2 Mikroökonomische Standorttheorien
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- Meike Hofmann
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1 2 Mikroökonomische Standorttheorien Quelle: Eckey, Kap. II.1; Maier/Tödtling, Kap. 2 Standort ist der für die Produktion von Gütern oder Dienstleistungen ausgewählte Raumpunkt. Besonderheiten der Standortwahl: Standortentscheidung ist quasi irreversibel, deshalb eine sehr langfristige Entscheidung hohe Unsicherheit: Marktunsicherheit (zukünftige Preise, Konkurrenzsituation, räumliche Verteilung von Zulieferern und Abnehmern) und technologische Unsicherheit (zukünftige Produktionstechniken verändern u.u. die Bedeutung der Produktionsfaktoren) Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Regionalökonomie 12
2 Die Standortwahl ist auf unterschiedlichen regionalen Ebenen zu treffen: großräumige Standortwahl: Wahl des Kontinents nationale Standortwahl: Wahl des Landes (Kriterien: Steuern, wirtschaftliche und politische Stabilität, Gewerkschaften, Inflation, Wachstum, staatliche Förderung) regionale Standortwahl: Wahl der Region innerhalb des Nationalstaates (Charakteristika der Arbeitskräfte, Löhne, Gewerkschaften, Marktzugang, Lieferanten, Dienstleistungen, Regionalförderung, Lebensqualität) kleinräumige Standortwahl: Wahl des Grundstücks (infrastrukturelle Erschließung, Größe, Preis, Umweltsituation) Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Regionalökonomie 13
3 Standortfaktoren: Harte Standortfaktoren: beeinflussen die Rentabilität direkt geeignetes Gelände einschl. Ver- und Entsorgung; Nähe zu benötigten Roh- Hilfs- und Betriebsstoffen; Nähe zu den Abnehmern; Quantitativ und qualitativ ausreichendes Arbeitsangebot; Imagewert von Gemeinden; Ansiedlungsbeihilfen; Gewerbesteuerhebesatz; Energiekosten; Beratung durch städtische Stellen; Agglomerationsvorteile (Skaleneffekte, Akkumulationseffekte, Urbanisierungseffekte); Nähe zu Universitäten und sonstigen Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen. Weiche Standortfakoren: betreffen den Versorgungs- und Freizeitbereich Gute schulische Versorgung; breite Palette an privaten tertiären Diensten; genügend Freizeiteinrichtungen; geringe Umweltverschmutzung; hinreichendes kulturelles Angebot; gute ärztliche Versorgung; landschaftliche Attraktivität; Sicherheit. Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Regionalökonomie 14
4 Bedeutung der Produktionsfaktoren für die Standortwahl: Standorte A und B, für die Standortwahl wird der Gewinn verglichen: G A = p A x A q j A V j A j G B = p B x B q j B V j B (1) j Sei Preis, Produktionsmenge und Einsatzmengen der Produktionsfaktoren an beiden Standorten gleich (vernachlässigbar geringe Transportkosten, gleiche Technologie), dann sind allein die Produktionskosten entscheidend: G A > G B (q j A q j j B )V j X < 0 (3) (2) Der Produktionsfaktor j hat einen umso größeren Einfluss auf die Standortwahl je größer die Faktorpreisdifferenz zwischen den verschiedenen Standorten ist je wichtiger der Produktionsfaktor für die Produktion ist, das heißt je größer sein Inputkoeffizient V j /X ist. Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Regionalökonomie 15
5 Standortrelevanz von Faktoren: Hohe Standortrelevanz haben Produktionsfaktoren, wenn sie nur wenig mobil und außerdem stark konzentriert sind. Boden: immobil, wirkt stark raumdifferenzierend, insbesondere Grundstückspreise bodenintensive Sektoren sind Landwirtschaft, Großhandel, Lagerung, Transportwesen Ressourcen: stark konzentriert, jedoch meist transportierbar, deshalb nicht notwendigerweise standortrelevant ressourcenintensive Sektoren sind Bergbau, Energiewesen, Nahrungsmittelindustrie, Holzindustrie Kapital: bereits investiertes Kapital ist immobil, Erweiterungsinvestitionen erfolgen meist am gegebenen Standort, Unternehmensneugründungen sind in der Regel mobil, Finanzkapital ist höchst mobil. kapitalintensive Sektoren sind alle Branchen mit automatisierten Produktionsprozessen wie Automobilindustrie, Papierherstellung, chemische Industrie Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Regionalökonomie 16
