Position. Gewerbesteuer: Irrweg Hinzurechnung. Stand: April
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- Sarah Bachmeier
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1 Position Gewerbesteuer: Irrweg Hinzurechnung Stand: April
2 vbw März 2014 Vorwort X Vorwort Irrweg Hinzurechnung Gewinnsteuern beteiligen den Staat am Erfolg von Unternehmen und stellen die Erfolgsvoraussetzungen nicht in Frage. Dazu müssen sich Gewinnsteuern zuverlässig am Ertrag des Unternehmens orientieren. Die gewerbesteuerliche Hinzurechnung verletzt diesen Grundsatz und besteuert Finanzierungskosten. Begründet wird das mit hoch komplexen Argumenten um Wert und Wirkung von Fremdkapitalfinanzierungen. Das problematische Ergebnis lässt sich am besten über Beispiele darstellen: Ein Unternehmer zahlt Zinsen an seine Stadtsparkasse, die Stadt erhebt von ihm auf die gleichen Zinsen Gewerbesteuer. Ein Kaufmann mietet ein Geschäft, der ortsansässige Besitzer versteuert die Mieteinnahmen ordentlich; der Kaufmann zahlt auf denselben Betrag, die von ihm gezahlte Miete, über die Hinzurechnung auch noch Gewerbesteuer. Ein Reiseveranstalter vermittelt Hotelzimmer in Südamerika, seine deutsche Heimatstadt verlangt von ihm auf die Zimmermieten, die er als Kosten an den Urlauber durchreicht, Gewerbesteuer. Solche Doppelbelastungen widersprechen jeglicher Vernunft. Die Hinzurechnung in der Gewerbesteuer richtet sich gegen Fremdkapitalfinanzierungen. Sie lässt unberücksichtigt, dass diese Finanzierungsformen in unseren Unternehmen vielfach Geschäfte erst möglich machen und Kapital und Kapazitäten für Investitionen im Kerngeschäft freihalten. Wir brauchen effiziente Fremdkapitalfinanzierungen um in einer arbeitsteiligen Gesellschaft optimal zusammenzuarbeiten, vielfach aber auch, um Know-how, etwa im internationalen Geschäft, nicht durch Verkauf endgültig aus der Hand geben zu müssen. Durch die Hinzurechnung in der Gewerbesteuer wird die Wirtschaft unangemessen belastet. Das Niveau der Unternehmensbesteuerung wird ohne Rücksicht auf den Ertrag nach oben getrieben. Besonders stark wirkt sich das ausgerechnet in gewinnschwachen Zeiten aus. Dazu kommt für den Umgang mit den Hinzuwendungsvorschriften ein teils absurder bürokratischer Aufwand. Die Hinzurechnung in der Gewerbesteuer muss deshalb abgeschafft werden. Bertram Brossardt 03. April 2014
3 Inhalt X Inhalt 1 Probleme um die Hinzurechnung Der Hinzurechnung fehlt die systematische Grundlage Belastung durch gewerbesteuerliche Hinzurechnung Hinzurechnung und Doppelbesteuerung Fremdkapitalabhängigkeit von Unternehmen Lenkungswirkung der Hinzurechnung Fehlende Internationalität Verwandtschaft von Gewerbe- und Körperschaftsteuer Abhilfemöglichkeiten Stundung / Erlass Engere Hinzurechnungsvorschriften Abschaffung der Hinzurechnung, Kompensation durch Steuererhöhung Wertung und Position der vbw Ansprechpartner / Impressum... 11
4 Probleme um die Hinzurechnung 2 1 Probleme um die Hinzurechnung Systematisch und wirtschaftlich eine Fehlkonstruktion Mit der Unternehmensteuerreform 2008 wurden die Hinzurechnungen deutlich ausgeweitet. Dadurch ist der Bürokratieaufwand für die korrekte Ermittlung der Hinzurechnungen deutlich gestiegen. Diese Belastung trifft Kapitalgesellschaften, Personenunternehmen und Einzelkaufleute in gleichem Maß. Ertragsteuern auf Ausgaben die Logik, der eine solche Belastung folgt, entzieht sich dem gesunden Menschenverstand. Eine nähere Überprüfung auf verschiedenen steuerfachlich wichtigen Feldern bestätigt dieses Urteil. Die Argumente, mit denen die gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Fremdkapital- Finanzierungskosten verteidigt wird, halten einer näheren Prüfung nicht stand. Die Hinzurechnung muss abgeschafft werden. 