Ein Jahrzehnt Silikon-Hydrogellinsen

Transkript

1 Dr. Karen French, Prof. Lyndon Jones Ein Jahrzehnt Silikon-Hydrogellinsen Teil 2: Weitere Aspekte des Silikon-Hydrogelmaterials und seiner Oberflächeneigenschaften Im ersten Teil dieser zweiteiligen Serie haben wir verschiedene Aspekte der klinischen Leistung von Silikon- Hydrogelmaterialien und den entsprechenden derzeit erhältlichen Kontaktlinsen angesprochen. Neben der Sauerstoffleistung von Silikon-Hydrogelen wurde Hinweisen auf potenziell verringerte Symptome von mangelndem Tragekomfort und Trockenheit am Tagesende nachgegangen. Im zweiten Teil werden wir nun weitere Aspekte des Silikon-Hydrogelmaterials und seiner Oberflächeneigenschaften beleuchten. Wir werden auch die jüngst veröffentlichten Informationen über die Häufigkeit entzündlicher und infektiöser Komplikationen sowie die mögliche zukünftige Entwikklung von Silikon-Hydrogelmaterialien für Kontaktlinsen besprechen. Die Autoren des Beitrags sind Dr. Karen French, selbstständige Optometristin aus Großbritannien und Professor Lyndon Jones, Associate Director am Centre for Contact Lens Research in Waterloo, Kanada. Mechanische Eigenschaften Im Allgemeinen haben Silikon-Hydrogelmaterialien einen höheren Elastizitätsmodulus als die meisten konventionellen Hydrogelmaterialien (Abbildung 1). 1-4 Das bedeutet, dass das Material steifer ist und sich möglicherweise auch klinisch anders verhält. Die ersten im Handel erhältlichen Silikon- Hydrogele enthielten einen relativ hohen Silikonanteil, um die erwünschte hohe Sauerstoffpermeabilität zu erreichen, 1-4 denn sie waren hauptsächlich für das Tragen über Nacht gedacht. Dieser hohe Siloxangehalt führte zu einem wesentlich höherem Elastizitätsmodulus im Vergleich zu HEMA-basierten Materialien. Ein höherer Modulus macht das Material leichter zu handhaben und potenziell langlebiger. 5-7 Allerdings ist eine genaue Anpassung der Kontaktlinse etwas schwieriger als bei Kontaktlinsen aus herkömmlichen Hydrogelmaterialien. Eine 2, 6, 8-10 flache, steife Kontaktlinse schmiegt sich nicht so gut an die Hornhaut an. Das kann dazu führen, dass der Rand der Kontaktlinse nicht auf der Hornhaut aufliegt und damit den 2, 10, 11 Tragekomfort reduziert. Nach der Einführung von Lotrafilcon A mit einer einzigen Basiskurve wurde eine zweite, steilere Basiskurve auf den Markt gebracht, um für einen noch größeren Patienten- bzw. Kundenkreis eine optimale Anpassung zu ermöglichen. Laut einer Studie von Dumbleton und Kollegen 7 benötigten 23 Prozent der Probanden die steilere Basiskurve, um eine komfortable Passform zu erreichen. Mittlerweile sind viele Silikon-Hydrogellinsen in mehr als einer 74 Basiskurve erhältlich. Aufgrund des höheren Modulus von Silikon-Hydrogellinsen sind klinische Leistung und Tragekomfort oft besser, wenn man bei diesen Kontaktlinsen mit der steileren Basiskurve beginnt. 10 Nicht optimal angepasstes, steifes Kontaktlinsenmaterial kann nicht nur den Spontantragekomfort beeinträchtigen, sondern aufgrund der mechanischen Reizung auch zu verschiedenen klinischen Komplikationen führen. 2, Dazu gehören bogenförmige Läsionen des oberen Epithels (SEAL), kontaktlinsenbedingte papilläre Konjunk-tivitis (CLPC) und das Auftreten von Mucin Balls Letzteres ist vor allem beim dauerhaften Tragen ein Problem. Festzu-stellen ist, dass die Häufigkeit dieser mechanischen Komplikationen mit der Einführung neuerer Silikon-Hydrogelmaterialien zurückgegangen ist. Dies liegt an dem niedrigerem Modulus dieser Materialien, der Verfügbarkeit unterschiedlicher Basiskurven und Veränderungen im Design der Kontaktlinsenrück-fläche, die auch bei den so genannten Kontaktlinsen der ersten Generation umgesetzt wurden. Abb. 1: Elastizitätsmodus verschiedener Silikon-Hydrogelmaterialien und herkömmlicher Hydrogelmaterialien (Bei den Werten handelt sich um Herstellerangaben, die mit nicht standardisierten Methoden ermittelt wurden.) Bogenförmige Läsionen des oberen Epithels (SEAL) SEAL machen sich als dünne, bogenförmige Läsionen der oberen Hornhaut bemerkbar, die ungefähr zwischen 10 und 2 Uhr zu finden sind. 15, Sie liegen üblicherweise 1 bis 3 mm innerhalb des oberen Hornhautbereichs, der normalerweise vom Oberlid bedeckt wird (Abbildung 2) und lassen sich am Besten erkennen, wenn man mit Fluoreszein anfärbt. Dann erscheinen sie als Läsionen von bis zu 0,5 mm Breite und 2 bis DOZ KONTAKTLINSE

