Vergabe von Kategorie C Wohnungen an wohnungslose Menschen über die Soziale Wohnungsvergabe bei Wiener Wohnen

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1 Positionspapier Vergabe von Kategorie C Wohnungen an wohnungslose Menschen über die Soziale Wohnungsvergabe bei Wiener Wohnen Mai 2014 Basistext: BAWO Forum Wien Für den Inhalt verantwortlich: BAWO-Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe Gerichtsgasse 3/2/ Wien Für inhaltliche Rückfragen: Thomas Bock / BAWO-Forum: /8

2 Inhaltsverzeichnis 1. Ausgangssituation Was bedeutet Ausstattungskategorie A, B, C oder D? Herausforderungen aus Sicht der Wohnungslosenhilfe... 4 Die Vergabe von Kategorie B und C Wohnungen ist für KlientInnen der Wohnungslosenhilfe trotz der günstigeren Mieten in der Regel nachteilig Die Vergabe von Kategorie B und C Wohnungen führt häufig zu prekären Wohnsituationen Die Vergabe von Kategorie B und C Wohnungen gefährdet eine nachhaltige Beendigung von Obdach- bzw. Wohnungslosigkeit Die BAWO stellt fest... 6 Wohnen ist ein Grundrecht Wohnungen müssen einem Mindeststandard gerecht werden, um Wohnen zu ermöglichen Wohnungen die über die Soziale Wohnungsvergabe vergeben werden, müssen menschenwürdig bewohnbar und leistbar sein Der Bezug der zugewiesenen Wohnung muss zeitlich überschaubar sein Die Übersiedelung von einem Angebot der Wohnungslosenhilfe in eine Wohnung, die einem Mindeststandard nicht entspricht, gefährdet den Erfolg langfristiger Betreuungsarbeit Wohnungen, die einem Mindeststandard nicht entsprechen, können zu erneuter Obdach- bzw. Wohnungslosigkeit führen Die BAWO fordert... 6 Die Vergabe von leistbaren und menschenwürdigen Wohnungen durch die Soziale Wohnungsvergabe Kategorie B und C Wohnung dürfen nur auf deren Wunsch an obdach- bzw. wohnungslose Menschen vergeben werden Es sind adäquate und zielgruppenspezifische Förderprogramme zu entwickeln, um den Betreuungserfolg und die Nachhaltigkeit bei Übergängen in eine Kategorie C Wohnung nicht zu gefährden Die Übernahme von Kosten für Sanierungs- und Umbauarbeiten in Wohnungen, die einem Mindeststandard nicht entsprechen, muss auf struktureller Ebene gesichert sein Fallbeispiele Quellen /8

3 1. Ausgangssituation Im Jahr 2011 wurden in W ien rund 700 W ohnungen von ehemals obdach- bzw. wohnungslosen Menschen bezogen. Von diesen 700 waren 580 W ohnungen Gemeindewohnungen (vgl. Dachverband W iener Sozialeinrichtungen 2013: 12). Die Schnittstelle zwischen der Wiener W ohnungslosenhilfe und der MA 50 bzw. der Sozialen W ohnungsvergabe ist sehr gut ausgebaut (vgl. Riesenfelder et al. 2012: 77f). Dies belegt: Der Großteil der Menschen, die eine Phase der Obdach- bzw. Wohnungslosigkeit positiv bewältigen, übersiedeln in eine Gemeindewohnung. Durch Wiener Wohnen bzw. die Soziale W ohnungsvergabe ist im Vergleich zum privaten oder gemeinnützigen Wohnungsmarkt am ehesten Zugang zu eigenständigem Wohnen gewährleistet. Während der letzten Jahre wurden, wenn notwendig, freigewordene Gemeindewohnungen vor einer neuerlichen Vergabe saniert bzw. umgebaut und damit auf Kategorie A aufgewertet. Entsprechend der Ankündigung durch W iener W ohnen im Oktober 2012 werden diese W ohnungen nun sowohl in der normalen als auch über die Soziale W ohnungsvergabe wieder in der bisherigen Kategorie vergeben. Kategorie B und C Wohnungen haben in der Regel günstigere Mietkosten. Die Vergabe wäre demnach im Sinne der Leistbarkeit zu begrüßen (vgl. Dachverband Wiener Sozialeinrichtungen 2013: 17). Für KlientInnen der W iener Wohnungslosenhilfe und betreuende Einrichtungen bedeutet die Zuweisung dieser W ohnungen jedoch häufig eine finanzielle, organisatorische und/oder psychosoziale Herausforderung, die eine Stabilisierung im neuen W ohnumfeld beträchtlich erschwert oder gänzlich in Frage stellt. Die Vergabe von Kategorie B und C Wohnungen durch die Soziale W ohnungsvergabe ist gegenwärtig für die Erreichung der Ziele der W ohnungslosenhilfe wenig förderlich. Insbesondere, da keine Ablehnung dieser W ohnungen möglich ist und keine bzw. nicht ausreichend finanzielle und betreuerische Unterstützung für den Bezug von Kategorie B oder C W ohnungen zur Verfügung steht. 2. Was bedeutet Ausstattungskategorie A, B, C oder D? Welcher Kategorie eine W ohnung zugerechnet wird, ist im MRG 15a wie folgt definiert 1 ; Punkte, die zusätzlich zur jeweils darunter liegenden Kategorie erfüllt werden müssen, sind fett markiert: Eine W ohnung hat die Ausstattungskategorie A wenn sie - in brauchbarem Zustand ist, - ihre Nutzfläche mindestens 30 m2 beträgt, - die W ohnung zumindest aus Zimmer, Küche (Kochnische), Vorraum, Klosett und einer dem zeitgemäßen Standard entsprechenden Badegelegenheit (Baderaum oder Badenische) besteht und 1 Siehe: Mietrechtsgesetzt, online unter: pdf [ ] 3/8