1.1 Der Hinzurechnung fehlt die systematische Grundlage Bis zur Unternehmensteuerreform 2008 war die Gewerbesteuer bezüglich der gewinnunabhängigen Elemente eine Realsteuer. Herausragendes Merkmal einer Realsteuer ist, dass sie als Betriebsausgabe abgezogen werden kann. Für die heutige Gewerbesteuer gilt das nicht. Damit fehlt der Hinzurechnung von Fremdkapitalfinanzierungskosten der systematische Unterbau. Die Wirtschaftskraft eines Unternehmens wird durch den Abfluss von Zinsen, Mieten, Pachten, Lizenzgebühren etc. gemindert. Trotzdem werden diese Ausgaben für die Gewerbesteuer anteilig dem Ertrag zugerechnet und versteuert. Das verteuert alle Investitionen, für die ein Unternehmen auf Fremdkapital angewiesen ist und wirkt damit als Investitionsbremse. Es behindert die vielfach etwa über Leasing- und Lizenzvereinbarungen abgewickelte Arbeitsteilung in unserer von Spezialkompetenzen geprägten Wirtschaftsordnung und wirkt damit als Effizienzbremse. Zusammengenommen wird daraus ein Wettbewerbs- und Wachstumshemmnis für unsere Unternehmen. 1.2 Belastung durch gewerbesteuerliche Hinzurechnung Zu der tariflichen Belastung durch die Gewerbesteuer, die je nach Standort stark divergiert, sind Zusatzbelastungen aus der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung zu addieren. Abhängig vom lokalen Hebesatz belasten auch die Hinzurechnungen Unternehmen unterschiedlich stark. Hinzugerechnet werden vom Gesetzgeber pauschal festgelegte Finanzierungsanteile aus unterschiedlichen Fremdkapitalpositionen (Zinsen, Mieten, Lizenzen etc.). Von dem so ermittelten Betrag werden jeweils 25 Prozent hinzugerechnet. Auf dieser
5 Probleme um die Hinzurechnung 3 Grundlage lässt sich errechnen, zu welchem Prozentsatz auf die jeweilige Finanzierungsposition Zins, Miete etc. tatsächlich Gewerbesteuer zu zahlen ist. Die folgende Tabelle zeigt die Positionen, die Rechenschritte und die resultierende Belastung im Einzelnen auf: Tabelle 1 Hinzurechnung in der Gewerbesteuer Fremdkapitalposition Zinsen, Renten, dauernde Lasten, Gewinnanteile stiller Gesellschafter Entgelte für die Überlassung von Lizenzen und Konzessionen etc. Mieten, Pachten, Leasingraten: bewegliche Wirtschaftsgüter Mieten, Pachten, Leasingraten: unbewegliche Wirtschaftsgüter Pauschal angenommener Finanzierungsanteil 100 % Zu versteuernder Teil des Finanzierungsanteils 25 Prozent Daraus errechnete Gewerbesteuerlast auf die Fremdkapitalkosten bei Hebesatz 423* 3,87 % 25 % 0,97 % 20 % 0,77 % 50 % 1,93 % * deutschlandweit durchschnittlicher Hebesatz 2012 in den als Standorte wichtigen Kommunen mit mehr als Einwohnern ist der Durchschnittshebesatz nochmals gestiegen, abschließende Zahlen stehen noch aus. Diese Aufstellung zeigt: Die absolute Last aus der Hinzurechnung hängt nicht nur vom Gewerbesteuer-Hebesatz, sondern darüber hinaus sowohl von der Höhe wie von der Struktur der Fremdkapitalabhängigkeit des Unternehmens ab. Nachdem es um ertragsunabhängige Lasten geht, kommt die Belastung im Verhältnis zum Gewinn in gewinnstarken Zeiten relativ schwach, in gewinnschwachen Zeiten stark zur Geltung. Personenunternehmen können die Last bei gewissen Einschränkungen mit der Einkommensteuer verrechnen. Auch das geht natürlich nur in ertragsstarken Jahren, in denen Einkommensteuer anfällt.
