Insomnie. PD Dr. med. S. Cohrs Klinik für Psychiatrie und Psychotherpie. Universitätsmedizin Rostock. BG Holz und Metall 24.

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1 Insomnie PD Dr. med. S. Cohrs Klinik für Psychiatrie und Psychotherpie BG Holz und Metall 24. Januar 2018

2 DEGS Ergebnisse: Einschlafschwierigkeiten % Frauen % Männer Weniger als 1 Mal/Woche 1 Mal oder 2 Mal/Woche 3 Mal oder häufiger/woche Weniger als 1 Mal/Woche 1 Mal oder 2 Mal/Woche 3 Mal oder häufiger/woche J40-59 J60-79 J J40-59 J60-79 J Scklack et al. Bundesgesundheitsbl 2013, 56:

3 DEGS Ergebnisse: Durchschlafschwierigkeiten % Frauen % 40 Männer Weniger als 1 Mal/Woche 1 Mal oder 2 Mal/Woche 3 Mal oder häufiger/woche J J J Scklack et al. Bundesgesundheitsbl 2013, 56:

4 Leitsymptome der Insomnie 1. Ein- und Durchschlafstörungen oder unerholsamer Schlaf 2. mindestens über 3-4 Wochen mindestens 3 x / Woche auftretend 3. deutliche Beeinträchtigung der Tagesbefindlichkeit in Zusammenhang mit der Schlafstörung

5 DEGS Ergebnisse: Screening-Diagnose Insomnie - Prävalenz eines Insomnie-Syndroms liegt in Deutschland bei 5,7 % der Allgemeinbevölkerung Scklack et al. Bundesgesundheitsbl 2013, 56:

6 Insomnie Ursachen von Insomnie 1.) Prädisponierende Faktoren (Vulnerabilitäts-Faktoren) 2.) Präzipitierende Faktoren (Auslösende Faktoren) 3.) Perpetuierende Faktoren (Aufrechterhaltende Faktoren) Spielman und Glovinsky 1991 in Hauri PJ, editor. Case studies in insomnia

7 Insomnie- eine Hyperarousal-Störung Erhöhte Aktivität in der Nacht und am Tage in den Bereichen: Elektrophysiologisch: Schlaf-EEG, MSLT, Spektralanalyse Ereigniskorrelierte Potentiale Autonomes Nervensystem: Herzfrequenz, Körpertemperatur, Gesamtmetabolismus widersprüchliche Ergebn. zu Hautwiderstand Koginitiv Emotional Neuroendokrinologisch Riemann et al. 2010; Bonnet et al. 2010

8 Arousal bei primär/psychophysiologischer Insomnie

9 Pathogenese: Teufelskreis der Insomnie Stress Dysfunktionale Kognitionen Sorgen um Schlafmangel Grübeln über die Folgen Unrealistische Erwartungen Misattributionen/-verstärkungen Hyperarousal Emotional Kognitiv Physiologisch Maladaptive Gewohnheiten Insomnie Exzessive Bettzeiten Unregelmäßiger Rhythmus Tagesschlaf Schlafinkompatible Verhaltensweisen Konsequenzen Stimmungsbeeinträchtigungen Müdigkeit Leistungseinbußen Soziale Folgen

10 Schlaf und organische Erkrankungen Infektionserkrankungen Cohen et al. Arch Int Med 2009: 62-67

11 Schlaf und organische Erkrankungen Infektionserkrankungen -153 gesunde Probanden -Intervention: Virusexposition -35,3 % erlitten Erkältung -Schlafeffizienz vs niedrig: OR 5,5 für Erkältung Cohen et al. Arch Int Med 2009: 62-67

12 Schlaf und organische Erkrankungen Blutdruck - Insomnie ist ein Prädiktor für die Entwicklung einer arteriellen Hypertonie Knutson et al. Arch Int Med 2009:

13 Schlaf und organische Erkrankungen Übergewicht - Eine kurze Schlafdauer ist assoziiert mit Übergewicht Cappucio et al. Sleep 2008:

14 Insomnie als Risikofaktor für Depression - Insomnie ist ein Prädiktor für die Entwicklung einer Depression Baglioni et al. Sleep 2011:

15 Insomnie-Diagnostik I Anamnese Aktometrie Labor

16 Arousal bei primär/psychophysiologischer Insomnie

17 Insomnie-Therapie Kognitive Verhaltenstherapie bei Insomnie (KVT-I) Die kognitive Verhaltenstherapie für Insomnien soll bei Erwachsenen jedes Lebensalters als erste Behandlungsoption für Insomnien durchgeführt werden (A). Pharmakologische Interventionen Eine medikamentöse Therapie kann angeboten werden, wenn die KVT-I nicht hinreichend effektiv war oder nicht durchführbar ist. Riemann et al. Somnologie 2017, 21:2 44; 2017 S-3 Leitlinie Insomnie bei Erwachsenen

18 Insomnie und Hyperarousal: Risiken und Protektive Faktoren Schmerzen Hyperaktivität Organ. Erkrankung Gewalt Emotionale Probleme Fernsehkonsum 24-h-Aktivitäten Koffein Hyperarousal + + Alkoholkonsum Rauchen Sport Dankbarkeit - Insomnie - Hyperarousal Optimismus Achtsamkeit modifiziert nach Cohrs et al. Somnologie 2015, 19: Migrationsstatus Alter Geschlecht Soziale Unterstützung Familiärer Zusammenhalt Hoher Sozialer Status Adäquate Beleuchtung -