2 5 mm Länge, häufig mit schlecht definiertem Rand. Sie können beidseitig auftreten und sind oft asymptomatisch. 24, 25, 28 Wenn man speziell nachfragt, klagt der Patient bzw. Kunde möglicherweise über ein leichtes Fremdkörpergefühl, mangelnden Tragekomfort, eine Reizung oder das spürbare Vorhandensein der Kontaktlinse. Dem liegt selten eine Entzündung zugrunde. Gelegentlich stellt der Kontaktlinsenanpasser jedoch eine Injektion limbaler Blutgefäße oder diffuse Infiltrate fest. Die Tiefe der Läsion variiert zwischen oberflächlichen bogenförmigen Stippungen und Epithelspalten, welche die gesamte Epitheldicke betreffen. Abb. 2: Durch das Tragen einer Silikon-Hydrogellinse mit hohem Modulus induzierte bogenförmige Läsion der Hornhautepithel-Oberfläche (SEAL) Die Häufigkeit von SEAL bei konventionellen Hydrogellinsen ist gering. Durch die Einführung von Silikon-Hydrogellinsen ist die Zahl der bekannten SEAL-Fälle jedoch gestiegen, insbesondere beim dauerhaften Tragen von Kontaktlinsen , 27, 29 Unterschiedliche Schätzungen besagen, dass null bis fünf Prozent der Patienten bzw. Kunden, die zur Nachkontrolle erscheinen, von SEAL betroffen sind. Die Läsionen sind in den meisten Fällen relativ schwach ausgeprägt. 30 Bei einer speziellen Studie zur Häufigkeit von SEAL bei Silikon-Hydrogellinsen der ersten Generation traten beim dauerhaften Tragen bei bis zu viereinhalb Prozent der Augen pro Jahr SEAL auf , 13, 15, 24, 31 Zur Ätiologie von SEAL gibt es mehrere Theorien. Dazu gehören mechanischer Druck oder Ausdünnung des Tränenfilms im oberen Limbusbereich aufgrund des von Oberlid und Kontaktlinsenrand ausgeübten Drucks, Sauerstoffunterversorgung aufgrund des dickeren Kontaktlinsenrandes und Austrocknung des Epithels. Die zunehmende Häufigkeit von SEAL bei Verwendung von Silikon-Hydrogelmaterialien mit höherem Modulus spricht sicherlich für eine mechanisch bedingte Ätiologie. Wahrscheinlich tragen bei bestimmten Patienten bzw. Kunden aber auch andere Faktoren dazu bei. Der klinische Eindruck ist, dass SEAL bei Silikon-Hydrogelmaterialien mit geringerem Modulus seltener auftreten und dass die Häufigkeit von SEAL verglichen mit den ersten Silikon- Hydrogelmaterialien mittlerweile geringer ist. KONTAKTLINSE DOZ Kontaktlinseninduzierte papilläre Konjunktivitis (CLPC) Kontaktlinseninduzierte papilläre Konjunktivitis ist eine häufige Komplikation, die vor allem die obere tarsale Bindehaut betrifft und deren Ätiologie verschiedene Faktoren umfasst. Kontaktlinseninduzierte papilläre Konjunktivitis wird als allergieähnliche Reaktion, vor allem auf Eiweißablagerungen auf der Kontaktlinsenoberfläche, beschrieben. Sie kann jedoch ebenfalls durch ein mechanisches Trauma ausgelöst werden Bei den Silikon-Hydrogellinsen der ersten Generation führten anscheinend stärkere mechanische Reizungen der palpebralen Lidoberfläche aufgrund des höheren Modulus sowie Veränderungen der Oberflächenbenetzbarkeit und mechanische Irritationen durch den Kontaktlinsenrand zu einer höheren Häufigkeit kontaktlinseninduzierter 12, 13, 17, 19, 37, 38 papillärer Konjunktivitis. Zu den subjektiven Symptomen gehören mangelnder Tragekomfort, Fremdkörpergefühl und Juckreiz. Insbesondere am Morgen kann es zu erhöhter Schleimproduktion kommen. Durch das Verschmieren des Schleims auf der Kontaktlinsenvorderfläche schwankt die Sehqualität möglicherweise. In einem fortgeschrittenen Stadium kann die Sehqualität aufgrund zu starker Bewegungen der Kontaktlinse beim Lidschlag schwanken. Die Symptome treten bei einer mechanisch bedingten kontaktlinseninduzierten papillären Konjunktivitis eventuell schneller auf als bei einer Immunreaktion. 13 Die Anzeichen sind nur feststellbar, wenn das Oberlid umgestülpt wird. Die obere tarsale Bindehaut wird rauer und es tritt eine Hyperämie auf. Die papilläre Reaktion und die damit zusammenhängende Hyperämie sind variabel und können diffus oder lokal begrenzt auftreten (Abbildung 3). Abb. 3: Lokale kontaktlinsenbedingte papilläre Konjunktivitis (CLPC) nach Dauertragen einer Silikon-Hydrogellinse mit hohem Modulus. CLPC tritt beim dauerhaften Tragen von Silikon-Hydrogellinsen häufiger auf. Hinsichtlich dauerhaft getragener Kontaktlinsen der ersten Generation wird berichtet, dass jährlich drei bis sieben Prozent der Kontaktlinsenträger von einer CLPC betroffen sind. 13, 17, 39, 40 In jüngeren Studien mit Kontaktlinsen mit steilerer Basiskurve und neueren Silikon-Hydrogel- 75

3 materialien mit geringerem Modulus wurden jedoch niedrigere Raten festgestellt. 13 Beim Tragen von Silikon-Hydrogellinsen treten in einem kleinen, zentralen Bereich in der Nähe des Lidrandes lokal begrenzte Reaktionen häufiger auf als beim 17, 19 Tragen von polyhema-basierten Kontaktlinsen. Die meisten Fälle von kontaktlinseninduzierter papillärer Konjunktivitis bei Trägern von Silikon-Hydrogellinsen gelten als mechanisch bedingt. Dementsprechend verschwinden die Beschwerden schnell, wenn der Patient bzw. Kunde aufhört, Kontaktlinsen zu tragen. 