6 Probleme um die Hinzurechnung 4 Auf dieser Basis errechnet sich folgender Sachstand: Die effektive Besteuerung einbehaltener Gewinne für alle mittleren und größeren Unternehmen mit einer gesunden Eigenkapitalquote von 30 bis 40 Prozent liegt mittlerweile im Schnitt spürbar über 30 Prozent. Das führt in Belastungsbereiche, die nach aktueller wissenschaftlicher Erkenntnis zu steuerlich bedingten Verlagerungsüberlegungen veranlassen. In gewinnschwachen Zeiten können Unternehmen durch die Hinzurechnung von Fremdkapitalfinanzierungskosten steuerlich außerordentlich hoch belastet werden. Auch im Verlustfall sind sie gewerbesteuerpflichtig. Die Höherbelastung schlägt auch auf die Kapitalgeber der Unternehmen deutlich durch und führt dort zu Steuerquoten teils weit oberhalb des im Einkommensteuerrecht mit der Reichensteuer vorgesehenen Spitzensteuersatzes von 47,5 Prozent. In Einzeljahren schwerwiegende Belastungen aus Hinzurechnungen können sich über die Jahre gesehen relativieren falls nicht im Verhältnis zum Gewinn dauerhaft hohe Fremdkapitalabhängigkeiten bestehen. Damit muss nicht jede punktuell harte Belastung zum Existenzproblem werden. Trotzdem wird die Liquidität bzw. die Bilanz betroffener Unternehmen auch in diesen Fällen nachhaltig belastet, ohne dass dem an anderer Stelle ein ordnungspolitischer Vorteil gegenübersteht. 1.3 Hinzurechnung und Doppelbesteuerung Zudem führt die Hinzurechnung systematisch zu Doppelbesteuerung. Denn mit ihr greift die Besteuerung einmal beim Abfluss aus dem fremdfinanzierten Unternehmen, ein andermal dort, wo die Fremdkapitalfinanzierungskosten beim Finanzierenden zu Gewinn werden. In Konzernen wird aus wirtschaftlichen Gründen häufig ein Finanzierungspool gebildet. Der Poolträger übernimmt die Finanzierung nach außen und kann damit am Kapitalmarkt günstige Konditionen realisieren. Die Fremdkapitalbedürfnisse der einzelnen Konzerngesellschaften die sich am Kapitalmarkt unter Umständen überhaupt nicht einzeln unterbringen ließen werden vom Poolträger abgedeckt. Im Zusammenhang mit der Gewerbesteuer ergeben sich daraus betriebswirtschaftlich belastende Probleme: Die Hinzurechnung findet (mindestens) zweimal statt: für die Zinsen, die der Poolträger an den Kapitalgeber leistet, und für den Zinsfluss zwischen finanzierter Unternehmenstochter und Poolträger. Die Steuern auf die Zinsen, die an den Kapitalgeber gezahlt werden, können nicht angemessen auf die finanzierten Konzerntöchter umgelegt werden. Das verzerrt die Ergebnisabbildung der einzelnen Konzerngesellschaften und erschwert die zielorientierte Steuerung des Konzerns insgesamt.
