Die Bedeutung des Gesundheitscoachings im Rahmen des Public Health auf Bezirksebene
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- Gotthilf Simen
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1 Dr. Sandra Born Die Bedeutung des Gesundheitscoachings im Rahmen des Public Health auf Bezirksebene 1. Gesundheitscoaching auf kommunaler Ebene Der Begriff des Gesundheitscoachings stammt ursprünglich aus dem Bereich der betrieblichen Gesundheitsförderung. Es stellt in Unternehmen einen präventiven Ansatz dar, der arbeitsbedingte Belastungen und gesundheitliche Ressourcen von ArbeitnehmerInnen identifiziert und versucht, Gesundheitspotentiale gezielt zu stärken. Diese Aufgabe übernehmen speziell geschulte Gesundheitscoaches, die einerseits im Sinne der Verhältnisprävention gesundheitsfördernde Rahmenbedingungen in Unternehmen gestalten, zum Anderen als persönlicher, beratender AnsprechpartnerInnen in Gesundheitsfragen zur Verfügung stehen und die ArbeitnehmerInnen individuell beim Aufbau von Gesundheitsressourcen unterstützen können (vgl. Zinner et al. 2014, Elbe et al. 2014). Das Konzept des Gesundheitscoachings lässt sich durchaus auch auf größere Funktionsbereiche wie die der Kommune übertragen - denn das Hauptziel der Stärkung von Gesundheitspotentialen im Sinne der Salutogenese nach Antonovsky und der Erhöhung des Empowerments der Zielgruppe zum langfristigen Erhalt der Gesundheit, bleibt gleich. Insbesondere gesellschaftliche Herausforderungen, wie z.b. wie die des demografischen Wandels, erfordern eine bessere Vernetzung und Koordination der sich verändernden Bedarfe und Angebote im Gemeinwesen. Gesundheitscoaching auf kommunaler Ebene versteht sich demnach als Steuerungsprozess lokaler Allianzen und übernimmt vorrangig eine steuernde Regiefunktionen für Gesundheitsprozesse in der Verhaltens- und Verhältnisprävention. Diese Aufgabe kommt der Organisationseinheit QPK (Qualitätsentwicklung, Planung, Koordination des öffentlichen Gesundheitsdienstes) des Bezirksamtes zu. Sie initiiert und koordiniert Maßnahmen der Gesundheitsförderung und stärkt das bürgerlichen Engagement im Bezirk. Der Bezirk Berlin-Lichtenberg zeigt, wie vielfältig der Aufgabenbereich des Gesundheitscoachings sein kann: der Bezirk setzt diese Maßnahmen auf unterschiedliche Art und Weise erfolgreich um und kann auf diverse Schwerpunkte der Gesundheitsförderung in der Kommune verweisen. Seite 1 von 6
2 2. Beispielprojekte im Bezirk Berlin-Lichtenberg Lichtenberger Genderkonzept Krebsprävention Insbesondere das Thema der gendergerechten Ansprache in der Krebsvorsorge begleitet den Bezirk Lichtenberg seit einigen Jahren. Denn: Gesundheit ist nicht geschlechtsneutral. Neben der Betrachtung der geschlechtsspezifischen Lebensstilunterschiede definieren Frauen und Männer den Begriff Gesundheit anders: Während Frauen mit Gesundheit Wohlbefinden und Körpererleben assoziieren, spielt für viele Männer Gesundheit eine eher untergeordnete Rolle. Der eigene Körper muss gut funktionieren. Der Unterschied liegt in einem riskanten Lebensstil begründet, der dafür sorgt, dass Männer im statistischen Mittel weniger lange leben als Frauen. So wurde in der Klosterstudie (Luy, Wegener 2011) der Lebensstil als wesentlicher Einflussfaktor auf die Lebenserwartung von Nonnen und Mönchen beschrieben. Untersuchungspopulation war die katholische Klosterbevölkerung zwischen Im Ergebnis zeigte sich, dass die Lebenserwartung der Nonnen nur 2 Jahre über der der Mönche und die