Seminar zur. Zahlentheorie. Prof. Dr. T. Wedhorn. Vortrag zum Thema. Euklidische und faktorielle Ringe Peter Picht. und.
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1 Seminar zur Zahlentheorie Prof. Dr. T. Wedhorn Vortrag zum Thema Euklidische und faktorielle Ringe Peter Picht und Stephan Schmidt
2 4 Euklidische und faktorielle Ringe (A) Assoziierheit, Irreduziblität, euklidische und faktorielle Ringe Im Folgenden sei A ein (kommutativer) nullteilerfreier Ring. 4.1 Definition Zwei Elemente a, b A heißen assoziiert (a = b), wenn a b und b a. Äquivalent: Es existiert ein u A, sodass au = b. 4.2 Definition Ein Element π A heißt irreduzibel, wenn es von Null verschieden und keine Einheit ist (d.h. 0 π / A ) und gilt: 4.3 Beispiel π = ab = a A oder b A a, b Die irreduziblen Elemente in Z sind die Elemente +p und p mit p Primzahl. 4.4 Definition A heißt faktoriell, wenn jedes a A, 0 a / A eine bis auf Einheiten und Reihenfolge eindeutige Zerlegung in ein Produkt irreduzibler Elemente hat: a = π 1 π n = π 1 π m Dann gilt m = n und (nach geeigneter Umnummerierung) π i =π i i. 4.5 Beispiele (1) Z ist faktoriell (vgl. Primfaktorzerlegung). (2) Für einen Körper K wird K[X] zu einem faktoriellen Ring. Satz (4.11) 4.6 Definition Ein Element π A heißt Primelement, wenn 0 π / A und gilt: 4.7 Lemma π ab = π a oder π b a, b A (1) Jedes Primelement in A ist irreduzibel. (2) In einem faktoriellen Ring gilt auch die Umkehrung. 1
3 (1) Sei π A, π = ab, so gilt insbesondere π ab, also π a oder π b. Gelte o.e. π a = a π, d.h. a =π. (1.1) = π = au für ein u A ab = au = b = u A π ist irreduzibel. (2) Sei π A irreduzibel und es gelte π ab. Dann muss π (bzw. π mit π =π) entweder in der Zerlegung von a oder in der Zerlegung von b in irreduzible Elemente enthalten sein. Das heißt, es gilt π a oder π b und es folgt: π ist Primelement. 4.8 Definition A heißt euklidisch, wenn es eine Abbildung (Euklidische Normfunktion) ν : A \ {0} N gibt, sodass es zu a, b A, b 0 stets q, r A gibt mit 4.9 Beispiele a = qb + r und (ν(r) < ν(b) oder r = 0). (1) Der Ring Z ist euklidisch mit Normfunktion (Absolutbetrag). (2) K[X], K Körper ist euklidisch mit Normfunktion deg (Grad). Ziel: Euklidische Ringe sind faktoriell. Erinnerung Ein Element d A heißt größter gemeinsamer Teiler (ggt) von a und b, falls gilt: (1) d a und d b (2) (e a und e b) e d Bemerkung Seien d und d größte gemeinsame Teiler von a, b A. Dann gilt d =d. Nach Definition gilt d d und d d, also d =d Lemma Sei A euklidisch. In A existieren zu beliebigen Elementen a, b A größte gemeinsame Teiler. Jeder ggt d von a und b lässt sich schreiben als d = ax + by mit x, y A. 2