7 Probleme um die Hinzurechnung 5 Die in solchen konzerninternen Finanzierungspools erwirtschafteten Margen sind niedrig. Die Hinzurechnung frisst sie weitgehend auf. Das macht es in Deutschland unattraktiv, als Instrument der konzerninternen Finanzierung effiziente Pools in Deutschland aufzusetzen. 1.4 Fremdkapitalabhängigkeit von Unternehmen Die Gründe für Fremdkapitalbedarf sind vielfältig. In vielen Fällen sind Unternehmen wirtschaftlich nicht in der Lage, ihren Fremdkapitalbedarf durch Eigenkapital zu ersetzen. Einige Beispiele sind: Gründerunternehmen, denen Kapital zum Erwerb von Anlagevermögen fehlt; Fälle, in denen der Mieter einer für sein Geschäft notwendigen Immobilie diese nicht kaufen kann, da der Eigentümer dem nicht zustimmt; die gegenüber Eigentum höhere Flexibilität und Sicherheit von Leasinglösungen etwa für Maschinen und Fahrzeuge; die Abhängigkeit von Lizenzen (Lizenzproduktion aller Art; besonders augenscheinlich Verlagshäuser); Betriebsaufspaltungen etwa im Zuge eines Generationenwechsels (Altersvorsorge: ältere Generation behält Immobilie als Altersvorsorge, jüngere Generation übernimmt den Betrieb in angemieteten Räumen; Aufteilung: ein Kind erhält die Immobilien, das andere unternehmerisch geeignete den Betrieb); bankenseitig verlangte Sicherungsmietverträge als Voraussetzung einer Unternehmensfinanzierung; Poolfinanzierungen im Konzern, die darauf abstellen, günstige Finanzierungsmöglichkeiten zu erschließen oder ein schwieriges Geschäft überhaupt erst finanzieren zu können; Förderfinanzierungen, gedacht, um Unternehmen aus schwieriger Lage zu helfen oder am Markt zunächst nicht finanzierbares Geschäft zu erschließen; kurzfristige Nutzungen, etwa von Hotels (Dienstreisen, Veranstaltungen), Veranstaltungs- und Konzerträumlichkeiten oder Messekapazitäten, also Fälle, in denen eine Alternative zur Anmietung aus der Natur des Geschäfts heraus nicht existiert. In all diesen Fällen kann keinesfalls von steueroptimierten Fremdkapitalstrategien die Rede sein. Die steuerliche Belastung der Finanzierungskosten wirkt damit lediglich als Anreiz, Investitionen zu unterlassen. 1.5 Lenkungswirkung der Hinzurechnung Die gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Fremdkapitalfinanzierungskosten eignet sich nicht als Instrument steuerlicher Missbrauchsbekämpfung. Der wirtschaftliche Preis der Hinzurechnung die unangemessen hohe Besteuerung des Ertrages in stärkerem Maße fremdkapitalabhängiger Unternehmen ist mit der allenfalls marginalen Wirkung als Mittel zur Eindämmung steuerlicher Gestaltungen nicht zu rechtfertigen.