12, 13 Sobald sich der Zustand normalisiert hat, können wieder Kontaktlinsen getragen werden. Allerdings kann eine Umstellung des Trageschemas, etwa vom dauerhaften Tragen auf Tagestragen, oder der Umstieg auf ein Kontaktlinsenmaterial mit niedrigerem Modulus angebracht sein. Ablagerungen hinter der Kontaktlinse (Mucin Balls) Mucin Balls treten bei über 50 Prozent der Patienten bzw. Kunden gelegentlich auf, die Silikon-Hydrogellinsen dauerhaft tragen, 20 in geringerem Ausmaß jedoch auch, wenn diese zum Tagestragen verwendet werden. Sie erscheinen im Tränenfilm hinter der Kontaktlinse als leichte, runde Ablagerungen von 13, 20-22, 41, 42 unterschiedlicher Größe und Helligkeit. Sie können hinter der Kontaktlinse verteilt oder klumpenförmig auftreten. 21 Je flacher die Kontaktlinse angepasst ist, desto mehr Mucin Balls sind festzustellen. 20 Sie verursachen keine feststellbaren Symptome im Sinne einer Verringerung der Sehqualität oder des Tragekomforts und haben auch keine Folgen für die Augengesundheit. Die Mucin Balls verschwinden nach Abnehmen der Kontaktlinse, da sie durch den anschließenden Lidschlag entfernt werden. Es bleiben Einkerbungen in der Epitheloberfläche zurück. Diese füllen sich schnell mit Tränenflüssigkeit. Wird Fluoreszein eingeträufelt, treten sie deutlich als Flecken hervor. Es kommt jedoch zu keiner Beeinträchtigung des Hornhautepithels. Vielmehr sammelt sich das Fluoreszein in den Epithelkerben. 13,43 Mucin Balls bestehen vor allem aus Muzin, einigen Tränenproteinen und einem geringen Lipidanteil. 23 Ihre Entstehung wird auf das Zusammenwirken der Kontaktlinsenrückfläche mit dem Tränenfilm zurückgeführt: Die Scherkraft rollt den Tränenschleim dabei zu Bällen zusammen. Der höhere Mo- 13, 20, 42 dulus der Silikon-Hydrogellinsen trägt zweifellos zu diesem mechanischen Phänomen bei, 42 aber auch die Zusammensetzung des Oberflächenreinigers könnte eine Rolle spielen. Konjunktivale epitheliale Flaps (CEF) Dieses Phänomen wurde 2005 zum ersten Mal bei Patienten bzw. Kunden, die Silikon-Hydrogellinsen dauerhaft trugen, beschrieben. 44 Es lässt sich am besten beobachten, wenn man Fluoreszein einträufelt, weil sich das Fluoreszein unter den Läsionen sammelt (Abbildung 4). Konjunktivale epitheliale Flaps sind entweder feine Einkerbungen des Bindehautepithels vom darunterliegenden Gewebe oder eine Kräuselung losen Bindehautgewebes am Kontaktlinsenrand. Sie treten üblicherweise circa 0,5 bis 1 mm vom Kontaktlinsenrand entfernt im oberen oder unteren Quadranten auf und markieren die Endpunkte der Kontaktlinsenbewegung in der Vertikalen. Das Erscheinungsbild von CEF ist je nach Kontaktlinsenmodalität unterschiedlich: Es variiert zwischen kleinen Flaps (0,1 bis 0,5 mm) beim Tagestragen und größeren (bis zu 9 mm) beim dauerhaften Tragen. Abb. 4: Konjunktivale epitheliale Flaps (CEF) bei einem Dauerträger. Die Häufigkeitsrate liegt bei drei Prozent beim Tagestragen bzw. 37 Prozent beim dauerhaften Tragen. 44 Die Ätiologie von CEF ist wahrscheinlich mechanisch bedingt und hängt möglicherweise mit dem Modulus sowie dem Randprofil bzw. der Randform der Kontaktlinse zusammen. Bei einer kürzlich veröffentlichten Studie wurde festgestellt, dass CEF bei Trägern von Lotrafilcon A-Linsen, die ein weniger abgerundetes Randprofil als Balafilcon A-Linsen aufweisen, häufiger auftreten. 45 Patienten bzw. Kunden mit CEF sind in der Regel asymptomatisch und die Läsionen scheinen ungefährlich zu sein. Über mögliche Langzeitwirkungen können jedoch noch keine umfassenden Aussagen gemacht werden. Verkaufsförderung durch Dienstleistung Prof. Joachim Köhler Auf die Kunden, fertig, los! Erkennen Sie die Bedeutung personenbezogener Kundenzuwendung! Format 160 x 240, 116 Seiten, ISBN ,90 inkl. ges. MwSt., zzgl. Porto u. Verpackung Postfach Heidelberg Tel: +49(0) Fax: +49(0) DOZ KONTAKTLINSE

4 Wie oben beschrieben, können bei relativ steifen Hydrogelmaterialien mechanische Komplikationen auftreten. Der Modulus steht, wie aus Abbildung 5 ersichtlich, in engem Zusammenhang mit dem Wassergehalt 1 und der Anzahl vorhandener Siloxangruppen. Materialien mit höherer Sauerstoffpermeabilität (Dk) aufgrund einer höheren Anzahl an Siloxangruppen haben im Allgemeinen auch einen höheren Modulus. 48, 59 linsen beim Reinigen zu reiben und abzuspülen. Es ist bewiesen, dass Ablagerungen durch einfaches Abreiben mit den Fingern und einem Mehrzweck-Pflegemittel oder einer peroxidbasierten Lösung während der Kontaktlinsenpflege signifikant reduziert oder sogar ganz entfernt werden können. 59 Die kleine Gruppe von Patienten bzw. Kunden, bei denen Ablagerungen trotz dieser Maßnahme die Sehqualität oder den Tragekomfort beeinträchtigen, könnte davon profitieren, wenn die Kontaktlinsen alle zwei statt alle vier 50, 55, 60, 61 Wochen ausgetauscht werden. Auch die Verwendung zusätzlicher, alkoholhaltiger Oberflächenreiniger wie Miraflow hilft beim Entfernen von Ablagerungen. 