Lebenserwartung der Mönche insgesamt höher als bei der männlichen Gesamtbevölkerung liegt. Aufgrund der identischen Lebensbedingungen der Nonnen und Mönche sind biologische Ursachen für die Differenzen der Lebenserwartung beider Geschlechter zu vernachlässigen und wesentlich dem Lebensstil zuzuschreiben. Der Bezirk Lichtenberg machte das Thema Männergesundheit öffentlich und publizierte dazu den ersten bezirklichen Männergesundheitsbericht Drei themenspezifische Männergesundheitskonferenzen folgten im selben Jahr. Daran anschließend entstand mit lokalen Partnern aus dem Bezirk eine gemeinsame Lichtenberger Initiative Einladeverfahren zur Darmkrebsvorsorge für Lichtenberger Männer ab 55 Jahren. Damit konnte nachgewiesen werden, dass Männer durch persönliche Einladungen besser erreichbar zu sein scheinen als durch allgemein adressierte Werbekampagnen. Die Anzahl der Untersuchungen konnte durch die Einladeaktion im Untersuchungszeitraum im Vergleich zu den Vorjahresquartalen um 73% gesteigert werden. Damit konnten fast drei Viertel mehr Männer über 55 Jahre zur Darmkrebsvorsorge motiviert werden (vgl. Born, Elbe 2014). Im Entwurf einer differentiellen Gesundheitsförderung geht es deshalb nicht mehr nur um Männer- und Frauengesundheit, sondern um eine weitere Differenzierung entlang von Lebensalter und Milieu. Erst wenn im Zusammenspiel der drei Differenzierungskriterien Geschlecht, Lebensalter und Milieu brauchbare Gruppenbildungen vorliegen, können wir gezielt ansprechen und spezifische Gruppen besser erreichen. Perspektivisch geht es um passgerechte und gendergerechte Ansprachen in der Krebsprävention auf bezirklicher Ebene. Konzept Kochmützen für Kitas Das Konzept Kochmützen für Kitas stellt ein aktuelles Modellprojekt unter der Federführung der QPK in Berlin-Lichtenberg dar. Ziel ist es, die Kitaverpflegung anhand festgelegter Qualitätskriterien kostenneutral mit regionalen, saisonalen und ökologisch produzierten Seite 2 von 6
3 Lebensmitteln, sicherzustellen. In den ersten 2 ausgewählten Kitas des Kita-Eigenbetriebs NordOst findet ein niedrigschwelliges Schulungsangebot in Form eines individuellen Coachings durch einen Koch statt, der in seiner Einrichtung bereits ein gesundheitsförderliches Ernährungskonzept umsetzt. Die Köchinnen und Köche hospitieren vor Ort bei dem Koch-Coach. Dieser wiederum besucht und berät die Köchinnen bzw. die Köche in ihrer jeweiligen Kita. Es ist geplant, Kinder, Erzieher und Eltern entsprechend zu beteiligen. Bereits jetzt findet die Prozessevaluation zur konkreten Definition der Qualitätskriterien und der gewünschten Projektziele der teilnehmenden Akteure statt. Bei einer erfolgreichen, den Qualitätskriterien entsprechenden, Umsetzung wird die Kita mit einer Kochmütze prämiert. Weitere Kindertagesstätten in Lichtenberg sollen durch dieses Modellprojekt motiviert werden, mitzumachen, um mit einer Kochmütze prämiert zu werden. Veranstaltungsreihe Leben und gesund alt werden in Lichtenberg Der Bereich des gesunden Alterns bildet einen weiteren Schwerpunkt der Gesundheitsförderung des Bezirks Lichtenberg. Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels und des somit steigenden Anteils älterer Mitmenschen wurde in Lichtenberg die Veranstaltungsreihe Leben und gesund alt werden in Lichtenberg als Gemeinschaftsprojekt mit den beiden Lichtenberger Krankenhäusern unter Federführung der QPK Lichtenberg ins Leben gerufen. Sie setzt sich grundsätzlich mit dem Älterwerden und der gesundheitlichen Versorgung im Bezirk auseinander und richtet sich an die interessierte (Fach)-Öffentlichkeit. Die Veranstaltungsreihe hat vorrangig informativen und aufklärenden Charakter. Sie soll den Austausch zwischen bestehenden Netzwerkmitgliedern im Bezirk fördern und zu bestimmten Problemen oder Aufgabenfeldern der gesundheitlichen Versorgung älterer Menschen im Bezirk sensibilisieren. Die Entwicklung netzwerkübergreifender innovativer kommunaler Versorgungsstrukturen für ältere Menschen kann hieraus resultieren. Kernpunkt ist die Frage, wie ein gesundes Altern im Bezirk durch präventive und gesundheitsfördernde Maßnahmen unterstützt werden kann. Die Veranstaltungsreihe findet zweimal im Jahr zu unterschiedlichen Themenschwerpunkten wie z. B. Demenz im Alter oder Sucht im Alter statt. Filmreihe Irrsinnig menschlich Auch das Thema der psychischen Gesundheit bildet ein Schwerpunktthema der QPK in Berlin- Lichtenberg. Bereits seit 2009 widmet sie sich mit der Filmreihe Irrsinnig menschlich dem Thema der seelischen Gesundheit mit dem Ziel, die Bevölkerung zu diesem Thema zu informieren und zu sensibilisieren, um somit die Entstigmatisierung und Enttabuisierung dieser Thematik zu befördern. Die Filmvorführungen der Filmreihe finden mehrfach im Jahr im CineMotion Berlin-Hohenschönhausen zu bestimmten Schwerpunktthemen wie Psychosen, Demenz oder Depressionen statt. Die Filmvorführungen werden von einer abschließenden Seite 3 von 6
4 Podiumsdiskussion begleitet, in der FachexpertInnen, Angehörige oder Betroffene zur im Film behandelten Problematik für Fragen zur Verfügung stehen. 3. Ausblick Die vier aufgeführten Projekte der QPK in Berlin-Lichtenberg zeigen, welchen Umfang und welche Themenbreite die Koordination der Gesundheitsförderung und Prävention im Bezirk umfasst. Als Gesundheitscoach auf kommunaler Ebene versucht die QPK dieser Vielfalt gerecht zu werden, indem gesundheitsförderliche Strukturen im Bezirk gestaltet werden, um so auf die Entwicklung von Gesundheitspotentialen der MitbürgerInnen unterstützend einzuwirken. Auch der Aufbau einer Präventionskette im Bezirk Berlin-Lichtenberg wird zukünftig wesentliche steuernde und koordinierende Arbeiten der QPK erfordern. Vordergründig ist hierbei die Vernetzung bestehender und vorhandener kommunaler Präventionsangebote, die eine lebenslange Gesundheitsförderung für alle Altersgruppen im Bezirk begünstigen soll. Seite 4 von 6
5 Literatur / Quellen: Born S, Elbe M (2014): Darmkrebsvorsorge bei älteren Männern Vorstellung eines Modellprojektes zur Männergesundheit zwischen Forschung und Praxis. In: Gesundheit Berlin-Brandenburg (Hrsg.). Dokumentation 19. Kongress Armut und Gesundheit Berlin. Elbe M, Holfeld A (2014): Salutogenes Coaching: Gesundheitsförderung durch Beratung und Unterstützung. In: Zinner J, Elbe M, Lange D (Hrsg.): Handbuch Gesundheitscoaching. Kompendium für Praxis und Lehre Luy, M. & Wegner, C. (2011): Lebe langsam - stirb alt. In: Ärzte Woche 46 /2011 Zinner J, Elbe M, Lange D (2014): Gesundheitscoaching als Perspektivwechsel. In: Zinner J, Elbe M, Lange D (Hrsg.): Handbuch Gesundheitscoaching. Kompendium für Praxis und Lehre Kontakt Dr. Sandra Born Bezirksamt Lichtenberg von Berlin Abt. Jugend und Gesundheit Leiterin der QPK (Qualitätsentwicklung, Planung und Koordination des öffentlichen Gesundheitsdienstes) Alfred-Kowalke-Str Berlin Fon: 030 / Fax: 030 / Sandra.Born@lichtenberg.berlin.de Seite 5 von 6
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