Georg Simmel ( )
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- Reinhold Schuler
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1 2018/10/02 00:06 1/5 Georg Simmel ( ) Georg Simmel ( ) Georg Simmel ist der Gründer der modernen Formalismus in der Soziologie. Er wird beeinflusst von und befreundet mit Lazarus und Steinthal. Er bietet eine Soziologie an, deren Gegenstand die sozialen Formen der Vergesellschaftung ist. Georg Simmel ist oft international als der Gründervater der Kultursoziologie gesehen, weil er viele soziologische Untersuchungen über die alltägliche Kultur und die Kunst verfasst hat, weil er eine soziale Kulturphilosophie angeboten hat, und weil er den gesellschaftlichen Wandel als Tragödie der Kultur bezeichnet. Grundannahmen 1. Unterschiede: die sozialen Akteure sind unterschiedlich 2. Form: die sozialen Akteure benutzen soziale Formen, um sich aufeinander zu beziehen wie z.b. die Sprache (als eine Form der Ideen), die Gesten (als eine Form der körperlichen Handlungen) usw. 3. Methode: wenn man diese Formen untersucht, versteht man dann: 1. die Unterschiede zwischen Akteuren 2. die Gesellschaft als Summe von Wechselwirkungen (siehe unten) Formen und soziologische Aprioris 1. Was sind soziale Formen?: das, was in bestimmten Interaktionssituationen ständig vorkommt; z.b. wenn sich Akteure treffen, sie grüßen sich, sie sprechen miteinander, sie grüßen sich abschließend, und sie gehen; soziale Formen sind dann ritualisierte Ereignisse, die regelmäßig vorkommen, sodass sie dann als Regeln und Normen von bestimmten Austauschen gehalten werden; wenn es auf die Formen nicht geachtet wird, wird man sagen, das dasjenige Verhalten nicht normal ist, also nicht nach den erwarteten Regeln oder nach den gesellschaftlich anerkannten Normen produziert wurde (Abweichung von einer Form) 2. Wie entstehen soziale Formen?: aufgrund von sozialen Beziehungen die soziale Beziehung ist der erste Apriori Simmels. All das, was im menschlichen Leben geschieht, setzt soziale Beziehungen voraus 3. Wie entstehen soziale Beziehungen?: nach einer Dialektik der Attraktion/Repulsion nach Vorlieben 4. Die Akteure: jeder Akteur hat seinen Platz in der sozialen Welt das ist der zweite soziologische Apriori Simmels; damit sagt Simmel, dass jeder Akteur eine individuelle Identität hat, die ihm eigen ist 5. Jeder Akteur spielt eine soziale Rolle: im Laufe des Lebens werden wir (für mehr oder weniger Zeit) Mitglieder von unterschiedlichen sozialen Kreisen = sozialen Gruppen; im Bezug auf diese Gruppen entwickeln wir Charakterzüge, die unsere Position als Mitglied von einer Gruppe bestimmen; das ist das dritte soziologische Apriori Simmels jeder spielt eine Rolle in der Gesellschaft 6. Die Akteure an der Kreuzung von sozialen Kreisen: wir sind nicht nur die Mitglieder von einer einzigen sozialen Gruppe, sondern von mehreren Gruppen oft gleichzeitig; diese Kreuzung der sozialen Gruppen/Kreisen bildet unsere Persönlichkeit aus, und gibt uns unsere eigenartige Identität
2 Last update: 2016/09/22 12:42 t1-sitzung-4 Soziale Beziehung auf drei Ebenen zu denken 1. Wechselwirkungen: Kontakten mit sozialen Formen; 2. Vergesellschaftung: Erfahrung der sozialen Formen = Sozialisierung; 3. Tausch: Erfahrung der Gesellschaft als Summe von Wechselwirkungen = als Summe von Vergesellschaftungsformen 4. Das Soziale: die Verbindung zwischen den sozialen Formen, also die Summe von sozialen Beziehungen 5. Der Typus: der Charakterzug von gewöhnlichen Beziehungen, nach denen ein Akteur lebt, und die er von seiner sozialen Umwelt geerbt hat. Simmel beschreibt eine Vielzahl von Typen in der Kunst (Rembrandt, Rodin) und im alltäglichen Leben (der Blasé, der Abenteurer, der Nomade, die Prostituiert usw.) Die Soziologie als Wissenschaft soll das beschreiben und erklären, was an der Kreuzung der sozialen Beziehungen geschieht. Es sind 5 Kreuzungen, die die 6 grundsätzlichen Verhältnisse zwischen Menschen zusammenfassen, und die die Gegenstände der Soziologie sind. 6 Kreuzungen 1. Kreuzung der Wechselwirkungen: die Interpersönlichkeit 