Lösungsvorschlag Entwicklungswerkzeuge und Software-Architektur 21781

Transkript

1 Fakultät für Mathematik und Informatik Elektronische Schaltungen Hagen Lösungsvorschlag Entwicklungswerkzeuge und Software-Architektur Aufgabe 1: Systementwicklung (25 Punkte) In den Unterpunkten 1.1 bis 1.3 sind drei Programmieraufgaben gegeben. Überlegen Sie sich jeweils, wie Sie die Systeme in einzelne Komponenten aufteilen. Beantworten Sie (wie immer mit kurzer Begründung) für Ihre gefundene Aufteilung folgende Fragen: Welche Komponenten könnten Sie in einer Skriptsprache für grafische Benutzeroberflächen implementieren, für welche wäre eine typsichere compilierte Programmiersprache wesentlich besser geeignet? Welche Komponenten würden Sie bei evolutionärer Programmentwicklung zuerst entwickeln, welche zuletzt? 1.1 (11 P) Ein interaktives Programm zum Erstellen, Verwalten und Versenden elektronischer Post. 1.2 (7 P) Eine grafische Benutzeroberfläche für CVS? 1.3 (7 P) Ein Programm zur Darstellung des Status mehrerer Wetterstationen. Lösung: Elektronische Post Komponenten: Benutzeroberfläche (View und Controller aus dem Model View Controller Modell), E Mail Modell (Model), Netzwerkschnittstelle, Benutzerverwaltung, E Mail Kontenverwaltung. Zunächst würde hier ein horizontaler Prototyp für die Benutzeroberfläche mit TCL/TK erstellt werden, dann folgte die Implementierung des E Mail Modells in einer konventionellen Programmiersprache. Im nächsten Schritt würde die Netzwerkschnittstelle implementiert, die die Kommunikation mit dem Netzwerk verwaltet. Dazu würde ebenfalls eine konventionelle Programmiersprache benutzt. Die E Mail Konten und die Benutzerverwaltung bestehen ebenfalls wieder aus einem GUI Anteil, der mit TCL/TK realisiert werden kann und einem Modell, das in einer konventionellen Programmiersprache implementiert wird. Grafisches CVS Komponenten: Benutzeroberfläche (View, Controller), Schnittstelle zu CVS. Beide Komponenten können mit TCL/TK implementiert werden. Für dieses Programm ist keine konventionelle Programmiersprache nötig. Wetterstationstatus Komponenten: Benutzeroberfläche (View, Controller), Modell einer Wetterstation (Model), Netzwerkschnittstelle. Es wird die Benutzeroberfläche mit TCL/TK erstellt, der Rest hingegen mit konventionellen Programmiersprachen. Sollte das Modell einer Wetterstation nicht komplex sein, könnte man in diesem Fall erwägen, auch das Modell mit TCL zu erstellen

