einfließen lässt. wenn die von ihm angeführten Gründe für die Bildung eines bestimmten Loses nicht geeignet sind oder die Gründe für die Beibehaltung der Losaufteilung zu überwiegen. Ermessensausfall, wenn sich der Auftraggeber keine Gedanken über eine losweise Vergabe macht 16
17 Was ist zu tun? Auftragnehmer dürfen sich der gesetzlichen Vorgaben bewusst sein Seien Sie schnell! Fragen Rügen Fordern Sie Mittelstandsfreundlichkeit ein! 17
18 Und Dataport? 97 Abs.3 GWB Mittelständische Interessen sind bei der Vergabe öffentlicher Aufträge vornehmlich zu berücksichtigen. 18
19 Haben Sie noch Fragen? Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! 19
20 Rechtsanwalt Thomas Feil Fachanwalt für Informationstechnologierecht und Arbeitsrecht Datenschutzschutzbeauftragter TÜV - Geschäftsführer Döhrbruch Hannover Tel 0511 / Fax 0511 / Hegelstr Magdeburg Tel 0391 / Fax 0391 / recht-freundlich.de 20
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