Imitationsformen. Kanon. Arten
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- Imke Angela Fiedler
- vor 8 Jahren
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1 Imitationsformen Kanon Unter Kanon versteht man in der Musik mehrstimmige kontrapunktische Kompositionen, bei denen die Stimmen schnell aufeinander folgen. Aus einer notierten Stimme leiten sich eine oder mehrere weitere simultan erklingende Stimmen ab. Der Kanon ist eng mit der Fuge verwandt und kann auch als Sonderfall der Fuge angesehen werden. Die Konstruktion seiner Melodie bedarf der besonderen Sorgfalt des Komponisten. Arten Die bekannteste und häufigste Form ist der strenge Kanon, bei dem die zwei oder mehr Stimmen identisch sind und lediglich zeitlich versetzt einsetzen. Eventuell können die Stimmen auf unterschiedlichen Tonstufen einsetzen. Neben dem endlichen Kanon gibt es auch Sätze, welche quasi unendlich wiederholt werden könnten. Man spricht hier von einem Ringkanon (englisch round). Moduliert die Melodie mit jedem weiteren Durchlauf in eine andere Tonart, handelt es sich um einen Spiralkanon. Ein Zirkelkanon wird in einem kreis- bzw. ringförmigen Notensystem notiert, um den endlosen Ablauf zu verdeutlichen. Dabei ist es möglich, dass die zweite Stimme in Gegenbewegung, also mit entgegengesetzter Leserichtung einzusetzen hat und/oder einen anderen Notenschlüssel vorgezeichnet bekommt. Erscheinen die Notenwerte einer abgeleitete Stimme vergrößert bzw. verkleinert, so spricht man von einem Augmentations- bzw. Diminutionskanon. Diese Technik entwickelte sich aus den Möglichkeiten der Mensuralnotation, in welcher sich durch die Kombination verschiedener Mensurzeichen verschiedene Verhältnisse zwischen den Stimmen herstellen lassen. Hier nennt sich das Phänomen Mensur- oder Proportionskanon, wobei es sich nicht immer um eine rein proportionale Ableitung handeln muss, sondern bisweilen auch ausgenützt wird, dass Noten unter bestimmten Mensuren zwei- oder dreizeitig sein können. In der Regel enden die am langsamsten fortschreitenden Stimmen, sobald das gesamte musikalische Material der schnelleren Stimmen erklungen ist. Ein modernes Beispiel ist Arvo Pärts Cantus in memory of Benjamin Britten aus dem Jahr Ein Krebskanon (oder Kreuzkanon) liegt vor, wenn eine Stimme die Melodie vorwärts, die andere Stimme sie rückwärts vorträgt. In einem Spiegelkanon (auch Inversions- oder Intervallumkehrungskanon genannt) erscheinen die Intervalle der notierten Stimme in der Ableitung gespiegelt. Das bedeutet, wenn die notierte Stimme z. B. einen Terzschritt nach oben macht, muss die abgeleitete Stimme einen solchen nach unten ausführen. Kombiniert man die beiden zuletzt genannten Techniken, so erhält man einen Spiegelkrebskanon. Bei der Notation ist es möglich, dass die Sänger oder Spieler einander gegenübersitzen und in den entgegengesetzten Ecken des selben Notenblattes zu beginnen haben.
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3 Invention Der in der musikalischen Formenlehre verwendete Begriff Invention (von lateinisch invenire - entdecken, erfinden, bzw. inventio - Einfall) ist nicht klar definiert. Er ist seit der Mitte des 16. Jahrhunderts gebräuchlich und hat eine der folgenden Bedeutungen: - Ersatzbezeichnung für Musikstücke, deren Gattungsname nicht angegeben wird; - Als Erstveröffentlichung erschienene Stücke; - Stücke, die für besonders ideenreich oder neuartig gehalten werden. Musikalische Anwendung Aus einem musikalischem Einfall (Thema) heraus entwickelt der Komponist das gesamte Stück. Das Thema wird dabei unterschiedlich verarbeitet,z.b. nach dem Prinzip der Imitation (Nachahmung des Themas in einer anderen Stimme), Sequenz (Wiederholung des Themas auf einer anderen Tonstufe), Transposition (Thema erscheint auf einer anderen Tonstufe),Umkehrung, Augmentation (Vergrößerung der Notenwerte), Diminution (Verkleinerung der Notenwerte), Abspaltung (nur ein Teil des Themas wird verwendet).gegenspieler des Themas in einer anderen Stimme ist der sogenannte Kontrapunkt.Die Invention ist in der Regel zweistimmig. Bei Johann Sebastian Bach ist die Invention ein zwei- oder dreistimmiges Klavierstück, in dem der musikalische Einfall polyphon verarbeitet wird, siehe Inventionen und Sinfonien.