8 Probleme um die Hinzurechnung 6 Die gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Fremdkapitalfinanzierungskosten ist zur Bekämpfung von Steuermissbrauch durch Fremdkapitalfinanzierung nicht notwendig. Diesem Ziel dienen im Steuerrecht spezifisch darauf zugeschnittene Instrumente. Das sind insbesondere die Vorschriften zur verdeckten Gewinnausschüttung die Zinsschranke das Verrechnungspreiswesen Doppelbesteuerungsabkommen die Abgabenordnung ( 42) Diese Instrumente erfassen auch die in der aktuellen Diskussion immer wieder angesprochenen Fragen um steuerliche Gestaltungen durch überhöhte Mietzahlungen oder Lizenzgebühren. Die Besteuerung von Fremdkapitalfinanzierungskosten ist kein angemessener und wirksamer Anreiz zur Erhöhung der Eigenkapitaldecke von Unternehmen. Ganz im Gegenteil stehen ertragsunabhängige Kosten, wie sie auch die Hinzurechnung verursacht, einer Stärkung der Eigenkapitalausstattung im Weg. Der Weg zu einer höheren Eigenkapitaldecke führt über einen Abbau ertragsunabhängiger Kosten und nach den Erfahrungen mit Basel II den Druck der Bankenlandschaft auf größere Sicherheiten als Basis für Fremdkapitalfinanzierungen. Mit Basel III verstärkt sich dieser Druck und damit die Verschiebung weg von Fremdkapitalfinanzierungskosten hin zu steuerbarem Gewinn. Die Hinzurechnung von Fremdkapitalfinanzierungskosten erschwert es den Unternehmen allerdings, die von der Politik erwünschten Eigenkapitalfinanzierungen aufzubauen. 1.6 Fehlende Internationalität Kommunalsteuern sind international weit verbreitet. Sie setzen auf unterschiedlichsten Bemessungsgrundlagen auf (Grundstücke, Immobilien, Gewinn, Wertschöpfung, Leistungskraft, Personalkosten, Fremdkapitalfinanzierungskosten etc.). Die jeweiligen Vorund Nachteile und die Eignung als Basis steuerlicher Standortqualitäten muss jedes Land für sich entscheiden. Die die Gewerbesteuer prägende Vermischung ertragsabhängiger und ertragsunabhängiger Elemente ist einmalig. Viele der Schwächen der Gewerbesteuer ergeben sich gerade aus dieser Vermengung: doppelte Belastung der gleichen Bemessungsgrundlage (als Kapitalkosten im Unternehmen, als Ertrag beim Kapitalgeber); bei schlechter Ertragslage und hoher Hinzurechnung außerordentlich hohe steuerliche Belastung des Ertrags; für Doppelbesteuerungsabkommen kaum handhabbar; Belastung der Unternehmensteuerung durch Schwierigkeiten bei der Zuweisung von Kosten zu Unternehmensteilen dadurch keine Einpreisung und Überwälzung der Kosten an den Kunden möglich.
9 Probleme um die Hinzurechnung Verwandtschaft von Gewerbe- und Körperschaftsteuer Gelegentlich wird argumentiert, eine weitere Annäherung der Gewerbe- an die Körperschaftsteuer würde dazu führen, dass zwei Steuern auf derselben Bemessungsgrundlage erhoben würden. Dies sei nicht statthaft, womit die Gewerbesteuer ihre rechtliche Grundlage verliere. Diese Befürchtung ist unbegründet. Ein Wegfall der Hinzurechnung von Fremdkapitalfinanzierungskosten würde mitnichten zu einer Deckungsgleichheit der Bemessungsgrundlagen der Gewerbe- und Körperschaftsteuer führen. Abgrenzungen griffen weiter unter Anderem in der Objektbesteuerung, in der Bezugnahme der Gewerbesteuer auf die Betriebsstätte oder im Ausklammern von Auslandgewinnen und -verlusten in der Gewerbesteuer. Zudem gibt es in der Verfassung nur eine Vorgabe, die gleiche Bemessungsgrundlage nicht zweifach steuerlich zu belasten: Die Länder können keine örtlichen Verbrauchund Aufwandsteuern beschließen, solange und soweit diese bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind. Einer bundesgesetzlich geregelten doppelten Belastung der gleichen Bemessungsgrundlage einmal zum Vorteil der Kommune, einmal zum Vorteil des Bundes und / oder der Länder steht die Verfassung nicht im Wege.
