KOMPETENZORIENTIERTE KONFLIKTBERATUNG IN KLEINEN UND MITTELSTÄNDISCHEN UNTERNEHMEN (KMU)

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1 KOMPETENZORIENTIERTE KONFLIKTBERATUNG IN KLEINEN UND MITTELSTÄNDISCHEN UNTERNEHMEN (KMU) Aufgrund der zunehmenden Globalisierung und des ständig steigenden Kostendrucks sowie der derzeitigen unsicheren Arbeitsplatzsituation kommen Konflikte immer häufiger vor. Autorin: Andrea Weitz, Wissenschaftliche Leiterin, Kompetenzzentrum der Fachhochschule des Mittelstands Bielefeld (FHM) Diese können in Teams und Abteilungen auftreten, zwischen Organisationseinheiten oder zwischen Organisation / Mitarbeiter und Kunden. Ein Konflikt entsteht in der Regel dann, wenn mindestens ein Beteiligter Unvereinbarkeiten empfindet. Diese Unvereinbarkeiten können sich im Denken, Vorstellen, Wahrnehmen, Fühlen oder Wollen zeigen. Dabei ist es unerheblich, ob die Gegenseite den Betreffenden willentlich oder unabsichtlich behindert. Alles Mögliche kann als Ursache für einen Konflikt dienen. Meist liegt diesem eine Unvereinbarkeit auf der Beziehungsebene zugrunde, auch wenn er auf der Sachebene ausgetragen wird. Die Menschen unterscheiden sich in der Regel darin, wie sie mit Konflikten umgehen, was u. a. auch von ihren Kompetenzen abhängt. Kompetenzorientierte Konfliktberatung der Hintergrund Um positive Effekte in Organisationen zu erzielen, ist es wichtig, zum einen an den Strukturen des Unternehmens (Organisationsentwicklung), zum anderen an den Kompetenzen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (Personalentwicklung) anzusetzen. Kompetenzen werden dabei von Erpenbeck und Heyse als Selbstorganisationsdispositionen definiert, also als Anlagen, Fähigkeiten, Bereitschaften zu einem selbstorganisierten Handeln. Die Fähigkeit, sich selbst zu organisieren, wird in Zukunft einen immer höheren Stellenwert nicht nur für Führungskräfte, sondern auch für Mitarbeiter einnehmen. Allerdings benötigen die Führungskräfte und Mitarbeitende dazu die entsprechenden Strukturen, die dieses selbstorganisierte Handeln erlauben

2 Grundsätzliche Anforderungen an Strukturen, die dies ermöglichen, sind: flache Hierarchieebenen; dezentrale Organisation; Projektgruppen (selbstorganisiert agierende Organisationseinheiten); Mitwirkungsmöglichkeiten der Mitarbeiter; interne und externe Vernetzung mit Kooperationspartnern. In Beratungsprojekten ist es daher zentral, die entsprechenden Organisationsstrukturen zu analysieren und ggf. gemeinsam mit der Geschäftsführung zu ändern. Die Personalentwicklung sollte idealerweise an den Potenzialen oder Kompetenzen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ansetzen. Um diese zu erfassen, kann z. B. das KODE -Verfahren von Heyse & Erpenbeck eingesetzt werden. KODE ist ein Analyseinstrument, das Kompetenzen besonders bei der Bewältigung von neuen, nicht routinemäßigen Aufgaben misst; Erkenntnisse der Selbstorganisationstheorie berücksichtigt; nicht bei der Kompetenzfeststellung stehen bleibt, sondern auch eine individuelle Kompetenzentwicklung anschließt; Personen, Teams und Organisationen unter einem gemeinsamen Blickwinkel zu analysieren und zu beraten erlaubt. Mit dem KODE werden vier Kompetenzdimensionen gemessen: 1. Personale Kompetenz (P); 2. Aktivitäts- und Handlungskompetenz (A); 3. Fach- und Methodenkompetenz (F); 4. Sozial-kommunikative Kompetenz (S). Das Zusammenspiel der Kompetenzbereiche wird sowohl unter günstigen Bedingungen also im Alltag als auch unter ungünstigen Bedingungen - also bei Schwierigkeiten - analysiert. Damit lässt sich dann die Stressmanagementstrategie einer Person ableiten. Da zu schwierigen Situationen auch Konflikte gehören, wird damit auch die Strategie zum Umgang mit Konflikten einer Person deutlich. Je nach Verteilung der Kompetenzen, also welche Kompetenzfelder hoch bzw. niedrig ausgeprägt sind, bestimmt sich auch, wie stark konfliktauslösend eine Person wahrscheinlich agieren wird. So hat sich in der Beratungspraxis gezeigt, dass die Kombination Sehr hohe bis übertriebene Fach- und Methodenkompetenz, hohe Aktivitäts- und Handlungskompetenz und schwache sozial-kommunikative Kompetenz stark konfliktauslösend wirkt, insbesondere dann, wenn diese Menschen auf ein Gegen

