Einführung in die Sprachwissenschaft des Deutschen Syntax IV. PD Dr. Alexandra Zepter
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- Margarethe Giese
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1 Einführung in die Sprachwissenschaft des Deutschen Syntax IV PD Dr. Alexandra Zepter
2 Überblick Syntax 1. Fokus auf linearer Ordnung: Sprachtypen, Topologisches Feldermodell 2. Fokus auf hierarchischer Ordnung: Konstituenten, Phrasen 3. X-bar-Syntax (generative Grammatiktheorie) 4. Satzgliedanalyse, Valenztheorie
3 Satzanalyse: Valenztheorie Die Professorin hält einen Vortrag. hält die Professorin einen Vortrag Zuerst Tesnière 1959: Vollverb = strukturelles Zentrum des Satzes
4 Konstituentenklassifikation 1. Möglichkeit: Klassifikation nach der (inneren) Form also nach dem (inner-) strukturellen syntaktischen Aufbau der Konstituente = Klassen von Phrasen Begriff der Phrase: aus dem Strukturalismus
5 Konstituentenklassifikation 2. Möglichkeit: Klassifikation nach der Funktion also nach der syntaktischen Rolle, die die Konstituente relativ zu anderen Konstituenten in einem spezifischen Kontext (= einem spezifischen Satz) spielt = Klassen von Satzgliedern (+ Prädikat)
6 Konzept Satzglied Traditionelle Satzgliedlehre: Im Satz werden die verbalen Teile/das Prädikat einerseits (finite Verbform zusammen mit den zugehörigen übrigen infiniten Verbformen) und die Satzglieder andererseits voneinander abgegrenzt. Die Satzglieder sind alle (nicht-verbalen) Phrasen, die der Satzkonstituente bzw. der Satzphrase direkt untergeordnet sind! Das bedeutet; für einen gegebenen Satz: Alle Satzglieder sind Phrasen. Aber nicht alle Phrasen sind Satzglieder. Zugmetapher
7 Satzglied- vs. Phrasenanalyse Der Bergsteiger erklimmt den Berg mit der goldenen Kappe. Strukturelle Mehrdeutigkeit 1. Wir können zwei verschiedene Phrasenstrukturen analysieren! 2. Ebenso können wir auch zwei Satzgliedstrukturen analysieren!
8 Phrasenanalyse (1) Der Bergsteiger hat eine goldene Kappe auf: [ NP Der Bergsteiger] erklimmt [ NP den Berg] [ PP mit der goldenen Kappe].
9 Phrasenanalyse (2) Der Berg hat eine goldene Kappe: [ NP Der Bergsteiger] erklimmt [ NP den Berg [ PP mit der goldenen Kappe]].
10 Satzgliedanalyse (1) [Der Bergsteiger] erklimmt [ NP den Berg] Subjekt Akkusativobjekt [ PP mit der goldenen Kappe] Adverbiale Bestimmung (Adverbial)
11 Satzgliedanalyse (2) [Der Bergsteiger] erklimmt Subjekt [ NP den Berg [ PP mit der goldenen Kappe] ] Akkusativobjekt
12 Klassifikation von Satzgliedern Wir unterscheiden verschiedene Satzgliedtypen, indem wir spezifische grammatische Funktionen unterscheiden z.b. Subjekt, direktes Objekt, indirektes Objekt. Jede grammatische Funktion definiert sich dabei relativ zu den anderen grammatischen Funktionen im Satz. Ebendeshalb sprechen wir vom Satzglied als einem relationalen Konzept: (1) [ NP Das Kind] hat [ NP die Tiger] berührt. (2) [ NP Die Tiger] haben [ NP das Kind] berührt.
13 Klassifikation von Satzgliedern Wir können drei Hauptklassen von Satzgliedern unterscheiden. Welche? 1. Ergänzungen bzw. Argumente 2. Angaben bzw. Adjunkte 3. Prädikative
14 Ergänzungen/Argumente Ergänzungen hängen von einem Vollverb (oder Adjektiv) bzw. dessen Bedeutung ab das Verb (Adjektiv) bestimmt die genaue Anzahl und grammatische Form seiner Ergänzungen. Subjekt = z.b. Nominalphrase im Nominativ Objekt = z.b. Nominalphrase im Akkusativ (direktes Objekt), Dativ (indirektes Objekt) oder Genitiv (beachte auch freien Dativ); Präpositionalobjekt
15 Ergänzungen/Argumente 1. Sie schwimmt 2. Die alte Dame isst einen Kuchen 3. Die alte Dame gibt dem Gärtner einen Kuss 4. Sie hilft ihm 5. Der Butler ist sich dieser Sache sicher 6. Der Butler bringt der alten Dame ihren Glühwein ans Bett 7. Wir warten auf Godot
16 Ergänzungen/Argumente Wir können uns die durch Verben ausgedrückten Ereignisse bzw. Handlungen als Spiele vorstellen: Die Ergänzungen bilden feste Mitspieler im Spiel. Als solches sind sie quasi als Leerstellen in der Semantik des Vollverbs angelegt!
17 Valenz des Vollverbs Jedes Verb entscheidet, wie viele Ergänzungen es fordert und wie diese zu realisieren sind: 1-wertig/intransitiv vs. 2-wertig/transitiv vs. 3-wertig/bitransitiv etc. Welcher Kasus wird zugewiesen? Im Falle des Präpositionalobjekts: Welche spezifische (semantisch verblasste) Präposition wird regiert?