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5 Fuge Die Fuge (von lateinisch fuga = Flucht ) ist ein musikalisches Kompositionsprinzip, das durch eine besondere Anordnung von Imitationen gekennzeichnet ist. Eine Fuge kann ein einzelnes, nach diesem Prinzip komponiertes Stück sein, Fugen und fugenartige Strukturen werden aber auch innerhalb Werken anderer Formen verwendet, z. B. in Kantaten, Messen, Konzerten oder Ouvertüren. Merkmale Besonderes Kennzeichen der Fuge ist ihre komplexe Themenverarbeitung. Eine Fuge beginnt mit der Exposition der Stimmen: Die erste Stimme trägt das prägnante, kurze Thema vor. Dieser Themeneinsatz wird auch als Dux (lat. Führer ) bezeichnet. Hierzu gesellt sich eine zweite Stimme, die das Thema nun als Comes (lat. Gefährte ) auf die Oberquinte (bzw. Unterquarte) versetzt vorträgt. Weitere Stimmen können nach diesem Prinzip hinzukommen, bis die volle Stimmenzahl (meistens 4 oder 3, seltener 5 oder mehr) erreicht ist. Bringt die erste Stimme während des zweiten Themeneinsatzes motivisch oder thematisch bedeutsames Material, das später wieder aufgegriffen wird (in manchen Fällen sogar als neues Thema), so spricht man von einem Kontrasubjekt. Das Kontrasubjekt muss mit dem Thema einen doppelten Kontrapunkt bilden, um sowohl über als auch unter dem Thema erscheinen zu können, ohne die Stimmführungsregeln zu verletzen. Im weiteren Verlauf gibt es immer wieder Abschnitte, in denen das Thema in verschiedenen Stimmen vorgetragen wird. Diese Abschnitte heißen Durchführungen (nicht zu Verwechseln mit der Durchführung des Sonatensatzes) oder Thema-Phasen. Die weiteren Themeneinsätze können auch in den Paralleltonarten der Grundtonart sowie der Oberund Unterquinttonarten stehen. Selten erscheint das Thema auch in noch entfernteren Tonarten. Die Themeneinsätze sind durch Zwischenspiele miteinander verbunden, die im Allgemeinen der Modulation dienen und daher in der Regel aus Sequenzen bestehen. In den Thema-Phasen kann das Thema auf verschiedene Arten mit sich selbst und den Kontrasubjekten kombiniert werden, beispielsweise in Engführungen, Umkehrungen, Augmentationen, Diminutionen (die Verkürzung der Dauern) etc. Vor dem Ende einer Fuge wird manchmal ein Orgelpunkt - auf der Dominante oder der Tonika - eingefügt, um die Spannung zu steigern. Geschichte und Bedeutung Das Prinzip der Imitation zwischen verschiedenen Stimmen eines Musikstücks ist seit dem ausgehenden Mittelalter bekannt. Als Vorstufe der Fuge wurde zunächst der Kanon gepflegt. Um 1600 bezeichnen die Begriffe Fantasia, Canzona, Capriccio, Ricercar und Tiento ähnliche Formen von Instrumentalstücken (meist für Tasteninstrumente), die als Vorläufer der Fuge gelten dürfen. Auch in der Motette hält das Fugenprinzip nach und nach Einzug.
