Forensik. Verbrecherjagd mit wissenschaftlichen Methoden

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1 Forensik Verbrecherjagd mit wissenschaftlichen Methoden Sonntag, 19. September 2010 Der Leiter der Mordkommission begrüßt das Team und fordert zunächst die mit den Verhören beauftragten Kripobeamten auf, die Ergebnisse der Zeugenvernehmung darzustellen. Dabei stellte sich heraus, dass für beide Hauptverdächtigen trotz Fluchtgefahr nicht hinreichend genug Verdachtsmomente bewiesen werden konnten, die einen Haftbefehl gerechtfertigt hätten. Dabei kommt auch die Panne zur Sprache, dass ein von der Spurensicherung versiegeltes Dokument bei der Vernehmung von Mohammed A. Kassab entnommen und dem Verdächtigen vorgelegt wurde, so dass sich nun sowohl die Fingerabdrücke von Herrn Kassab als auch von dem ermittelnden Beamten Steven Parker auf dem Schriftstück befinden. Die Spusi ist wegen der Schlamperei durch den Kripobeamten empört. Bericht von den Vernehmungen durch Kripobeamte im Beisein der Leiterin der Spurensicherung Obwohl die Polizei die Umgebung des Tatortes noch einmal genau untersuchte, konnten weder die Tatwaffe oder Auswurfhülsen noch die CD,

2 die sich wohl in der aufgebrochenen CD-Hülle befunden haben musste, gefunden werden. War sie der Grund, weshalb der Inhalt der Handtasche herausgerissen und auf dem Boden verstreut worden war? Eine Routineabfrage in der Polizeidatei ergab eine Anzeige von Frau Dr. F. Lorenz gegen einen Sascha Reincke wegen fortgesetztem Stalking. Die Anzeige wurde am , also 4 Tage vor dem Mord geschaltet. Gegen Sascha Reincke liegen bisher keine polizeilichen Daten vor, weshalb auch noch nichts unternommen worden war. Er wohnt Am Kiesteich in Spandau, also in der Nähe des Labors der Biotech-Firma. Die Vernehmung von Herrn Reincke wird angeordnet. Da sowohl die Laborergebnisse der Spurensicherung als auch der Obduktionsbefund der Pathologin noch nicht vorliegen, kommt zunächst der eingeladene Ballistiker und Schusswaffenexperte Manuel Rielo zu Wort. Bericht von Hauptkommissar Manuel Rielo zur möglichen Tatwaffe Bericht des Schusswaffenexperten Hauptkommissar M. Rielo Die am Tatort gefundene Waffe XY kann eindeutig als Tatwaffe ausgeschlossen werden. Es handelt sich hierbei um eine. Die Wunde stammt mit großer Wahrscheinlichkeit aus einer 9mm Handfeuerwaffe, Fabrikat vermutlich Smith & Wesson. Diese Waffe findet auch bei organisiertem Verbrechen westlicher Organisationen wie der Mafia, wird aber auch von Geheimdiensten verwendet. Ganz genau lässt sich dies erst belegen, wenn die Patrone vorliegt oder eine Auswurfhülse gefunden wurde.

3 Zunächst war ich versucht auch eine tschechische Glock östlicher Organisationen oder eine Desert Eagle, wie sie der israelische Mossad verwendet, anzunehmen.. Bericht der Profilerin Frau Dr. Irina Grün Informationen zum Täterprofil Ich wurde von Ihnen (Morddezernat) gebeten, anhand der am Tatort gefundenen Schriftstücke Angaben zu einem Täter und seinen möglichen Motiven zu erstellen. Insbesondere geht es wohl darum, ob die im Labor gefundenen Schreiben und Stalkerbilder allein dem Verdächtigen Mohammed Kassab zugeordnet werden können. Weitere Indizien, gerichtsmedizinische Ergebnisse und Verhörprotokolle liegen mir noch nicht vor. Die Schreiben können über den Beamer gezeigt werden. 1. Bild: Liebesbrief Die Schriftprobe aus dem gestrigen Verhör von Herrn Kassab beweist eindeutig, dass er der Verfasser des Liebesbriefes an das Mordopfer Frau Dr. Lorenz ist. Er hat das Schriftstück zudem unterzeichnet und gibt dies ohne Zögern zu. Es ist unklar, wann er den Brief geschrieben hat, doch befand er sich zu diesem Zeitpunkt in einem emotionalen Ausnahmezustand. Sein Konflikt und seine Ausweglosigkeit wird gesteigert durch sein, möglicher Weise religiös beeinflusstes Frauenbild. In seine Augen ist er durch die Trennung, die Frau Dr. Lorenz vollzogen hat, entmannt und entwürdigt.

