Erhebung zur Nutzung von Freier Software in der Bundes-, Landes- und Kommunalverwaltung. Enquete 2003
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- Günther Jaeger
- vor 8 Jahren
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1 Bundes-, Landes- und Kommunalverwaltung Enquete 2003 Dezember 2003
2 Einleitung Ein angemessenes Maß von Softwarevielfalt zur Vermeidung von Monokulturen ist auch aus sicherheitspolitischen Gründen strategisches Ziel des Bundesministeriums des Innern. Es muss vermieden werden, dass Inkompatibilitäten beim Softwareeinsatz durch Verwendung nur eines Produkts entstehen. Vielmehr sollte versucht werden Interoperabilität und Kompatibilität zwischen Produkten zu erreichen. Hiermit verbunden ist die Unabhängigkeit von einzelnen Softwareherstellern. Diese Ziele lösen die bisher geltenden Kriterien für Entscheidungen im Softwarebereich nicht ab, wie z. B. Funktionalität, Benutzerfreundlichkeit und Wirtschaftlichkeit. Sie treten aber neben diese Ziele und sollten bei Entscheidungen über den Softwareeinsatz ebenfalls einen bedeutenden Stellenwert haben. Im Auftrag des BMI fördert daher das BSI den Einsatz von Freier Software in der Bundes-, - Landes- und Kommunalverwaltung in vielfältiger Hinsicht. Hierzu gehören die Unterstüt zung von Behörden bei der Migration zum Einsatz von Freier Software, die Durchführung von bzw. Beteiligung an Messen und Kongressen, die Förderung von Software zur Beseitigung von Migrationshindernissen und die Entwicklung von Open Source Sicherheitssoftware. Zur Feststellung des Verbreitungsgrads von Freier Software in der Verwaltung und bei verwaltungsnahen Institutionen sowie Planungen bzgl. des zukünftigen Einsatzes wurde vom BSI in 2003 eine Umfrage durchgeführt, die als Grundlage für neue Projekte und Aufgaben dient. Im weiteren Text werden die Ausdrücke Freie Software und Open Source Software (OSS) synonym verwendet. Die in den folgenden Zeichnungen angegebenen Prozentzahlen beziehen sich immer auf die Anzahl derjenigen, die diese Frage beantwortet haben. Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik 1
3 Anteil der Antworten der befragten Behörden In erster Linie haben sich kommunale Behörden an der Befragung beteiligt. Hier ist, ähnlich in den Bundesländern, die Verteilung auf die einzelnen Länder sehr unterschiedlich. Bundesbehörden bildeten den zweitgrößten Anteil bei der Umfrage, wobei auch hier die Verteilung auf die Geschäftsbereiche sehr unterschiedlich ausfällt. Es ist anzunehmen, dass Behörden mit bereits im Einsatz befindlichen oder konkret geplanten OSS-Anwendungen überrepräsentiert sind. Aktueller und geplanter OSS-Einsatz Die folgenden Fragen dienen der genaueren Einteilung bzgl. des vorhandenen oder geplanten OSS-Einsatzes. 1. Wie groß ist der Anteil von OSS in Ihrer Informations-Technologie? Derzeit ist der Anteil an OSS bei der weitaus überwiegenden Zahl (93 %) der befragten Behörden entweder gering oder es wird gar keine OSS eingesetzt. Im Bundesbereich ist dies ebenso, jedoch sind es hier nicht ganz so viele Behörden (69 %) mit geringem bis gar keinem OSS-Einsatz, woraus sich erste Erfolge der OSS-Initiative des BMI ableiten lassen. 2 Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik
4 2. Wo setzen Sie OSS in Ihrer Behörde ein? Momentan sind die Einsatzbereiche von OSS bei Behörden überwiegend im Serverbereich (66 % anwendungsbezogen) (Proxy-, Domain Name Service-, Dynamic Host Configuration Protocol-, Web-, File Transfer Protocol-, File-, Compact Disk-, Backup-, Electronic-Mail-, Database- Server) für Daten oder Kommunikation zu sehen. Als nächster großer Anwendungsbereich sind Sicherheitsanwendungen (14 %), gefolgt von Arbeitsplatzrechner (7 %) unter den OSS-Systemen zu sehen. Andere Verwendungen von OSS für z. B. Fachverfahren, Scientific Computing oder Softwareentwicklung werden eher nur vereinzelt (zusammen 8 %) genannt. Es zeigt sich ein klarer Handlungsbedarf im Bereich der Arbeitsplatzrechner. 3. Werden Sie auf OSS migrieren? Knapp ein Viertel der befragten Behörden planen eine Migration auf OSS. Mehr als die Hälfte (91) gaben jedoch keine verwertbare Antwort auf diese Frage. Viele Behörden (Bund 17 %) migrieren nicht, weil ihnen zu wenige beispielhaft migrierte Bereiche (z.b. das BSI) bekannt sind. Es wurde häufig geäußert, dass ein Beschluss von vorgesetzter Stelle fehle oder eine große Verbreitung von OSS für eine Migration erforderlich sei. Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik 3
