Der Handel von Kreditrisiken: Eine neue Dimension des Kapitalmarktes
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- Kristina Fischer
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1 Der Handel von Kreditrisiken: Eine neue Dimension des Kapitalmarktes Jan Pieter Krahnen Goethe Universität Frankfurt, CFS, CEPR Seminarvortrag Universität Hamburg 10. Januar 2005
2 Marktwirtschaft und Risiko: Kreditrisikohandel (KRH) Markt- und bankbasierte Finanzsysteme KRH ist Herausforderung für ein auf Relationships gegründetes Banksystem These: KRH kann einem effizienten hybriden Finanzsystem den Weg bereiten. Betonung auf kann. Institutionelle Ausgestaltung der KRH-Transaktionen ist deshalb zentral in diesem Vortrag 2
3 Die Einrichtung einer True-Sale Initiative deutscher Banken hat die Frage nach Auswirkungen auf das Bankensystem verschärft. FAZ,
4 Collateralized Debt Obligations sind gefährlich für die Finanzstabilität Economist,
5 Usually, the risk is transferred from the better- to the worse-informed. Economist,
6 Agenda I. Produkte und Märkte II. III. Transaktionsgestaltung (Tranchierung) Erwartete Auswirkungen auf die Risikoallokation und die Funktionsweise des Bankensystem 6
7 Agenda I. Produkte und Märkte II. III. Transaktionsgestaltung (Tranchierung) Erwartete Auswirkungen auf die Risikoallokation und die Funktionsweise des Bankensystem 7
8 Instrumente für den Risikotransfer Kapitalmarkprodukte Verbriefung ABS MBS CDO Kreditderivate Credit Default Swap Total Return Swap Credit Swap options Andere Instrumente Kreditverkäufe Anleihehandel Asset swaps Hybride Produkte Credit linked Notes Synthetische CLOs Quelle: Deutsche Bank Research
9 Anhaltende Zuwachsraten für Kreditderivate (weltweit) Marktgröße: US$3.58trn, geschätzt auf 4.8trn für Ende 2004 Produkte: Underlyings: 60% credit default swaps 70% investment grade corporates and financials (EUR: 70-95% inv. grade, davon 1/3 bis 2/3 AAA/AA) Kreditderivate Volumen ($Mrd) Quelle : JPMorgan, ECB (E)
10 Der europäische Verbriefungsmarkt 2003 Kreditkarten 4% CMBS 9% Art der verbrieften Assets Andere 18% RMBS 58% Deutschland 3% Multi 6% Holland 10% Andere 16% Land der Verbriefung UK 36% CDO 11% Italien 14% Spanien 15% DB-research: European Securitization-2003 review and outlook for
11 Absicherung in % der Bilanzsumme bei internationalen Banken EURO-Area Deutschland Portugal Spanien Frankreich Absicherungskäufe in % der Bilanzsumme Absicherungsverkäufe in % der Bilanzsumme n.a Grenzwerte, übernommen aus ECB
12 Agenda I. Produkte und Märkte II. Transaktionsgestaltung (Tranchierung) I. Bestimmung der Verlustverteilung II. Erklärung der beobachteten Tranchierung III. Erwartete Auswirkungen auf die Risikoallokation und die Funktionsweise des Bankensystem 12
13 Typische CLO-Struktur (als true sale) Kreditgebende Bank (Originator) Treuhänder 3 Senior Tranche (AAA) 1 SPV 2 Mez. Tranche (A) Mez. Tranche (B) Equity Tranche (N.R.) 1) Bank verkauft Teile ihres Kreditbuches an eine Zweckgesellschaft (SPV). 2) SPV emittiert Anleihen nach dem Subordinationsprinzip. Die oberste Tranche erzielt ein AAA Rating. Die unterste Tranche wird einbehalten. 3) Treuhänder wahrt die Interessen der Investoren. 13
14 London Wall , synthetischer CLO Quelle: Moody s 14
15 London Wall Emissionsdatum: 12/2002 Fälligkeit: 01/2009 Emissionsvolumen: 1,8 Mrd. Euro Referenz-Portfolio: 264 Forderungen von 224 verschiedenen Schuldnern Minimaler Diversity Score: 70 Maximaler gewichteter durchschnittlicher Rating Faktor: 492,5 Minimale gewichtete durchschnittliche Recovery Rate: 45% 15
