Aus Medizinischen Behandlungsfehlern für die zukünftige Patientensicherheit lernen?
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- Wilhelmine Dieter
- vor 8 Jahren
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1 Aus Medizinischen Behandlungsfehlern für die zukünftige Patientensicherheit lernen? 38. Berliner Krankenhaus-Seminar Berlin den 7. November 2007 Mitglied der Geschäftsleitung
2 Ecclesia-Gruppe Versicherungsmakler im Wohlfahrtsbereich Ev. Kirche, Diakonisches Werk und Caritas und Paritätischer Wohlfahrtsverband Gesellschafter Marktführer als Makler im KH-Bereich Betreuung von etwa 1000 Krankenhäusern in der Haftpflichtversicherung Heilwesen-Schadenabteilung mit 16 Kollegen Derzeit rund 8500 neue Schäden jährlich Seit etwa 13 Jahren analysieren wir Schäden und erfassen Daten in der EDV Bisher rund Schäden erfasst
3 Warum befasst sich ein Versicherungsmakler mit Risikomanagement? Und warum sollen Krankenhäuser und Ärzte Risikomanagement betreiben?
4 Eingangszahlen der Ecclesia gemeldeten Arzthaftungsschäden
5 Fehler bei der operativen Therapie Bei Darmkrebsoperation kam es zu einem Lagerungsschaden. Folge: Nervenschädigung am rechten Arm mit erheblichen Einschränkungen. Ob Lagerungsschaden unvermeidbar war lässt sich nach Gutachter mangels entsprechender Dokumentation nicht sagen. Schaden: ,-- Lagerungsschaden bei Brustentfernung wegen Tumor. Folge: Arm-Plexusparese, Kein Standard vorhanden, keine Dokumentation der Prüfung Schaden: ,--
6 Fehler bei der operativen Therapie Bei Operation wegen Blasentumor wurde Anbringen einer Neutralelektrode versäumt. Dies wurde während der OP im abgedunkelten Raum nachgeholt und erfolgte fehlerhaft. Folge: Verbrennungen Schaden: 2.800,-- Fehlende Organisation der OP-Abläufe?
7 Die Beispiele zeigen, dass viele der gezeigten Fälle ihre Ursache für die zivilrechtliche Haftung in organisatorischen Mängeln haben. Fehlerhafte Aufklärung Fehlerhafte Dokumentation Fehlende Hinzuziehungsregelungen Fehlende Prozeßbeschreibungen/Standards... Insgesamt fehlerhafte Organisation! Diese können durch den Aufbau eines Qualitäts- bzw. Riskmanagementsystems vermieden werden.
8 Risiko-Management-Prozess Der Risikomanagement-Prozess act 1. Risiko-Identifizierung plan 4. Risiko-Überwachung Risiko- Management- Prozess 2. Risiko-Bewertung check 3. Risiko-Bewältigung do GRB, 2003
9 Schadenfallbasiertes Risiko-Management in der Praxis Disziplin 1 Risiko-Identifizierung Leistungsbereich Risiko- Diagnose 4 Risiko-Überwachung Management- Prozess 2 Risiko-Bewertung Prozess 3 Risiko-Bewältigung Netzwerke
10 Prozentuale Verteilung von Schäden in der Orthopädie Sonstige 37% Fehlerhafte Technik Gefäßverletzung fehlerhafte Thromboseprophylaxe fehlerhafte Lagerung Infektion Fremdkörper Hüftgelenk 29% Hallux Valgus 4 % Wirbelsäule 17% Knie 13%
11 Risiko- Management im Krankenhaus GRB Schaden Dokumentation Aufklärung Kommunikation Organisation KH-Hygiene Facharztstandard Technikstandard Image
12 Risiko-Management- Konzept Schäden Ursachenmuster Experten Konzept zur Risiko-Minimierung
13 Lernen Kluge Menschen lernen von den eigenen Fehlern, weise Menschen von den Fehlern anderer. Chinesisches Sprichwort
14 Zurückgelassene Fremdkörper
15 Zurückgelassene Fremdkörper n = Bauchtücher 105 Tupfer 69 Drainage(-teile) 66 Kompressen 35 Nadeln 19 Katheterstücke 17 Unterlegscheiben
16 Zurückgelassene Fremdkörper n = OP-Klemmen 14 Tamponaden 11 Markierungs- bzw Führungsdrähte 5 Endoskopieteile 5 Zangen(-teile) 3 Metallklammern 1 Schere
17 Zurückgelassene Fremdkörper 3 Bohrer(-teile) 4 Metallspatel 2 Messerklingen 2 Retraktor-Pads 1 Sauger 39 Unfallbedingte Fremdkörper 22 Sonstige
18 Konsequenzen? Zählkontrolle vor und nach der Operation. Nicht nur Bauchtücher und Tupfer, sondern auch das OP- Besteck zählen (Kocherklemme) Gute Dokumentation Und vor allem: Zählkontrolle ernst nehmen!
