Änderung des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung (Anpassung von Bestimmungen mit internationalem Bezug)
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1 Der Regierungsrat des Kantons Thurgau Staatskanzlei, Regierungsgebäude, 8510 Frauenfeld Eidgenössisches Departement des Innern Herr Alain Berset Bundesrat 3003 Bern Frauenfeld, 10. Februar 2015 Änderung des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung (Anpassung von Bestimmungen mit internationalem Bezug) Vernehmlassung Sehr geehrter Herr Bundesrat Wir danken Ihnen für die Gelegenheit zur Vernehmlassung in obiger Angelegenheit und äussern uns dazu wie folgt: 1. Grenzüberschreitende Zusammenarbeit Seit dem Jahr 2006 können gemäss Art. 36a KVV zeitlich befristete Pilotprojekte für die Kostenübernahme für Leistungen im grenznahen Ausland durchgeführt werden. Mit der Gesetzesrevision von Artikel 34 KVG soll eine solche grenzüberschreitende Zusammenarbeit in allen Grenzregionen dauerhaft und neu auch für ambulante Behandlungen möglich werden. Die bestehenden Pilotprojekte der Kantone Basel-Stadt, Basel-Landschaft und des Landkreises Lörrach sowie des Kantons St. Gallen und des Fürstentums Liechtenstein wurden von den beteiligten Akteuren und den bisher behandelten Versicherten insgesamt positiv bewertet. Solche bestehenden Pilotprojekte der grenznahen Kantone sollen gemäss Vorlage auch in Zukunft dauerhaft weitergeführt und gegebenenfalls auf weitere Grenzregionen ausgedehnt werden können. Die beteiligten grenznahen Kantone erachten eine entsprechende gesetzliche Grundlage als sinnvoll. Bezüglich der konkreten Ausgestaltung hat Ihnen die GDK mit Schreiben vom 18. Dezember 2014 verschiedene Fragen gestellt. In Ihrer Antwort vom 8. Januar 2015 haben Sie bestätigt, dass die noch zu erarbeitenden Verordnungsbestimmungen zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit vorsehen werden, dass ohne den Willen eines Grenzkantons keine grenzüberschreitende Zusammenarbeit vereinbart werden kann, Regierungsgebäude 8510 Frauenfeld T , F
2 2/5 weil dazu immer ein entsprechender, vom Bundesrat zu genehmigender Vertrag zwischen Leistungserbringer, Versicherer und dem Grenzkanton bestehen muss. Da auch vorgeschrieben wird, dass der Leistungsbezug in jedem Fall nur Versicherten, die in diesem Grenzkanton wohnen und bei einem beteiligten Versicherer versichert sind, offen stehen wird, kann ein Vertrag über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit keine Wirkung für die Versicherten eines anderen Kantons entfalten. Die Kantone sind heute nicht verpflichtet, für Spitalbehandlungen im Ausland einen finanziellen Beitrag (Kantonsanteil) zu entrichten. Dies wäre auch bei einer grenzüberschreitenden Zusammenarbeit der Fall. Eine entsprechende Verpflichtung der Kantone könnte gemäss Ihren Auskünften nicht auf Verordnungsstufe festgelegt werden. Gemäss Ihren Ausführungen sind die Leistungen aus Kooperationen mit ausländischen Leistungserbringern nicht auf den kantonalen Spitallisten zu führen, da diese Leistungen nur für eine beschränkte Zielgruppe aus dem Grenzkanton zugänglich sind. Zudem muss ein Kanton in jedem Fall im Inland ein bedarfsgerechtes Leistungsangebot zur Verfügung stellen, weil - auch dies soll in der Verordnung explizit festgeschrieben werden - die Versicherten in keinem Fall verpflichtet werden können, sich im Ausland behandeln zu lassen. Die Überprüfung der Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen zur Qualität und Wirtschaftlichkeit durch den ausländischen Leistungserbringer liegt gemäss Ihrer Auskunft bei den Vertragsparteien, also gemeinsam bei den Versicherern und den Kantonen. Die Gesetzesbestimmung zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit ist sehr offen formuliert. Sie delegiert die Festlegung aller wesentlichen Eckwerte der Ausgestaltung an den Verordnungsgeber. Gemäss Bericht zur Vernehmlassung ist der Bundesrat bestrebt, sich am bisherigen Art. 36a KVV für die befristeten Pilotprojekte zu orientieren. Wir erwarten, dass die oben erwähnten, wesentlichen Elemente der vom Bundesrat vorgesehenen Umsetzungsbestimmungen bereits in der Botschaft an das Parlament ausformuliert werden, damit bereits im parlamentarischen Prozess Sicherheit über die wichtigsten Aspekte einer Umsetzung geschaffen werden kann. Wir stimmen unter diesen Voraussetzungen der vorgesehenen Gesetzesänderung zu. 2. Kostenübernahme bei Spitalbehandlungen Die Regelung betreffend Übernahme der Kosten für stationäre Behandlungen für Versicherte, die in einem EU-/EFTA-Staat wohnen, weicht von der Regelung für in der Schweiz wohnhafte Versicherte ab, indem die Krankenversicherer für Erstere die vollen