4 - über eine gemeinsame Wärmeversorgungsanlage oder eine Etagenheizung oder eine gleichwertige stationäre Heizung und über eine Warmwasseraufbereitung verfügt. Eine W ohnung hat die Ausstattungskategorie B wenn sie - in brauchbarem Zustand ist, - zumindest aus Zimmer, Küche (Kochnische), Vorraum, Klosett und einer dem zeitgemäßen Standard entsprechenden Badegelegenheit (Baderaum oder Badenische) besteht. Eine W ohnung hat die Ausstattungskategorie C wenn sie - in brauchbarem Zustand ist und - zumindest über eine Wasserentnahmestelle und ein Klosett im Inneren verfügt. Eine W ohnung hat die Ausstattungskategorie D wenn sie - entweder über keine Wasserentnahmestelle oder über kein Klosett im Inneren verfügt oder wenn bei ihr eine dieser beiden Einrichtungen nicht brauchbar ist. Das MRG 15a Z 2 legt fest, dass ein oder mehrere fehlende Ausstattungsmerkmale (ausgenommen Badegelegenheit) durch Merkmale einer höheren Kategorie aufgewogen werden können. Wohnungen der gleichen Kategorie können daher unterschiedlich ausgestattet sein. Aus den oben dargelegten Ausführungen ergibt sich: In der Praxis kann sowohl die Vergabe von Kategorie C als auch Vergabe von Kategorie B Wohnungen an obdachbzw. wohnungslose Menschen eine große Herausforderung darstellen. 3. Herausforderungen aus Sicht der Wohnungslosenhilfe Die Vergabe von Kategorie B und C Wohnungen ist für KlientInnen der Wohnungslosenhilfe trotz der günstigeren Mieten in der Regel nachteilig. Mieten von Kategorie B und C W ohnungen sind häufig günstiger als Wohnungen einer höhen Kategorie. Die günstigere Miete wirkt sich jedoch in der Regel nicht positiv auf die Gesamtbelastung der BewohnerInnen aus, aufgrund der hohen Sanierungs- und Umbaukosten. - Obdach- bzw. wohnungslose Menschen verfügen über wenig Möglichkeit Geld anzusparen. Hohe Sanierungs- und Umbaukosten können daher nicht finanziert werden. - Eine Übernahme dieser Kosten ist durch einen Antrag auf Hilfe in besonderen Lebenslagen individuell möglich. (vgl. Dachverband Wiener Sozialeinrichtungen 2013: 17) Sie wird jedoch teilweise abgelehnt, etwa wenn damit eine Aufwertung der Wohnung in eine höhere Kategorie einhergehen würde (vgl. z.b. Fallbeispiel Herr B. auf S. 6). Es gibt keinen Rechtsanspruch bzw. keine Rechtsmittel auf diese Leistung. Unklar ist in Einzelfällen, ob lediglich Sachmittel oder aber auch Dienstleistungen (z.b. Einbauarbeiten) übernommen werden. 4/8