16 Simulationsverfahren Szenarien generieren für alle Einzelkredite im Referenzportfolio Korrelierte Zufallszahlen generieren Die Migration der Kreditqualität bis Fälligkeit bestimmen (AAA-D) Bestimmen der Verlustverteilung des Gesamtportfolios aus den Verlusten der Einzelkredite Aufteilung der Gesamtverluste auf die einzelnen Tranchen, angefangen mit der Senior Tranche 16
17 London Wall Bestimmen der Tranchengrösse Vergleich zwischen eigenen Berechnungen und den Prospektwerten Tranchierung AAA AA A BBB BB+ NR Prospekt 93.20% 1.40% 1.00% 1.10% 0.70% 2.61% Simulation 96.46% 0.38% 0.22% 0.27% 0.39% 2.28% 17
18 18 London Wall Verteilungseigenschaften der Tranchen 99.92% 99.92% 16.03% 6.40% 2.94% 1.49% 0.40% Default probability 1.656% 0.627% 1.654% % Gesamt % % % 2.28% NR % % % 0.39% BB % % 4.458% 0.27% BBB % % 2.023% 0.22% A % 8.113% 0.834% 0.38% AA 0.288% 0.024% 0.001% 96.46% AAA LGD Std Verlust Mittelwert Verlust Tranchen Rating
19 London Wall Simulierte Verlustverteilung des Referenzportfolios 1.00% 0.90% 0.80% 0.70% 0.60% 0.50% 0.40% 0.30% 0.20% 0.10% 0.00% % 0.39% 0.78% 1.17% 1.56% 1.95% 2.34% 2.73% 3.12% 3.51% 3.90% 4.29% 4.68% 5.07% 5.46% 5.85% 6.24% 6.63% 7.02% 7.41% 7.80% 8.19% 8.58% 8.97% 9.36% 9.75%
20 London Wall Simulierte Verlustverteilung des Referenzportfolios 1.00% 0.90% 0.80% 0.70% 0.60% 0.50% 0.40% 0.30% 0.20% 0.10% 0.00% % 0.39% 0.78% 1.17% 1.56% 1.95% 2.34% 2.73% 3.12% 3.51% 3.90% 4.29% 4.68% 5.07% 5.46% 5.85% 6.24% 6.63% 7.02% 7.41% 7.80% 8.19% 8.58% 8.97% 9.36% 9.75% FLP BB+ BBB A AA AAA
21 London Wall Verlustverteilung des FLP 18.00% 16.00% 14.00% 12.00% 10.00% 8.00% 6.00% 4.00% 2.00% 0.00% 21 0% 3% 6% 9% 12% 15% 18% 21% 24% 27% 30% 33% 36% 39% 42% 45% 48% 51% 54% 57% 60% 63% 66% 69% 72% 75% 78% 81% 84% 87% 90% 93% 96% 99%
22 Momente eines europäischen Datensatzes (n=59) Transaktions- Volumen Zahl der FLP (in FLP-Anteil am Senior Tranche typ (Mrd ) Tranchen %) E(Verlust) (in %) CBO % 92.46% 77.20% CLO % 90.72% 92.15% CLO/SME % 96.32% 90.56% 22
23 Korrelation Annahmen zur Korrelation Innerhalb der Branchen Zwischen den Branchen Korrelationen zwischen einzelnen CDO-Tranchen AAA Tranchen BBB Tranchen FLP Tranchen
24 CDO Korrelation Bei höheren Korrelationen verlagert sich Verteilungsmasse in die Enden der Verlustverteilung Differenz der Verlustverteilungen mit unterschiedlichen Korrelationen (0.7/0.3 bzw. 0.3/0.0) 12.00% 10.00% 8.00% 6.00% 4.00% 2.00% 0.00% -2.00% 0% 6% 12% 18% 24% 30% 36% 42% 48% 54% 60% 66% 72% 78% 84% 90% 96% -4.00% -6.00% 24
25 Zusammenfassende Charakterisierung der Verlustverteilung auf Tranchen FLP (Selbstbehalt) deckt weitgehend die erwarteten Verluste ab Senior Tranches tragen weniger als 1% der erwarteten Verluste sie tragen die extremen Risiken (tail events). Je höher die Korrelation zwischen Teilen zweier Kreditportfolios, um so stärker steigen die co-exceedances an den Rändern (Systemrisiko) an und um so wertvoller kann die Auslagerung dieser Verluste an Dritte sein. 25
26 Agenda I. Produkte und Märkte II. Transaktionsgestaltung (Tranchierung) I. Bestimmung der Verlustverteilung II. Erklärung der beobachteten Tranchierung III. Erwartete Auswirkungen auf die Risikoallokation und die Funktionsweise des Bankensystem 26
27 Erklärung der grundlegenden CDO-Struktur: Skizze (1) Mehrere Modellierungsversuche in der Literatur: Plantin 2003, de Marzo 2004, Franke/Krahnen 2004/5. Zielsetzung: Intermediär mit begrenztem Eigenkapital sucht Refinanzierung des Kreditbuches zu minimalen Kosten. Endogene Stochastik: Kredite sind moralischem Risiko ausgesetzt, bedürfen der Überwachung; Überwachungstätigkeit verursacht fixe und variable Kosten Direkte und indirekte Konkurskosten (Unternehmen und Intermediäre) sind positiv. 27