4 Frau Dr. Grün referiert über die Echtheit des Abschiedsbriefes In dieser Situation könnte Herr Kassab tatsächlich zum Täter werden, um von sich und seiner Familie die Schande zu tilgen. Andererseits zeigt der Brief, dass er den Konflikt zwischen Demütigung und seiner Liebe noch nicht ausgefochten hatte. In derartigen Fällen der Blutrache kommt es eher dazu, dass das Mordopfer auf offener Straße, etwa an einer Haltestelle oder im Eingangsbereich ihres Hauses, erschossen oder erstochen wird. Oft wird auch ein anderes Familienmitglied aktiv, etwa ein minderjähriger Bruder, der dann für die Rettungstat der Familienehre nur eine Jugendstrafe erhalten würde. Völlig untypisch wäre, dass Herr Kassab, der aus seiner Beziehung zum Opfer genügend Kenntnisse über deren Tagesablauf weiß, sämtliche Sicherheitssysteme des Institutes überwindet, um dort Rache zu nehmen. Aber, unmöglich wäre es natürlich nicht, nur eben unwahrscheinlich. 2. Bild: Dein Schutzengel wacht immer über Dich In einem anonym zugesandten Briefpäckchen, das an das Labor von Frau Dr. Lorenz adressiert war, befanden sich die Ihnen bekannten Photos des Mordopfers und der Zettel mit dem Inhalt Dein Schutzengel wacht immer über Dich. Die Photos sind eindeutig Bilder eines Stalkers, der mit großer Macht versucht hat, in das Leben von Dr. Lorenz einzudringen. Ich würde mit nahezu absoluter Sicherheit ausschließen, dass Schreiben und Bilder von dem Tatverdächtigen Herrn Kassab stammen. Herr Kassb dürfte genug hübsche Bilder von seiner Exfreundin gehabt haben. Es ergibt überhaupt keinen Sinn,

5 dass er Frau Dr. Lorenz handschriftlich bittet und ihr droht, sie zugleich aber anonym über längere Zeit heimlich beobachtet und verschwommene Bilder schießt. Herr Kassab ist ein emotionaler Mensch, der seinen Gefühlen, möglicher Weise auch von Gewalt geprägten, freien Lauf lässt, und sich nicht feige mit einer Camera anschleicht. Jeder Stalker möchte auch irgendwann aus seiner Anonymität heraustreten, vom Opfer erkannt werden und dann direkte Macht ausüben, Herr Kassab aber wollte Frau Dr. Lorenz behalten und kein Doppelleben führen. Das wäre schizophren. Er hätte niemals den Computer benutzt und schon gar nicht eine derartig gleichmäßige Schrifttype gewählt. 3. Bild: aus Zeitungsschnipseln Auf dem Boden lag noch ein weiteres Schreiben, das aus den gleichen Gründen, die ich schon ausgeführt habe, mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht von Herrn Kassab stammt. Es ist anonym verfasst und steht in keinem Zusammenhang zu seiner Liebe. Inhaltlich deutet die Formulierung eher auf einen Menschen aus christlich geprägtem Kulturzusammenhang ( Ewigkeit ). Die Verschnipselung der Buchstaben wäre aber auch für den Stalker untypisch. Eventuell hatte er sich auch schon dem Mordopfer zu erkennen gegeben. Dieser Brief deutet eher auf eine weitere Person hin, die in keinem Fall erkannt werden möchte und deshalb diese Briefform gewählt hat. Der Inhalt ist jedoch dem Stalkerbrief nachempfunden, vielleicht handelt es sich bei diesem Dritten um eine Art Trittbrettfahrer, dessen Motive mir allerdings noch völlig unklar sind. 4. Bild: Abschiedbrief Was übrigens den Abschiedsbrief von Frau Dr. Lorenz angeht, ist offensichtlich, dass er nicht von ihr stammt und nur dazu diente, ihren Selbstmord vorzutäuschen. Er ist nicht einmal handschriftlich von ihr unterschrieben. In diesem Zusammenhang würde ich auch mal an Ihrer Stelle den Diagnosebericht mit der Jakob-Creutzfeld-Krankheit auf seine Echtheit überprüfen. Abschlussdiskussion der erweiterten Mordkommission: Der Kreis der Verdächtigen ist um den Stalker Sascha Reincke erweitert worden, der nun ebenfalls so schnell wie möglich vernommen werden soll. Der Exfreund der Ermordeten Mohammed Kassab legte ein Alibi vor, das bislang noch nicht überprüft wurde. Herr Luc van den Berge befand sich dagegen zur Tatzeit in der Nähe des Labors. Beide sind nach wie vor dringend tatverdächtig. Die Selbstmordthese ist nun endgültig zusammengebrochen.

6 Wichtig wären die Zusammenhänge, die sich aus den Flyern gegen Genmaisanbau und Saatgutkonzernen ergeben, zu recherchieren, zumal der Waffenexperte zunächst noch vage Hinweise für organisierte Kriminalität gegeben hat. Ausblick: Es wird deutlich, dass die weitere Rekonstruktion des Tathergangs und die Überführung eines Verdächtigen ohne Laborergebnisse der Spurensicherung und der Pathologin in eine Sackgasse geraten sind. Derzeit arbeitet die Spurensicherung an den Laboruntersuchungen, die demnächst an dieser Stelle veröffentlicht werden. Dazu gehören vor allem Fingerabdrücke Blutanalysen Analysen der DNA-Spuren Chemikaliennachweise in Spritze, Kölbchen, Wattebausch Obduktionslaborbefunde