5 4. In welchen Bereichen werden Sie auf OSS migrieren? Beabsichtigte Migrationen liegen meist im Serverbereich (20 %). Einige wenige (9 %) wollen auch die Arbeitsplätze mit OSS ausstatten. Fachverfahren sollen kaum (3%) migriert werden. Die Anzahl der Behörden (68 %), die keine Antwort gegeben haben, liegt hier allerdings wieder sehr hoch. Viele Behörden antworteten, dass sie nicht migrieren, da ihnen bislang zu wenige beispielhaft migrierte Bereiche (z. B. BSI) bekannt sind. Im Bereich des Bundes migrieren 17 % im Serverbereich, 4 % am Arbeitsplatz und 9 % Fachverfahren. Auch hier ist zu erkennen, dass nur wenig Arbeitsplatzrechner migriert werden. Derzeitiger Einsatz von OSS 5. Welche OSS kommt bei Ihnen zum Einsatz? Von den Behörden wurde eine Vielzahl (über 100 Produkte) unterschiedlichster Software benannt, die im Einsatz ist. Hierbei haben sich folgende Produkte hervorgehoben: Apache (und Jakarta), Linux, MySQL, Samba, PHP, Squid, Bind, Sendmail. Weitere Produkte wie Open Office, LDAP, Mozilla, Snort, Open SSL und SSH wurden weniger häufig genannt. Hier findet sich Bestätigt, dass die Vorteile beim Einsatz von OSS im Serverbereich vielfach überzeugt haben. Da ein großes Einsatzgebiet für OSS der Betriebssystembereich ist, sind Untersuchungen der Transmission Control Protocol / Internet Protocol Implementierung in Linux wichtig. 4 Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik
6 6. Lassen Sie Eigenentwicklungen als OSS erstellen? Auf die Frage nach OSS-Eigenentwicklungen antwortete die überwältigende Mehrheit (82%) der Behörden mit nein. Nur ein geringer Anteil (1 %) veröffentlicht entwickelte oder geänderte Anwendungen. Im Bereich der Bundesbehörden führt ebenfalls, allerdings nicht ganz so überwältigend, die Mehrheit (57 %) keine OSS-Eigenentwicklungen durch. Dieses Ergebnis zeigt, dass sich die technischen und strategischen Vorteile beim Einsatz von Freier Software (Einsatz, Lernen, Erweitern, Verteilen) noch zu wenig bekannt sind und weiterhin publiziert werden müssen. 7. Welche Sicherheitsprobleme haben Sie beim Einsatz von OSS? Sicherheitsprobleme werden bei OSS in den meisten der Antworten (81 %) nicht gesehen. Wenige Behörden (19%) hatten hier Anmerkungen, die jedoch meist nur Benutzerfehler oder das erforderliche Einspielen von Sicherheitspatches betrafen. Wirkliche Sicherheitsvorfälle wurden nicht genannt. Sehr viele Behörden gaben auf diese Frage allerdings keine Antwort. Das macht deutlich, dass das BSI seine Aufklärungsarbeit bzgl. der in offenen IT-Systemen vorhandenen Sicherheitsprobleme verstärken muss. Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik 5
7 8. Wie gut sind die Kenntnisse der Administratoren beim Einsatz von OSS? Die Frage nach der Einschätzung der Administratorenkenntnisse wurde in den meisten Antworten (52 %) mit gering oder keine benannt. Im Gegensatz hierzu wurden bei Bundesbehörden die Kenntnisse von Administratoren von nur wenigen (19 %) Behördenvertretern als gering oder keine Kenntnisse bezeichnet. Der größte Anteil des Bundes (48 %) bezifferte seine Kenntnisse mit mittel bis hoch. Viele Behörden machten jedoch keine Angaben. 9. Wie gut sind die Kenntnisse der Nutzer beim Einsatz von OSS? Die Kenntnisse der Nutzer wurden in dem überwiegenden Teil (93 %) der Antworten als gering bis keine eingeschätzt. Im Bundesbehördenbereich wurden dagegen die Nutzerkenntnisse nur von der knappen Hälfte (43 %) so niedrig eingeschätzt. Bei dieser Frage gaben viele Behörden bzw. Institutionen jedoch keine Antwort. Insgesamt zeigt sich eindringlich, dass auch komplexe OSS- Software inzwischen leicht zu managen ist. 6 Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik
8 Zukünftiger Einsatz von OSS 10. Wo sehen Sie noch Migrationshemmnisse bei der Migration auf OSS? Es wurden sehr viele verschiedene Gründe gegen eine Migration angegeben. Am häufigsten genannte Gründe (66 %) sind den Kategorien Migrations-, Schulungsaufwände und Kompatibilitätsprobleme zuzuordnen. Hier die am häufigsten genannten einzelnen Migrationshemmnisse: fehlende Akzeptanz durch den Anwender Schulungsaufwand für Administratoren, Nutzer, IT-Sicherheits Beauftragte, Daten Schutz Beauftragte (kein eigenes Schulungspersonal) Wirtschaftlichkeitsaspekte bzw. Investitionssicherung Einsatz vieler Windows- oder Sonderanwendungen, die zu migrieren wären fehlende Kompatibilität von OSS mit Produkten unter Microsoft (Word, Excel, Access aber auch Mach) hoher Erprobungs- / Integrationsaufwand fehlende Groupwaresysteme fehlende kommerzielle bzw. grundsätzlich fehlende Software für OSS Freie Standards werden zu wenig unterstützt. Migrationsaufwände werden im Allgemeinen zu hoch eingeschätzt. Um zu zeigen, dass die Aufwände nicht so hoch sind, sollen anhand von Beispielen daher verstärkt Migrationen aufgezeigt werden. Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik 7
9 11. Was würde Ihnen helfen, die Migrationshemmnisse zu beseitigen? Zur Beseitigung der Migrationshemmnisse werden im Beseitigung der Migrationshemmnisse Wesentlichen zwei Punkte von den befragten Behörden genannt. Zum einen werden mehr Informationen (Erfahrungsaustausch, Hilfestellungen, Empfehlungen, Bewertungen, Richtlinien, Problembehandlungen, Entwicklungsbeschreibungen, etc.) und ein Informationsportal gewünscht (54 %). Zum anderen werden die Festlegung offener Standards im Officebereich (Extensible Markup Language statt Winwordformate und Konvertierungs-, Filterprogramme für alte Officedokumente) bzw. verbindliche Vorgaben (weiter Verbreitungsgrad) für den Einsatz von OSS angegeben (27 %). Finanzielle Aspekte werden auch genannt (19 %). Durch einen verstärkten Internetauftritt und viele beispielhafte Migrationen könnten bereits die meisten Hemmnisse beseitigt werden. Informationsversanstaltungen, Messen und Einzelgespäche zum gegenseitigem Informationsaustausch müssen intensiviert werden. 8 Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik
10 12. Welche zentralen Dienste und Programme fehlen Ihnen noch zum Einsatz von OSS? Bei der Frage nach fehlenden Diensten und Programmen wurden nur wenige Antworten gegeben. Bei diesen fällt allerdings der Bedarf an geeigneten Groupwarelösungen (28 %) auf. Andere genannte Programme waren der Sicherheit oder Administration zuzuordnen (26%). Dies waren z. B. Virenprüfprogramme, Software- Clientinstallations- und Verteilungstools, Software zur problemlosen Übernahme von NT-Domänen und NT-Anwendern nach Open LDAP bzw. SAMBA, Netzwerksicherungssysteme und vereinfachung der Administration (Verbesserung durch Tools für das Systemmanagement). Oft wurde die Abbildung von Microsoft Betriebssystemeigenschaften in OSS gewünscht. So zum Beispiel zentrale File- / Printservices oder Directory Services (23%). Der Bedarf an Groupwarelösungen wurde vom BSI bereits erkannt und Lösungen sind angestrebt. 13. Migrieren Sie Ihre Fachanwendungen? Die Frage danach, ob die Migration Fachanwendungen Migration von Fachanwendungen geplant ist, wurde meist nicht beantwortet. Bei den mit Ja antwortenden Behörden überwiegt (49 %) die Anzahl der Anteil der Migrationen von bestehenden Fachanwendungen. Weniger Behörden dieser Gruppe planen bei Neuentwicklungen die Umsetzung in OSS; wobei dennoch die Plattformunabhängig oder der Einsatz von OSS im Allgemeinen geplant ist. Der größte Teil der restlichen Antworten fiel negativ aus (51 %); oft unter Nennung von Wirtschaftlichkeitsvorbehalten. Die Menge der nicht migrierten Fachanwendungen zeigt die Wichtigkeit der Anwendung offener Standards bei der Entwicklung von Software. Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik 9
11 Unterstützung durch das BMI 14. Wäre ein OSS Portal des Bundes mit einer Darstellung der OSS Projekte in den Behörden hilfreich? Ein Portal des Bundes wurde in der Anzahl der Antworten (94 %) befürwortet. Nur wenige (6 %) waren gegen ein Portal des Bundes. Fazit: Ein Portal des Bundes ist äußerst wichtig. 15. Wäre ein OSS Kompetenzzentrum des Bundes für Sie hilfreich? Auch ein Kompetenzzentrum des Bundes wurde in den meisten Antworten (77 %) positiv gesehen. Dagegen sprachen sich nur wenige gegen ein Kompetenzzentrum aus (23 %). Ein Kompetenzzentrum des Bundes ist demnach erforderlich. Auch ein zentraler Ansprechpartner für OSS im BSI wäre für die befragten Behördenvertreter eine wichtige Informaitonsquelle. 10 Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik
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