Nachklang. zur. BVG-Arena der Innovation Zweite Säule vom 6. Oktober 2014 im Käfigturm Bern
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- Regina Bauer
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1 Nachklang zur BVG-Arena der Innovation Zweite Säule vom 6. Oktober 2014 im Käfigturm Bern Zukunftsfonds Schweiz Utopie, Vision.oder notwendig für die Sicherung des Wohlstands? Mit der Motion von Ständerat Graber wird der Bundesrat beauftragt, die rechtlichen Grundlagen zu schaffen, damit die Pensionskassen ihr Vorsorgevermögen vermehrt in zukunftsträchtige Jungunternehmen (Venture Capital) in der Schweiz investieren können. Dazu gehört die Schaffung eines Zukunftsfonds Schweiz, welcher Gelder von Pensionskassen einsammelt und diese als Fund of Funds in ausgewählte Wagniskapitalgesellschaften investiert. Es stellt sich nun die Frage, wie der Bundesrat diesem Auftrag der Eidgenössischen Räte nachkommen soll. In der BVG-Arena kam klar zum Ausdruck, dass es nicht darum gehen kann, die Vorsorgeeinrichtungen zu verpflichten, einen bestimmten Prozentsatz des Anlagevermögens in bestimmte Anlagen zu investieren. Der Fokus muss darauf gerichtet sein, die Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass die Pensionskassen freiwillig solche Investitionen tätigen. Diese Anlageform muss sich vom Risiko-/Rendite-Profil und den Korrelationen mit anderen Formen positiv in die Anlagestrategie einfügen. Unter Umständen stellt sich die Frage, ob den Vorsorgeeinrichtungen im Falle einer Unterdeckung, soweit sie durch Venture Capital Investitionen verursacht wurde, gewisse Erleichterungen gewährt werden müssen. Der Nationalrat hat am 10. September 2014 als Zweitrat die Motion Konrad Graber angenommen. Damit ist der Bundesrat beauftragt, Änderungen von gesetzlichen Bestimmungen und Anlagerichtlinien für Pensionskassen in dem Sinne vorzuschlagen, dass Pensionskassen zukünftig in der Lage sind, in langfristige, zukunftsgerichtete Anlagen (Wagniskapital oder Venture Capital) an der Spitze des technologischen Fortschritts in der Schweiz zu investieren. Zudem wird der Bundesrat eingeladen, einen privatwirtschaftlich organisierten und verwalteten "Zukunftsfonds Schweiz" zu initiieren, welcher auf Wunsch der Pensionskassen deren Wagniskapital-Anlagen zur Betreuung übernimmt. Wie Werner Nussbaum einleitend ausführte, basiert die Motion Graber auf einem Konzeptvorschlag des wirtschaftswissenschaftlichen Zentrums (WWZ) der Universität Basel (Gantenbein, Zaby). Träger des Zukunftsfonds ist eine von Pensionskassen gegründete Genossenschaft. Diese betreibt zwei Tochtergesellschaften (AG s): Eine professionelle Managementgesellschaft, welche die Venture Capital- oder Wagniskapitalgesellschaften, in welche investiert werden soll, sorgfältig auswählt und ihnen die Mittel zuweist sowie eine Überwachungsgesellschaft, Tel-Nr. +41 (0) Fax-Nr. +41 (0) Thunstrasse 78, Postfach 198, CH 3000 Bern 6 mail@izs.ch /
2 welche die Tätigkeit der Managementgesellschaft überwacht und an die Genossenschaft rapportiert. Bei der Wahl der Wagniskapitalgesellschaften ist stets darauf zu achten, dass auch privates Kapital investiert wird. Daneben setzt die Förderung von Venture Capital-Investitionen laut WWZ die folgenden Anpassungen in den rechtlichen Rahmenbedingungen voraus: Keine Stempelsteuer auf der Ausgabe von Wagniskapitalaktien Verlustvorträge für Steuerzwecke bis 20 Jahre bei der Wagniskapitalgesellschaft Der bei Wagniskapitalgesellschaften gewöhnlich erst nach 10 bis 20 Jahren anfallende Gewinn kann für die Bestimmung der Einkommenssteuer über die ganze Entwicklungszeit verteilt werden Der Wissens- und Technologietransfer von den Hochschulen zu Jungunternehmen wird durch geeignete organisatorische Anpassungen verstärkt Zu prüfen ist, ob nicht auch der Staat (Bund) die Wagniskapitalbildung direkt unterstützen sollte, wie dies z.b. die USA, Israel und verschiedene aufstrebende asiatische Länder seit langem tun. In einem Kurzreferat erläuterte Robert Lustenberger (Partners Group) die Eigenschaften von Private Equity und Venture