6 Arbeit: kleinräumig mobil (Pendelmobilität), interregional jedoch eher immobil (Wanderungsmobilität), gering qualifizierte und ältere Arbeitskräfte sind eher immobil, hoch qualifizierte und jüngere Arbeitskräfte eher mobil arbeitsintensive Sektoren geringer Qualifikation sind Bekleidungsindustrie oder Lederverarbeitung, arbeitsintensive Sektoren hoher Qualifikation sind Maschinenbau oder teilweise die Elektronikindustrie. technischer Forschritt/Innovation: treten konzentriert auf, Informationen über Innovationen sind jedoch hoch mobil, durch komplementäre Standortfaktoren wie der Verfügbarkeit von Spezialisten und Technikern oder bestimmter Infrastruktur sind Technologie und Innovation in der Realität jedoch stark räumlich differenziert. technologieintensive Sektoren sind chemische Industrie, Biotechnik, Maschinenbau oder Elektronik Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Regionalökonomie 17
7 Von Standortfaktoren zu Standortmodellen: Die Verfügbarkeit von Produktionsfaktoren determiniert die Standortentscheidung nicht alleine. Dass Bergbau dort betrieben wird, wo Rohstoffe vorkommen, ist trivial. Zentrales Element: Angebot und Nachfrage sind nicht auf einen Punkt vereinigt, sondern im Raum verteilt. Die Distanz dazwischen verursacht Transportkosten. Transportkosten alleine würden bewirken, dass dezentral bei den Nachfragern jeweils kleine Mengen produziert werden. Dagegen stehen Größenvorteile in der Produktion, so dass es sich lohnt, die Produktion zu konzentrieren. Dieser trade-off ist Inhalt der Standortmodelle. Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Regionalökonomie 18
8 2.1 Standortentscheidung nach Launhardt Quelle: Frey, Kapitel II und II Inhalt des Modells: Transportkosten stehen im Vordergrund, dafür wird von Produktions- und Nachfrageunterschieden im Raum abstrahiert. Je höher die Entfernung zwischen Anbieter und Nachfrager, umso höher sind die Transportkosten. In zu weit entfernten Regionen ist der Preis zu hoch, so dass der Produzent dort nicht verkaufen kann. Zentrale Aussagen des Modells: Der Einzugsbereich eines Produzenten ist umso größer, je kleiner die Transportkosten sind. Erhöhen andere Anbieter in anderen Standorten ihren Preis, dann wird der Einzugsbereich größer. Der optimale Preis, der Absatz und der Gewinn steigen ebenfalls. Der optimale Standort rückt näher an denjenigen Anbieter heran, der seinen Preis erhöht. Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Regionalökonomie 19
9 Modellannahmen: Die Unternehmen sind Preissetzer, sie produzieren mit der linearen Kostenfunktion K = F + kx (4) so dass es an jedem Standort maximal einen Anbieter gibt, der lokaler Monopolist ist. Die Nachfrager maximimeren ihren Nutzen und das Gut ist homogen. Die Nachfrager kaufen deshalb das Gut immer bei dem Anbieter, der den geringsten Preis setzt. Die Nachfrage am Absatzort i folgt der Funktion X i = a bp i (5) Die Transportkosten je Entfernungseinheit d sind konstant und betragen t. Die Transportkosten des Unternehmers A bis zum Absatzort i sind dann pro Gütereinheit T A = t A d ia (6) Die Analyse ist kurzfristig, so dass die Standorte der anderen Anbieter exogen gegeben sind und keine neuen Anbieter hinzukommen. Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Regionalökonomie 20
10 Entfernung und Güterpreis: Der Güterpreis setzt sich aus dem sogenannten Locopreis des Anbieters A an seinem Standort S A und den Transportkosten zusammen p ia = p A +td ia (7) p ia p ia d ia Der Preis erscheint über der Distanz als Trichter Launhardtscher Trichter. Ohne Verlust an Allgemeinheit kann man den Raum auch eindimensional über die Distanz darstellen. Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Regionalökonomie 21
11 Preissetzung des Anbieters A: Die Nachfrage am Ort i ist X i = a bp ia = a b(p A +td ia ) (8) Die Distanz d max bezeichnet die äußere Reichweite des Anbieters: X i = 0 d max = a bp A bt (9) Außerhalb dieser Reichweite sind die Transportkosten zu hoch, die Nachfrage ist null. X i d ia Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Regionalökonomie 22
