Kanton Zürich Bildungsdirektion Amt für Jugend und Berufsberatung Eröffnung Bibliothekstag
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- Ina Biermann
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1 Kanton Zürich Bildungsdirektion Eröffnung Bibliothekstag Kontakt: Tobias Schelling, lic. phil. I, Fachstelle Bibliotheken, Dörflistrasse 120, 8090 Zürich Telefon , 3. November /6 Liebe Kolleginnen und Kollegen Ich freue mich sehr, Sie heute Vormittag zum 1. Zürcher Bibliothekstag begrüssen zu dürfen. Ich freue mich mehrfach: Weil Sie so zahlreich erschienen sind, weil wir einen spannenden und hoffentlich lehrreichen Tag vor uns haben, und um ehrlich zu sein weil damit auch die Vorbereitungsarbeiten ein Ende haben. Ich danke vorab schon allen Helferinnen und Helfern, die zu diesem Tag beigetragen, besonders den Bibliotheken, an denen die Veranstaltungen stattfinden und ganz besonders Monika Leu für die grosse Arbeit! Quelle: ETH-Bildarchiv Wir könnten jetzt behaupten, dass es Teil des Konzepts war, dass wir die Eröffnung und den Schluss des Bibliothekstages auf dem Areal einer ehemaligen Papierfabrik durchführen, aber das wäre doch etwas weit hergeholt. Nichtsdestotrotz ist es ein schöner und stimmiger Zufall, dass der Zürcher Bibliothekstag hier startet. Natürlich ist das Papier der offensichtliche Verbindungspunkt von Bibliotheken und Papierindustrie. Es gibt aber auch Parallelen in der Geschichte. Anfang des 19. Jahrhunderts, in einer Zeit also, in der die Bildung ein stärkeres Gewicht erhielt und auch deshalb mehr Zeitungen und Bücher produziert wurden, nahm logischerweise auch die Nachfrage nach Papier sehr stark zu. Es ist deshalb kein Zufall, dass in dieser Zeit, 1836, die Sihl Papierfabrik auf diesem Areal gegründet wurde und in der Folgezeit stark wuchs. Sie erreichte Ihre Blütezeit Mitte der 70er Jahre des 20. Jahrhunderts. Danach bekamt die Firma aber immer stärker die ausländische Konkurrenz zu spüren und sie musste ihren Betrieb 1990 einstellen.
2 2/6 Das Schicksal der Schliessung ist bei den Schweizer Bibliotheken selten. Denn bei der Bildung lässt sich zwar sparen, aber sie lässt sich im Gegensatz zur Papierproduktion nicht in Billiglohnländer outsourcen. Quelle: Archives New Zealand Die angesprochenen Parallelen zeigen sich wie vielmehr im Boom des 19. Jahrhunderts: Denn die Demokratisierung von Bildung brachte nicht nur die Papierindustrie zur Blüte; es war auch die Phase, in welcher in der Schweiz viele Volksbibliotheken entstanden. Es waren die ersten Bibliotheken, die sich nicht an die Elite und Oberschicht, sondern vor allem an die Unter- und Mittelschicht richteten. Hauptziel war aber nicht etwa, überhaupt Lesestoff zur Verfügung zu stellen. Bibliotheken sollten vielmehr als Instrument gegen Vielleserei und Lesewut sein, die im späten 18. und im 19. Jahrhundert als Gefahr angesehen wurde. Mit den Bibliotheken sollte die Bevölkerung und insbesondere die Jugend vor unsittlicher Literatur geschützt werden. Im Jahresbericht von 1876 der Basler Bibliothekskommission heisst es dazu: Das Süssliche, Unreife, Ueberreife und Ungesunde, dessen so vieles für die liebe Jugend gedruckt wird sei aus der Sammlung auszuschliessen. Mit Umsicht und Beharrlichkeit werde die für die Jugend bestimmte Lektüre überprüft, damit verfängliche Stellen nicht das Kindesgemüth wie Gifthauch schädigen 1. 1 Zitiert nach: Bart, Robert (Hrsg.) (2007): Ungesunde Lesewuth in Basel. Basel: Schwabe. S.37.
3 3/6 Auswahl und Qualität zwei Merkmale, welche schon im 19. Jahrhundert wichtig waren und die heute, im Zeitalter von Informationsüberfluss, noch wichtiger sind. Die Auswahl, Beurteilung und Kuratierung von Informationen und die Verknüpfung von Inhalten ist entscheidend, damit aus reinen Informationen Wissen und Handlung entstehen kann. Mit dem Bibliotheksbestand machen wir das exemplarisch. Wir beurteilen Werke und Quellen, wir wählen Bestände aus (oder lassen sie auswählen) und in der themenorientierten Aufstellung erscheinen die Bestände in Zusammenhängen. Diese Art von Qualität wird auch in Zukunft wichtig bleiben. Ich bin deshalb überzeugt, dass der physische Bestand immer die Grundlage unserer Tätigkeit darstellt und weitere Aufgaben darauf aufbauen. Dass der Bibliotheksbestand heute im Programm vom Bibliothekstag trotzdem nur wenig Beachtung findet, hat aber durchaus seinen Grund: Denn es ist das Gebiet, auf dem wir Profis sind und viel Erfahrung haben und uns sicheren Schrittes auf mehr oder weniger bekannten Wegen befinden. Natürlich müssen wir uns auch auf diesem Gebiet weiterentwickeln (und machen das wie bspw. mit dem elektronischen Angebot Dibiost). Entwicklung fällt uns hier naturgemäss leichter als in Bereichen, in denen wir wenig Erfahrung haben. Und diese Bereiche gibt es.
