Die Rolle städtischer Verteilungsnetze bei der Energiewende. Dr. Eric Jennes
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1 Die Rolle städtischer Verteilungsnetze bei der Energiewende Dr. Eric Jennes
2 Inhalt 1. Aufgaben zur Umsetzung der Energiewende 2. Integration erneuerbarer Stromerzeugung im städtischen Netz: Entwicklung und Ausblick 3. Rolle und Beiträge städtischer Verteilnetzbetreiber (VNB) zum Last-/Erzeugungsausgleich 4. Praxisberichte zu einzelnen Aufgaben 5. Zusammenfassung und Ausblick Seite 2 Dr. Eric Jennes - Die Rolle städtischer Verteilungsnetze bei der Energiewende
3 1. Die Integration von dezentralen Erzeugungsanlagen lässt sich technisch auf zwei Probleme reduzieren Problem 1 Netzintegration der Erzeugungsanlagen: Erzeuger und Verbraucher konkurrieren um das zur Verfügung stehende Spannungsband, weshalb die Spannungsstabilität häufig das primäre Problem ist. Bei entsprechender Höhe der Einspeisung treten Kapazitätsprobleme auf. Netzintegration ist kein bedeutsames Problem in städtischen Verteilungsnetzen. Problem 2 Last-/Erzeugungsausgleich Frequenzstabilität: Erzeugung und Verbrauch müssen im ständigen Gleichgewicht stehen. Früher: verbrauchsorientierte Erzeugung. Zukünftig: erzeugungsorientierte(r) Verbrauch und Speicherung. Städtische Verteilnetzbetreiber können einen wertvollen Beitrag zur Frequenzstabilität leisten. Abweichung von der Nennspannung [%] +10 % + 5 % 0 % 5 % - 10 % 110 kv 20 kv 20 kv 0,4 kv 0,4 kv Mittelspannungsnetz 2% Spannungsanhebung 2% Regelabweichung 5% Spannungsabfall Netzintegration Umspannwerk Ortsnetzstation Außerhalb des Spannungsbandes 1,5% Spannungsabfall 1,5% Regelabweichung Außerhalb des Spannungsbandes Frequenzstabilität Niederspannungsnetz 3% Spannungsanhebung 5% Spannungsabfall Seite 3 Dr. Eric Jennes - Die Rolle städtischer Verteilungsnetze bei der Energiewende
4 2. Flächenverbrauch, Einwohnerzahlen und Stromverbrauch von städtischen und ländlichen Siedlungsräumen Ca. 6 % der Fläche Deutschlands entfallen auf städtische Siedlungsräume, also auf Städte mit mehr als Einwohnern. Von den derzeit rund 82 Millionen Einwohnern in Deutschland leben etwa 32,5 Millionen (39 %) in Städten mit mehr als Einwohnern, also in städtischen Siedlungsräumen. 94% 6% nach Fläche Industrie städtischer Raum ländlicher Raum 49,5 Millionen Einwohner leben in kleinstädtischen bis ländlichen Siedlungsräumen. Demgegenüber entfielen 65 % des Elektrizitätsverbrauchs 2012 auf Städte mit mehr als Einwohnern und die Industrie 61% 39% nach Einwohnern (Quelle: Umweltbundesamt, 2012). 35% 42% 23% nach Stromverbrauch Quelle: statistischen Bundesamt 2/3 des Stromverbrauchs in Deutschland entfallen auf städtische Siedlungsräume und die Industrie Seite 4 Dr. Eric Jennes - Die Rolle städtischer Verteilungsnetze bei der Energiewende
5 2. Installierte EEG-Leistung ( ) Mannheim vs. Deutschland Der Zuwachs an installierter EEG-Leistung ist in Mannheim (Faktor 1,7 seit 2005) langsamer als im gesamtdeutschen Vergleich (Faktor 2,6). Der Anteil der installierten EEG-Leistung an der Jahreshöchstlast betrug 2012 in Mannheim mit 22 % nur ein Viertel des Wertes bezogen auf Gesamtdeutschland (93 %). MA Höchstlast 370 MW = 100% 199,4 GW = 237% 57,9 GW = 69% 78,2 GW = 93% DE Höchstlast 84 GW = 100% 176 MW = 48% 30,2 GW = 36% sonstige Wasserkraft Photovoltaik Biomasse Windenergie an Land Jahreshöchstlast 47 MW 47 = 13% 2 Anlagen, 110-kV-Netz 62 MW = 17% 80 MW = 22% 2005 Quelle: eigene Statistiken BMU BMU Quelle: Arbeitsgruppe Erneuerbare Energien-Statistik, 2013 Die Integration von Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien führte bisher in städtischen Verteilungsnetzen nicht zu erheblichem Netzausbau oder Bedarf an smarter Netztechnik und wird es auf absehbare Zeit nicht tun Seite 5 Dr. Eric Jennes - Die Rolle städtischer Verteilungsnetze bei der Energiewende