12 Die gesamte Absatzmenge des Anbieters A ist dann Z dmax 0 X i dd ia = (10) (11) Der gewinnmaximierende Preis beträgt max p A G ia = (12) G ia p A = (13) p A = a+2bk 3b (14) Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Regionalökonomie 23
13 und die äußere Reichweite ist d max = = 2(a bk) 3bt (15) Der maximal erzielbare Gewinn ist damit G ia = (16) = 4(a bk)3 27b 2 t F (17) Je höher die Transportkosten, um so geringer ist die äußere Reichweite und damit der Gewinn. Der Locopreis p A ist dabei unabhängig von den Transportkosten. Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Regionalökonomie 24
14 Einzugsbereiche verschiedener Unternehmen: Die Nachfrager beziehen das Gut jeweils von dem Anbieter mit dem günstigsten Preis. Die Grenze der Marktgebiete der Anbieter ist dort, wo die Preise gleich sind: p ia = p ib p A +t A d ia = p B +t B d ib (18) Fall 1: Bei gleichen Transportkosten t A = t B = t und gleichen Locopreisen p A = p B = p gilt p ia = p ib d ia = d ib (19) p+td y d Die Grenze der Einzugsbereiche liegt genau in der Mitte zwischen beiden Standorten. x Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Regionalökonomie 25
15 Fall 2: Bei verschiedenen Transportkosten t A > t B und gleichen Locopreisen p A = p B = p gilt für die Grenze des Einzugsbereichs p ia = p ib t A d ia = t B d ib (20) Ein Ort i hat die Entfernung d ia = (x i x A ) 2 +(y i y A ) 2 von Standort A und (21) d ib = (x i x B ) 2 +(y i y B ) 2 von Standort B (22) Liegen zur Vereinfachung beide Standorte A und B auf der x-achse, dann ist y A = y B = 0 und die Entfernung zwischen den beiden Punkten d AB = x B x A und damit d ia = x 2 i + y2 i d ib = (x i d AB ) 2 + y 2 i (23) (24) Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Regionalökonomie 26
16 Orte i, die an der Grenze der Einzugsbereiche liegen, erfüllen t A d ia = t B d ib (25) (26) ( x i d ABtB 2 ) 2 t } B 2 +(y i }{{} 0 ) 2 = {{ t2 A} y M x M ( ) 2 dab t A t B (27) t 2 A +t2 B } {{ } r Die Grenze der Einzugsbereiche wird durch einen Kreis beschrieben, dessen Mittelpunkt bei (x M,y M ) liegt und dessen Radius r beträgt. Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Regionalökonomie 27
17 p+td y x d Sind die Locopreise der Anbieter identisch, aber die Transportkosten verschieden, so hat der Anbieter mit den höheren Transportkosten einen kreisförmigen Einzugsbereich, während der übrige Raum von dem anderen Anbieter beliefert wird. Die Orte im kreisförmigen Einzugsgebiet des Anbieters A sind hinreichend nah am Standort des Anbieters A, dass seine Nähe den Transportkostennachteil dominiert. Im übrigen Raum dominiert der Transportkostenvorteil von Anbieter B. Das Einzugsgebiet des Anbieters A ist umso größer, je größer die Distanz d AB zu Anbieter B, je höher die Tansportkosten t B des Anbieters B und je geringer seine eigenen Transportkosten t A sind. Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Regionalökonomie 28
18 Fall 3: Sind die Transportkosten identisch t A = t B = t, jedoch die Locopreise verschieden mit p A > p B, so ist die Grenze der Einzugsbereiche eine Hyperbel: p+td y x d An der offenen Seite der Hyperbel ist die Entfernung von Anbieter B so groß, dass der Bezug bei Anbieter A günstiger ist. Im übrigen Raum dominiert der Produktionskostenvorteil des Anbieters B. Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Regionalökonomie 29
19 Fall 4: Sind sowohl die Transportkosten als auch die Locopreise verschieden, so ist der Einzugsbereich des Anbieters A mit den höheren Transportkosten eine Ellipse: p+td y x d Innerhalb der Ellipse ist der Bezug bei Anbieter A günstiger, da sein Produktionskostenvorteil dominiert. Außerhalb der Ellipse ist der Bezug bei Anbieter B günstiger, da sein Transportkostenvorteil dominiert. Universität Greifswald Prof. Dr. Susanne Soretz Regionalökonomie 30
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