Universität Heidelberg SS 2016 Prof. Dr. Dres. h.c. Werner F. Ebke. Grundkurs Zivilrecht II Übung für Anfänger Lösungsskizze: 2.
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1 Universität Heidelberg SS 2016 Prof. Dr. Dres. h.c. Werner F. Ebke Grundkurs Zivilrecht II Übung für Anfänger Lösungsskizze: 2. Übungsfall Frage 1: I. Anspruch des S gegen A auf Zahlung von 25 EUR und Abnahme des Balles 1. Kaufvertrag über den Ball mit Unterschriften für 75 EUR a) Angebot: - Auslage im Schaufenster des S (-) invitatio ad offerendum - A hat kein Angebot abgegeben, aber B im Namen des A, Inhalt Ball mit Unterschriften zu dem vereinbarten Preis von 75 EUR. - B rechtsgeschäftlicher Vertreter von A ( 164 BGB): Eigene WE des B (+) Preisverhandlung. Minderjährigkeit des B ( 2 BGB) schadet nicht, 165 BGB. Offenkundigkeit: 164 Abs. 1 Satz 2 BGB; für S erkennbar (+). Vertretungsmacht: Vollmacht ( 167 BGB) einseitige empfangsbedürftige WE - bei Abgabe durch Minderjährige; Rechtsfolge: 111 BGB - Unwirksamkeit, wenn Einwilligung fehlt; Zustimmung nicht vorgesehen. Ausnahme aber, wenn der Empfänger der Vollmachtserklärung B mit der Vollmachtserteilung in Kenntnis des Alters einverstanden ist, hier (+); dann gelten die 108, 109 BGB für die WE entsprechend, so dass die Vollmachtserteilung genehmigt werden kann (vgl. Paal/Leyen-
2 b) Annahme: decker, JuS 2015, 25, 29). Die Aufforderung seitens des S hat keinen Einfluss, da es insoweit nur um den Vertrag, nicht aber um die Vollmacht ging (vgl. RGZ 76, 91; BGH NJW 1990, 1721); Genehmigung (+). - S erklärt sich mit dem Angebot einverstanden. Vertrag wurde geschlossen. 2. Rechtshindernde Einwendung 108 Abs. 1 BGB Unwirksamkeit a) Beschränkte Geschäftsfähigkeit des A - 106, 2 BGB. b) Einwilligung BGB (-). c) Erforderlich? BGB lediglich rechtlicher Vorteil hier persönliche Verpflichtung (-) BGB Eigene Mittel hier nicht bewirkt (-). Es ist davon auszugehen, dass die 75 EUR vom Taschengeld eines 17-Jährigen bestritten werden können, es fehlt aber an der Erfüllung der Zahlungsverpflichtung. Es stehen noch 25 EUR des vereinbarten Kaufpreises aus, so dass die Leistung des Minderjährigen noch nicht vollständig erbracht wurde. Teilzahlungs- und Ratenkäufe werden von 110 BGB erst mit Zahlung der letzten Rate bewirkt. d) Genehmigung der Eltern - Gesetzliche Vertreter 1629 Abs. 1 BGB: Beide Eltern, - gegenüber dem Minderjährigen A erklärt (+) und auch möglich 182 Abs. 1 BGB, - aber unwirksam geworden durch Anruf und Aufforderung des S ( 108 Abs. 2 BGB), - Eltern haben weder Ablehnung noch Genehmigung ausgesprochen,
3 - ab dem 10. Mai 2016 ist A volljährig und genehmigt den Vertrag am 13. Mai 2016 selbst, als er mit B das Geschäft des S aufsucht und den Ball verlangt. Die Frist von zwei Wochen ist noch nicht abgelaufen Genehmigung nach 108 Abs. 3 BGB durch A möglich. Vertrag wirksam abgeschlossen! 3. Rechtsvernichtende Einwendung Anfechtung, 142 Abs. 1 BGB Nichtigkeit des Vertrages durch Anfechtungserklärung, 142 Abs. 1 BGB a) Anfechtungserklärung: Auslegung ( 133 BGB) (+). b) Anfechtungsgegner: 143 Abs. 2 BGB der Vertragspartner, hier S. c) Anfechtungsgrund: maßgebend ist ein Irrtum der B ( 166 Abs. 1 BGB) Abs. 1 BGB: Erklärungsirrtum: Nur wenn Fehler bei der äußeren Erklärungshandlung, hier (-) Inhaltsirrtum: Champions-League-Aus Motivirrtum, Wert nicht Inhalt der Erklärung, Handgenäht: B ging davon aus, der teurere Ball habe diese Eigenschaft und wollte dies mit der Erklärung auch zum Ausdruck bringen, darum wählte sie nicht das billigere Modell. Somit liegt ein relevanter ursächlicher Irrtum vor. A/B wollte der Erklärung einen anderen Inhalt geben als tatsächlich zum Ausdruck kam.