2. Kreuzung Wechselwirkung/Vergesellschaftung: die Erfahrung der Gesellschaft = die Sozialisierung 3. Kreuzung Wechselwirkung/Tausch: die subjektive Kultur = wie sich die Akteure auf die kulturellen und sozialen Güter einer Gesellschaft (die Religion, die Kunst, die Geschichte usw.) beziehen 4. Kreuzung der Vergesellschaftungen: die Routinen/Gewohnheiten = Regelmäßigkeit des Alltags 5. Kreuzung Vergesellschaftung/Tausch: die objektive Kultur = wie die kulturellen und sozialen Güter einer Gesellschaft als Sozialisierungsinstanzen in der Gesellschaft wirken (Familie, Schule, Arbeit) 6. Kreuzung der Tauschen: die kulturellen Unterscheidungen = die Unterschiede zwischen Gesellschaften aufgrund von ihrem eigenen relationalen Stil. 7. Relativismus: Soziologie ist eine Wissenschaft dessen, was relativ ist; der Relativismus bedeutet hier nicht wenig wichtig, sondern Vielfalt ; Soziologie ist eine Wissenschaft der Vielfältigen Formen des Sozialen und derer Gestaltung 8. Relationismus: Soziologie besteht in der Untersuchung von Beziehungen zwischen Formen; diese Beziehungen geben dem individuellen sowie dem gesellschaftlichen Leben einen eigenen Stil. Gesellschaftlicher Wandel 1. Der Wandel: das Hauptmerkmal des gesellschaftlichen Lebens; alles ist ständig in Bewegung 2. Wie Wandel?: nach dem Prinzip der Tragödie der Kultur nach der Dialektik Form/Inhalt und Form/Leben 3. Form/Inhalt: die Form gibt dem Inhalt einen Ausdruck; aber die Form ist eben nur ein Ausdruck des Inhalts, sie erschöpft den Inhalt nicht, sie bleibt grundsätzlich zerstörbar 4. Form/Leben: die Form bleibt nicht ewig vorhanden in der Gesellschaft, und nach einer Zeit wird sie nicht mehr gebraucht; andere Formen tauchen auf, die im Laufe des gesellschaftlichen Lebens produziert werden 5. Das Reale und das Mögliche: das gesellschaftliche Leben ist eine Verwirklichung von Printed on 2018/10/02 00:06
3 2018/10/02 00:06 3/5 Georg Simmel ( ) Möglichkeiten in soziale Formen, die zu anderen gesellschaftlichen Möglichkeiten führen 4 Stufen des Wandels der Gesellschaft 1. Die Nomaden: die erste Form der Gesellschaft; wenige Verhältnisse zwischen sozialen Menschen/Gruppen 2. Die sesshaften Gesellschaften: zweite Form der Gesellschaft; regelmäßige Austauschen zwischen Menschen/Gruppen; erste Sozialisierungsinstanzen 3. Die kommerziellen Gesellschaften: dritte Form der Gesellschaft; das Geld und der Besitz spielen eine wichtige Rolle in den ganzen Bereichen der Gesellschaft 4. Die abstrakten Gesellschaften: die Moderne; soziale Beziehungen werden mehr und mehr zu reinen formalen und funktionalen Verhältnissen 5. Die Dynamik des sozialen Wandels: die Krise Erschöpfung von Austauschformen und von Austauschmöglichkeiten, und entsprechende Veränderungen von sozialen Formen > Veränderung der Sozialisierung, der entsprechenden sozialen Instanzen und der persönlichen Identitäten Machtsoziologie 1. Herrschaftsbeziehungen: asymmetrische konflikthaltige Beziehungen 2. Asymmetrie und Konflikt: es gibt 4 Typen von asymmetrischen Beziehungen, die als Konflikt gelten: 1. Paarbeziehungen (A-B): A beherrscht B (oder umgekehrt) 2. Beziehungen zu drei (A-B-C): 1. B als Richter zwischen A und C 2. B als Vermittler zwischen A und C 3. B als Gegner/Unterstützer von A oder von C 3. Macht: das Engagement in die Konflikte, um die Konflikte zu lösen oder zu vermehren 4. Engagement in die Konflikte: es ist eine alltägliche Situation, die auch einen konstruktiven Wert für die Gesellschaft hat Konflikte sind nicht nur destruktiv, sondern auch konstruktiv. Die Machtausübung bedeutet dann nicht nur, sich einem Herrschenden zu unterwerfen, sondern auch um einen Lebensstil und einen Beziehungsstil in der Gesellschaft zu kämpfen Ferdinand Tönnies ( ) Programm: der Formalismus in der Soziologie erneuern Reine Soziologie: sie ist das Ergebnis der Erneuerung des Formalismus als Synthese zwischen der allgemeinen Soziologie: sie ruht auf der Biologie und der Sozialpsychologie der speziellen Soziologien: angewandte und empirische soziologische Untersuchungen Wissenschaftliches Ziel von Tönnies: die Soziologie muss eine Moralwissenschaft sein; sie muss nicht nur die gesellschaftliche Wirklichkeit beschreiben, sondern sie muss auch dem Soziologen erlauben, praktische Lösungen zu finden, um den gesellschaftlichen Fortschritt zu unterstützen Soziologie = Therapie der Gesellschaft Gemeinschaft und Gesellschaft (1887) Gemeinschaft und Gesellschaft ist das Meisterwerk Tönnies', das wegen eines
