ABSTRAKT ZUR DIPLOMARBEIT VON CIRTEK JÜRGEN MIT DEM TITEL:
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- Helmuth Färber
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1 ABSTRAKT ZUR DIPLOMARBEIT VON CIRTEK JÜRGEN MIT DEM TITEL: Methoden und Strategien zur Stressbewältigung im Flugdienst unter Einbeziehung des Verfahrens Crew Resource Mangement Problemstellung Unfälle und Vorfälle in der Luftfahrt, besonders in der Militärluftfahrt, mit Sach- und Personenschäden, treten seit Bestehen der Fliegerei immer wieder auf. Auch in Österreich, wo seit den 50er Jahren die Militärfliegerei Fuß fasste, ereigneten sich leider zu oft und aus teilweise unterschiedlichen Gründen diverse Vorfälle mit Militärluftfahrzeugen und/oder Flugzeugabstürze, bei denen jedes Mal eine Unfallkommission mit der Klärung des Vorfalles betraut wurde. Wenn sich herausstellte, dass der Unfallursache kein technischer Fehler zu Grunde liegt, blieb es den Psychologen des Österreichischen Bundesheeres vorbehalten, das Risiko Mensch im Cockpit zu untersuchen. Warum Risiko Mensch? Begriffe wie menschliches Versagen, Bedienungsfehler, Überforderung und Übermüdung sind immer wieder im Zusammenhang mit gefährlichen Vorfällen oder sogar Unfällen zu lesen und zu hören. Die Begriffe sprechen alle verschiedenen Tatsachen an, beleuchten verschiedene Aspekte der Ursache, besagen jedoch, dass ein Mensch bei der Bedienung einer Maschine einen Fehler gemacht hat. Die Statistik des Safety Reports 1993 der Deutschen Lufthansa schreibt gerade solchen Fehlern einen hohen Prozentsatz der Unfälle in der Zivilluftfahrt zu. Jedem Unfall folgen lange Bemühungen, den Schuldigen und die Ursache seines Fehlverhaltens ausfindig zu machen. Ist man fündig geworden, wird versucht, die erkannte Schwachstelle zu beseitigen. Es werden Vorschriften und Verfahren optimiert, Infrastrukturelle Veränderungen vorgenommen oder auch technische Neuerungen eingeführt. Dieses Vorgehen ist aber nur eine Reaktion auf bereits Geschehenes anstatt einen gezielt vorbeugenden Prozess in Gang zu setzen. Der human factor als Fehlerursache ist natürlich schwerer zu erfassen, als ein technischer Defekt, gerade deshalb aber ist es wichtig, die Ursachen zu verstehen und zu begreifen. Auf internationaler Ebene, wo Untersuchungen über den human factor schon länger praktiziert werden, gibt es ein Grundwissen, mit welchem die Österreichische Heerespsychologie begonnen hat, den Faktor Mensch im Militärluftfahrzeug näher zu
2 beleuchten. Es wurden Erfahrungen und neue Erkenntnisse von anderen Luftstreitkräften herangezogen, um die Österreichischen Militärluftfahrzeugführer auf die komplexe Arbeit im Cockpit eines Hubschraubers, eines Transportflugzeuges oder eines Düsenjets ideal vorzubereiten. Als eine der häufigsten Fehlerquellen beim Faktor Mensch werden allgemein Stress und Überforderung des Menschen beim Abhandeln der verschiedensten Tätigkeiten kurz hintereinander oder gleichzeitig im Cockpit genannt. Aber auch die natürlichen Umwelteinflüsse und die normale alltägliche Stressbelastung haben in der fliegerpsychologischen Betrachtung einen hohen Stellenwert. Nach einer ein- bis zweijährigen fliegerischen Ausbildung auf dem Schulungsflugzeug des Österreichischen Bundesheeres, der Pilatus PC-7, beginnt für jene Piloten, die für die Düsengrundschulung vorgesehen sind, ein Abschnitt mit einem stark divergierenden Belastungsspektrum gegenüber der bisher erworbenen fliegerischen Qualifikation. Hierfür ist es notwendig, ein typenspezifisch angepasstes Programm zu durchlaufen, damit die angehenden Jetpiloten auch auf die veränderten psychologischen Anforderungen im Cockpit richtig reagieren können. Eine der wichtigsten fliegerischen Voraussetzungen im Düsenjet ist demnach die Stressbewältigung im Flugdienst und deshalb wurde auch der Titel dieser Diplomarbeit so formuliert. Da der Verfasser selbst Einsatzpilot und Fluglehrer auf dem Düsenflugzeug SAAB 105-Ö ist, hat er sich intensiv mit dieser Materie befasst und in Zusammenarbeit mit der militärischen Fliegerpsychologie des Heerespsychologischen Dienstes entschlossen, mit dieser Diplomarbeit die Grundlage für ein dreitägiges Stressbewältigungsseminar mit dem Titel Crew Resource Management für SAAB 105-Ö für die Düsengrundschulung zu erstellen. Die Durchführung obliegt dem Kommando Luftstreitkräfte unter Heranziehung der Ressourcen des Militärpsychologischen Dienstes.