4 - 119 Abs. 2 BGB: Anwendungsbereich der Vorschrift ist eröffnet, die Sonderregelung der 459 ff. BGB greifen wegen des fehlenden Gefahrübergangs nicht ein. Wert der Sache ist keine Eigenschaft, sondern das Ergebnis der wertbildenden Faktoren. Wertbildender Faktor: Handgenäht oder nicht (+). Verkehrswesentlich (+), die Eigenschaft handgenäht beeinflusst den Wert des Balles ganz entscheidend. Ursächlichkeit liegt ebenfalls vor Abs. 1 BGB: Für eine Täuschung von Seiten des S gibt es keinen Anhaltspunkt! d) Frist: A hat unverzüglich ( 121 Abs. 1 BGB) die Erklärung abgegeben. Der Kaufvertrag ist somit von Anfang an als nichtig anzusehen. Ein Anspruch auf den Kaufpreis besteht nicht. II. Schadenersatzanspruch des S gegen A aus 122 Abs. 1 BGB Den entstandenen Vertrauensschaden (negatives Interesse) hat der A dem S zu ersetzen. Der Vertrauensschaden beträgt 15 EUR. Ohne den Vertrag mit A wäre es zum Abschluss mit D zu 90 EUR gekommen. Der entgangene Gewinn in Höhe von 10 EUR begrenzt den zu ersetzenden Vertrauensschaden nach oben. S hat einen Anspruch gegen A in Höhe von 10 EUR.
5 Frage 2: I. Anspruch des A gegen S auf Herausgabe des Geldes nach 985 BGB Das Geld ist bei S in der Form der hingegebenen Geldscheine vorhanden; daher Herausgabe (+) EXKURS: Wenn das Geld bei S in Form der hingegebenen Geldscheine nicht mehr vorhanden ist, kommt eine Herausgabe nicht in Betracht. Frage: Anspruch des A gegen S auf Wertersatz aus 812 Abs. 1 Satz 1 1. Var. [diskutieren: 812 Abs. 1 S Var.], 818 Abs. 2 BGB - Erlangt: Eigentum und Besitz an den Geldscheinen. Eigentumsübergang 929 Satz 1 BGB: Einigung B S (+). Vollmacht genehmigt (s.o.). Rechtshindernde Einwendung 108 Abs. 1 BGB ebenfalls durch Genehmigung ausgeschlossen. Übergabe: Verschaffung des Besitzes A an S (+). - Durch Leistung: Bewusste und zweckgerichtete Mehrung des Vermögens von S (+). - Ohne Rechtsgrund: Kaufvertrag durch Anfechtung vernichtet (+). - Herausgabe nicht möglich, daher Wertersatz ( 818 Abs. 2 BGB). A hat einen Anspruch auf Wertersatz in Höhe von 50 EUR. Frage 3:
6 I. Anspruch von B gegen S auf Schadenersatz aus vorvertraglichem Schuldverhältnis mit Schutzwirkung für Dritte, 280 Abs. 1, 311 Abs. 3 S. 1, 241 Abs. 2 BGB Vertragsverhältnis B S (-). Das Interesse von B am Schutz ihrer Rechtsgüter (z.b. Gesundheit, körperliche Unversehrtheit) könnte aber in den Schutzbereich des Vertragsverhältnisses A S fallen. Ein wirksamer Vertrag besteht auch in diesem Verhältnis nicht, so dass es sich nur um ein Vertragsanbahnungsverhältnis (Vertrauensverhältnis) handeln kann, 311 Abs. 2 BGB. Der Schutzbereich der dadurch entstehenden Pflichten erstreckt sich auf das Geschäftslokal des S. Hier hat S dafür zu sorgen, dass seine Kunden keinen persönlichen Schaden erleiden (Verkehrssicherungspflichten). Einbeziehung des B, 311 Abs. 3 S. 1 BGB: - Leistungsnähe: B kommt bestimmungsgemäß in gleicher Weise mit der Schutzpflicht des S in Verbindung wie der intendierte Vertragspartner A, hier (+). - Schutzinteresse: A müsste an der Einbeziehung der B in den Schutzbereich des angebahnten Kaufvertrages interessiert sein; B steht dem Gläubiger A nahe Sicherung in Bezug auf die Gefahreröffnung auch zugunsten des Vertreters. - Erkennbarkeit: Die Einbeziehung in den Schutzbereich muss für den S erkennbar gewesen sein; es besteht die Pflicht zur Sicherung der Rechte, Rechtsgüter und Interessen auch der Vertreter des Vertragspartners, 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB - Schutzbedürftigkeit: Kein eigener Anspruch der B gegenüber S; denkbar ist ein Anspruch der B gegen S aus 831 BGB, doch Möglichkeit der Exkulpation durch S. Ein Anspruch B gegen T besteht wegen fahrlässiger Körperverletzung aus 823 Abs. 1 BGB, 823 Abs. 2
7 i.v.m. 223 StGB; doch ist der Anspruch wirtschaftlich wohl wertlos. Pflichtverletzung: Unsachgemäße Lagerung der Tennisbälle. Kausalität der Pflichtverletzung für die Verletzungen der B (+). Verschulden des S ( 276 BGB) keine Anhaltspunkte! Verschulden der T über 278 BGB als Erfüllungsgehilfin zuzurechnen. Mit Wissen und Wollen des S in seinem Pflichtenkreis tätig geworden. Kausalität zwischen der Verletzung und dem eingetretenen Schaden muss vorliegen (+) Rechtsfolge: Schadenersatz Es besteht ein Schadenersatzanspruch B S aus c.i.c. mit Schutzwirkung für Dritte.
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