48 Patienten bzw. Kunden mit einer Dysfunktion der Meibom schen Drüsen haben oft größere Probleme mit Lipidablagerungen. Daher ist es bei Fehlsichtigen mit offensichtlicher Erkrankung des Lidrandes wichtig, geeignete Lidhygienemaßnahmen zu ergreifen. 62 Abb. 5: Elastizitätsmodulus vs. Wassergehalt bei Silikon-Hydrogellinsen (Bei den Werten handelt sich um Herstellerangaben, die mit nicht standardisierten Methoden ermittelt wurden.) Neuere Silikon-Hydrogelmaterialien wurden im Hinblick auf das Tagestragen entwickelt. Dabei wurde versucht, ein Gleichgewicht zwischen der Sauerstoffleistung und anderen wichtigen Produkteigenschaften zu erzielen, um den Tragekomfort für die Patienten bzw. Kunden zu verbessern. Eine Verringerung des relativen Silikongehalts führt zu einem höheren Wassergehalt der Kontaktlinse und somit zu einem niedrigeren Modulus, sodass das Potenzial für mechanische Komplikationen verringert wird. Ablagerungen auf der Kontaktlinse Art und Menge der bei Silikon-Hydrogellinsen auftretenden Ablagerungen wurden im Rahmen mehrerer Studien untersucht Bei diesen Materialien kommt es zu signifikant weniger Proteinablagerungen als bei konventionellen Hydrogelen, insbesondere auf ionischen Materialien der Gruppe IV. 47, 50, 52 Ein Großteil dieser Proteine insbesondere bei oberflächenbehandelten Materialien ist jedoch inaktiv bzw. denaturiert. 52 Das ist deshalb von Bedeutung, weil denaturierte Proteine nicht nur schwieriger von der Kontaktlinsenoberfläche zu entfernen sind, sondern auch die Immunreaktion auslösen können, die eine der Ursachen für kontaktlinseninduzierte papilläre Konjunktivitis ist Lipidablagerungen auf Silikon-Hydrogelen können ein erhebliches Problem darstellen. 48,55 Bei einigen Trägern von Silikon-Hydrogellinsen sammelt sich im Laufe mehrerer Tage eine so große Menge an Lipidablagerungen an, dass es zu einer Sehverschlechterung kommen kann. Diese Ablagerungen werden als charakteristische Trübung und Fettglobuli auf der Kontaktlinsenoberfläche sichtbar (Abbildung 6). Es ist allgemein anerkannt, dass die wirksamste Methode im Umgang mit Ablagerungen auf Kontaktlinsen, insbesondere auf Silikon-Hydrogelmaterialien, darin besteht, die Kontakt- KONTAKTLINSE DOZ Abb. 6: Silikon-Hydrogelmaterial mit einer schlecht benetzenden Oberfläche mit charakteristischen Haze-Bildung und Fettglobuli Kompatibilität von Kontaktlinse und Pflegemittel Anekdoten und veröffentlichte Berichte über Hornhautstippung bei bestimmten Silikon-Hydrogellinsen und Pflegemittel-Kombinationen haben viel Interesse und Forschungseifer geweckt Die bekannten Fälle deuten darauf hin, dass eine pflegemittelinduzierte Stippung entweder diffus punktförmig auf der ganzen Hornhaut oder ringförmig an der Hornhautperipherie auftritt (Abbildung 7). 78 Andrasko und Ryen haben bei ihren Studien zahlreiche Kontaktlinsen-/Pflegemittel-Kombinationen untersucht mit dem Ziel, die dabei auftretenden Stippungen zu quantifizieren.72, 79 Sie haben für jede Kontakt linsen-/pflegemittel-kombination den Grad der Stippung in fünf Hornhautbereichen nach zwei und vier Stunden Tragezeit untersucht und aus den Ergebnissen eine durchschnittliche Stippung in Prozent errechnet. Sie deuten an, dass Stippungen bei bestimmten Kombinationen signifikanter sind. Insgesamt weisen Comfilcon A und Senofilcon A mit den getesteten Pflegemitteln den geringsten Prozentsatz an pflegemittelinduzierter Stippung auf. 77

5 Alle getesteten Silikon-Hydrogellinsen hatten mit wasserstoffperoxidbasierter Lösung niedrigere Stippungswerte als mit Mehrzweck-Pflegemitteln. Das Institute for Eye Research (IER) in Australien hat eine 80, 81 ähnliche Studie durchgeführt und die IER-Matrix erarbeitet. Der Studienaufbau war jedoch etwas anders. 80 Die Augen wurden nicht nach zwei Stunden Tragezeit auf Stippungen untersucht. Vielmehr trugen die Probanden bei der IER-Studie die Kontaktlinsen drei Monate lang und verwendeten dabei jeweils ein spezifisches Pflegesystem. Insgesamt wurden 20 Kombinationen aus Silikon-Hydrogellinsen und Pflegemitteln untersucht. Die IER-Matrix zeigt, welcher Prozentsatz der Patienten bzw. Kunden pro Monat mit einer bestimmten Kombination in den ersten drei Monaten Tragezeit eine pflegemittelinduzierte Hornhautstippung entwickelt. Die Studie kommt bei den Kombinationen zwar zu abweichenden Ergebnissen, stimmt mit den Untersuchungen von Andrasko jedoch insofern überein, als Häufigkeit und Ausmaß der Stippungen mit wasserstoffperoxidbasierten Lösungen am geringsten sind Abb. 7: Stippung der Hornhaut wie sie bei bestimmten Kombinationen von Kontaktlinsen und Kombilösungen auftritt. Vielen Kontaktlinsenanpassern ist das mögliche Problem der Kontaktlinsen-/Pflegemittel-Kompatibilität mittlerweile bewusst. Welche klinischen Auswirkungen haben diese punktförmigen Mikrostippungen aber bei einzelnen Trägern von Silikon-Hydrogellinsen? Andrasko