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20 Präventionsmaßnahmen Kaliumchlorid-Konzentratlösungen werden ausschließlich eingefärbt genutzt Die Mitarbeiter sind in besonderem Maße im Hinblick auf Risiken bei der Zubereitung von Infusionslösungen mit Zusatz von Kaliumchlorid sensibilisiert Soweit möglich ist einen räumliche Trennung der Bevorratung von Kalium-Konzentrat und sonstigen Infusionslösungen gewährleistet....
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23 Untersucht wurden 84 Schadenfälle Für diese Schäden entstanden Zahlungen von insgesamt ,35, es bestehen noch Rückstellungen von ,--. Der durchschnittliche Aufwand je Schaden beträgt demnach 5.807,45 Aber: Schadenhöhe ist Zufallsprodukt Beispiel: In einem Fall wird P in falschen OP verbracht, niemand fällt es auf, Entfernung beider Hoden, 71 Jahre
24 Sonstige 37% Knie 20% Fuß 9% Niere 2% Kopf 5% Patient 5% BrustAuge 2% 2% Beine 3% Leiste 6% Sprunggelenk 9%
25 Fehlende Präventionsmaßnahmen Keine Markierung Krankenakte nicht eingesehen Krankenakte eingesehen -falsch Patient Operateur nicht bekannt Keine OP- Checkliste Patient vor OP nicht angesprochen
26 Konsequenzen aus den Schadenfällen Notwendig ist eine Kombination verschiedener Präventionsmaßnahmen In fast allen Fällen gab es einzelne Maßnahmen, funktionierten diese nicht, gab es keine weiteren Kontrollpunkte Die Verantwortung für diese Maßnahmen sollte bei unterschiedlichen Personen liegen, um den Ausfall einer Person kompensieren zu können. Großes Risiko ist der Thrombosestrumpf! Er sollte generell vom Pflegepersonal angezogen werden. Beispiel: Aufgrund Missverständnis zog P. Thrombosestrumpf auf das zu operierende Bein. Obwohl Operateur P noch am Vortrag untersucht hat, im OP-Plan die richtige Seite stand, wurde daraufhin die falsche operiert
27 Konsequenzen aus den Schadenfällen Wenn Präventionsmaßnahmen vereinbart sind, muss durch regelmäßige Kontrollen sichergestellt werden, dass sie auch ernst genommen werden. Beispiel: Bein war markiert, P. zieht sich Thrombosestrumpf über dieses Bein, danach keine weiteren Kontrollen, Markierungssystem wird nicht beachtet. Es sollte ein einheitliches, abteilungsübergreifendes Markierungssystem eingeführt werden. Gerade bei dem Thema Markierung macht es wenig Sinn, wenn es die eine Abteilung macht und die andere Abteilung nicht. Das erhöht das Risiko, dass letztlich das System nicht ernst genommen wird.
28 Konsequenzen aus den Schadenfällen Patienten sind nur bedingt hilfreich. Notwendig ist jedenfalls eine aktive Ansprache. Patientin, Ausländerin mit kaum deutschen Sprachkenntnissen, wurde gefragt, ob sie Frau X sei. Dies wurde von ihr bejaht, deshalb bekam sie Schild, keine weitere Kontrollen, OP-Arzt kannte zwar richtige Patientin, konnte aber wegen Abdeckung nichts sehen. Statt linker Brust wurde rechte Brust 22 mal bestrahlt. Auch die P ließ sich über einen Monat lang bestrahlen ohne etwas zu sagen! Röntgenbilder müssen aufgehängt und bewusst überprüft werden. - Bei Lagerung wurde falsches Bein vorbereitet. Operateur schaute sich Akte und Röntgenaufnahme an ohne auf Seite zu achten. - Aufnahmen werden seitenverkehrt aufgehängt - Es werden alte Röntgenaufnahme einer früheren OP des P aufgehängt
29 Konsequenzen aus den Schadenfällen In immerhin 50 % der Fälle war der Patient dem Operateur unbekannt. Diese Quote sollte deutlich niedriger sein. In 66 % wurde der Patient vor der Einleitung nicht angesprochen. Aktive Ansprache kann hilfreich sein. Erforderlich sind Kenntnisse über Handicaps, wie z.b. Schwerhörigkeit, Demenz, fehlende deutsche Sprachkenntnisse Generell sollten OP-Checklisten vorhanden sein, die von den verschiedenen beteiligten Personen zwingend abgezeichnet werden müssen.
30 Konsequenzen aus den Schadenfällen Hilfsmittel zur Patientenidentifizierung (Armbändchen etc.) sind sinnvoll, um Patientenverwechslungen zu vermeiden Hodenfall, Kassler Lungenfall Operateur ist zu verpflichten, vor Durchführung der OP nochmals die Krankenakte zu überprüfen. OP-Plan häufig nicht sorgsam ausgefüllt. Seitenangabe sinnvoll? Man muss ich das Risiko Übertragungsfehler bewusst machen und Übertragungen auf ein Minimum reduzieren.