28 Erwartete Überwachungskosten lassen sich durch eine nichtproportionale Risikoteilung (Tranchierung) minimieren (Skizze 2) First loss piece, equity piece: Erste Verluste werden vom Kreditgeber ( originator ) selbst übernommen: Anreizkompatibilität bei endogenem Kreditrisiko. Nicht-proportionale (kaskadenartige) Aufteilung der Verluste auf die höheren Tranchen schafft strukturell abgestufte Informationsbedürfnisse. Mezzanine pieces: Zweite Verluste werden von Investoren mit geringen marginalen Überwachungskosten übernommen ( sophisticated investors ). Senior tranche: Letzte Verluste werden von Investoren mit hohen (prohibitiven) Überwachungskosten übernommen ( remote investors ). 28
29 Erwartete Überwachungskosten lassen sich durch eine nichtproportionale Risikoteilung (Tranchierung) minimieren (Skizze 3) Im Ergebnis ermöglicht die Tranchierung eine Abtrennung der idiosynkratischen Risiken (first loss tranche, mezzanine tranche) von den Extremwertrisiken (senior tranche). 29
30 Subordination macht die Senior Tranche (weitgehend) frei von idiosynkratischen Risiken (AAA-Rating): Skizze (4) Daher gilt für die Senior Tranche Risikoaufschlag kann sehr gering sein und ist typischerweise unabhängig von der Entwicklung des Grundgeschäftes (underlying). Senior Tranche ist daher attraktiv für uninformierte Anleger (Haushalte). Senior Tranches sind ideale Kandidaten für einen liquiden Sekundärmarkt erklärtes Interesse aller Marktparteien, um Haushalte zu erreichen. Aufgrund der angenommenen Überwachungskosten strukturiert die Bank ihre Emission so, dass die Senior Tranche maximal wird. 30
31 Erklärung der grundlegenden CDO-Struktur: Skizze (5) Es gilt für die Mezzanine Tranche Mezzanine Tranchen sind dem idiosynkratischen Risiko ausgesetzt, sie begründen eine dauerndes Risikobeobachtung (als Überwachung des Emittenten) Mezzanine Tranchen signalisieren glaubwürdig die Qualität der Senior Tranche: die höchst-bewertete Mezzanine Tranche soll daher auch ein AAA-nahes Rating erhalten und behalten. Mezzanine Tranchen sind attraktiv für informierte Anleger (andere Banken ( peers ), Hedge Fonds) Sekundärmarkt ist weniger leicht denkbar aufgrund vermuteter Informationsvorsprünge. 31
32 Erklärung der grundlegenden CDO-Struktur: Skizze (6) Und es gilt für die Equity Tranche (FLP) Entscheidend ist, dass der Kreditgeber das FLP einbehält. Ihre Größe beeinflusst das erwartete Ausfallrisiko. FLP ist daher preisbestimmend für alle darüber liegenden Tranchen (ggfs. mit Ausnahme der obersten Tranche). Die Bedeutung des FLP-Größe für die Preissetzung der übrigen Tranchen ist abhängig von der Bedeutung des idiosynkratischen Risikos in der Transaktion (Vergleich CLO, ABS, CMBS, RMBS). Ein liquider Markt ist nicht zu erwarten. 32
33 Zusammengefasst legt das Modell nahe... Skizze (7)... dass durch CDOs die Moral Hazard-intensiven Kredirisiken zerlegt werden: In idiosynkratische und systemische Teile, und effizient verteilt werden werden, abhängig von der Tranchenposition: Mezzanine T. an gut informierte Investoren (Banken, Hedge Fonds) und Senior T. an nicht infomierte Investoren (Pensions Fonds, Haushalte). 33
34 Agenda I. Produkte und Märkte II. III. Transaktionsgestaltung (Tranchierung) Erwartete Auswirkungen auf die Risikoallokation und die Funktionsweise des Bankensystem 34
35 These 1: Kreditverbriefungen als Brücke zwischen relationship lending und Kapitalmarktfinanzierung (Pensionsfonds, Haushalte) Im Grenzfall: Bank hält nur FLPs auf der Aktivseite. Verbriefungsmultiplikator: Erhöhte Kreditvergabe solange FLP<0.08 (Eigenkapitalunterlegung). Positive Eigenschaften des relationship lending bleiben unberührt. Resultat: Anreizkompatibler CRT führt zu mehr Intermediation statt zu Dis-Intermediation ( leveraged Intermediation ) Traditionelle Unterscheidung zwischen bank- und marktbasiertem Finanzsystem tritt in den Hintergrund. 35