gibt an, dass Kontaktlinsenträger mit pflegemittelbedingter Hornhautstippung häufig auch über leicht verminderten subjektiven Tragekomfort klagen. Andere haben jedoch nachgewiesen, dass 72, 79 anscheinend keine starke Korrelation zwischen Symptomen und dem festgestellten Ausmaß der Stippung besteht und dass Patienten bzw. Kunden mit pflegemittelbasierter Stip- 63, 64 pung größtenteils asymptomatisch sind. Darüber hinaus zeigte eine retrospektive Analyse von Patienten- bzw. Kundendaten, dass bei Kontaktlinsenträgern mit gering ausgeprägter punktförmiger Epithelstippung die Wahrscheinlichkeit einer Hornhautinfiltration (CIE) dreimal höher ist und dass die Häufigkeit bei bestimmten Kontakt- 78 linsen-/pflegemittel-kombinationen mit der Stippungsrate ansteigt. 73 Bei dieser Studie führten peroxidbasierte Lösungen durchgehend zu weniger Stippungen und sterilen Infiltraten. Es gibt absolut keine Beweise dafür, dass bei einem Patienten bzw. Kunden, der an pflegemittelinduzierter Hornhautstippung leidet, eine Prädisposition für schwerwiegendere Komplikationen, z.b. mikrobielle Keratitis, vorliegt. 76, 82, 83 Jüngere Studien zeigen allerdings, dass die pflegemittelinduzierte Hornhautstippung eine signifikant nachteilige Wirkung auf die Barrierefunktion des Epithels hat, 84 und dass exzessive Ausprägungen pflegemittelinduzierter Hornhautstippung vermieden werden sollten. Der ideale Zeitpunkt, um durch Silikon-Hydrogellinsen verursachte Hornhautstippungen zu beobachten, ist anscheinend zwei bis vier Stunden nach Aufsetzen der Kontaktlinsen. 63 Es ist daher sinnvoll, einen Kontrolltermin in diesen Zeitraum zu legen, insbesondere, wenn bei einer ansonsten gut angepassten Kontaktlinse Probleme mit dem Tragekomfort auftreten. Angesichts der Tatsache, dass pflegemittel-induzierte Hornhautstippungen häufig asymptomatisch sind, ist es wichtig, bei allen Kontrollterminen Fluoreszein zu verwenden. Die Stippungen sind am besten mit Hilfe eines gelben Sperrfilters sichtbar. 85 Aufgrund der bereits angesprochenen möglichen Probleme sollte man auch wissen, welches Pflegemittel der Patient bzw. Kunde verwendet. Man sollte bei der Anpassung von Kontaktlinsen das für den jeweiligen Kontaktlinsentyp am besten geeignete Pflegemittel empfehlen. Wird eine klinisch signifikante Stippung festgestellt, sollte man ein anderes Pflegemittel in Betracht ziehen. Entzündliche und infektiöse Komplikationen Trotz der signifikanten Vorteile von Silikon-Hydrogel in Bezug auf die Sauerstoffleistung treten bei diesen neuartigen Materialien noch immer Komplikationen auf, insbesondere wenn sie zum Tragen über Nacht verwendet werden. Zum Zusammenhang zwischen Silikon-Hydrogelmaterialien und Entzündungs- bzw. Infektionsraten, vor allem beim dauerhaften Tragen, wurden zahlreiche Studien durchgeführt. Bei allen epidemiologischen Untersuchungen hat die Definition der Testbedingungen möglicherweise große Auswirkungen auf die Schätzung von Inzidenz und Prävalenz. Es ist deshalb schwierig, genaue Inzidenzraten für Entzündungen anzugeben, weil die Ergebnisse vom Studienaufbau und den Kriterien für die Berücksichtigung von Infiltraten abhängig sind. Das Team um Szczotka-Flynn hat eine Meta-Analyse veröffentlichter Studien über das Risiko von Hornhautinfiltrationen im Zusammenhang mit Silikon-Hydrogelen beim dauerhaften Tragen im Vergleich mit Hydrogellinsen mit niedrigem Dk-Wert beim verlängerten Tragen durchgeführt. 86 Es stellte fest, dass bei Verwendung der Definition (Nicht)Vorhandensein von Infiltraten, gleich welchen Ausmaßes das Risiko von Hornhautinfiltrationen nach 30 Nächten dauerhaften Tragens von Silikon-Hydrogelmaterialien ungefähr doppelt so groß ist wie nach sechs Nächten verlängerten Tragens von (nicht silikonbasierten) Hydrogellinsen mit niedrigem Dk-Wert. Sie kamen jedoch auch zu dem Schluss, dass die 30-tägige Tragezeit der größere Risikofaktor sein könnte als das Silikon-Hydrogelmaterial an sich. DOZ KONTAKTLINSE

6 Vor kurzem lautete die Schlussfolgerung bei einer Präsentation der Arbeit von Szczotka-Flynn, 87 dass die Daten, die das Risiko einer Hornhautinfiltration bei 30 Nächten dauerhaften Tragens von Silikon-Hydrogellinsen untermauern, ungefähr übereinstimmen: Das Risiko beträgt drei bis vier Prozent pro Auge und Jahr verglichen mit ein bis zwei Prozent bei sechs Nächten verlängerten Tragens von Hydrogellinsen. Das bedeutet, dass Kontaktlinsenanpasser, die Silikon-Hydrogellinsen zum dauerhaften Tragen empfehlen, besser einen Austausch alle sechs Nächte (verlängertes Tragen) als einen Austausch alle 30 Nächte in Betracht ziehen sollten. Frühere Untersuchungen zu diesem Thema mit nur einem Material haben jedoch gezeigt, dass das Risiko bei 30 Nächten dauerhaften Tragens nicht größer ist als bei verlängertem Tragen über sechs 88, 89 Nächte. Erfahrungsgemäß besteht eine starke Korrelation zwischen dem nächtlichen Tragen von Kontaktlinsen (bzw. der Dauer des nächtlichen Tragens) und dem erhöhten Risiko entzündlicher und infektiöser Komplikationen. 