19 Insomnie-Therapie ursachenorientiert I Organische Erkrankungen, die zu Schlafstörungen führen können. Chronische Nierenerkrankungen/ Magen-Darm-Erkrank. Chronischer Schmerz z.b. bei rheumatischen Erkrank. Endokrinologische Erkrankungen Epilepsien Extrapyramidalmotorische Erkrankungen Herz- und Lungenerkrankungen Kopfschmerzen Maligne Erkrankungen Polyneuropathien Schlaganfall Multiple Sklerose Starker Juckreiz bei Hauterkrankungen Riemann et al. Somnologie 2017, 21:2 44; 2017 S-3 Leitlinie Insomnie bei Erwachsenen

20 Insomnie-Therapie ursachenorientiert II Substanzen, deren Einnahme zu einer Insomnie führen kann Alkohol und andere Rauschmittel Antibiotika (z.b. Gyrasehemmer) Antidementiva (z.b. Piracetam) Antriebssteigernde Antidepressiva (z.b. SSRIs) Blutdruckmittel (z.b. β-blocker) Asthma-Medikamente (z.b. Theophyllin, β-sympathomimetika) Diuretika Hormonpräparate (z.b. Thyroxin, Steroide) Stimulierende Substanzen (Koffein und synthetische Substanzen, z.b. Amphetamine, Ecstasy) Riemann et al. Somnologie 2017, 21:2 44; 2017 S-3 Leitlinie Insomnie bei Erwachsenen

21 Störungsspezifische Psychotherapie der primären Insomnie: KVT-I Entspannung I Körperliche Entspannung, Progressive Muskelrelaxation Entspannung II Gedankliche Entspannung, Ruhebild, Phantasiereise, Achtsamkeit Regeln für einen gesunden Schlaf/ Rhythmusstrukturierung Informationen zu Schlaf und Schlafstörungen, Schlafhygiene, Schlaf-Wach-Rhythmus-Strukturierung, Stimuluskontrolle, Schlafrestriktion Kognitive Techniken Erkennen kognitiver Teufelskreise und sicht-selbst-erfüllender Prophezeiungen, Gedankenstuhl Kognitives Umstrukturieren dysfunktionaler Gedankenkreisläufe Riemann et al. Somnologie 2017, 21:2 44; 2017 S-3 Leitlinie Insomnie bei Erwachsenen

22 Pharmakotherapie der primären Insomnie I: Eine medikamentöse Therapie kann angeboten werden, wenn die KVT-I nicht hinreichend effektiv war oder nicht durchführbar ist. Benzodiazepin-Rezeptor-Agonisten Benzodiazepin-Rezeptor-Agonisten sind im kurzzeitigen Gebrauch (3-4 Wochen) effektiv in der Behandlung von Insomnien (A) Die neuen Benzodiazepin-Rezeptor-Agonisten sind gleich wirksam wie die klassischen Benzodiazepinhypnotika (A) Eine generelle Empfehlung zur Langzeitbehandlung von Insomnien mit Benzodiazepin-Rezeptor-Agonisten kann aufgrund der Datenlage und möglicher Nebenwirkungen/ Risiken derzeit nicht ausgesprochen werden (B). Riemann et al. Somnologie 2017, 21:2 44; 2017 S-3 Leitlinie Insomnie bei Erwachsenen

23 Pharmakotherapie der primären Insomnie II: Sedierende Antidepressiva Die Kurzzeitbehandlung von Insomnien mit sedierenden Antidepressiva ist effektiv, wobei Kontraindikationen zu Beginn und im Verlauf geprüft werden sollen (A). Eine generelle Empfehlung zur Langzeitbehandlung von Insomnien mit sedierenden Antidepressiva kann aufgrund der Datenlage und möglicher Nebenwirkungen / Risiken derzeit nicht ausgesprochen werden (A). Riemann et al. Somnologie 2017, 21:2 44; 2017 S-3 Leitlinie Insomnie bei Erwachsenen

24 Pharmakotherapie der primären Insomnie II: Antipsychotika In Anbetracht der unzureichenden Datenlage für Antipsychotika in der Indikation Insomnie und angesichts ihrer Nebenwirkungen wird ihre Verwendung in der Insomniebehandlung nicht empfohlen (A). Eine Ausnahme stellen gerontopsychiatrische Patienten dar, bei denen ggf. niedrigpotente Antipsychotika als Schlafmittel gegeben werden können (C). Melatonin Aufgrund von geringer Wirksamkeit bei dieser Indikation wird Melatonin nicht generell zur Behandlung von Insomnien empfohlen (B). Phytopharmaka Für Baldrian und andere Phytopharmaka kann aufgrund der unzureichenden Datenlage keine Empfehlung zum Einsatz in der Insomniebehandlung gegeben werden (B). Riemann et al. Somnologie 2017, 21:2 44; 2017 S-3 Leitlinie Insomnie bei Erwachsenen

25 Zusammenfassung Insomnie ist mit ca. 6 % häufig Assoziierte - und Folgeprobleme sind vielgestaltig Pathophysiologie beinhaltet Hyperarousal mit psycho-bio-sozialen Aspekten Therapie: ursachenorientiert KVT-I ist 1. Wahl GABA-Agonisten kurzzeitig niedrigdosierte Antidepressiva möglich