4 Seien a, b A gegeben. Zu zeigen: Es existiert ein größter gemeinsamer Teiler von a und b und jeder ggt von a und b lässt sich als Linearkombination von a und b darstellen. Falls a = 0 oder b = 0, ist die Aussage klar. Falls ab 0 verwende den euklidischen Algorithmus, das heißt teile sukzessive mit Rest: a = bq 1 + r 1 ν(r 1 ) < ν(b) b = r 1 q 2 + r 2 ν(r 2 ) < ν(r 1 ) r 1 = r 2 q 3 + r 3 ν(r 3 ) < ν(r 2 ). r n 3 = r n 2 q n 1 + r n 1 r n 1 0 r n 2 = r n 1 q n + r n r n = 0 Die Folge ν(b) > ν(r 1 ) > ν(r 2 ) >... ist eine streng monoton fallende Folge von Zahlen aus N, daher bricht der Prozess ab, das heißt es gibt ein n mit r n = 0. Behauptung: d := r n 1 ist ein ggt von a und b. Geht man von unten nach oben die Gleichungen durch, wird klar, dass d sowohl a als auch b teilt. Starte in der vorletzten Zeile r n 3 = r n 2 q n 1 + d und setze sukzessive ein. Das führt zu d = ax + by mit x, y A. Ist nun e A ein Element mit e a und e b, folgt e (ax + by) = d und es folgt, dass d ein größter gemeinsamer Teiler von a und b. Ist d ein weiterer größter gemeinsamer Teiler, so gilt nach (4.1) d = du mit u A. Es folgt d = uxa + uyb, das heißt jeder ggt ist als Linearkombination von a und b darstellbar Satz Sei A ein euklidischer Ring. Dann gibt es auf A eine euklidische Normfunktion ν : A \ 0 N mit für alle a, b A \ 0. ν(ab) ν(a) Sei µ : A \ 0 N eine euklidische Normfunktion. Wir setzen ν(a) = min a =a µ(a ). Wir zeigen zunächst, dass auch ν eine euklidische Normfunktion ist. Seien also a, b A, b 0, gegeben und sei b unter den zu b assoziierten Elementen eines, für das µ(b ) minimal ist, das heißt ν(b) = µ(b ). Gelte b = be mit e A. 3
5 Dann folgt a = qeb + r mit r = 0 oder ν(r) µ(r) < µ(b ) = ν(b). Also ist ν eine euklidische Normfunktion. Sei nun 0 a A beliebig und 0 b A so gewählt, dass ν(ab) minimal ist. Annahme: ν(ab) < ν(a). Da ν auf zueinander assoziierten Elementen gleiche Werte annimmt, ist b dann keine Einheit. Schreibe a = abq + r mit q, r A und r = 0 oder ν(r) < ν(ab). Wegen r = a(1 qb) gilt r 0, sonst wäre b eine Einheit. Also gilt ν(a(1 qb)) < ν(ab) im Widerspruch zur Wahl von b Satz Euklidische Ringe sind faktoriell. Es ist zu zeigen, dass jedes 0 a / A, a A eine bis auf Reihenfolge und Assoziiertheit eindeutige Zerlegung in irreduzible Elemente hat. Existenz: Sei ν eine euklidische Normfunktion von der Form ν : A \ {0} N mit ν(ab) ν(a), a, b 0 Annahme: Es gibt Elemente 0 a / A, die sich nicht als Produkt irreduzibler Elemente darstellen lassen. Sei a unter diesen Elementen eines mit minimalem Wert ν(a). Da a selbst nicht irreduzibel ist, gibt es 0 b, c / A, b, c A mit a = bc. Da a nicht als Produkt irreduzibler Elemente darstellbar ist, muss dies auch für b oder c gelten. O.B.d.A. sei b nicht als Produkt irreduzibler Elemente darstellbar. Genügt zu zeigen: ν(b) < ν(a) Wegen c / A gilt a b. Da A euklidisch ist, existieren q, r A, r 0 mit b = aq + r, ν(r) < ν(a). Wir erhalten r = b aq = b bcq = b(1 cq) ν(b) ν(b(1 cq)) = ν(r) Wir erhalten ν(b) < ν(a), im Widerspruch zur Wahl von a. Also ist jedes 0 a / A als Produkt irreduzibler Elemente darstellbar. Eindeutigkeit: Sei a wie oben gewählt und habe die zwei Zerlegungen mit p i, q j irreduzibel. a = p 1 p r = q 1 q s Zu zeigen: r = s und p i =q i (nach evtl. Umnummerierung). Sei ohne Einschränkung r s. Nach (4.10) sind die p i Primelemente. Aus p 1 a = q 1 q s folgt p 1 q j für ein j. Dieses sei (nach Umnummerierung) q 1. Also gilt q 1 = ɛ 1 p 1 für ein ɛ A. Da q 1 irreduzibel und p 1 keine Einheit ist, gilt ɛ A und p 1 =q 1. Kürzen durch p 1 führt zu: p 2 p r = ɛ 1 q 2 q s. 4