3 Aufbau der Arbeit und Forschungsansatz Zum Beginn der Arbeit werden zum besseren allgemeinen Verständnis die Begriffe Stress sowie die wesentlichen psychophysiologischen Grundlagen für den Flugdienst erklärt. Von den im Flugdienst auftretenden allgemeinen Stressoren werden für die SAAB 105-Ö typenspezifische Belastungen aber auch allgemeine und spezielle Methoden und Strategien zur Stressbewältigung erläutert. Daraus wurde ein praxisrelevantes Konzept für ein multiprofessionelles Fighter Crew Resource Management -Seminar abgeleitet In der Arbeit wird die Thematik in einem kompilatorischen Ansatz erschlossen. Als Methode wurde die empirische Erhebung der standardisierten Introspektion und Reflexion sowie die Text -und Dokumentenanalyse relevanter Literatur gewählt. Die persönliche Erfahrung des Verfassers als Flugschüler, Einsatzpilot und Fluglehrer spielen eine wesentliche Rolle in der Erstellung der Arbeit. Forschungsleitende Frage Sind die vorherrschenden Maßnahmen zur Stressreduktion und Stressbewältigung im Flugdienst mit SAAB 105-Ö ausreichend und welche Maßnahmen können zusätzlich zur Erhöhung der Leistungsfähigkeit und damit der Flugsicherheit beitragen? Belastende Stressoren bei Militärpiloten Der Pilot wird als Flugschüler wie als fertiger Einsatzpilot über Jahre hinweg mit einem höchst umfangreichen und vielseitigen theoretischen und praktischen Lehrstoff konfrontiert, dessen Einverleibung einen erheblichen Energieaufwand fordert. Flugschüler und Piloten haben laufend Prüfungen zu überstehen, wobei hier neben den theoretischen Examina vor allem die vielen Checkflüge ins Gewicht fallen. Flugzeugführer werden dadurch immer wieder unter seelischen Druck gesetzt, weil die Gefahr der Ablösung, zumindest aber ein Prestigeverlust im Raum steht.
4 Die sozialpsychologische Konstellation im Flugbetrieb bzw. in einer fliegenden Einheit zwingt den Flugschüler und Piloten dazu, sich ständig vor den Augen der Vorgesetzten, der Lehrer, des Wartungs- und Flugsicherungspersonals und den Kameraden nicht nur fliegerisch, sondern auch militärisch bewähren zu müssen. Der Vorgang des Fliegens als solcher erzeugt eine Spannung, verbunden mit der Erwartung überraschender und unbekannter Situationen, die im Bewusstsein des Risikos nicht selten Angst hervorruft. Ein oft mangelndes Vertrauen in die Zuverlässigkeit des gesamten Operationssystems spielt hier mit hinein. Die geistig-seelischen Belastungen, denen der Militärpilot bei der Bedienung des Flugzeuges und bei der Bewältigung seiner Flugmission ausgesetzt ist, können nicht hoch genug veranschlagt werden. Erwähnenswert ist hier die fortwährend intensive Konzentration, die ständige Verlagerung des Aufmerksamkeitsschwerpunktes vom Innenraum des Cockpits auf den völlig anders strukturierten äußeren Wahrnehmungsbereich und zurück. Das Parathaben-müssen verbindlicher, der jeweiligen Flugsituation angepasster Verhaltensregeln, die störungsfreie Koordination zwischen willkürlichen und automatisierten, feindosierten, aber kraftvollen Steuerbewegungen und die schnelle Reaktionsfolge bei Start und Landung beanspruchen den Piloten in hohem Ausmaß. Hinzu kommen die Bewältigung des oft recht schwierigen Funksprechverkehrs und die Vielfältigkeit der taktischen Aufgaben. In Interviews befragte Piloten gaben an, dass abgesehen von akuten Notfallsituationen, die auftragsrelevanten fliegerischen Aufgaben wie Formationsflug, Schlechtwetteranflug, Tiefflug oder Interceptionen, als weitaus belastender empfunden wurden, als die physischen Umfeldstressoren wie g-kräfte, Temperaturen, Kabinendruck, Vibrationen oder Lärm. Die Gefahr der geistigen Überforderung beim Fliegen - im Konflikt zwischen der eigenen Leistungskapazität und dem von außen drängenden Zeitdruck - wurde sogar als noch bedrohender empfunden als das Erlebnis des mit der Loslösung von der Erde verbundenen Flugrisikos.