5 aufgrund der hohen Gesamtkostenbelastung. - Begrenzte finanzielle Mittel führen zu in der Anschaffung günstigen Heizmöglichkeiten (z.b. Ölradiator, Heizlüfter, Heizstrahler). Diese führen in der Folge zu hohen Energiekosten, die mit geringen Einkommen nicht leistbar sind (vgl. Dachverband W iener Sozialeinrichtungen 2013: 17). Darüber ist infrage gestellt ob dies ein ökologisch nachhaltiges Vorgehen darstellt. - Für Energiekosten wird keine Mietbeihilfe gewährt. BezieherInnen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung (BMS) müssen diese daher in der Regel von dem Betrag zur Deckung des Lebensunterhaltes bezahlen. Die Vergabe von Kategorie B und C Wohnungen führt häufig zu prekären Wohnsituationen. Kategorie B und C Wohnungen bedürfen in der Regel Umbau- bzw. Sanierungsarbeiten, um einem Mindeststandard für W ohnen gerecht zu werden. Diese können zumeist nicht getätigt werden, da Menschen, die eine Phase der Obdach- bzw. Wohnungslosigkeit beenden, über wenig finanzielle Ressourcen verfügen. - Sie sind dennoch auf diese W ohnräume angewiesen und wohnen demnach langfristig in sanierungsbedürftigen W ohnungen oder sind erneut von Obdachbzw. Wohnungslosigkeit betroffen. Die Vergabe von Kategorie B und C Wohnungen gefährdet eine nachhaltige Beendigung von Obdach- bzw. Wohnungslosigkeit. Die W ohnungslosenhilfe bietet Unterstützung zur sozialen und gesundheitlichen Stabilisierung von obdach- bzw. wohnungslosen Menschen, mit dem Ziel, dass diese (wieder) eigenständig wohnen können. Die Vergabe von Kategorie C Wohnungen erschwert dies in hohem Ausmaß, aufgrund der psychosozialen Belastung. - Die Zuweisung einer Kategorie C Wohnung bedeutet für viele KlientInnen eine weitere enorme psychosoziale Belastung, die eine Stabilisierung in dem neuen Wohnumfeld gefährdet. aufgrund der Bedingung einer raschen Übersiedlung aus Angeboten der Wohnungslosenhilfe. - Die Förderdauer für ein W ohnangebot der W iener Wohnungslosenhilfe endet in der Regel kurz nach der Einreichung bei der Sozialen W ohnungsvergabe bei Wiener Wohnen. - Während notwendiger Sanierungs- und/oder Umbauarbeiten in der bisherigen Einrichtung der Wiener Wohnungslosenhilfe zu bleiben, ist gegenwärtig nicht vorgesehen und würde zusätzliche finanzielle Belastungen (Bedeckung Nutzungsentgelt sowie Miete) nach sich ziehen. - Eine Ablehnung der zugewiesenen Wohnung bedeutet, kein weiteres Angebot zu erhalten. Es droht erneut Obdach- bzw. Wohnungslosigkeit. 5/8