4 Last update: 2016/09/22 12:42 t1-sitzung-4 Missverständnisses berühmt geworden wird Ursachen des Missverständnisses jeder glaubt, dass Tönnies mit seinem Buch für eine Rückkehr zu einer ursprünglichen (germanischen) Gemeinschaft spricht, die als Rückkehr zum Deutschland der selbstständigen Länder (also vor 1871) interpretiert wird; dieses Thema ist von der Jugendbewegungen im ersten Welt Krieg und nach dem ersten WK sehr geprägt, und es wird im Nationalsozialismus populär werden; Tönnies hat sich gegen diese Interpretation von seinem Buch gewährt, was ihm seinen Lehrstuhl und sein Vermögen kostete Die Soziologie ist die Wissenschaft der sozialen Ordnung: dies übernimmt Tönnies von Thomas Hobbes ( ), dessen er der berühmteste Spezialist am Ende des 19. Jahrhundert/Anfang des 20. Jahrhundert ist Hobbes' Frage: wie ist eine soziale Ordnung möglich? Übersetzung der Frage Hobbes' durch Tönnies: welche sind die Vorbedingungen, die ein harmonisches Zusammenleben erlauben? welche sind die grundsätzlichen Regeln, die eine soziale Ordnung gewährleisten, die die sozialen Akteure annehmen können? Antwort von Tönnies: der Wille sichert die soziale Ordnung ab Zwei Formen des Willens: Wesenswille: die sozialen Akteure sind miteinander natürlich verbunden; diese natürliche Bindung ist der Charakterzug der Gemeinschaft Kürwille: die sozialen Akteure sind miteinander nicht natürlich verbunden; diese Verbindungen sind gesellschaftliche Konstruktionen, die mit gesellschaftlichen Medien (Geld, Vertrag, Geschenk, usw.) geschaffen werden; die Kürwille bezeichnet die Gesellschaft Die drei Zustände der gesellschaftlichen Evolution: die Gemeinschaft: der Ursprung des gesellschaftlichen Lebens, die mit der Familie/den Familienmitgliedern startet; in der Gemeinschaft lebt man nach der Regeln des Kommunitarismus = alles wird unter den Mitgliedern der Gemeinschaft geteilt es ist keine Arbeitsteilung, sondern eine Aufgabenteilung die Gesellschaft ist ein Zwischenstand zwischen der Gemeinschaft und dem Endstadium der moralischen Entwicklung (= Sozialismus); in der Gesellschaft lebt man nach den wirtschaftlichen Regeln; die Gesellschaft ist ein künstlicher Stadium der moralischen Entwicklung, und sie kann nicht für immer dauern der Sozialismus ist der Endstadium der gesellschaftlichen Entwicklung = die wirkliche Gesellschaft, die fortbleiben wird, und die als ein primitives Kommunismus verstanden werden kann alles ist unter den Mitgliedern der Gesellschaft geteilt, die Arbeit wird abgeschafft, die Menschen teilen sich Aufgaben untereinander, und sie führen diese Aufgaben ja nach ihrer physischen und moralischen Kapazitäten um; die Justiz ist diejenige der Gruppe (es gibt also kein Staat) Soziale Formen sind gewollte Formen: jeder Akteur der Gesellschaft ist von seinen Handlung vollkommen bewusst, und er führt sie ebenfalls bewusst durch Der Wille ist immer ein vernünftiger Wille: in der Gemeinschaft sind Wille und Vernunft identisch; in der Gesellschaft ist der Wille nach der instrumentalen Vernunft zu verstehen = Durchsetzung der eigenen Interesse Tönnies' Gemeinschaft und Gesellschaft: es ist der Versuch, das zu verstehen, wie Gemeinschaftsformen also alte moralische Formen des Zusammenlebens immer in der Gesellschaft vorhanden sind, selbst wenn sie für eine Zeit nicht mehr aktiv praktisiert werden; diese Formen setzen sich in der Zeit durch, und sie tragen maßgeblich zur Entstehung des Sozialismus aus der Gesellschaft bei Printed on 2018/10/02 00:06
5 2018/10/02 00:06 5/5 Georg Simmel ( ) From: - Soziologische Theorie Permanent link: Last update: 2016/09/22 12:42
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