Schmelzenthalpie - Kristallisationswärme
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- Evagret Schmid
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Transkript
1 Schmelzenthalpie - Kristallisationswärme Dipl.-Ing. Philipp Wiesauer 1. Voraussetzungen Für die Durchführung dieses Übungsbeispiels sind folgende theoretische Grundlagen erforderlich: a. Kenntnis der Gesetzmäßigkeiten von Transportprozessen; insbesondere des Wärmetransports b. Grundlagen des Wärmeübergangs zwischen zwei Medien, die durch eine feste Wand getrennt sind c. Begriffe wie Wärmeleitung, -übergang und -durchgang und Konvektion, Latentwärme, Kristallisation. 2. Zielsetzung Im Rahmen der Übung SKR-Schmelzwärme soll anhand von praktischen Versuchen mit einem Latentwärmespeicher-Modul in Form eines Kristallisators der Wärmetransport in den Speicher und aus dem Speicher gemessen werden, genau genommen die Wärmebilanz erstellt werden. Im Mittelpunkt der Betrachtungen stehen die Messungen und Berechnungen des Wärmestroms, der Lade- und Entladezeit und des Ausnutzungsgrades des Speicherinhalts. Dieser wird über die Wärmebilanz ermittelt. In einem Laborversuch sind im Vorhinein das Schmelz- und Kristallisationsverhalten des im Speichermodul verwendeten Stoffes bei einer bestimmten Schichtdicke und mit einer bestimmten Menge Kristallkeime zu ermitteln. 3. Einleitung Als latente Wärme ( latent lat. für verborgen ) bezeichnet man die bei einem Phasenübergang erster Ordnung aufgenommene oder abgegebene Energiemenge (Wärme). Latent heißt sie deshalb, weil sich dabei die Temperatur nicht ändert. Dagegen heißt die für eine Temperaturerhöhung aufgebrachte Energiemenge sensible Wärme. Ein Latentwärmespeicher ist eine Einrichtung, die thermische Energie verborgen, verlustarm, mit vielen Wiederholzyklen und über lange Zeit speichern kann. Man nutzt dazu sogenannte phase change materials (PCM, Phasenwechselmaterialien ), deren latente Schmelzwärme, Lösungswärme oder Absorptionswärme wesentlich größer ist als die Wärme, die sie aufgrund ihrer normalen spezifischen Wärmekapazität (ohne den Phasenumwandlungseffekt) speichern können. Institut für Verfahrenstechnik 1 SKR Anleitung
2 Beispiele sind Wärmekissen, Kühlakkus oder mit Paraffin gefüllte Speicherelemente in den Tanks von solarthermischen Anlagen. Der Vorteil dieser Wärmespeichertechnik beruht darauf, in einem kleinen durch die Schmelztemperatur des eingesetzten Speichermaterials festgelegten Temperaturbereich viel Wärmeenergie in relativ wenig Masse zu speichern. Beim bloßen Erwärmen des Mediums wird dagegen ein größerer Temperaturbereich benötigt, um vergleichbare Wärmemengen zu speichern. 3.1 Spezialfall: Schmelzenthalpie Schmelzwärme bzw. Schmelzenthalpie bezeichnet die Energie, die benötigt wird, um einen Stoff von dem festen in den flüssigen Aggregatzustand zu überführen. Dabei werden Bindungskräfte zwischen Molekülen bzw. Atomen überwunden, ohne deren kinetische Energie und damit ihre Temperatur zu erhöhen. Die Schmelzwärme wird in Einheiten der Energie (im SI: Joule) gemessen. Sie ist gleich groß wie die Erstarrungswärme, die freigesetzt wird, wenn eine Flüssigkeit in den festen Aggregatzustand übergeht. Die spezifische Schmelzwärme bezeichnet die Menge Energie, die zum Schmelzen eines Stoffes benötigt wird, bezogen auf die Masse (Einheit Joule/Kilogramm). 