18 Valenz des Vollverbs schlafen: 1-wertig Subjekt (Nominativ) küssen: 2-wertig Subjekt (Nominativ) + Objekt (Akkusativ) helfen: 2-wertig Subjekt (Nominativ) + Objekt (Dativ)
19 Valenz des Vollverbs warten: 2-wertig Subjekt (Nominativ) + Präpositionalobjekt (Präposition auf) erwarten: 2-wertig Subjekt (Nominativ) + Objekt (Akkusativ)
20 Valenz des Vollverbs schlafen, 1-wertig = eine Ergänzung: Lola Subjekt schläft küssen, 2-wertig = zwei Ergänzungen: Lola Subjekt küsst [ihren Freund] Akkusativobjekt helfen, 2-wertig = zwei Ergänzungen: Lola Subjekt hilft [ihrem Freund] Dativobjekt
21 Valenz des Vollverbs geben, 3-wertig = drei Ergänzungen: Lola Subjekt gibt [ihrem Freund] Dativobjekt [einen Kuss] Akkusativobjekt warten, 2-wertig = zwei Ergänzungen: Lola Subjekt wartet [auf ihren Freund] Präpositionalobjekt erwarten, 2-wertig = zwei Ergänzungen: Lola Subjekt erwartet [ihren Freund] Akkusativobjekt
22 Angaben/Adjunkte Angaben beziehen sich auf ein Verb, ein Adjektiv oder auch einen Satz als Ganzes und sind in der Regel optional. = Sie können hinzugefügt oder getilgt werden, ohne dass der Satz ungrammatisch wird. Achtung: Das gilt u.u. auch für Ergänzungen; Ergänzungen sind (qua Valenz) semantisch notwendig, aber oft NICHT syntaktisch obligatorisch (dann ebenfalls fakultativ)!
23 Angaben/Adjunkte Angaben sind nicht in der Semantik des Vollverbs angelegt! Angaben werden in der Regel durch adverbiale Bestimmungen (Adverbiale) realisiert! Hinsichtlich der Spielmetapher bilden die Angaben eine Art Kulisse für das über das Vollverb und seine Ergänzungen definierte Spiel! Sie spezifizieren etwa Zeit und Ort des Ereignisses oder die Art und Weise, wie es vollzogen wird.
24 Angaben/Adjunkte Zeit: Er kommt jeden Tag Instrument: Sie isst mit der Gabel Grund: Er hat vor Freude geweint Zeit: Um zwölf Uhr kommt der Gärtner Ort: Lola leidet unter dem Tisch unter Langeweile
25 Satzgliedanalyse Nicht zu vergessen generell gilt: Auch Sätze können Ergänzungen bzw. Angaben in einem übergeordneten Satz bilden!
26 Attribute Beachte: Der substantivische nominale Kopf kann eine Reihe von Phrasen an sich binden. Diese in einer NP enthaltenen Phrasen nennen wir in der Satzgliedlehre Attribute, wenn die übergeordnete NP selbst ein Satzglied ist! Attribute sind keine eigenen Satzglieder, da sie Teile von Satzgliedern sind!
27 Adverbiale Bestimmung vs. Attribut (1) [Der Bergsteiger] erklimmt [ NP den Berg] Subjekt [ PP mit der goldenen Kappe]. Adverbiale Bestimmung Akkusativobjekt PP = Adverbiale Bestimmung (2) [Der Bergsteiger] erklimmt Subjekt PP = Attribut [ NP den Berg [ PP mit der goldenen Kappe] ]. Akkusativobjekt
28 Prädikativ Prädikative hängen im Deutschen von einem Verb ab (in der Regel dem Kopulaverb sein), bilden aber quasi mit diesem zusammen das Prädikat des Satzes! Sie bestimmen derart eine andere Ergänzung näher (Subjekt). Beispiele: Die alte Dame ist eine Diamantendiebin. Die alte Dame ist humorvoll.
29 Satzgliedanalyse: Übung Bestimmen Sie für die folgenden Beispielssätze die Satzglieder und Attribute: 1. Lola wartet auf der Bank auf dem Bahnhof auf den Zug. 2. Schon gestern ist der neue Gärtner der alten Dame im weißen Anzug aufgefallen. (Achtung: Dieser Satz hat vier mögliche Lesarten!)
30 Achtung: Auch Sätze können Satzglieder sein! (Ein Satzglied-Satz enthält selbst natürlich wieder eigene Satzglieder.) 3. Die alte Dame behauptet, dass man den Mörder stets unter den Gärtnern sucht. 4. Dass man den Mörder stets unter den Gärtnern sucht, versteht sich von selbst. 5. Der Gärtner ist verzweifelt, weil man den Mörder stets unter den Gärtnern sucht. 6. Als man den Mörder schon wieder unter den Gärtnern suchte, war er verzweifelt.
31 Koordination vs. Subordination Subordination = strukturelle Abhängigkeit Ein subordinierter Nebensatz kann eine Ergänzung (Subjektsatz, Objektsatz) oder Angabe (Adverbialsatz) eines übergeordneten Prädikats bilden.
32 Koordination vs. Subordination Koordination = Verknüpfung strukturell gleichwertiger Phrasen 1. Die alte Dame sucht den Butler und den Gärtner. 2. Die alte Dame sucht im Garten und im Haus. 3. *Die alte Dame sucht den Butler und im Garten. 4. Die alte Dame weint und der Gärtner verlässt das Haus. 5. Die alte Dame und der Gärtner verlassen gemeinsam das Haus.
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