3 über mit dem Profil hohe sozial-kommunikative Kompetenz treffen. Diese haben in der Regel ein hohes Bedürfnis nach Harmonie und einer damit einhergehenden freundlichen Ansprache, die Menschen mit einer schwachen sozial-kommunikativen Kompetenz in der Regel nicht leisten. Sie denken meist gar nicht über eine positive Beziehungsgestaltung nach, sondern konzentrieren sich auf das perfekte Erledigen ihrer Aufgaben. Kommt dann noch eine hohe Aktivitäts- und Handlungskompetenz hinzu, so wirken sie zudem schnell dominant auf andere und setzen diese Typen womöglich stark unter Druck: alles Eigenschaften, die Menschen mit einer hohen sozial-kommunikativen Kompetenz ablehnen. Damit treffen hier zwei Menschen aufeinander, die auf unterschiedlichen Ebenen kommunizieren (Sach- vs. Beziehungsebene), so dass es zu massiven Kommunikationskonflikten kommen kann. Abb. 1: Die vier Kompetenzdimensionen des KODE -Verfahrens Weiterhin kann es problematisch werden, wenn zwei Personen mit der gleichen Kombination Sehr hohe bis übertriebene Fach- und Methodenkompetenz, hohe Aktivitäts- und Handlungskompetenz und schwache sozial-kommunikative Kompetenz aufeinander treffen. Beide haben nämlich voraussichtlich einen hohen Machtanspruch und wollen das, was ihrer Meinung nach sachlich richtig ist, durchsetzen. Driftet die fachliche Meinung der beiden auseinander, kann es schnell zum Kleinkrieg kommen. Beide werden dann schnell zu Konkurrenten, die sich gegenseitig bekämpfen (Konkurrenzkonflikt). Abgesehen von Kompetenzprofilen, also von Aspekten, die in den Personen selbst begründet sind, kann es natürlich auch durch bestimmte äußere Konstellationen zu Konflikten kommen

4 Dies sind insbesondere Konkurrenzsituationen: wenn z. B. nur ein Mitarbeiter gefördert wird und die anderen nicht; wenn der Chef nur noch Vier-Augen-Gespräche führt und nicht mehr mit dem Team als Ganzes spricht (Teile- und Herrsche- Konflikt); wenn sich Untergruppen im Team bilden, die unterschiedliche Ziele verfolgen; wenn Abteilungen unterschiedliche Ziele verfolgen (Abteilungsegoismen). Praxisbeispiel Kompetenzentwicklung und Konfliktberatung im Team Es ist ein kleines Unternehmen mit ca. 30 Mitarbeitenden beraten worden, das Spezialanfertigungen für die Möbelindustrie herstellt. Dazu gehören z. B. Türen, Griffe, Schubladenboxen, Beschläge. Im letzten Jahr sind im Unternehmen mehrere Veränderungen eingeführt worden. Insbesondere hat sich die Organisationsstruktur etwas geändert, indem die Stelle eines Assistenten der Geschäftsführung eingerichtet worden ist. Mit dieser neuen Strukturierung sind verschiedene Schwierigkeiten aufgetaucht. Dabei scheint die Aufgabenverteilung und Zuständigkeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht ausreichend geklärt zu sein. Dadurch ist es zu Schwierigkeiten in der Kommunikation gekommen. Nach Angaben der Mitarbeitenden gab es zu wenig Abstimmungsprozesse. Aktuell besteht ein hohes Konfliktpotenzial unter den Verwaltungsmitarbeitenden aufgrund von Kommunikations- und Akzeptanzproblemen. Insbesondere wird der beförderte Mitarbeiter misstrauisch beäugt. Eine Mitarbeiterbefragung hat zudem ergeben, dass den Mitarbeitenden zu wenig Eigenverantwortlichkeit zugestanden wird und die vorhandenen Strukturen von der Geschäftsführung kaum eingehalten werden