6 Im Hochbarock folgt die Emanzipation der Fuge als selbständige (Teil-)Form. In der Französischen Ouvertüre ist der Mittelteil eine Fuge, in der Norddeutschen Orgelschule wird die Fuge zum abschließenden Gegenstück eines vorangehenden Präludiums, einer Toccata oder anderen Formen. Der wohl bekannteste Komponist von Fugen war Johann Sebastian Bach; in seinen Werken (z. B. Wohltemperiertes Klavier, Die Kunst der Fuge) erprobte er sämtliche Möglichkeiten der Fuge, sodass viele spätere Komponisten sich beim Thema Fuge auch mit Bach auseinandersetzten. Nach dem Barock galt die Fuge zwar als historische und damit veraltete Form, sie wurde aber nie aufgegeben. Spätere Komponisten setzten sich immer wieder mit ihren Prinzipien auseinander, wobei jeweils klar war, dass die Ergebnisse stets einen Verweis auf die Vergangenheit bedeuteten. Das Schreiben einer Fuge galt zudem als Nachweis besonderer kompositorischer Fähigkeiten. Spezielle Formen Von einer Permutationsfuge spricht man, wenn zum Thema immer mehrere, stets gleichbleibende Kontrapunkthemen treten. Der Komponist tauscht dann in der jeweils nächsten Thema-Phase nur die Stimmen gegeneinander aus. Eine Doppelfuge ist eine Fuge mit zwei Themen. Mögliche Form-Abläufe: - Fuge mit Thema 1 Fuge mit Thema 2 Fuge über beide Themen. - Fuge mit zwei Themen, beide Themen setzen zu Beginn gleichzeitig ein. - Fuge mit Thema 1 Fuge über Thema 1 und Thema 2. Die Tripelfuge ist eine Fuge mit drei Themen. Diese werden wiederum in getrennten Expositionen aufgestellt und anschließend miteinander kombiniert. Die Quadrupelfuge ist eine Fuge mit vier Themen. Als Beispiel wird oft die fragmentarisch überlieferte (und wohl unvollendete) Schlussfuge von Bachs Zyklus "Die Kunst der Fuge" genannt, die aber nach der Einführung des dritten Themas und dessen Kombination mit den Vorhergehenden abbricht. Da das Grundthema des Werks ebenfalls noch hinzupassen würde, unterstellt man eine geplante Quadrupelfuge, die der Satz in der überlieferten Form aber nicht ist. In einer Spiegelfuge erscheint das Thema gespiegelt entweder als Kontrasubjekt, oder als zweites Subjekt, in einer Doppelfuge verarbeitet. Fugen dieser Art sind äußerst selten; Bach bringt zwei Beispiele in der Kunst der Fuge, in denen jeweils der gesamte Satz in (tonaler, also nicht hundertprozentig 'exakter') Spiegelung wiederholt wird. Die Fughetta ist eine Fuge von kleinerem Umfang, ohne eine breite Durchführung und schon im Thema von leichterer, graziöserer Haltung. Einen fugenähnlichen Abschnitt in einer Sonate, einer Symphonie, einem Konzert etc. nennt man Fugato. Dabei geht es nicht darum, das Thema durch alle Stimmen zu führen, es soll lediglich wirken wie eine Fuge. Oft sind diese Fugati nur wenige Takte lang.
7 "Fuga II c-moll a 3 voci" (Wohltemperiertes Klavier) von J. S. Bach Diese dreistimmige Fuge von Johann Sebastian Bach beginnt mit einer typischen Exposition, die sich bis zum Anfang des neunten Taktes erstreckt. Die Grundtonart ist c-moll. Es beginnt zunächst die Altstimme, es folgen der Sopran in Takt 3 und der Bass in Takt 7. Das Thema hat eine Ausdehnung von zwei Takten. Es erscheint, wie bei Fugen üblich, zu Beginn allein, um sich vorzustellen, und zwar in der Grundtonart c-moll.