90 Verschiedene Autoren haben jedoch auch andere (veränderliche und unveränderliche) Risikofaktoren identifiziert Diese sind in Tabelle 1 zusammengefasst. bei Silikon-Hydrogelmaterialien geringer. 98 Untersuchungsergebnisse haben mittlerweile jedoch gezeigt, dass das Risiko sowohl beim Tagestragen als auch beim dauerhaften Tragen ähnlich hoch ist wie mit konventionellen Hydrogelmaterialien. 91, 97, Trotz der vergleichbaren Häufigkeit von mikrobieller Keratitis bei konventionellen Kontaktlinsen und Silikon- Hydrogellinsen deuten Studien darauf hin, dass die Schwere 99, 102 und Dauer der Erkrankung bei letzteren geringer ist. Ein Faktor, der für mikrobielle Keratitis und entzündliche Reaktionen von gewisser Relevanz sein könnte, steht im Zusammenhang mit der Bindung pathogener Organismen an das Kontaktlinsenmaterial. Bei mehreren Studien wurde die In-vitro-Bindung von Bakterien und Acanthamoeba an Silikon-Hydrogeloberflächen untersucht. Einige der untersuchten Oberflächen zeigen ein höheres Ausmaß an Bakterienadhäsion an der Kontaktlinsenoberfläche als konventionelle 103, 104 Hydrogele. Das hat nicht nur mit der höheren Oberflächenhydrophobie dieser Materialien, sondern auch mit der höheren Sauerstoffdurchlässigkeit zu tun, die die Bindung von Bakterien und die Bildung eines Biofilms direkt fördert. 104 Bei einigen Silikon-Hydrogelen wurde auch eine signifikant stärkere Anhaftung von Acanthamoeba an die Kontaktlinsenoberfläche festgestellt als bei konventionellen Hydrogelen, was auf die erhöhte Hydrophobie der Silikon-Hydrogelmaterialien zurückzuführen ist. Silikon-Hydrogelmateralien der ersten Generation aus Lotrafilcon A haben eine signifikant größere Affinität zu Acanthamoeba als Silikon-Hydrogelmaterialien der zweiten Generation aus Galyfilcon A und als das Hydrogelmaterial Etafilcon A, auch wenn ein bakterieller Biofilm vorhanden ist. 107 Bei diesen Studien ist jedoch zu bedenken, dass es sich nur um In-vitro-Ergebnisse handelt und dass der Vorteil einer höheren Sauerstoffdurchlässigkeit des Silikon-Hydrogelmaterials die Wahrscheinlichkeit verringern kann, dass eine Umgebung entsteht, in der das Hornhautepithel für Bakterienbefall und Keratitis anfälliger wird. Angesichts der höheren Anfälligkeit dieser Materialien für Bakterien- und Acanthamoeba-Anhaftung ist Folgendes wichtig: Kontaktlinsenträger sollten auf die Risiken hingewiesen werden, die auftreten, wenn sie Silikon-Hydrogellinsen in einer Umgebung tragen, in der man solchen Organismen mit größerer Wahrscheinlichkeit ausgesetzt ist, z.b. in Schwimmbädern und Whirlpools. Tab. 1: Veränderbare und unveränderbare Risikofaktoren für mikrobielle Keratitis bei aktuellen Kontaktlinsentypen Die allgemein anerkannte jährliche Inzidenz von mikrobieller Keratitis (MK) bei Trägern konventioneller Hydrogellinsen zum Tagestragen liegt bei vier von Kontaktlinsenträgern. Es wurde festgestellt, dass sich dieses Risiko 90, durch verlängertes Tragen etwa verfünffacht. 90, Ursprünglich bestand die Hoffnung, das Risiko mikrobieller Keratitis sei KONTAKTLINSE DOZ inform-broschüre Nr. 9: Heinz Diepes Brillenzentrierung Eine Zusammenfassung der Anpass- und Zentrierregeln für den Augenoptiker ISBN DOZ-Verlag, Postfach , Heidelberg Tel: +49(0) , Fax: +49(0) ,90 inkl. ges. MwSt., zzgl. Porto und Verpackung 79

7 Therapeutische Indikationen Silikon-Hydrogellinsen werden immer häufiger in der Krankenhauspraxis und in der therapeutischen Anwendung eingesetzt Viele therapeutische Kontaktlinsen werden zur dauerhaften Schmerzlinderung und Heilung von Erkrankungen der Augenoberfläche auch über Nacht getragen. Das Tragen über Nacht kann auch von Nutzen sein, wenn das Auf- und Absetzen wahrscheinlich mit Schmerzen, Epitheltrauma oder erhöhtem Infektionsrisiko verbunden ist. Silikon-Hydrogelmaterialien bieten aufgrund ihrer höheren Sauerstoffdurchlässigkeit eindeutige Vorteile. Im Vergleich zu Hydrogelen wird nicht nur das Risiko einer Beeinträchtigung der Hornhaut durch Sauerstoffunterversorgung reduziert. Der zusätzliche Sauerstoff ist auch bei der Heilung und Regenerierung von Vorteil. Mehrere Studien haben bewiesen, dass die Verwendung von Silikon-Hydrogellinsen zur Behandlung von Erkrankungen der Augenoberfläche sowohl bei Erwachsenen als auch bei Kindern sicher und wirksam ist Derzeit verfügen Lotrafilcon A, Balafilcon A und Senofilcon A über die Zulassung der FDA und der europäischen Arzneimittelbehörden zur Verwendung als therapeutische Kontaktlinsen bei der Behandlung verschiedener akuter und chronischer Erkrankungen. Zur Verwendung in Krankenhäusern sind auch Einzelanfertigungen aus Silikon-Hydrogel (z. B. aus dem Material Definitive von Ultravision) erhältlich, u. a. als Aphakieund Verbandlinsen, zur Behandlung starker Myopie, zur Verwendung in der Pädiatrie und als Kontaktlinsen mit kosmetischer oder prothetischer Einfärbung. Die Kerasoft-Kontaktlinse zur Behandlung von Keratokonus ist ebenfalls aus dem Material Definitive erhältlich. Wie hat sich die Kontaktlinsenpraxis seit der Einführung von Silikon- Hydrogelmaterialien verändert? 