31 Swiss chesse modell n. Reason 1991 Verwechslungsrisiko Kennzeichnungs -system Befragung des Patienten Namens -bänder Operateur kennt den Patienten
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34 Schadenfallbasiertes Risiko-Management in der Praxis Disziplin 1 Risiko-Identifizierung Leistungsbereich Risiko- Diagnose 4 Risiko-Überwachung Management- Prozess 2 Risiko-Bewertung Prozess 3 Risiko-Bewältigung Netzwerke
35 GRB, 2003
36 Entwicklung diagnosebezogener Risiko-Kontrollpunkte Beispiel: Risiko-Kontrollpunkte im klinischen Pfad Strumaresektion
37 Entwicklung diagnosebezogener Risiko-Kontrollpunkte Anonymisierte Schadendatenabfrage Auswertungszeitraum: 1990 bis 2003 Suchbegriffe: Strumaresektion, Strumektomie, Strumaerkrankung, Schilddrüsenentfernung 335 Ereignisse mit und ohne Haftung wurden ausgewertet
38 Risiko-Kontrollpunkte im geplanten Behandlungsablauf Strumaresektion 311 x Therapiefehler die falsch durchgeführte operative Therapie (Nerv-, Gefäßverletzungen, Entfernung der Nebenschilddrüse) keine intraoperative Darstellung des Nervus Laryngeus Recurrens falsche Therapiewahl Medikationsfehler Häufigste Schädigung = 154 x Recurrensparese 37 x Fehler bei der Operationsvorbereitung oder Operationsnachsorge: fehlerhafte Lagerung unzureichende Durchführung der Zählkontrolle (Kompresse, Tupfer) Verwechslungen von Personen und Operationsfeldern unvollständige Patientenunterlagen 60 x Aufklärungsfehler: Aufnahme Vorbereitung Eingriff Nachsorge unvollständige / unverständliche / nicht erfolgte / nicht rechtzeitige Aufklärung Durchführung ohne wirksame Einwilligung in den Eingriff unzulängliche Dokumentation der Patientenaufklärung 34 x Diagnosefehler: falsche Indikationsstellung (Facharztstandard) nicht Erheben erforderlicher Untersuchungen/Befunde
39 Risiko-Kontroll-Punkte im Prozess Erfolgt eine rechtzeitige, umfassende Aufklärung (Hinweis Recurrensparese)? Exaktes Implantat bestimmt? Dekubitus-Risiko durch Anwendung von Skalen bestimmt? (Kontrolle d.d. Arzt) Werden mögliche Diagnosefehler durch ein abgestimmtes Kontrollkonzept von Stationsarzt und Aufnahme Facharzt ausgeschlossen? Ggf. benötigte Spezialmaterialien/ Implantate vorhanden? Operateur hat sachgerechte und trockene Lagerung geprüft? Erfolgt eine Identitätskontrolle bei Einschleusung? Erfolgt eine Kontrolle der Vollständigkeit OP- Vorbereitung der Patientenunterlagen? Adäquate Schmerztherapie eingeleitet? Erfolgt eine Rezidivprophylaxe und Schilddrüsenhormonsubstitution? Erfolgt eine Kontrolle der Stimmbandfunktion und der Nebenschilddrüsenfunktion? OP Druckverband geprüft? Erfolgt intraoperativ eine sachgerechte Zählkontrolle? DMS-Kontrolle erfolgt zu festgelegten Nachsorge Zeitpunkten? Wird die Stimmbandfunktion überprüft (Laryngoskopie)? Schutzmaßnahmen gegen Lagerungsschäden sind eingeleitet? (jeder TEP-Pat. erhält Gelmatte) Sturz-Risikos ist durch Anwendung von Skalen bestimmt? Entlassungsfähigkeit ist geprüft? Werden Behandlungsalternativen abgewägt (z.b. mit Hormonpräparaten)? Wird über Behandlungsalternativen aufgeklärt? Werden Maßnahmen zur Schonung des Nebenschilddrüsengewebes durchgeführt? Werden Maßnahmen zur Vermeidung der Nervläsion eingesetzt (z.b. Neuromonitoring)? Inhalte des Entl.-Gespräches sind dokumentiert? Wird fachärztlich die Art, Dosis, Dauer und Verträglichkeit der Rezidivprophylaxe bestimmt?
40 Fazit Aus Medizinischen Behandlungsfehlern kann und sollte man für die zukünftige Patientensicherheit lernen? Aus den Erkenntnissen der Fehlschläge sind Präventionsmaßnahmen zur Vermeidung von Wiederholungen zu entwickeln und einzuführen. Verbunden mit einem funktionierenden CIRS ist es ein effektiver und effizienter Weg für jedes Krankenhaus ein funktionierendes RM einzuführen.
41 Risiko- Management identifiziert Risiko-Schnittstellen! Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit Klinisches Risiko- Management ist ein Ausweg aus der Haftungsfalle für Ärzte, Pflegende und Krankenhäuser!
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