8 Die Beantwortung des Themas stellt eine genaue Transposition des Themas auf die Oberquint- Tonart g-moll dar, mit einer Ausnahme: die vierte Note ist c, nicht d, wie eigentlich zu erwarten wäre. Diese kleine Veränderung ist notwendig, um die Grundtonart noch länger beibehalten zu können. Man spricht in diesem Falle von tonaler Beantwortung (im Gegensatz zur realen Beantwortung, bei der ein Thema ohne Veränderung in der Oberquint-Tonart erscheint). In Takt 5 haben die beiden Stimmen die Oberquint-Tonart g-moll endgültig erreicht. Damit die dritte Stimme mit dem Thema einsetzen kann, muss jedoch zur Originaltonart c-moll zurückmoduliert werden. Dies geschieht in der zweitaktigen Codetta der Takte 5 und 6. Der Komponist macht hier im Sopran Gebrauch von dem charakteristischen Anfangsmotiv des Themas, während der Alt das von ihm in Takt 3 eingeführte Kontrasubjekt (oder Kontrapunkt) verwendet. Jedoch erscheinen die für
9 dieses Kontrasubjekt typischen Tonschritte umgekehrt, d. h., nicht absteigend, sondern aufsteigend. Ausserdem erfolgt der Aufstieg dreimal hintereinander auf der jeweils nächsthöheren Tonstufe: es handelt sich um eine Sequenz. In Takt 7 ist die Grundtonart c-moll wieder erreicht, und der Bass kann mit dem Thema einsetzen. Während der Bass das Thema durchführt, ist im Sopran das Kontrasubjekt zu hören. Der Alt führt ein zweites Kontrasubjekt ein, das im weiteren Verlauf der Fuge noch einige Male in verschiedenen Stimmen auftauchen wird und den dreifachen Kontrapunkt begründet. Durch ihre einfache, fast homophone Führung übernehmen Sopran und Alt ab Takt 8 Begleitfunktion. Zu Beginn des neunten Taktes ist der Themeneinsatz im Bass abgeschlossen, und somit auch die Exposition: jede der drei Stimmen hat das Thema vollständig durchgeführt. Analyse
10 Die Kunst der Fuge Die Kunst der Fuge ist ein Zyklus von vierzehn Fugen und vier Kanons von Johann Sebastian Bach (BWV 1080, um 1750 mit Vorarbeiten von 1740, Erstdruck 1751). Der Titel stammt nicht von Bach selbst. Jede der Fugen, abgesehen von der unvollendeten letzten, basiert auf Varianten eines einzigen, recht einfachen Grundthemas in d-moll, das in der ersten Fuge eingeführt wird. Mit dem Werk solle anschaulich vermittelt werden, so der erste Bach-Biograph Johann Nikolaus Forkel, was möglicher Weise über ein Fugenthema gemacht werden könne. Die Variationen, welche sämmtlich vollständige Fugen über einerley Thema sind, werden hier Contrapuncte genannt (Über Johann Sebastian Bachs Leben, Kunst und Kunstwerke. 1802). Aufgrund der kontrapunktischen Komplexität hat Bach jede Stimme alle vorkommenden Fugen, Doppelfugen, Spiegelfugen usw. sind höchstens vierstimmig auf einem einzigen Notensystem, also in Partiturform, ausgeschrieben. Das wohl unvollendet gebliebene Werk Bachs bietet bis heute Anlass zu vielfältigen Spekulationen. Die anhaltende Diskussion thematisiert dabei vor allem die Frage der Instrumentierung, der Anordnung sowie der Unabgeschlossenheit dieses Werkes. Anordnung Contrapunctus 1-4 (Einfache Fugen, je zwei über das Originalthema und seine Umkehrung) Contrapunctus 5-7 (Gegenfugen mit Vergrößerung und Verkleinerung des Themas und seiner Umkehrung) Contrapunctus 8-11 (Fugen mit zwei und drei Themen) Contrapunctus 12 und 13 (Spiegelfugen, d.h. die im zweiten Teil vollständig umgekehrt werden) Vier Kanons Abschließende Quadrupelfuge
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12 Unvollendeter Schluss des Werkes
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