2003 machten Silikon-Hydrogellinsen laut Angaben der Association of Contact Lens Manufacturers, Großbritannien (ACLM) nur drei Prozent des Kontaktlinsenmarktes aus. 119 Das bedeutete eine Steigerung um 32 Prozent im Vergleich zu 2002, war aber trotzdem ein relativ geringer Marktanteil im Vergleich zu den traditionellen Ein-Tages-Hydrogellinsen, die 45 Prozent ausmachten. Aktuellere Zahlen der ACLM für das Jahr 2007 deuten darauf hin, dass die Nachfrage nach Silikon- Hydrogellinsen weiter steigt. Im Vergleich zu den Zahlen für 2006 gab es eine Steigerung um 20 Prozent machten sie 21 Prozent des Kontaktlinsenmarktes aus. Sie haben damit die traditionellen Austauschkontaktlinsen aus Hydrogel (16 Prozent) überholt. Ein-Tages-Kontaktinsen haben jedoch mit 55 Prozent immer noch den größten Marktanteil. In Bezug auf das Verhalten der Kontaktlinsenanpasser bei der Anpassung von Kontaktlinsen deuten die jüngsten Zahlen aus Großbritannien für darauf hin, dass 32 Prozent der Neuanpassungen und 41 Prozent der Folgeanpassungen mit Silikon-Hydrogelmaterialen erfolgen. Diese Zahlen ähneln jenen von , stellen aber eine signifikante Steigerung gegenüber 2004 dar. Damals machten Silikon- Hydrogellinsen nur sechs Prozent der Neuanpassungen und 16 Prozent der Folgeanpassungen aus Die Silikon-Hydrogele der ersten Generation wurden ursprünglich für das dauerhafte Tragen auf den Markt gebracht. 96 Prozent aller zum dauerhaften Tragen angepassten Kontaktlinsen sind aus Silikon-Hydrogelmaterialen. Diese Tragemodalität ist jedoch seit der Einführung dieser Kontaktlinsen relativ konstant geblieben und macht sieben Prozent der Neuanpassungen bzw. 13 Prozent der Folgeanpassungen aus. 120 Diese Daten zeigen die schnell wachsende Beliebtheit von Silikon-Hydrogellinsen zum Tagestragen und/oder gelegentlichen Tragen über Nacht. Sowohl Kontaktlinsenspezialisten als auch Patienten bzw. Kunden verstehen und schätzen die Vorteile dieser Materialien für die Verträglichkeit sowie den Tragekomfort. Wollte ein Kontaktlinsenanpasser bisher Silikon-Hydrogellinsen als erste Wahl anpassen, war er durch die Materialauswahl und die Anpassparameter eingeschränkt. Mittlerweile können diese jedoch den meisten Kontaktlinsenträgern angepasst werden. Es gibt eine große Auswahl an Kontaktlinsen und Parametern, einschließlich torischer, multifokaler und auf der Drehbank maßgefertigter Kontaktlinsen zur Korrektion hochgradiger Fehlsichtigkeiten. Neue Entwicklungen Ursprünglich war die treibende Kraft zur Entwicklung von Silikon-Hydrogelmaterialen, die Sauerstoffdurchlässigkeit zu maximieren, um das Tragen über Nacht ohne Komplikationen durch Sauerstoffunterversorgung zu ermöglichen. Seit der Einführung von Silikon-Hydrogelen Ende der 1990er-Jahre hat sich das Design vielfach geändert. Es hat sich gezeigt, dass nicht nur der Wunsch nach Kontaktlinsenmaterialien mit optimaler Verträglichkeit Schlüsselfaktoren für das Wachstum des Kontaktlinsenmarktes sind. Auch Tragekomfort und praktischer Nutzen sind ausschlaggebend. Für die große Mehrheit der Kontaktlinsenträger sind Tragekomfort und verkürzte Tragezeit immer noch die Hauptprobleme. Deshalb wird viel Forschungs- und Entwicklungsarbeit darauf verwandt, die Parameter zur Steigerung des Tragekomforts zu optimieren. Vor kurzem wurden zwei neue Silikon- Hydrogellinsen auf den Markt gebracht, die diesen Problemen Rechnung tragen sollen und zwar mithilfe von Benetzungswirkstoffen und kürzeren Austauschintervallen. Air Optix Aqua von CIBA VISION verwendet eine Plasmabeschichtung und einen hydrophilen Benetzungswirkstoff, der sich laut Hersteller mit der Kontaktlinsenoberfläche verbindet und den Tragekomfort beim Aufsetzen steigert. Das verwendete Material Lotrafilcon B soll einen geringeren Benetzungswinkel haben und widerstandsfähiger gegen Ablagerungen sein als das ursprüngliche Material. 123 Bei Avaira von Cooper Vision (Enfilcon A, vor kurzem in den USA als Silikon-Hydrogellinse zum Tagestragen mit zweiwöchigem Austauschintervall auf den Markt gebracht) wird eine ähnliche Technologie verwendet wie bei Comfilcon A. Die Notwendigkeit einer Oberflächenbehandlung zur Gewährleistung von Benetzbarkeit und niedrigem Modulus wurde verringert. Zudem verfügt diese Kontaktlinse über eine asphärische Optik und einen UV-Schutz. Man hat sich bemüht, einen Herstellungsprozess für eine Kontaktlinse zu entwickeln, die das Nonplusultra im Hinblick auf hohe Verträglichkeit und praktischen Nutzen bietet und DOZ KONTAKTLINSE