36 These 2: Kreditverbriefungen erlauben sinnvolle Risikoteilung zwischen Finanzsektor und Anlegern (Haushalten) Übertragung der höchsten Tranche an Anleger außerhalb des Finanzsektors Funded senior tranche macht 80-90% des Emissionsvolumens aus, und trägt weniger als 1% der erwarteten Verluste. Diese Verluste treten insbesondere bei systemischen (makroökonomischen) Schocks auf, wenn ein großer Teil der Kreditnehmer gleichzeitig ausfällt. Verbriefung ermöglicht positive Wohlfahrtseffekte durch Übertragung systemischer Risiken von Banken auf Haushalte ohne negative Anreizwirkungen im Grundgeschäft. 36
37 These 3: Tranchierung als Substitut einer Einlagenindexierung Auswirkung systemischer Schocks auf die Stabilität von Banken und Finanzsystemen hängt auch von der Form des verwendeten Einlagenvertrages ab. Depositen als kündbare Festbetragsansprüche verschärfen die Auswirkung makroökonomischer Schocks. Daher wurde verschiedentlich die Indexierung von Depositen an makroökonomischen Größen vorgeschlagen (Hellwig 1998; Gersbach 2002). CDOs als tranchierte true-sale Kreditverbriefung erreicht de facto eine Kapital- (Einlagen-) Indexierung. 37
38 4. These: Anreizsetzung zur Tranchenallokation Wohlfahrtsökonomische Bewertung der Verbriefung hängt wesentlich ab von der tatsächlichen Tranchenallokation. FLP zurückbehalten Mezzanine Tranche an informierte Investoren ( peers ) Senior Tranches außerhalb des Intermediärsektors. Klare Angaben über den Verbleib der FLP-Tranchen gibt es bisher nicht dies ist aber nötig, um über eine differenzierte Preisbildung am Primär- und Sekundärmarkt den Anreiz zum FLP-Einbehalt zu sichern. Eigenkapitalanforderungen sollten die Veräußerung der Senior Tranche an Außen-Investoren fördern. 38
39 Basel II sieht derzeit erhebliche Kapitalentlastung auch bei Einbehaltung von Senior Tranches vor. BIS, , p. 6 39
40 5. These: Ungleichbehandlung von synthetischen und true sale-transaktionen aus regulatorischer Sicht Bei true sale-transaktionen: Extremwertabsicherung ist vorfinanziert (funded) Bei synthetischer Transaktion: Extremwertabsicherung wird nachfinanziert - sie unterliegt dem Gegenparteirisiko. Damit ist ein synthetischer Risikotransfer i.a. nicht geeignet Extremschocks zu absorbieren. wenn der Sicherungsverkäufer selbst wenig diversifiziert ist (Monoline- Versicherungsgesellschaft) Wenn Sicherungsverkäufer und käufer ähnliche Risikoprofile besitzen (Intermediäre). 40
41 Prinzipiell können Verbriefungen beitragen zu Marktliquidität und Systemstabilität The financial industry will become more creative in supplying [...] liquidity options and contingent capital to supply liquidity in times of stress. As the reinsurance market has developed for excess loss, similar markets could develop and add value in financial markets. Myron Scholes, American Economic Review, May 2000, S
42 Zurück zur Ausgangsfrage: Eine neue Dimension des Kapitalmarktes? Verringerung des Systemrisikos durch geschickte, marktbestimmte Risikozerlegung und allokation ist prinzipiell durch Verbriefungen möglich. Die große Frage: kann sich diese Form der Makroindexierung dauerhaft durchsetzen, auch nach Inkraftsetzung von Basel II? Ist Finanzierung über Verbriefung dauerhaft günstiger als über Depositen oder Anleihen? Zweifel: Der lender of last resort verlangt keinen Spread für seine Absicherung. Gegenwärtig dominiert die synthetische Verbriefung, deren Risiken (Basisrisiko, Gegenparteirisiko) die Extremrisiken nur unvollkommen übernehmen kann. 42
43 Eine neue Dimension des Kapitalmarktes? FAZ, Das Potential dazu ist vorhanden es bedarf aber auch der gezielten Unterstützung durch adäquate Regulierung: Transparenz der Tranchenallokation, Klare Anreize für den Verkauf von Senior Tranches nach außen. 43
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