Allgemeine Psychopathologie Klassifikation von psychischen Störungen
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- Mareke Bretz
- vor 8 Jahren
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Transkript
1 Ausbildung zum/r Psycholog. Berater/in und Psychotherapeutische/r Heilpraktiker/in Allgemeine Psychopathologie Klassifikation von psychischen Störungen Begleitskript zum Seminar
2 Inhalt Allgemeine Vorbemerkungen zu den Skripten Inhalt Einleitung und inhaltlicher Überblick 1. Allgemeine Psychopathologie 1.1 Elementarfunktionen der Psyche Bausteine des psychischen Befundes 1.2 Störungen der Elementarfunktionen oder Psychopathologische Symptome Bewusstseinsstörungen Orientierungsstörungen Wahrnehmungsstörungen Ich-Störungen (und Entfremdungserleben) Störungen von Aufmerksamkeit, Konzentration, Auffassung und Gedächtnis Denkstörungen Störungen der Intelligenz Störungen der Affektivität Antriebsstörungen und psychomotorische Störungen Kontaktstörungen 2. Befunderhebung und Diagnosesysteme 2.1 Grundlagen der Befunderhebung 2.2 Systematik psychischer Störungen: Diagnosesysteme Das Triadische System ätiologisches Modell Phänomenologische Modelle ICD-10 und DSM-IV Überprüfungsfragen/ Beispiele für Prüfungsfragen Lösungen zu den Überprüfungsfragen Lösungen zu den Fallgeschichten Literaturliste Impressum 2
3 1. Allgemeine Psychopathologie 1.1 Elementarfunktionen der Psyche Bausteine des psychischen Befundes Die grundlegenden Funktionen unserer Psyche fasst man als Elementarfunktionen zusammen. Sie umfassen die Bereiche Denken (Kognition), Wahrnehmung/Erleben, Fühlen (Emotion) und körperlicher Ausdruck (Verhalten): Bewusstsein bzw. Bewusstseinslage Orientierung Wahrnehmung Ich-Erleben Aufmerksamkeit, Konzentration, Auffassung, Gedächtnis Denken Intelligenz Affektivität (Stimmungslage) Antrieb und Psychomotorik Kontakt (Sozialverhalten). Diese Elementarfunktionen sind Bestandteil jedes psychischen Befundes (inklusive der Anamnese). Zu einem psychischen Befund können noch weitere Parameter hinzukommen (siehe dazu auch das Beispiel in diesem Skript in Kapitel 2.1), wie z.b.: Äußeres Erscheinungsbild Sprechverhalten Suizidalität Selbst- oder Fremdaggression Krankheitseinsicht und Therapiemotivation. 3
4 2. Befunderhebung und Diagnosesysteme Im folgenden Kapitel soll zum einen darauf eingegangen werden, was eine Befunderhebung/ Anamnese grundsätzlich enthalten sollte. Das ist die Voraussetzung dafür, dass eine Diagnose gestellt werden kann. Eine kompetent gestellte Diagnose ist wiederum wichtig, um: a) festzustellen, ob eine ausreichende psychotherapeutische Fachkompetenz vorliegt, (sonst ggf. Abgabe an entsprechende Fachkräfte) b) Kontraindikationen feststellen zu können (z.b. keine Phantasiereisen bei paranoiden Störungen), c) eine fachkompetente Therapieplanung zu gewährleisten. Im Anschluss daran werden verschiedene Systematisierungssysteme zur Diagnosefindung skizziert. 2.1 Grundlagen der Befunderhebung Es gibt verschiedene Möglichkeiten Anamnesebögen bzw. Bögen für die Erhebung des psychischen Befundes aufzubauen. Verschaffen Sie sich einen Überblick dazu in Hoffmann/ Hochapfel das Kapitel Die Diagnostik in der Psychosomatischen Medizin und Psychotherapie sowie in Arolt/ Reimer/ Dilling das Kapitel Psychiatrische und psychotherapeutisch/ psychosomatische Untersuchung und Befunddokumentation. Das Thema wird ausführlich im Seminarblock Aufbau und Inhalt von Beratung und Therapie behandelt. Für den ersten Seminarblock ist es ausreichend, wenn Sie eine Vorstellung davon haben. Die Anamnese sollte dabei Informationen/ Angaben zu folgenden Bereichen beinhalten: Familienanamnese, Lebensgeschichte des Klienten, Primärpersönlichkeit, Somatische Anamnese, psychiatrische/ psychotherapeutisch psychosomatische Anamnese (vgl. Arolt/ Reimer/ Dilling, 2006). All dies geht in den Psychischen Befund ein. Hinzu kommen dann auch das äußere Erscheinungsbild sowie Störungen von Elementarfunktionen. Darauf aufbauend wird die Diagnose gestellt. Diese kann sich im Verlauf der Behandlung ändern bzw. angepasst werden. 4
5 2.2 Systematik psychischer Störungen: Diagnosesysteme Es gibt drei Modelle für die Klassifikation psychischer Störungen: 1. das Triadische System 2. das DSM IV 3. das ICD-10. Dabei wird der Schwerpunkt auf das ICD-10 gelegt, da in Deutschland die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und ärztlich geleiteten Einrichtungen laut Sozialgesetzbuch für die Abrechnung ärztlicher Leistungen gesetzlich verpflichtet sind, Diagnosen nach ICD-10 zu verschlüsseln. Es ist hier also nicht nur am gebräuchlichsten sondern dementsprechend ist Kapitel F des ICD-10 prüfungsrelevant. ICD-11 und DSM-V sind derzeit in Bearbeitung Das Triadische System ätiologisches Modell Das triadische System basiert auf der ätiologischen (ursachenorientierten, krankheitsgeschichtlichen) Klassifikation psychischer