4 4/6 Denn Bibliotheken können mehr und sind vielfach schon mehr als reine Bücherorte: Viele Bibliotheken erweitern ihre Dienstleistungen und bieten immer häufiger vermittelnde und partizipative Angebote an und sie entwickeln sich so ungesehen vom Medienbestand zu wichtigen Orten für die Gemeinde, auf jeweils ganz individuelle Art und Weise. Ein Indikator, wie viel sich hier bewegt, ist die Bibliotheksstatistik: Die Anzahl der Veranstaltungen in Zürcher Bibliotheken hat sich in den letzten sechs Jahren verdoppelt. Quelle: Klaus Egli, Tobias Schelling Es geht bei solchen Bestrebungen nicht darum, jeden Trend mitzumachen, sondern aufgrund der lokalen Situation zusammen mit der Trägerschaft zu entscheiden, welche Bibliotheksentwicklungen für die Bevölkerung in Ihrer Gemeinde Sinn machen. Potential und Möglichkeiten haben die Bibliotheken in vielen Bereichen: - Die Bibliothek kann zum Dorftreffpunkt werden. - Die Bibliothek kann sich als Kulturort positionieren. - Die Bibliothek kann sich über Bildungsangebote definieren. - Sie kann Angebote aus der Gemeinwesenarbeit integrieren, - Sie kann den Schwerpunkt bei der Lese- und Sprachförderung setzen. - Sie kann mit interkulturellen Angeboten integrationsfördernd wirken. - Und, und, und! Beim Entscheid, welche Tätigkeitsfelder für Sie wichtig sind, sollte immer die Bevölkerung ihrer Gemeinde und im Zentrum stehen. Jochen Dudeck hat das kürzlich in einem Artikel sehr schön formuliert: Je mehr Leben einer Gemeinde Platz in einer Bibliothek findet, desto eher wird die Bibliothek ihren Platz in der Kommune behaupten. Wer die Rede von der Bibliothek als
5 5/6 dritter Ort ernst nimmt, muss auch die damit verbundene Ausrichtung am Gemeinwohl und am Gemeinwesen ernst nehmen. ( ) Es ist unsere Aufgabe, möglichst viele Zugänge und Perspektiven offen zu halten. Das können wir nicht alleine, dafür brauchen wir die feste Verwurzelung in unseren Kommunen. 2 Die skizzierten Tätigkeitsbereiche sind aber auch Gebiete, in denen wir nicht jahrzentelange Erfahrung haben - wir bewegen uns deshalb auf unsicherem Grund. Umso wichtiger, dass wir uns gut vorbereitet auf den Weg machen: Dazu finden Sie in Ihrer Tagungsmappe die richtigen Utensilien: Der Schrittzähler soll Ihnen einen Hinweis geben, ob mehr Bewegung gefordert oder eher eine Pause angesagt ist; das Ovo-Sport sorgt für die nötige Energie, getreu deren Motto: Mit Ovo chasch es nöd besser, aber länger. Damit wir es aber nicht nur länger, sondern eben doch auch besser können, ist es wichtig, dass wir uns informieren, welche Entwicklungs-Wege Sinn machen, damit wir nicht in Sackgassen, in einem Schlagloch oder ganz am falschen Ort landen. Als Fachstelle möchten wir für Sie auf diesen Wegen Orientierung und Austausch bieten können. Orientierung vor allem durch Informationen auf unserer Website oder durch unseren Newsletter. Austausch über persönliche Gespräche und Beratungen. Für den Austausch wollen wir aber auch Plattformen schaffen, um sich mit Kolleginnen und Kollegen aus anderen Bibliotheken zu vernetzen. Sei es in regionalen oder interregionalen Treffen, sei es an Weiterbildungen der Fachstelle oder sei es wie heute am Bibliothekstag! 2 In: BuB 6/2015, S
6 6/6 Vernetzung Information Austausch: Das sind auch Eckpfeiler der Bibliotheksstrategie 2020, die wir in den letzten Monaten erarbeitet haben und die Sie ebenfalls in Ihrer Bibliothekstag-Tasche finden. Sie zeigt, wo wir uns in den nächsten Jahren bewegen wollen. Für heute wünschen wir uns, dass Sie von den spannenden Referaten profitieren, Ideen mitnehmen, Orientierung finden; wir wünschen uns vor allem aber auch, dass Sie diesen Tag nutzen können, um sich mit Kolleginnen und Kollegen aus allen Kantonsteilen über mögliche neue Entwicklungen auszutauschen. Immer im Wissen darum und die Örtlichkeiten hier erinnern uns daran dass der physische Bibliotheksbestand unser Fundament bildet. Ich wünsche Ihnen und mir einen lustvollen und lehrreichen Tag!
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