8 gleichzeitig finanzierbar ist: Das wäre eine Ein-Tages-Kontaktlinse aus Silikon-Hydrogelmaterial. Der Kontaktlinsenanpasser, der Kontaktlinsen empfehlen möchte, steckte bisher möglicherweise in einem Dilemma, wenn er die Vorteile der hohen Sauerstoffleistung von Silikon-Hydrogellinsen zum häufigen Austausch abwägen musste gegen den praktischen Nutzen und die Flexibilität von Ein-Tages-Kontaktlinsen. Jetzt ist die weltweit erste Ein-Tages-Silikon-Hydrogellinse, 1-Day Acuvue TruEye, auch im deutschsprachigen Raum erhältlich. Die Kontaktlinse besteht aus einem neuen Material Narafilcon A und wird mittels der einzigartigen Hydraclear 1 Technologie hergestellt. Diese ermöglicht die Einbettung eines Benetzungswirkstoffes, der speziell für das Tagestragen entwickelt wurde. 124 Diese Technologie ist eine Weiterentwicklung der Hydraclear Technologie, die bei Acuvue Advance und Acuvue Oasys zum Einsatz kommt. Sie wurde für die Herstellung von Ein-Tages-Kontaktlinsen optimiert. Laut den jüngsten Anpassungszahlen waren Ein-Tages-Kontaktlinsen im Jahr 2008 mit 46 Prozent die beliebteste Tragemodalität bei Neuanpassungen in Großbritannien.120 Silikon- Hydrogelmaterialien machen 32 Prozent der Kontaktlinsen zum monatlichen und ein- bzw. zweiwöchigen Austausch aus. Deshalb kann man davon ausgehen, dass Kontaktlinsenanpasser an einer Ein-Tages-Silikon-Hydrogellinse sehr interessiert sind, die ihren Patienten bzw. Kunden sowohl optimale Verträglichkeit ermöglicht als auch optimalen praktischen Nutzen bietet. Zusammenfassung In den letzten zehn Jahren, d. h. seit der Einführung der ersten Silikon-Hydrogelmaterialien, sind circa 250 fundierte Beiträge in Fachzeitschriften sowie zahlreiche weitere Artikel und Poster im Rahmen von Konferenzen erschienen. Sie alle untermauern den Anspruch, dass Silikon-Hydrogelmaterialien eine bessere Leistung hinsichtlich Verträglichkeit und Tragekomfort bieten als Hydrogele. Gemessen an der Gesamtzahl der Kontaktlinsenanpassungen werden diese Materialien immer noch selten über Nacht getragen. Doch die Verbesserung der Materialeigenschaften von Silikon- Hydrogelen im Hinblick auf das Tagestragen hat dazu geführt, dass Jahr für Jahr mehr Kontaktlinsen zum Tagestragen 122, angepasst werden. Wahrscheinlich werden Silikon-Hydrogelmaterialien auch weiterhin einen wesentlichen Teil des Marktes für Austauschkontaktlinsen beanspruchen. Da jetzt die erste Ein-Tages- Silikon-Hydrogellinse Realität geworden ist und sicherlich weitere folgen werden, wird die Beliebtheit dieser Materialfamilie zweifellos weiter wachsen. Die einzige Erwartung an Silikon- Hydrogele, die bisher nicht eingetroffen ist, ist wohl, dass das Risiko mikrobieller Keratitis und die Häufigkeit von Hornhautentzündungen beim Tragen über Nacht anscheinend trotz besserer Sauerstoffleistung nicht geringer sind als bei Hydrogelen. Das ist sicherlich ein wichtiger Faktor für die Weiterentwicklung der Materialien. Die Veränderung der Kontaktlinseneigenschaften zur Verbesserung des Tränenaustausches oder die Herstellung von Kontaktlinsen mit inhärent antimikrobieller Oberfläche könnten das Infektionsrisiko beim Kontaktlinsentragen über Nacht verringern. Bei der Auswahl einer Silikon-Hydrogellinse gibt es viele Faktoren zu beachten. Beim Abwägen der Materialeigenschaften im Hinblick auf die beste Leistung sind Design, Sauerstoffdurchlässigkeit, mechanische Eigenschaften, Wassergehalt und Benetzbarkeit zu berücksichtigen. Man sollte sich immer ins Gedächtnis rufen, dass die Patienten- bzw. Kundenzufriedenheit vor allem durch Tragekomfort und Sehqualität bestimmt wird. Daneben sollte jeder Kontaktlinsenanpasser das Ziel haben, eine Sauerstoffunterversorgung zu vermeiden und schädliche Nebenwirkungen zu minimieren, um den Komfort zu erhöhen und die Drop-out-Rate zu reduzieren. Zu den Autoren: Dr. Karen French ist selbstständige Optometristin mit einer Privat- bzw. Krankenhauspraxis in Cambridgeshire, Großbritannien. Professor Lyndon Jones ist an der School of Optometry tätig und ist Associate Director am Centre for Contact Lens Research in Waterloo, Kanada. Literaturhinweise: Eine ausführliche Literaturliste ist per erhältlich unter: ulf.werner@laub-pr.com Dieser Beitrag ist erstmals in Silicone Hydrogels vom 19. September 2008 erschienen. Thomas Welker Beratungspsychologie in der Augenoptik Kommunikation, Methodik und Praxis kunden- und klienten zentrierter Gesprächsführung Format 160 x 230 mm, Softcover, 311 Seiten, viele Grafiken und unzählige Beispiele ISBN: ,00 inkl. ges. MwSt., zzgl. Porto u. Verpackung Postfach Heidelberg Tel: +49(0) Fax: +49(0) KONTAKTLINSE DOZ