3 3/5 Kosten übernehmen müssen (Art. 37a KVV). Die Gesetzesrevision von Art. 49a KVG sieht nun vor, dass die Kosten für stationäre Leistungen in der Schweiz auch bei Versicherten, die in einem EU-/EFTA-Staat wohnen, sowohl von den Krankenversicherern als auch von den Kantonen im gleichen Verhältnis wie bei den in der Schweiz wohnhaften Versicherten übernommen werden, damit eine Diskriminierung von EU-Versicherten verhindert werden kann. Es trifft nicht zu, dass das mit dem europäischen Koordinationsrecht übernommene Diskriminierungsverbot durch die heutige Regelung tangiert wird, da die Kosten der stationären Behandlungen auch für Versicherte, die in einem EU-/EFTA-Staat wohnen, vollumfänglich (durch die Krankenversicherung) gedeckt werden. Die in der Vorlage vorgeschlagene Gesetzesrevision führt ohne zwingenden Grund zu einer Kostenverlagerung von der OKP auf die Kantone von rund 11,5 Mio. Franken. Eine versorgungspolitische Zuständigkeit der Kantone für die nicht im Kanton lebenden Personen, aus welcher sich eine Mitfinanzierungspflicht ableiten könnte, ist nicht gegeben. Der Umstand, dass die Versicherten je nach Wohnort bzw. Wohnkanton unterschiedliche Prämien zahlen und dass - in Abhängigkeit von den kantonalen Spitallisten - unterschiedliche Zugangskriterien zu einzelnen Spitälern bestehen, ist integraler Teil des schweizerischen Krankenversicherungsrechts. Die EU/EFTA-Länder bilden derzeit - analog zu den einzelnen Kantonen - je eigene Prämienregionen, deren Bewohner in Bezug auf die Wahl der Leistungserbringer gegenüber den Einwohnern der Schweizer Kantone nicht diskriminiert, sondern im Gegenteil privilegiert sind (freie Wahl unter allen zugelassenen Leistungserbringern im Wohnsitz-Land und in der Schweiz). Auch in Bezug auf die Prämienhöhe ist derzeit keine Diskriminierung festzustellen. Die nach schweizerischem Recht versicherten Grenzgänger im Kanton Schaffhausen, welche von der Gesetzesrevision betroffen wären, können heute schon auf attraktive Angebote marktmächtiger Versicherer zurückgreifen, bei denen die Prämien deutlich unter den bundesrechtlichen Durchschnittsprämien für EL-Bezüger im Kanton Schaffhausen liegen. Der Umstand, dass die Kostenbeiträge der Versicherer für Spitalbehandlungen in der Schweiz relativ hoch sind, wird bei den Versicherten in Deutschland ganz offensichtlich kompensiert durch andere Elemente, welche sich kostensenkend auswirken (z. B. günstige Risikostruktur bezüglich Alter, Anteil Behinderter etc.). Wir lehnen aus diesen Gründen die entsprechende Gesetzesanpassung ab.
4 4/5 3. Folgen der Nichtbezahlung der Prämien Gestützt auf Art. 64a Abs. 9 KVG erlässt der Bundesrat Bestimmungen über die Nichtbezahlung von Prämien und Kostenbeteiligungen bei Versicherten, die in einem EU-/EFTA-Staat wohnen. Da diese Delegationsnorm zu allgemein formuliert ist und keine genügende gesetzliche Grundlage für die Regelungen von Art. 105m KVV darstellt, soll der genannte KVG-Gesetzesartikel nun ergänzt werden. Bei dieser Revision handelt es sich eher um ein formelles Anliegen, da lediglich die notwendige, zurzeit mangelhafte Gesetzesgrundlage für die auf Verordnungsstufe getroffene und bereits umgesetzte Regelung geschaffen werden soll. Wir stimmen der vorgeschlagenen Anpassung zu. 4. Wahl des Leistungserbringers und Kostenübernahme bei ambulanten Behandlungen Nach dem geltenden Art. 41 Abs. 1 KVG muss der Versicherer für ambulante Behandlungen die Kosten höchstens nach dem Tarif übernehmen, der am Wohn- oder Arbeitsort der versicherten Person gilt. Neu soll der jeweils für den gewählten Leistungserbringer geltende Tarif zur Anwendung kommen; eine Verrechnung aufgrund differierender kantonaler Taxpunktwerte soll somit künftig entfallen. Diese Änderung betrifft den interkantonalen Leistungsbezug. Die bestehende Lösung führt zu unnötigem administrativem Aufwand für die Leistungserbringer und die Krankenversicherer. Sicherzustellen ist bei einer solchen Gesetzesänderung jedoch in jedem Fall, dass durch diese keine Präjudizen für andere Finanzierungssysteme (Spitalfinanzierung, Restfinanzierung Pflege) geschaffen wird. In der Botschaft zum Gesetzesentwurf sollte klar gestellt werden, dass die revidierte Bestimmung von Art. 41 Abs. 1 die kantonale Restfinanzierung bei den Pflegeleistungen nicht tangiert, da in dieser Bestimmung lediglich von einer Kostenübernahme durch den Versicherer, nicht aber durch die Kantone die Rede ist. Da der Versicherer gemäss Art. 25a KVG einen schweizweit einheitlichen Beitrag an die Pflegeleistungen zu bezahlen hat, ergeben sich bezüglich Pflegefinanzierung keine Differenzen zwischen heutigem und künftigem Art. 41 Abs. 1. Auch bezüglich weiteren ambulanten Bereichen (z. B. Tageskliniken Psychiatrie), ist die Kostenübernahme auf die Versicherer zu beziehen und nicht auf allfällige Kantonsbeiträge.
5 5/5 Wir stimmen der vorgeschlagenen Anpassung unter der Bedingung zu, dass in der Botschaft explizit festgehalten wird, dass die Änderung lediglich die Finanzierungspflicht der Versicherer, nicht aber die Beiträge der Kantone betrifft. Wir danken Ihnen für die Berücksichtigung unserer Anträge. Mit freundlichen Grüssen Der Präsident des Regierungsrates Der Staatsschreiber
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