2 Lösungsvorschlag Entwicklungswerkzeuge und Software Architektur 21781, 10. September v. 5 Aufgabe 2: Lexikalische Analyse (25 Punkte) Gegeben sei die folgende YACC Spezifikation: %token UUUH YEAH BABY BALLA %% refrain : uuuh1 YEAH BABY BALLA BALLA uuuh2 YEAH YEAH YEAH ; uuuh1 : UUUH { f1(); } ; uuuh2 : UUUH { f2(); } ; Die Grammatik ist eindeutig, wird aber von YACC nicht akzeptiert. 2.1 (9 Punkte) Was ist die Ursache für die mangelnde Akzeptanz, obwohl die Grammatik eindeutig ist? 2.2 (7 Punkte) Ist es möglich die Grammatik durch einen GLR Parser zu verarbeiten (mit Begründung)? 2.3 (9 Punkte) Geben Sie eine äquivalente Spezifikation an, die von YACC akzeptiert wird Lösung: Mangelnde Akzeptanz Es handelt sich hier also um einen Reduce/Reduce Konflikt. Der Parser hat zwei Möglichkeiten, weiter zu reduzieren, nachdem er die Tokens UUUH und YEAH erhalten hat. Er kann dann entweder Regel uuuh1 oder Regel uuuh2 anwenden. GLR-Parser Obwohl der Konflikt weiterhin bestehen bleibt, kann ein GLR Parser die obige Grammatik verarbeiten, da er alle möglichen Alternativen abarbeitet, bis schließlich eine fehlerfreie, passende Alternative übrig bleibt. Im obigen Fall ist das eindeutig und daher wird die Grammatik korrekt bearbeitet. Äquivalente Spezifikation %token UUUH YEAH BABY BALLA %% refrain : uuuh1 BABY BALLA BALLA uuuh2 YEAH YEAH ; uuuh1 : UUUH YEAH { f1(); } ; uuuh2 : UUUH YEAH { f2(); } ; Aufgabe 3: Testen, Fehlersuche (25 Punkte) 3.1 (9 Punkte) Für welche Anwendungen ist ein test first Vorgehen sinnvoll? Wo nicht? 3.2 (9 Punkte) Um einen Fehler zu finden, fügen Sie Debugging Anweisungen ein, wie im Vorlesungstext beschrieben. Nachdem Sie den Fehler gefunden haben, können Sie folgendermaßen vorgehen: a) Die Debugging Anweisungen wieder aus dem Code entfernen. b) Die Anweisungen im Code belassen, so dass sie zur Übersetzungszeit aktiviert werden können. c) Die Anweisungen im Code belassen, so dass sie zur Laufzeit aktiviert werden können. Was spricht für, was gegen die einzelnen Optionen?

3 Lösungsvorschlag Entwicklungswerkzeuge und Software Architektur 21781, 10. September v (7 Punkte) Welche Probleme (neben Software) könnten ebenfalls mit einer Problemverwaltung verwaltet werden? Lösung Test first Das test first Vorgehen bietet sich bei solchen Anwendungen an, die entweder nicht sicherheitskritisch sind, oder bei denen die Anforderungen noch nicht vollständig feststehen. Hier kann dann durch die Entwicklung der einzelnen Tests spontan auf Anforderungsänderungen reagiert werden. Bei sicherheitsrelevanter Software (wie z.b. der Steuerungssoftware des Space Shuttles) sollte die Entwicklung hingegen auf vorher genauestens spezifizierten Anforderungen basieren. Debugging Durch das Entfernen wird der Code schneller ausgeführt, allerdings kann bei einem erneuten Problem der Fehler nicht so schnell gefunden werden, da alle Debug Ausgaben erst wieder eingefügt werden müssen. Bei der Aktivierungsmöglichkeit zur Übersetzungszeit kann der Entwickler auftretende Probleme recht schnell identifizieren, er muss aber zunächst jeden Fehlerbericht vom Benutzer mit eingeschalteten Debug Ausgaben reproduzieren. Bei der Aktivierungsmöglichkeit zur Laufzeit kann der Entwickler direkt vom Anwender über die Debug Informationen informiert werden (beispielsweise durch das Versenden einer Log Datei), allerdings wird dadurch das Programm ggf. langsamer ausgeführt und die Debug Meldungen sind nicht zielgerichtet, da der Anwender potenziell alle Meldungen als fehlerrelevant ansieht. Problemverwaltung Eine Problemverwaltung lässt sich ebenfalls zur Organisation von Verwaltungsproblemen, Organisationsaufgaben, Bestell Listen, etc. verwenden. Aufgabe 4: Softwarearchitektur (25 Punkte) 4.1 (16 Punkte) Geben Sie die Systemeigenschaften Identität, Lebenszyklus, Zustände, Verhalten, Plattform und Systemumgebung für folgende Softwaresysteme an: a) Steuergerät eines Airbags im Auto b) Schachprogramm c) Deutsche Bahn AG Reservierungssystem 4.2 (9 Punkte) Wo liegt der Unterschied zwischen Softwarearchitektur und Softwaretechnik? Gibt es Gemeinsamkeiten? Lösung Steuergerät eines Airbags im Auto Identität: Der Airbag selbst, der Kontrollcomputer sowie Sensoren. Lebenszyklus: Entspricht dem Lebenszyklus des Airbags. Zustand: Das System hat folgende Zustände: nicht laufend (bei ausgeschalteter Zündung) laufend; prüft, ob ein Unfall stattgefunden hat laufend; löst den Airbag aus Verhalten: Das System prüft während des Betriebs des Autos, ob ein Unfall stattgefunden hat, und löst im Bedarfsfall den Airbag aus.