6 4. Die BAWO stellt fest Wohnen ist ein Grundrecht. Wohnungen müssen einem Mindeststandard gerecht werden, um Wohnen zu ermöglichen. Zu einem Mindeststandard gehört auch eine zeitgemäße Möglichkeit zu Heizen und zur Körperpflege. Wohnungen die über die Soziale W ohnungsvergabe vergeben werden, müssen menschenwürdig bewohnbar und leistbar sein. Der Bezug der zugewiesenen Wohnung muss zeitlich überschaubar sein. Monatelange Renovierungsarbeiten bis zu einer möglichen Übersiedlung sind von Seiten der Wohnungslosenhilfe weder möglich noch wünschenswert und bedeuten für die Betroffenen eine große psychische Belastung. Die Übersiedelung von einem Angebot der Wohnungslosenhilfe in eine W ohnung, die einem Mindeststandard nicht entspricht, gefährdet den Erfolg langfristiger Betreuungsarbeit. Wohnungen, die einem Mindeststandard nicht entsprechen, können zu erneuter Obdach- bzw. W ohnungslosigkeit führen. 5. Die BAWO fordert Die Vergabe von leistbaren und menschenwürdigen W ohnungen durch die Soziale Wohnungsvergabe. Kategorie B und C Wohnung dürfen nur auf deren Wunsch an obdach- bzw. wohnungslose Menschen vergeben werden. Menschen, die sich aktiv für eine Kategorie B oder C W ohnung entscheiden (etwa aufgrund langfristig geringerer Mietkosten), sollte dies möglich sein. Es sind adäquate und zielgruppenspezifische Förderprogramme zu entwickeln, um den Betreuungserfolg und die Nachhaltigkeit bei Übergängen in eine Kategorie C Wohnung nicht zu gefährden. (vgl. Dachverband Wiener Sozialeinrichtungen 2013: 17) So notwendig, sind Konzepte von Einrichtungen spezifisch auf die Bedarfslagen von jenen KlientInnen auszurichten, die eine Unterstützung im Zusammenhang mit der Instandsetzung und Besiedelung von Kategorie B und C W ohnungen benötigen. Die ev. entstehende Mehrbelastung ist vom Fördergeber finanziell abzudecken. Die Übernahme von Kosten für Sanierungs- und Umbauarbeiten in W ohnungen, die einem Mindeststandard nicht entsprechen, muss auf struktureller Ebene gesichert sein. 6/8

7 Herr B. erhielt von der MA 40 Möbelgeld in der Höhe von 6. Fallbeispiele Herr B.* Herr B. verfügt über ein monatliches Einkommen von ca. 813,99 (BMS). Eine Kategorie C Wohnung Ihm wurde im April 2013 über die Soziale W ohnungsvergabe einer Kategorie C Wohnung zugewiesen. Diese ist 40 m 2 groß und kostet weder über ein Badezimmer bzw. eine Dusche oder W armwasser. Auch abseits der Merkmale, die für die Bestimmung der Kategorie herangezogen werden, befindet sich die W ohnung in einem schlechten Zustand (Küche, Boden, Türen). Die Perspektiven besonderen Lebenslagen für den Einbau einer Duschtasse wurde abgelehnt, obwohl er angeboten hatte die Arbeiten selbst zu übernehmen und zwei Kostenvoranschläge von Bauhäusern beilegt hatte. Die Begründung lautete: Der Einbau einer Badewanne bzw. Dusche würde eine Aufwertung der W ohnungskategorie bedeuten und diese können aus Mitteln der Mindestsicherung nicht finanziert werden. Frau C.* Frau C. war ein halbes Jahr lang von W ohnungslosigkeit betroffen. Sie verfügt über ein monatliches Einkommen von. Eine Kategorie C Wohnung Im Jänner 2013 wurde ihr eine Kategorie C W ohnung zugewiesen. Diese verfügt weder über W armwasser, eine Dusche oder eine Heizung. Eine alternative Wohnmöglichkeit (z.b. private W ohnung) kann sich Frau C. nicht leisten. Eine Ablehnung der zugewiesenen W ohnung hätte zur Folge, dass keine neue Wohnung zugewiesen werden würde. Die Perspektiven Von der MA 40 wurde die Bezahlung eines E-Boilers, der entsprechenden Warmwasseraufbereitung sowie eines Stromheizgerätes zugesichert. Die Finanzierung einer Dusche ist unklar. Laut MA 40 würde dies eine Aufkategorisierung bedeuten und ist daher nicht möglich. * Anfangsbuchstaben der Namen sowie Geschlecht der Personen sind willkürlich gewählt. 7/8

8 7. Quellen Dachverband W iener Sozialeinrichtungen (Hrsg.) (2013): Zentrale Aspekte aus Sicht der Wiener W ohnungslosenhilfe zum Thema Leistbares W ohnen und Soziale Inklusion am W ohnungsmarkt. W ien. Protokoll Schnittstelle WWH und soziale W ohnungsvergabe vom Riesenfelder, Andreas/Schelepa, Susanne/W etzel, Petra (2012): Evaluierung W iener Wohnungslosenhilfe. Wiener Sozialpolitische Schriften. Band 6. Magistratsabteilung 24 Gesundheits- und Sozialplanung. W ien: Eigenverlag Stadt Wien. Mietrechtsgesetz, online unter: 20Fassu ng%20vom% pdf [ ] 8/8