5 Erkenntnisse Die Ausbildung der Militärluftfahrzeugführer muss denn größtmöglichen qualitativen Standard haben. Die Fluglehrer werden dazu in Zusammenarbeit mit der Österreichischen Luftfahrerschule in GRAZ in einem dreiwöchigen Theoriekurs und einer sechsmonatigen praktischen Ausbildung bestmöglich vorbereitet. Die Flugschüler werden nach der qualitativen Selektion schon früh mit den Stressfaktoren wie Leistungsdruck, Zeitdruck, Entscheidungsproblematik oder den körperlichen Belastungen vertraut gemacht. Die körperlichen Phänomene wie Spatial Disorientation, Sauerstoffmangel oder hohe G-Belastung werden sowohl im In- als auch im Ausland auf verschiedenen Simulationsgeräten herbeigeführt und Gegenmaßnahmen erlernt. Die Phraseologie für Verbandflug, Abfang oder Kunstflug ist genormt und vereinheitlicht worden, um den Problemen der Kommunikation entgegen zu wirken. Für die mentale Stressbewältigung jedes einzelnen Militärluftfahrzeugführers werden allgemein gültige Methoden wie Autogenes Training angeboten. Die Psychologen des Heerespsychologischen Dienstes stehen rund um die Uhr zur Verfügung und versuchen auf Vertrauensbasis den Kontakt zu den Piloten zu intensivieren. Der Ausbildungsverlauf ist in jedem Abschnitt katalogisiert und unter dem Aspekt vom Leichten zum Schweren aufgebaut worden. Eine Belastung aber keine Überlastung wird angestrebt. Die ausführliche Vorbesprechung jedes Fluges ist ein verpflichtender Teil der gesamten Durchführung Um von den Fehlern anderer zu lernen, wird jeder Flug intensiv mit dem Fluglehrer nachbesprochen und für die gesamte Staffel beim Gruppendebriefing erläutert. Hierbei wird besonderes Augenmerk darauf gelegt, nicht einzelne Piloten mit Vorwürfen zu konfrontieren, sondern gemeinsam einen Lösungsweg zur Vermeidung der Fehler zu finden. Weiters werden die Flugschüler von Beginn an zur Ehrlichkeit erzogen. Das Notfalltraining hat einen hohen Stellenwert und wird monatlich in schriftlicher Form überprüft. Weiters wird für alle Piloten nach längeren Flugpausen ein Flug mit simulierten Notfällen durchgeführt. Ein Flugsicherheitsbeauftragter stellt die Regelmäßigkeit und die
6 Kontinuität des Notfalltrainings sicher und ist für die Dokumentation von Flugvorfällen verantwortlich. Anhand eines Seminars zur Stressbewältigung im Flugdienst speziell auf die Stressoren im Flugdienst mit SAAB 105-Ö (Fighter-CRM) werden die Flugschüler mit der gesamten Problematik der Angst- und Stressbewältigung vertraut gemacht. Ziel ist es, das Bewusstsein jedes einzelnen Piloten für die hohe Eigenverantwortung für die Sicherheit im Flugdienst hervorzurufen und zu schärfen. Resumee Methoden und Strategien zur Stressreduktion und Stressbewältigung sind in Teilbereichen des täglichen Dienstbetriebes vorhanden und finden sich teilweise in der Ausbildungsplanung für Militärpiloten auf Düsenflugzeugen wieder. Die Maßnahmen gegen bisher erkannte Stressfaktoren sind aber in einigen Bereichen unstrukturiert und verbesserungsfähig. Zielführend ist es, in einem geblockten Seminar ein umfassendes Bild von CRM zu vermitteln, einen komplexen Überblick über die auftretenden Probleme im Flugdienst zu schaffen und Lösungsmöglichkeiten zur Stressbewältigung anzubieten. Dabei sollte dem Thema Human factor im Flugbetrieb mehr Bedeutung beigemessen und schon zu Beginn der Ausbildung auf dem Schulungsflugzeug SAAB 105-Ö ein Trainingsprogramm mit den erläuterten Inhalten durchgeführt werden. Vor allem das Bewusstsein der jungen Piloten für die neuen Stressfaktoren auf einem Düsenflugzeug kann dadurch gestärkt und trainiert werden. Die Durchführung und die Inhalte des Seminares sind ein Anhalt, um Crew Resource Management im täglichen Flugbetrieb mit SAAB 105-Ö einzuführen und zu festigen. Der Zeitbedarf und die Kombination der verschiedenen Unterrichts- oder Übungsblöcken kann nach einem Pilotprojekt beliebig geändert und veranschlagt werden. Eine Erweiterung oder Reduktion der Unterrichts- oder Übungsblöcke ist nach der ersten Evaluierung durchzuführen, um das Seminar Crew Resource Management für SAAB 105- Ö optimal im Dienstbetrieb anwenden zu können.
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