Capital. Lediglich 15% der Privat Equity-Investitionen werden in Venture Capital (VC) investiert, d.h. in Unternehmen, welche sich noch in einer frühen Entwicklungsphase befinden (Seed Stage, Early Stage, Expansion Stage). In diesem Bereich sind die Risiken am höchsten, da noch kaum laufende Erträge zu erwarten sind. Kapitalgewinne gibt es bei rund 70 % der Investitionen erst beim Exit (Verkauf oder IPO an der Börse). VC ist somit eine sehr langfristige, illiquide Investition. Eine erfolgreiche Investition in einem VC-Fonds setzt eine Haltedauer von 10 und mehr Jahren voraus. Vorzeitige Verkäufe am Sekundärmarkt sind meist nur unter erheblichen Verlusten möglich. Der Zukunftsfonds ist darauf angewiesen, dass es in der Schweiz genügend Venture Capital-Gesellschaften gibt, welche die Jungunternehmen sorgfältig auswählen, in welche die Mittel investiert werden sollen. Zudem müssen diese Organisationen die Unternehmen mit ihrem Beziehungsnetzwerk, Beratung und weiteren Leistungen unterstützen und betreuen. Tatsächlich gibt es in der Schweiz bereits einen beträchtlichen Venture Capital-Markt. Gemäss Angaben der SECA wurden in der Schweiz in den 11 Jahren von 1999 bis 2009 pro Jahr im Durchschnitt rund CHF 500 Mio. in Venture Capital investiert. Ein von Lustenberger gezeigter Überblick welche nicht den Anspruch auf Vollständigkeit erhebt weist 34 Schweizer Venture Capital-Organisationen in den verschiedensten 2
3 Bereichen auf. Langfristig kann im Durchschnitt auf Private Equity eine deutlich über der Aktien liegende Rendite (nach Kosten) erwartet werden. Ein Vergleich der Renditen zwischen den verschiedenen Private Equity-Fonds zeigt aber grosse Unterschiede. Dies weist darauf hin, dass die sorgfältige Auswahl des Investmentvehikels ausschlaggebend ist. Interessant ist, dass offenbar die Rendite bei europäischen VC-Fonds deutlich unter jener der amerikanischen liegt. Laut Erich Platzer (HBM Healthcare Investments, auch als Business Angel in mehreren Startup-Firmen tätig) liegt dies vor allem daran, dass es in Europa für Jungunternehmen schwieriger ist, Börsengänge zu machen, so dass sie meist in (zu) frühen Phasen verkauft werden. Die hohen Renditen werden aber vor allem in den späteren Wachstumsphasen erzielt, welche auch höhere Kapitaleinsätze erfordern. Gerade in diesem Bereich bestehe aber hierzulande ein grosser Mangel an Investitionsmitteln. Hier soll der Zukunftsfonds ansetzen: Er stellt den Jungunternehmen via VC-Fonds das notwendige Kapital und die Betreuung zur Verfügung, damit sie das Potenzial ihrer Geschäftsidee weiterentwickeln und bis zu einem lukrativen Börsengang oder Verkauf ausschöpfen können. Dabei geht es auch darum, die Zahl neuer Firmen mit zukunftsträchtigen Produkten zu erhöhen und damit einen Beitrag an ein motivierendes Klima für Jungunternehmer in der Schweiz zu schaffen, wie dies im Silicon Valley gelungen ist. In der Diskussion wird die Frage aufgeworfen, ob die Fokussierung auf schweizerische Jungunternehmen nicht eine zu enge Einschränkung ist. Bestehende Private Equity-Fonds diversifizieren ihre Investitionen über wesentlich grössere Wirtschaftsräume und senken damit auch das Risiko. Zu dieser Frage empfiehlt Erich Platzer, bestehende, ausgewiesene VC-Gesellschaften in die Schweiz zu locken mit der Auflage, einen Teil der Mittel hier zu investieren. Über die Art und Weise, wie der Bundesrat die Motion Graber umzusetzen gedenkt, ist noch nichts bekannt. Offenbar wurde im zuständigen Departement (EDI) eine Arbeitsgruppe gebildet, welche einen Vorschlag ausarbeiten soll. Wie die Diskussion in der BVG-Arena zeigte, dürfte es nicht leicht sein, für dieses Vorhaben eine einfache, griffige Lösung zu finden. Grundsätzlich wird die Einführung des Zukunftsfonds Schweiz von den Teilnehmern der BVG-Arena positiv be- 3