Erkrankungen. Da inzwischen immer weniger eindeutig nach Ursachen unterschieden werden kann, wird dieses Klassifikationssystem heute als veraltet betrachtet. Für einen Einstieg ins Fachgebiet kann diese Einteilung jedoch dienen. Im triadischen System wird nach drei Gruppen von Störungsbildern unterschieden: Exogene oder organisch begründete psychische Störungen o ursprünglich körperlich/ (hirn-)organisch begründete Psychosen o z.b. Demenz, Delir, Hirnorganisches Psychosyndrom Endogene Psychosen o ursprünglich psychisch/ seelisch begründete Psychosen o Schizophrenie o Affektive Störungen (Depressionen, Manie, bipolare Störungen) Psychogene Störungen / Neurosen o psychische Störungen, die nicht auf körperliche Störungen, sondern als Reaktion auf die Umwelt auftreten o Belastungsstörungen (abnorme Erlebnisreaktionen: z.b. PTBS), Anpassungsstörungen (z.b. reaktive Depression) o Neurotische Störungen (Ängste, Zwänge, Phobien) o Persönlichkeitsstörungen (früher Psychopathien) o Somatoforme Störungen o Dissoziative Störungen o Sexualstörungen o Verhaltensstörungen 5
6 2.2.2 Phänomenologische Modelle ICD-10 und DSM-IV Aktuell erfolgen die Diagnosen anhand von Klassifikationssystemen, die auf dem phänomenologischen Modell aufbauen. Hier werden psychische Störungen nach phänomenologischen Gesichtspunkten (Erscheinungsbild, Symptomatik, Schweregrad, Krankheitsdauer und Verlauf) klassifiziert. Es existieren zwei Klassifikationssysteme: 1. Internationales Klassifikationssystem der WHO ICD-10 International Classification of Diseases and Related Health Problems 2. Amerikanisches Klassifikationssystem DSM-IV (Diagnostic and Statistical Manual of the American Psychiatric Association Beide Klassifikationssysteme befinden sich in ständiger Überarbeitung und werden in regelmäßigen Abständen aktualisiert (ICD-10 aktuell in Deutschland gültige Ausgabe: ICD-10-GM, Version 2010/ DSM-IV aktuell von 1994). Wir arbeiten hauptsächlich mit dem WHO System, der ICD-10. Die psychischen Erkrankungen und Verhaltensauffälligkeiten sind im Kapitel V / Kapitel F der ICD-10 beschrieben. ICD-10 Einführung ng & Nutzungshinweise Das Kapitel F der ICD-10 ist in 11 Unterkapitel gegliedert. Die erste Ziffer gibt das Unterkapitel an und die zweite Ziffer eine Diagnose. Diese Diagnose kann weiter eingegrenzt werden. Dazu folgt nach der zweiten Ziffer ein Punkt. Die dritte Ziffer (nach dem Punkt) gibt eine Spezifizierung der Diagnose an. Die vierte Ziffer gibt entweder einen zeitlichen Verlauf ( kontinuierlich oder episodisch ) an oder beschreibt Begleitumstände oder Begleitphänomene ( mit akuter Belastung oder ohne akuter Belastung ). Diese Gliederung wird im Folgenden am Beispiel F20.22 erläutert. Kapitel V bzw. F des ICD-10 enthält die folgenden Unterkapitel: Unterkapitel der ICD-10 F0: Organische Störungen, einschließlich symptomatischer psychischer Störungen F1: Psychische und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen F2: Schizophrenie, schizotype und wahnhafte Störungen F3: Affektive Störungen F4: Neurotische-, Belastungs- und somatoforme Störungen F5: Verhaltensauffälligkeiten mit körperlichen Störungen und Faktoren F6: Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen F7: Intelligenzminderung F8: Entwicklungsstörungen F9: Verhaltens- und emotionale Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend F99: Nicht näher bezeichnete psychische Störungen Das Unterkapitel F2 (Schizophrenie, schizotype und wahnhafte Störungen) besteht aus weiteren Störungsbildern, von denen hier für die Veranschaulichung nur zwei als Beispiel aufgeführt sind: 6
7 F20 Schizophrenie F20.0 paranoide Schizophrenie F20.1 hebephrene Schizophrenie F20.2 katatone Schizophrenie Verlaufsbilder: F20.x0 kontinuierlich F20.x1 episodisch F20.x2 episodisch, mit stabilem Residuum (das Zurückbleiben von Restsymptomen einer Erkrankung nach der Genesung) F23 akute vorübergehende psychotische Störungen F23.0 akute polymorphe psychotische Störung ohne Symptome einer Schizophrenie F23.00 ohne akute Belastung F23.01 mit akuter Belastung F23.1 akute polymorphe psychotische Störung mit Symptomen einer Schizophrenie F23.10 ohne akute Belastung F23.11 mit akuter Belastung Nimmt man nun das oben genannte Beispiel F20.22 (sprich: F zwanzig Punkt Zwei Zwei) entspricht dies einer katatonen Schizophrenie, episodisch, mit stabilem Residuum. Erläuterung der einzelnen Ziffern des Beispiels: F Kapitel Psychische Störungen der ICD-10 2 Unterkapitel Schizophrenie, schizotype und wahnhafte Störungen 20 Schizophrenien 20.2 katatone Schizophrenie katatone Schizophrenie, episodisch, mit stabilem Residuum Weitere Hinweise / Lerntip: Schauen Sie sich die Informationen zum amerikanischen Klassifikationssystem DSM-IV im Lehrbuch an und setzen Sie sich besonders mit der multiaxialen Klassifikation auseinander. 7
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