4 Lösungsvorschlag Entwicklungswerkzeuge und Software Architektur 21781, 10. September v. 5 Plattform: Die Hardware und das Betriebssystem des Airbagsteuergeräts. Systemumgebung: Sensoren, deren Messwerte vom Kontrollsystem erfasst werden und die Informationen darüber liefern, ob normaler Fahrbetrieb vorliegt oder ob ein Unfall stattgefunden hat. Schachprogramm Identität: Eine ausführbare Binärdatei, die auf einem Personalcomputer installiert ist. Lebenszyklus: Von der Installation durch den Benutzer bis zur Deinstallation (Löschung). Zustand: Das System hat folgende Zustände: nicht laufend laufend; warten auf Eingabe laufend; berechnen eines Zuges Verhalten: Das Programm ist in der Lage, Schach zu spielen. Hierbei kann es gegen sich selbst oder gegen einen menschlichen Benutzer spielen. Außerdem können zwei menschliche Benutzer miteinander spielen, wobei das Programm dann nur noch die Funktion eines intelligenten Schachbretts hat. Plattform: Ein Personalcomputer sowie das auf diesem installierte Betriebssystem. Systemumgebung: Ein oder zwei Benutzer. Deutsche Bahn AG Reservierungssystem Identität: Datenbankserver, die vorgenommene Reservierungen verwalten; Terminals an den Bahnhofsschaltern, die Eingaben der Schalterangestellten entgegennehmen; das WWW Interface zur Entgegennahme von Reservierungswünschen der OnlineKunden. Lebenszyklus: Befindet sich seit der Installation des Reservierungssystems ständig in Betrieb, bis es irgendwann durch ein Nachfolgesystem abgelöst wird, oder die Bahn den Geschäftsbetrieb einstellt. Zustand: Der Systemzustand ist definiert durch die Sitzplatzinformationen aller reservierungsfähigen Züge sowie die in diesen Zügen vorgenommenen Reservierungen und die momentan ablaufenden Anfrage und Buchungsvorgänge. Verhalten: Das System nimmt Reservierungswünsche über die verschiedenen Eingabemöglichkeiten entgegen und prüft, ob die gewünschten Sitzplätze noch zur Verfügung stehen. Wenn ja, wird eine Reservierung vorgenommen. Abschließend wird der Nutzer informiert, ob die Reservierung erfolgreich war. Plattform: Datenbankserver, Terminals an den Bahnhofsschaltern, Fahrkartenautomaten, Internetserver und client, das Netzwerk zwischen den einzelnen Komponenten, das WWW. Systemumgebung: Die Schalterangestellten der Deutschen Bahn AG, die die Reservierungswünsche der Kunden entgegennehmen, sowie die Benutzer der Fahrkartenautomaten und der WW W Schnittstelle des Reservierungssystems.

5 Lösungsvorschlag Entwicklungswerkzeuge und Software Architektur 21781, 10. September v. 5 Unterschied zwischen Softwarearchitektur und Softwaretechnik Die Softwarearchitektur kann als Teildisziplin der Softwaretechnik angesehen werden. Softwarearchitektur entsteht in der Entwurfsphase des Softwareentwicklungsprozesses. Softwaretechnik unterscheidet zwischen dem Softwareentwicklungsprozess und den Produkten aus demselben. Gemeinsamkeiten: Separation der Interessen Antizipation des Wandels Verallgemeinerung Skalierbarkeit Kompositionierbarkeit Strenge