10 Abhilfemöglichkeiten 8 2 Abhilfemöglichkeiten Flickschusterei vermeiden Es werden verschiedene Möglichkeiten diskutiert, die mit der Hinzurechnung verbundenen Probleme zu lösen bzw. die Hinzurechnung zu ersetzen. Keiner der diskutierten Wege ist zielführend. 2.1 Stundung / Erlass Unternehmern und Unternehmen, die durch die Hinzurechnung unangemessen besteuert werden und in Not geraten, kann seitens der Heimatkommune durch Steuerstundung und Steuererlass geholfen werden. Dieser Ansatz ist allerdings mit einem modernen Rechtsstaatsverständnis nicht vereinbar. Denn er beinhaltet auch, dass wirtschaftlich erfolgreich tätige Unternehmen durch den Fiskus systematisch in eine Zwangslage gebracht werden, aus der sie nur über einen Gnadenakt befreit werden können. Das ist kein angemessener Umgang. 2.2 Engere Hinzurechnungsvorschriften In der Kommunalfinanzkommission wurde aufgezeigt, dass sich die Hinzurechnung als Mittel gegen steuerliche Gestaltungen nicht eignet. Ein Abbau der Hinzurechnungsvolumina verengt zwar den Kreis der übermäßig betroffenen Unternehmen, beseitigt aber die mit der Hinzurechnung systematisch verbundenen Probleme nicht. Die Gewerbesteuer bliebe steuersystematisch im gleichen Maß wie bisher ein Fremdkörper, der gerade im internationalen Kontext eine sinnvolle Besteuerung von Unternehmensgewinnen massiv erschwert (Anrechnung von Quellensteuern, Niedrigsteuersatz des AStG, Einführung einer europäischen Unternehmensbesteuerung). 2.3 Abschaffung der Hinzurechnung, Kompensation durch Steuererhöhung Damit bleibt als zielführende Lösung die Abschaffung der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung von Fremdkapitalfinanzierungskosten. Ein Ersatz des Aufkommensausfalls, der sich mit einer Abschaffung der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung verbindet, ist technisch ohne weiteres möglich. Ein einfacher Weg wäre es, die Kommunen über einen höheren Anteil am Umsatzsteueraufkommen zu kompensieren. Damit würden sie stärker an einem sicheren und über die Jahre stetig steigenden Aufkommen partizipieren. Alternativ bietet sich eine Beteiligung der Kommunen an der Lohnsumme der ortsansässigen Arbeitgeber an, die von den Arbeitgebern mit der abgeführten Lohnsteuer verrechnet werden müsste. Ein solcher Ansatz würde das Interesse der Kommunen an attraktiven Arbeitsplätzen befördern.
11 Abhilfemöglichkeiten 9 Mit einer solchen Reform verbundene Umverteilungsfragen lassen sich kaum fassen, insbesondere weil es keine Erkenntnisse dazu gibt, wie sich das Aufkommen aus den Hinzurechnungen verteilt. Obwohl die Hinzurechnung in vielen Fällen zu deutlichen Belastungen einzelner Unternehmen führt, machen die Hinzurechnungen insgesamt nur einen kleinen Bruchteil des Gewerbesteueraufkommens aus. Damit steht fest, dass ihre Abschaffung nur marginale Verteilungsfolgen nach sich zöge. In der Kommunalfinanzkommission wurde angedacht, den Ausgleich über eine leichte Erhöhung der Körperschaftsteuer zu suchen. Ausgehend von einem Gewerbesteuer- Hebesatz von 400 stiege die Steuerlast schon bei einem Anstieg der Körperschaftsteuer um nur einen Prozentpunkt über die wichtige Marke von 30 Prozent auf fast 31 Prozent. Von dieser breit verteilten Belastung würden folgende Gruppen profitieren: Körperschaften, die nach heutigem Recht aufgrund der Hinzurechnung von Fremdkapitalfinanzierungskosten eine Gesamtsteuerlast von mehr als ca. 31 Prozent auf den körperschaftsteuerlichen Ertrag zahlen, alle Personen- und Einzelunternehmen, die aufgrund eines Hebesatzes > 380 heute