5 Ziel der Beratung Ziel der Beratung war es, die Zusammenarbeit innerhalb der Verwaltung zu optimieren, indem eine Rollen- und Aufgabenklärung erfolgen sollte und das Kommunikationsverhalten verbessert wird. Dabei sollten auch Verantwortlichkeiten verbindlich festgelegt und geregelt werden sowie Strukturen geklärt und eingehalten werden. Weiterhin sollte die Performance bei der Aufgabenbearbeitung optimiert und ggf. sollten Prozesse neu strukturiert und die Konfliktpotenziale geklärt werden. Da es sich bei den oben beschriebenen Prozessen um elementare unternehmerische Angelegenheiten handelte und die Geschäftsführung Teil des Problems war, war es unerlässlich, diese mit ins Boot zu holen. Sie besteht aus zwei Geschäftsführern. Um die Ziele umzusetzen, wurde eine kompetenzorientierte Beratung durchgeführt (s. o.). Teilgenommen haben neben den beiden Geschäftsführern der Assistent der Geschäftsführung sowie fünf Verwaltungsmitarbeitende. Beratungsprozess Zunächst durchliefen die Verwaltungsmitarbeitenden die Kompetenzdiagnostik mit KODE. Der Assistent der Geschäftsführung und auch die Geschäftsführer selbst hatten diese bereits in einem vorherigen Prozess durchlaufen. Jeder Teilnehmer erhielt ein ausführliches Gutachten zu Stärken und Schwächen, das zudem in einem detaillierten Auswertungsgespräch reflektiert worden ist. Daraus ließen sich Ableitungen treffen, für welche Aufgaben im Team welche Person geeignet wäre. Insbesondere erlaubt es das Verfahren, sich mit potenziellen Teamrollen auseinanderzusetzen, die mit den zu übernehmenden Aufgaben optimal verknüpft werden können. Auf diese Weise sollte die Identität der Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Team genauer definiert und Zuständigkeiten geklärt werden. Hierbei zeigte sich, dass die Mitarbeitenden im Team recht ähnliche Profile hatten. Am häufigsten legten die Kompetenzprofile die Rolle des Fachlichen Vermittlers nahe, der Projekte managen können müsste, über Folgebewusstsein und Lehrfähigkeit verfügen wird und wahrscheinlich die fachliche Anerkennung sucht. Häufig sind Personen mit diesem Kompetenzcluster zudem sprachgewandt, zeigen Verständigungsbereitschaft und strahlen Pflichtgefühl und Gewissenhaftigkeit aus

6 Grundsätzlich waren die Aufgaben dieser Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch relativ klar voneinander abgegrenzt. Allerdings schien das Bedürfnis nach fachlicher Anerkennung nicht ausreichend befriedigt zu werden. Durch einen Austausch untereinander - die Stärken der Teammitglieder wurden im Team besprochen - wurde die gegenseitige Wertschätzung und Akzeptanz gesteigert. Weiterhin wurde deutlich, dass der Konflikt vor allem zwischen einer Mitarbeiterin, die als Büroleiterin fungierte, und dem neuen Assistenten der Geschäftsführung bestand. Beide wiesen ähnliche Kompetenzprofile auf, die jeweils einen hohen Ehrgeiz und unter Stress die Gefahr von zu wenig Taktgefühl nahe legten. So kam es, dass sich zum einen aufgrund dieser Konstellation und zum anderen durch die Tatsache des Aufstiegs des Mitarbeiters zum Assistenten der Geschäftsführung ein Konkurrenzkonflikt entwickelt hatte. Hier waren die Zuständigkeiten also wer für welchen Bereich verantwortlich ist gar nicht geklärt. Mit beiden wurde ebenfalls auf der Basis gegenseitiger Wertschätzung für die Stärken des anderen und zudem am Kommunikationsverhalten gearbeitet. Beide machten sich zudem Gedanken, welche Aufgabenteilung sinnvoll sein könnte. Die Abstimmung mit der Geschäftsleitung hierzu erfolgte im weiteren Teamberatungsprozess. Ein wichtiger Punkt, der auch von allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern genannt worden ist, war, dass Prozesse im Unternehmen nicht optimal laufen und Verantwortlichkeiten nicht eindeutig geklärt seien. Diese Aspekte sind in einem Teamgespräch zusammen mit den beiden Geschäftsführern zur Sprache gekommen, bei dem die Mitarbeitenden Optimierungsvorschläge machten. Von Seiten der Geschäftsführung sind diese Vorschläge aufgenommen und kommentiert worden. Beide Geschäftsführer formulierten zudem ihre Erwartungen an die Mitarbeitenden, wobei sie den Fokus auf eine Steigerung der Flexibilität legten. Am Ende des Beratungstages ist ein Grobkonzept zur Aufgabenverteilung und zur Prozessoptimierung erarbeitet worden. Dieses wurde dann von den Mitarbeitenden ausdifferenziert. Auf dieser Basis sind im weiteren Verlauf des Projektes von den Geschäftsführern Tätigkeitsprofile bzw. Arbeitsplatzbeschreibungen erstellt worden um Aufgaben verbindlich festzulegen und Zuständigkeiten zu klären. Da es bisher keine systematische Besprechungskultur im Unternehmen gab, ist eine große Teamsitzung, gemeinsam mit mindestens einem Geschäftsführer, einmal im Monat eingeführt worden, damit der Austausch,