4 wertet. Generell bestehen aber grosse Vorbehalte gegenüber einer Einmischung der Politik in die Anlagepolitik der Pensionskassen. Das Projekt Zukunftsfonds dürfe keinesfalls mit einer Verpflichtung der Vorsorgeeinrichtungen verknüpft werden, einen bestimmten Prozentsatz in dieses Anlagevehikel zu investieren. Die Pensionskassen müssen frei entscheiden können, ob und wieweit sie solche Anlagen tätigen wollen. Wenn man die Vorsorgeeinrichtungen zu mehr VC-Anlagen motivieren will, muss also als erstes die Frage beantwortet werden, warum sie dies nicht bereits heute freiwillig in genügendem Masse tun. An den Anlagevorschriften der BVV 2 kann es ja nicht liegen, denn diese erlauben den Kassen, bis max. 15 % in alternative Anlagen zu investieren. Zu diesen gehören neben Hedge Funds, Commodities, Infrastrukturinvestitionen auch Private Equity, wovon Wagniskapital (Venture Capital) ein Teil ist. Laut Pensionskassen-Statistik hatten die Vorsorgeeinrichtungen 2012 rund CHF 7.7 Mrd. oder 1.1% ihres Vermögens in Private Equity investiert. Dieses Geld liegt jedoch weitgehend bei den grossen, global tätigen Gesellschaften, welche nur einen geringen Teil der Mittel in der Schweiz investieren. Von den Teilnehmern an der BVG-Arena werden das Risiko, die Illiquidität und die hohen Gebühren von Private Equity- bzw. VC-Anlagen als Hauptgründe für die Zurückhaltung der Pensionskassen gegenüber solchen Investments angeführt. Die zwei grossen Crashes im ersten Jahrzehnt dieses Jahrhunderts veranlassten viele enttäuschte Vorsorgeeinrichtungen dazu, diese Anlagen vorzeitig mit entsprechenden Verlusten zu veräussern und sie aus der Liste der möglichen Anlageformen zu streichen. Grundsätzlich wären ja solche Anlagen für die Pensionskassen als langfristige Investoren sehr gut geeignet. Die Pflicht zur jährlichen Rechenschaftsablage mit Ausweis des Deckungsgrades verbunden mit der grundsätzlichen Unzulässigkeit einer Unterdeckung und den Verantwortlichkeitsbestimmungen begrenzt jedoch ihre Risikobereitschaft. Allfällige Anlageverluste müssen zwar nur in den seltenen Fällen einer Liquidation oder einer grösseren Teilliquidation tatsächlich realisiert werden. Gerade in diesen Fällen steigt aber auch das Risiko von Verantwortlichkeitsklagen. Hier müsste wohl eine Förderung von VC-Anlagen einsetzen. Eine Möglichkeit wäre z.b., dass realisierte Verluste bei Liquidation und Teilliquidation, soweit sie auf VC-Anlagen zurückgehen, vom Sicherheitsfonds übernommen werden müssten. Dies mag sehr ungewöhnlich klingen; aber es gab schon mal einen ähnliche Regelung im FZG: Nach der 1995 erfolgten Einführung des Freizügigkeitsgesetzes hatte der Sicherheitsfonds Verluste zu decken, welche einer Pensionskasse 4
5 wegen der Anwendung der Bestimmungen dieses Gesetz entstanden sind. Bezüglich Risiko ist laut Platzer zu bedenken, dass in einem Fund of Funds wie dem Zukunftsfonds, der in VC- Gesellschaften in verschiedenen Entwicklungsstadien und Branchen investiert, die Zahlungsströme gleichmässiger über die Zeit verteilt sind als dies bei einem einzelnen VC-Fonds der Fall wäre. Damit wird das Risiko wesentlich verringert und die Möglichkeit eines Verkaufs am Sekundärmarkt verbessert. Dass die Gebühren auf Private Equity-Fonds höher sind, ist laut Lustenberger unausweichlich. Neben den Kosten, welche bei einem üblichen Anlagefonds entstehen, fallen bei einer Venture Capital-Gesellschaft auch Kosten für die Beratung, Betreuung, teilweise auch Führung der Jungunternehmen an. Zudem ist die Selektion der Startup-Firmen mit guten Zukunftsaussichten wesentlich aufwändiger. Von den Datenlieferanten der Finanzmärkte wie Reuters oder Bloomberg werden dazu keine Informationen zur Verfügung gestellt, sie müssen für jede Firma im Detail recherchiert werden. Von 100 auf diese Weise durchleuchtete Jungunternehmen wird schliesslich nur in 2 bis 7 Fällen effektiv eine Investition getätigt. Wesentlich ist, dass Private Equity-Fonds trotz dieser hohen Kosten am Schluss eine dem Risiko angemessene Nettorendite liefern. Es ist zu hoffen, dass die gerade erst begonnene Denkarbeit zum Zukunftsfonds noch weitere, innovative Lösungen zur Förderung der Investitionen der Pensionskassen in Jungunternehmen mit zukunftsträchtigen Geschäftsmodellen zu Tage fördert / Ernst Rätzer 5
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