die durch Hinzurechnung von Fremdkapitalfinanzierungskosten entstandene Steuerlast nicht voll mit der Einkommensteuer verrechnen können, alle Personengesellschaften und Einzelunternehmen, die aufgrund einer Verlustsituation oder niedriger Gewinne ihre durch Hinzurechnung von Fremdkapitalfinanzierungskosten zustande gekommene Gewerbesteuerlast nicht oder nicht voll mit der Einkommensteuer verrechnen können. Alternativ könnte daran gedacht werden, den Ausfall aus der Hinzurechnung über eine höhere Gewerbesteuer-Messzahl zu kompensieren. Davon profitieren würden die Unternehmen, die heute durch die Hinzurechnungen besonders belastet werden und dies nicht mit der Einkommensteuer verrechnen können (Körperschaften; Personengesellschaften und Einzelunternehmen in Verlustsituation oder mit im Verhältnis zu den FK- Finanzierungskosten niedrigen Gewinnen; Personengesellschaften oder Einzelunternehmen in Hochsteuer-Gemeinden). Auch dieser Weg führt allerdings zu Komplikationen: Genauso wie im oben beschriebenen Weg steigt die im internationalen Standortwettbewerb wichtige nominale Steuerlast der Unternehmen an. Dank der Anrechnung der Gewerbe- auf die Einkommensteuer kommt es zu zusätzlichen Verteilungsverschiebungen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden. Auf der Seite der Unternehmen müssten im Wesentlichen Kapitalgesellschaften die Last aus dem Modellwechsel tragen. Das Fazit: Steuererhöhungen zur Kompensation des Aufkommensverlustes aus einer Abschaffung der Hinzurechnung sind sachlich schwer auszutarieren und wirtschaftspolitisch nicht zielführend.
12 Wertung und Position der vbw 10 3 Wertung und Position der vbw Gewerbesteuerliche Hinzurechnung abschaffen Die Hinzurechnung führt zu vielfältigen steuersystematischen wirtschaftlichen Verwerfungen bis hin zur Doppelbesteuerung. Die Effekte fallen umso stärker aus, je geringer der Ertrag und je höher die Fremdkapitalabhängigkeit eines Unternehmens ist. Die Hinzurechnung setzt vielfach auf Fremdkapitalabhängigkeiten auf, die von den Unternehmen nicht mit Eigenkapital ersetzt werden können. Die Lenkungswirkung der Hinzurechnung qualifiziert sie nicht als zielgerichtetes Instrument gegen rein steuerlich motivierte Fremdkapital-Finanzierungsmodelle und ist kein angemessener Anreiz zur Erhöhung der Eigenkapitaldecke von Unternehmen. Die Verbindung von ertragsunabhängigen Elementen mit einer Ertragsteuer, wie sie die Hinzurechnung bringt, ist international unüblich und führt damit zu Verwerfungen im Außensteuerrecht. Eine Abschaffung der Hinzurechnung würde den eigenständigen Charakter der Gewerbesteuer als Kommunalsteuer nicht beeinträchtigen. Überlegungen, die Folgewirkungen der Hinzurechnung einzudämmen oder sie durch Steuererhöhungen an anderer Stelle zu ersetzen, führen zu unangemessenen Belastungs- und Verteilungsfolgen und Nachteilen im internationalen Standortwettbewerb. Die gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Fremdkapital-Finanzierungskosten muss ersatzlos abgeschafft werden.
13 Ansprechpartner / Impressum 11 Ansprechpartner Dr. Benedikt Rüchardt Wirtschaftspolitik Telefon Telefax benedikt.ruechardt@vbw-bayern.de Impressum Alle Angaben dieser Publikation beziehen sich grundsätzlich sowohl auf die weibliche als auch auf die männliche Form. Zur besseren Lesbarkeit wurde meist auf die zusätzliche Bezeichnung in weiblicher Form verzichtet. Herausgeber: vbw Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. Max-Joseph-Straße München vbw März 2014
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