3.2 Natriumsulfat - Decahydrat Das wasserfreie Natriumsulfat schmilzt bei 888 C, ist hygroskopisch und gut in Wasser unter Erwärmung (Lösungswärme) löslich. Dagegen löst sich das Dekahydrat unter starker Abkühlung, bedingt durch den sogenannten Entropie- Effekt. Das Kristallwasser verlässt ab etwa 32 C den Kristallverband, wodurch es scheint, als schmelze das Natriumsulfat, tatsächlich löst es sich aber im frei gewordenen Wasser. Aus dieser an wasserfreiem Natriumsulfat übersättigten Lösung scheidet sich das wasserfreie Salz ab. Das Natriumsulfat-Dekahydrat (Glaubersalz) wird als Abführmittel (Vorsicht im Umgang!) und als Latentwärmespeichermaterial verwendet. Institut für Verfahrenstechnik 2 SKR Anleitung
3 4. Aufgabenstellung 1. Für alle durchgeführten Messungen wird der Massenfluss an Wärmeträger, sowie dessen Ein- und Auslauftemperatur aufgezeichnet. 2. Berechnung der Wärmemenge beim Schmelzen und beim Kristallisieren. 3. Ermitteln der Dauer eines Lade- und Entladezyklus, Vergleich der Wärmeflüsse im Lade- und Entladebetrieb. 4. Der Wärmefluss durch die Wand in Abhängigkeit des Mess-Zeitpunkts ist graphisch darzustellen und zu diskutieren. 5. Eine Energiebilanz jedes Lade- und Entladevorgangs ist aufzustellen. 6. Vergleichen Sie die Menge an Natriumsulfat mit der gespeicherten bzw. freigesetzten Energie! 7. Im Labor-Vorversuch wird die Dauer des Schmelzens und Kristallisierens bei einer bestimmten Schichtdicke bestimmt. Institut für Verfahrenstechnik 3 SKR Anleitung
4 5. Versuchsdurchführung 5.1 Kristallisator In einem Labor-Kristallisator mit Leitrohr und Doppelmantel-Heizung und Kühlung wird eine wässrige Suspension aus Natriumsulfat-Kristallen umgewälzt. Durch Wärmeeintrag werden diese bei 32,4 C geschmolzen und entsprechend durch Kühlen wieder auskristallisiert. Zum Beheizen steht ein Laborthermostat mit 1,1 kw Heizleistung zur Verfügung; zum Kühlen wird Leitungswasser mit C verwendet. 5.2 Beschreibung der Anlage Die Versuchsanlage befindet sich im Labor des IVT und sieht folgendermaßen aus: Abb.2: Verfahrensfließbild der Versuchsanlage Für die Messungen wird das Kristallisat mit einer Rührerdrehzahl von ca. 800 min -1 umgewälzt. Abmessungen der Versuchsanlage: Leitrohr Kristallisator Mantel Höhe 300 mm 500 mm 500 mm D(innen) 70 mm 100 mm 120 mm D(aussen) 80 mm 110 mm 130 mm D(Rührer) 60 mm S(Rührer) 0,15 Institut für Verfahrenstechnik 4 SKR Anleitung
5 5.3 Durchführung der Messungen Zur Vorbereitung der Versuche werden die Betriebsbedingungen an den Stellgliedern gemeinsam mit dem Betreuer besprochen. Es werden zwei Zyklen gefahren, die Parameter Kühlmediumstrom/ Heizmediumsstrom können von den jeweiligen PraktikumsteilnehmerInnen weitgehend frei gewählt werden. Für die Versuchseinstellung sind die Volumenströme direkt am Wärmezähler ablesbar, die Temperaturen der Medienströme werden mittels Pt100- Widerstandsthermometern ebenso am Wärmezähler abgelesen. Es sollten bei der Übernahme von Messwerten für die erforderlichen Berechnungen darauf geachtet werden, dass die Messwerte in entsprechenden Zeitabständen (z.b. 5 min) herangezogen werden. Die Beendigung des Versuches ist dem Betreuer zu melden. Weiters wird dem Betreuer das Excel-File des Versuches mit den aufgenommenen Messwerten aus dem Modul zur Verfügung gestellt. Dieses dient zur Kontrolle des Protokolls und zur Datenauswertung / Weiterverwendung. Werden weitere Angaben benötigt, sind diese aus dem VDI-Wärmeatlas oder aus Literaturstellen zu beziehen. 5.4 Laborversuch Die Versuchsanlage sieht folgendermaßen aus: Die PCM-Schichtdicke in der Schwimmscheibe wird eingestellt (z.b. 15 mm) und das Wasserbad wird vorgeheizt. Die Schwimmschebe wird nach Erreichen der Solltemperatur eingehängt und die Zeit zum Aufschmelzen wird gemessen. Danach wird das Wasserbad abgekühlt und die Zeit zum Kühlen/vollständigen Kristallisieren wird gemessen. Institut für Verfahrenstechnik 5 SKR Anleitung