6 2. Verteilnetzstudie Mannheim bestätigt geringen Netzausbaubedarf Detaillierte Untersuchungen verschiedener Szenarien (Referenz 2010, BMU 2030, Techn. Potenzial, ) an verschiedenen repräsentativen Netzgebieten bestätigen geringe Notwendigkeit von Netzausbau. Bei der Integration von Elektromobilität ist bis 2030 voraussichtlich nur punktuell mit Netzausbaubedarf zu rechnen. Dennoch sollte die Möglichkeit zur Ladesteuerung von Anfang an Bestandteil sein. 115% Knotenspannungen bei Integration von EEG-Strom 115% Knotenspannungen bei Integration von Elektromobilität Normalladung Schnellladung Knotenspannung 110% 105% 100% 95% U max Technisches Potenzial* BMU Knotenspannung 110% 105% 100% 95% U max 2010 BMU % U min 90% U min 85% (Leitungsquerschnitt) -1 x Entfernung von der Netzstation 85% Technisches Potenzial* (Leitungsquerschnitt) -1 x Entfernung von der Netzstation Netzintegration (Problem 1) ist kein bedeutsames Thema in städtischen Verteilnetzen Technisches Potenzial bei EGG-Leistung = Maximalausbau (z.b. alle Dachflächen mit PV) bei E-Mobilität = Maximalnutzung (alle KFZ sind Elektromobile) Seite 6 Dr. Eric Jennes - Die Rolle städtischer Verteilungsnetze bei der Energiewende
7 2. Aufgaben zur Umsetzung der Energiewende Überregionaler Ausgleich Problem 2 Für die Umsetzung der Energiewende muss ein Ausgleich zwischen dem Überschuss an Strom aus erneuerbaren Energieträgern in ländlichen Regionen und dem Leistungsbedarf in den städtischen Siedlungsräumen sowie der Industrie geschaffen werden. Der Ausgleich kann geschaffen werden durch die Umsetzung des Netzentwicklungsplans, also die Errichtung leistungsstarker Leitungsverbindungen zwischen den Erzeugungsschwerpunkten im Norden und den Verbraucherschwerpunkten im Süden. den zügigen Ausbau der Hoch- und Höchstspannungsnetze zur Beseitigung bestehender Engpässe. Der Netzentwicklungsplan sieht u. A. vor, mehrere HGÜ-Nord-Süd- Korridore zum Energietransport zu bauen (10 GW, km). Korridor A, Verbindung 2 läuft von Osterath nach Philippsburg und tangiert im südlichen Abschnitt das Netz der Netrion. Die Transnet BW als zuständiger ÜNB möchte Teile einer gemeinsam mit MVV gebauten und betriebenen Freileitung nutzen. Überregionaler Ausgleich ist Aufgabe der ÜNB sowie regionaler VNB Städtische Verteilnetzbetreiber sind hier kaum beteiligt Seite 7 Dr. Eric Jennes - Die Rolle städtischer Verteilungsnetze bei der Energiewende
8 3. Beiträge städtischer VNB zur Energiewende I Bereitstellung von Verbrauchs-Flexibilitäten Problem 2 Das Bereitstellen von Verbrauchs-Flexibilitäten stellt einen wichtigen Beitrag zur Umsetzung der Energiewende dar. Mögliche Verbrauchs-Flexibilitäten sind z.b. Demand-Side-Management Lastbeeinflussung/Laststeuerung - In Mannheim untersucht im Projekt moma - Erkenntnis: Lastverschiebung durch Tarifanreize im gewissem Umfang möglich Power-to-Heat Flexibilität durch Nutzung der Verbindungen zwischen Strom- und Wärmeerzeugung - Erhöhung der KWK-Erzeugung/Einsparung von Brennstoff - Bau eines FW-Speichers in Mannheim Einsatz von Stromspeichern Speicherung von PV-Strom zur zeitversetzten Nutzung - Fragen hinsichtlich der Netzdienlichkeit größerer Stromspeicher - Netrion als Projektpartner beim Forschungsprojekt Strombank Seite 8 Dr. Eric Jennes - Die Rolle städtischer Verteilungsnetze bei der Energiewende
9 3. Beiträge städtischer VNB zur Energiewende II Systemdienstleistungen (Abschaltmanagement und Netzwiederaufbau) Abschaltmanagement letzte Maßnahme, bei drohendem Netzzusammenbruch (auf Anweisung des ÜNB müssen VNB diskriminierungsfrei Lasten reduzieren; gem. 13,14 EnWG) Netzwiederaufbau im Falle eines großräumigen Netzzusammenbruches (Blackout) müssen Kraftwerke und Netze in definierten Last-Schritten wieder aufgebaut werden. Städtische VNB stellen verlässliche Lasten dar Städtische VNB damit grundlegend für Netzwiederaufbau Last-/Einspeisemanagment vorgeschriebene Funktionen für alle Verteilnetzbetreiber ÜNB und VNB müssen sich auf Abschaltmanagement und Netzwiederaufbau präventiv vorbereiten Seite 9 Dr. Eric Jennes - Die Rolle städtischer Verteilungsnetze bei der Energiewende