7 der im Projekt angeregt worden ist, weiter geführt werden kann. Jeder Mitarbeitende und auch die Geschäftsführer haben sich dazu Gedanken gemacht, wie ihr Kommunikationsverhalten optimiert werden kann. Die Büroleiterin, die das Profil der Begeisterin und Koordinatorin innehat, und damit offen für Veränderungen sein sollte, sich selbst und andere gut managen können müsste und auch Gestaltungswillen mitbringen sollte, erhielt die Aufgabe, darauf zu achten, dass die neu eingeführte Besprechungskultur beibehalten wird. Evaluation Eine Evaluation am Ende des Projektes, die mittels eines Kurzfragebogens durchgeführt worden ist, zeigte, dass die Mitarbeitenden zufriedener geworden sind und mit mehr Motivation arbeiten als vor dem Projekt. Insgesamt wurde die Prozessoptimierung sowohl von den Geschäftsführern als auch von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern positiv eingeschätzt. Insbesondere die regelmäßigen Besprechungen werden nun genutzt, um Probleme frühzeitig anzusprechen. Allerdings herrscht eine gewisse Skepsis, ob die Besprechungskultur auf Dauer konsequent beibehalten wird

8 Möglichkeiten der Förderung für kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) durch das Land Nordrhein-Westfalen (NRW) Um kleine und mittelständische Betriebe und ihre Beschäftigten bei neuen Herausforderungen zu unterstützen, hat das Land NRW Mittel aus dem Europäischen Sozialfonds zur Verfügung gestellt, die z. B. im Rahmen einer Potenzialberatung beantragt werden können. In NRW nutzen ca Betriebe pro Jahr die Möglichkeiten der Potenzialberatung. Dabei hat man festgestellt, dass in diesen Betrieben überdurchschnittlich viele Arbeitsplätze entstehen. Auch das beschriebene Praxisbeispiel ist im Rahmen einer Potenzialberatung abgewickelt worden. Seit 2009 ist die Beantragung dieser Beratungsform vereinfacht worden: Die Betriebe müssen nun keinen ausführlichen Antrag mehr stellen, sondern können sich in einer Beratungsstelle in NRW einen Beratungsscheck ausstellen lassen und dann sofort mit der Potenzialberatung beginnen. Nach Beendigung der Beratung kann dann mit diesem Beratungsscheck die Förderung beantragt werden. Auch die Zeitspanne, in der die Beratung erfolgen muss, ist ausgeweitet worden: Musste die Beratung früher innerhalb von fünf Monaten nach Antragstellung abgewickelt worden sein, so kann sie nun über 15 Monate und in zwei Schritten ausgedehnt werden. Das bedeutet, dass z. B. zunächst eine spezielle Problematik angegangen werden kann und dann in einem zweiten Schritt damit zusammenhängende Aufgaben in Angriff genommen werden können. Wichtig ist, dass die Beratung maximal 15 Tage dauert. Pro Tag werden 50 Prozent der Kosten vom Land NRW übernommen, wobei die Maximalgrenze bei 500 Euro pro Tag liegt. Es können also insgesamt maximal Euro Fördermittel beantragt werden. Die Potenzialberatung setzt auf Teamarbeit und schließt immer die Beteiligung der Beschäftigten mit ein. Fördervoraussetzungen Grundsätzlich können Unternehmen mit max. 250 Beschäftigten eine Potenzialberatung in Anspruch nehmen, wenn sie schon mindestens fünf Jahre existieren. Dabei erhalten kleine Unternehmen (bis 49 Beschäftigte) maximal drei bis zehn Beratertage und mittlere Unternehmen (ab 50 Beschäftigte) höchstens drei bis 15 Beratertage