6 5.5 Versuchsauswertung Bestimmung des Wärmestroms und Wärmemenge Der Wärmestrom Q & ist mit Hilfe von Gleichung (1) zu bestimmen: Q & = M & c T T ) (1) p ( ein aus Durch Aufsummieren aller einzelnen Wärmeströme erhält man die Gesamt- Wärmemenge (2): Q = Σ Q& i t ) (2) ( i Die Gesamt-Wärmemenge entspricht der sensiblen Wärme plus der Umwandlungswärme (3): Q ges = m c T. + H m (3) ges p sens s ges Zum Berechnen des bereits geschmolzenen oder kristallisierten Anteils wird die Wärme herangezogen, die effektiv als Umwandlungswärme zur Verfügung steht (4): ( Qin Qsens. ) f [%] = / mges 100 (4) H s Dieser Anteil wird gegen den Temperaturverlauf im Kristallisator aufgetragen. So wird die Umwandlungswärme, die Schmelz- und Kristallisationsdauer und die zu erreichende Leistung ermittelt. Der Wärmetransport wird durch den Wärmeübergang vom Fluid im Doppelmantel auf die Wärmeaustauschfläche, durch die Wärmeleitung in der Wand und durch den Wärmeübergang von der Wand auf das Fluid im Kristallisator begrenzt. Die mittlere logarithmische Temperaturdifferenz T ist durch Gleichung (5) m, lg gegeben und kann aus den größten und kleinsten Temperaturdifferenzen ( T gr und T kl ) zwischen den Medien berechnet werden. Tgr Tkl ( T1, aus T2, ein ) ( T2, 1, ) 2 aus T ein Tm,lg = = (5) Tgr ( T1, aus T2, ein ) ln ln T ( T T ) kl Als Wärmeübergangsfläche F ist die Außenfläche F a des Wärmeaustauschrohrs einzusetzen, d. h. der Wärmedurchgangskoeffizient k exp ist auf diese Fläche zu beziehen. Q& = k F 2, aus T m,log 1, ein Institut für Verfahrenstechnik 6 SKR Anleitung
7 Das anzufertigende Protokoll sollte folgende oder eine ähnliche Gliederung enthalten: 1. Aufgabenstellung 2. Theoretische Grundlagen / Berechnungen 3. Experimentelle Durchführung 4. Darstellung der Ergebnisse 5. Diskussion der Ergebnisse / Zusammenfassung 6. Anhang (Messwerte / ermittelte Daten) Protokollabgabe bis spätestens eine Woche nach praktischer Durchführung!!! Formelzeichen λ [W/mK] Wärmeleitfähigkeit bei mittlerer Flüssigkeitstemperatur ρ [kg/m 3 ] Dichte bei mittlerer Flüssigkeitstemperatur α [W/m 2 K] Wärmeübergangskoeffizient k [W/m 2 K] Wärmedurchgangskoeffizient c p [J/kg K] spezifische Wärmekapazität ν [m 2 /s] kinematische Viskosität L [m] kennzeichnende Abmessung des Systems Q & [W] Wärmestrom Q [J] Wärmemenge F [m 2 ] Wärmeübertragungsfläche T [K] Temperaturdifferenz T m,lg [K] mittlere logarithmischetemperaturdifferenz T w [K] Wandtemperatur Literatur [1] Vorlesungsskriptum Verfahrenstechnik 1 WS 2010/11, Institut für Verfahrenstechnik, Universität Linz, Stoff- und Wärmetransport S 25ff. [3] VDI-Wärmeatlas: Berechnungsblätter für den Wärmeübergang, 8. Aufl., Springer Verlag, Berlin 1997, Wärmerohre MI1 bis Mi8 [4] Vauk Müller, Grundoperationen chemischer Verfahrenstechnik, 9. Auflage, Kapitel 6 Vereinigen der Stoffe, Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie, Leipzig [5] Ullmanns Enzyklopädie der Technischen Chemie, Bd. 1 u. Bd. 2, Verlag Chemie, Weinheim Institut für Verfahrenstechnik 7 SKR Anleitung
--WAT-- WÄRMESPEICHER MITTELS LATENTWÄRME
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