10 4. Praxisbericht Power-to-Heat Fernwärmespeicher am GKM Funktionsbeispiel: Ausgangspunkt: KWK-Anlage erzeugt Strom + Wärme EEG-Einspeisung steigt KWK-Anlage reduziert Stromproduktion und erhöht Wärmeproduktion Wärmespeicher wird geladen EEG-Einspeisung sinkt KWK-Anlage erhöht Stromproduktion und reduziert Wärmeproduktion Wärmespeicher wird ggf. entladen Beispiel: Fernwärmespeicher im GKM, Mannheim Speicherkapazität: m³ Power-to-Heat ist eine Möglichkeit der Energiespeicherung Thermische Speicherkapazität MWh Thermische Be- und Entladeleistung 250 MW In städtischen Verteilungsnetzen besteht großes Power-to-Heat-Potenzial, z.b. am Standort von KWK-Anlagen durch Errichtung von Wärmespeichern (zentral) durch Aufladung von Wärmespeichern in (öffentlichen) Gebäuden (dezentral) durch Einbau von Heizelementen (dezentral) Flexibilität aus Power-to-Heat schon heute als Regelenergie vermarktbar Seite 10 Dr. Eric Jennes - Die Rolle städtischer Verteilungsnetze bei der Energiewende
11 4. Praxisbericht Forschungsthema Stromspeicher - Projekt Strombank Seite 11 Dr. Eric Jennes - Die Rolle städtischer Verteilungsnetze bei der Energiewende
12 4. Praxisbericht Systemdienstleistungen Kaskadierung Anweisungen des ÜNB werden an VNB der 1. Ebene gegeben; VNB der 1. Ebene geben Anweisungen weiter an VNB der 2. Ebene usw. Zuverlässige Umsetzung von Kaskade/ Netzwiederaufbau nur gegeben, wenn im Vorfeld geübt wird Netrion trainiert zweimal jährlich zusammen am Simulator der Fa. Dutrain mit TransnetBW (ÜNB) weiteren VNB der 1. Ebene systemrelevanten Kraftwerken Inhalte/Ziele des Trainings: Rollierende Lastabschaltungen Netzwiederaufbau nach Blackout / Inselnetzaufbau Netzwiederaufbaustrategien aufeinander abstimmen Übung des Zusammenspiels aller Beteiligten Quelle: Praxis-Leitfaden für unterstützende Maßnahmen von Stromnetzbetreibern Rotierende Leistung (Schwungmasse) beim Netzwiederaufbau wesentlich Wachsende Bedeutung der Städte als verlässliche Verbraucher Seite 12 Dr. Eric Jennes - Die Rolle städtischer Verteilungsnetze bei der Energiewende
13 5. Zusammenfassung und Ausblick Zusammenfassung: Bei der Umstellung der Stromerzeugung auf regenerative Energien bestehen 2 grundsätzliche Probleme aus technischer Sicht: i) Netzintegration (lokal) im städtischen Verteilnetz kein großes Problem ii) Last-/Erzeugungsausgleich (systemweit) Zum Last-/Erzeugungsausgleich leisten städtische Verteilnetzbetreiber wesentliche Beiträge: i) Bereitstellung von Flexibilitäten (Laststeuerung, Power-to-Heat, Stromspeicher?) ii) Systemdienstleistungen (Abschaltmanagement, Netzwiederaufbau, Einspeisemanagement, ) Seite 13 Dr. Eric Jennes - Die Rolle städtischer Verteilungsnetze bei der Energiewende
14 5. Zusammenfassung und Ausblick Zusammenfassung: Bei der Umstellung der Stromerzeugung auf regenerative Energien bestehen 2 grundsätzliche Probleme aus technischer Sicht: i) Netzintegration (lokal) im städtischen Verteilnetz kein großes Problem ii) Last-/Erzeugungsausgleich (systemweit) Zum Last-/Erzeugungsausgleich leisten städtische Verteilnetzbetreiber wesentliche Beiträge: i) Bereitstellung von Flexibilitäten (Laststeuerung, Power-to-Heat, Stromspeicher?) ii) Systemdienstleistungen (Abschaltmanagement, Netzwiederaufbau, Einspeisemanagement, ) Ausblick: Es besteht ein 3. Problem im Hinblick auf System-/Marktdesign und Systemkoordination mit (smarter) Technik nicht lösbar Die Komplexität der Stromversorgung steigt erheblich (verteilte Erzeugung, Marktrollen, Prozesse, ) Ohne die Beiträge/Koordination der Verteilnetzbetreiber wird die Energiewende nicht möglich sein Einspeiser Lieferanten Verbraucher MessstellenbetreiberGateway adm./-op ÜNB* Verteilnetzbetreiber Stromversorgungssystem Systemverantwortung Erzeuger Händler ÜNB Speicherbetreiber Seite 14 Dr. Eric Jennes - Die Rolle städtischer Verteilungsnetze bei der Energiewende
15 Ansprechpartner Netrion GmbH Dr. Eric Jennes Technischer Geschäftsführer Luisenring Mannheim Seite 15 Dr. Eric Jennes - Die Rolle städtischer Verteilungsnetze bei der Energiewende
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