6 Da p 2 ein Primelement und daher keine Einheit ist, gilt p 2 ɛ 1. Folglich gilt p 2 (q 2 q s ). Induktives Fortsetzen führt zu q i = ɛ i p i = p i, ɛ i A, i = 1 r sowie 1 = ɛ 1 ɛ r q r+1 q s Daher wären die irreduziblen Elemente q r+1,..., q s im Widerspruch zur Voraussetzung Einheiten. = r = s 5
7 (B) Erweiterte Zahlringe Sei d Z mit d 0, 1 und quadratfrei, das heißt nicht teilbar durch eine Quadratzahl q > 1. Sei d C eine komplexe Zahl mit d 2 = d. Setze Z[ d] := {a + b d a, b Z} C Z[ d] ist ein Unterring von C. Die Darstellung ist eindeutig. Gelte a + b d = a + b d mit a, b, a, b Z und d wie oben. Dann folgt (b b) d = (a a ) und daher a = a und b = b, weil d quadratfrei ist und d somit keine rationale Zahl ist. Betrachte auf Z[ d] die Normfunktion N: N(a + b d) = (a + b d)(a b d) = a 2 db 2 Beachte, dass N für d < 0 den Absolutbetrag liefert, für d > 0 kann N negativ sein. Außerdem gilt: (i) N(zz ) = N(z)N(z ) (Beweis klar) (ii) Aus N(z) = 0 folgt z = 0. N(a + b d) = a 2 db 2 = 0 mit z = a + b d = a 2 = db 2 = a = db mit d / Q = a = b = 0 (da a, b Z) = z = Satz Die Funktion ν : Z[ d]\{0} N, z N(z) ist eine euklidische Normfunktion, falls x 2 dy 2 < 1 x 1 2, y 1 2 gilt. für alle x, y Q mit Für x, y C der Form x = a + b d und y = a + b d mit a, a, b, b Q sind auch die komplexen Zahlen x + y, xy, x y (y 0) von dieser Form. Mit anderen Worten: Z[ d] := {a + b d a, b Z} ist ein Körper. Wir zeigen dies für x y : x y = a+b d a +b = (a+b d)(a b d) d a 2 b = aa bb d 2 a 2 db + a b ab 2 a 2 db d 2 6
8 Seien a, b Z[ d], b 0 mit a b = u + v d. (u, v Q) Ziel: Finde q und r mit a = qb + r und (ν(r) < ν(b) oder r = 0) Wähle nun x, y Z mit u x 1 2, v y 1 2. Mit q = x + y d erhalten wir nach Voraussetzung: N( a b q) = (u x)2 d(v y) 2 < 1 Für r = 0 ist die Aussage klar. Gelte daher r 0 und setze 0 r = a bq Z[ d], so gilt: ν(r) = N(r) = N(a bq) = N(b( a b q)) = N(b)N( a b q) = N(b) N( a b q) < N(b) = ν(b) }{{} <1 Mit q und r wie oben gewählt ist ν eine euklidische Normfunktion Korollar Für d = 2, 1, 2, 3 ist der Ring Z[ d] euklidisch und damit auch faktoriell. Für x, y Q mit x, y 1 2 gilt: d = 2 : x 2 + 2y < 1 d = 1 : x 2 + 1y < 1 d = +2 : x 2 2y < 1 d = +3 : x 2 3y < Bemerkung Der Ring Z[ d] ist oft nicht faktoriell (und damit auch nicht euklidisch). Beispiel: In Z[ 5] hat man für 6 Z[ 5] die Zerlegungen (1 + 5)(1 5) = 6 = 2 3 Dabei sind die Elemente (1 + 5), (1 5), 2, 3 allesamt irreduzibel und nicht assoziiert. Also hat 6 keine eindeutige Zerlegung in Z[ 5] und Z[ 5] ist somit nicht faktoriell (und damit auch nicht euklidisch). 7
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