Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom zur Einstufung einer kommunalen Kindertagesstätte als Betrieb gewerblicher Art
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- Helene Möller
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1 Rundschreiben An die Landkreise in Hessen 619/2012 Frankfurter Str Wiesbaden Telefon (0611) Durchwahl (0611) Telefax-Zentrale (0611) PC-Fax-Zentrale (0611) PC-Fax-direkt (0611) zentrale: info@hlt.de -direkt: kredig@hlt.de Datum: Az. : Sp/kr/962.12; L021.1 Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom zur Einstufung einer kommunalen Kindertagesstätte als Betrieb gewerblicher Art Der Bundesfinanzhof hat entschieden, dass es sich beim Betrieb einer kommunalen Kindertagesstätte ( Kita ) zur Erfüllung des sozialgesetzlichen Anspruchs von Kindern ab dem vollendeten dritten Lebensjahr auf Förderung in Tageseinrichtungen regelmäßig um einen sog. Betrieb gewerblicher Art handelt, der der Körperschaftsteuer unterfällt. Für den Bundesfinanzhof ist ausschlaggebend, dass die kommunalen Kitas in einem Anbieter- und Nachfragewettbewerb zu anderen Kitas stehen, insbesondere auch solchen, die von privaten Leistungsträgern betrieben werden. Angesichts dessen sei das Betreiben von Kitas nicht der öffentlichen Hand eigentümlich und vorbehalten. Auch dass die Einnahmen der kommunalen Kitas aus den Elternbeiträgen resultierten und sie sich (auch) aus diesen Beiträgen finanzierten, ändere daran nichts. Möglicherweise können jedoch die Gemeinnützigkeitserfordernisse der 51 ff. der Abgabenordnung (AO) erfüllt sein. Dies ist im Streitfall nun vom zuständigen Finanzgericht zu klären. Sehr geehrte Damen und Herren, der Bundesfinanzhof hat am seine Entscheidung vom veröffentlicht (Anlage 1), nach der das Betreiben einer kommunalen Kindertagesstätte ( Kita ) als Betrieb gewerblicher Art mit der Auslösung entsprechender Steuerpflichten eingestuft wird. Der Deutsche Landkreistag (DLT) hat uns hierzu mitgeteilt:
2 Als Leitsatz stellt der Bundesfinanzhof heraus: Von einer Kommune betriebene Kindergärten sind unbeschadet des Rechtsanspruchs von Kindern ab dem vollendeten dritten Lebensjahr auf Förderung in Tageseinrichtungen nach 24 SGB VIII keine Hoheitsbetriebe, sondern Betriebe gewerblicher Art. Sachverhalt Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine (kreisfreie) nordrheinwestfälische Stadt, die im Streitjahr 2005 als Trägerin der öffentlichen Jugendhilfe eigene Kindertagesstätten (Kindergärten) unterhielt. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA- ) vertrat die Auffassung, dass es sich bei den von der Klägerin unterhaltenen Kindergärten um einen Betrieb gewerblicher Art (BgA) handelt und setzte unter Ansatz eines geschätzten Steuerbilanzgewinns die Körperschaftsteuer für das Streitjahr fest. Die dagegen erhobene Klage war erfolgreich; das Finanzgericht (FG) Düsseldorf gab ihr durch Urteil vom (Az.: 6 K 2138/08 K) statt. Das FA monierte daraufhin eine Verletzung materiellen Rechts und beantragte, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen. Entscheidungsgründe Der Bundesfinanzhof hat dem Revisionsvortrag des FA stattgegeben und das angefochtene Urteil aufgehoben und an das FG zurückgewiesen. Der Bundesfinanzhof führt dazu begründend aus, das die Klägerin mit den Kindergärten einen Betrieb gewerblicher Art (BgA, 4 Abs. 1 KStG) und keinen Hoheitsbetrieb i.s. des 4 Abs. 5 KStG unterhalte. Möglicherweise könnten jedoch die Gemeinnützigkeitserfordernisse der 51 ff. der Abgabenordnung (AO) erfüllt sein. Dies muss nun das FG klären. Der Bundesfinanzhof erläutert, dass juristische Personen des öffentlichen Rechts mit ihren BgA unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig seien ( 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG). BgA seien alle Einrichtungen, die einer nachhaltigen wirtschaftlichen Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen außerhalb der Land- und Forstwirtschaft dienen und die sich innerhalb der Gesamtbetätigung der juristischen Person wirtschaftlich herausheben ( 4 Abs. 1 KStG). Zu den BgA gehören nach 4 Abs. 5 Satz 1 KStG nicht Betriebe, die überwiegend der Ausübung öffentlicher Gewalt dienen (Hoheitsbetriebe). Unter Ausübung öffentlicher Gewalt seien Tätigkeiten zu verstehen, die der juristischen Person des öffentlichen Rechts eigentümlich und vorbehalten sind. Kennzeichnend dafür ist die Erfüllung spezifisch öffentlich-rechtlicher Aufgaben, die aus der Staatsgewalt abgeleitet sind, staatlichen Zwecken dienen und zu deren Annahme der Leistungsempfänger aufgrund gesetzlicher oder behördlicher Anordnung verpflichtet ist. Eine Ausübung öffentlicher Gewalt sei allerdings insoweit ausgeschlossen, als sich die Körperschaft durch ihre Einrichtungen in den allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr einschaltet und eine Tätigkeit ausübt, die sich ihrem Inhalt nach von der Tätigkeit eines privaten gewerblichen Unternehmens nicht wesentlich unterscheidet. Der Bundesfinanzhof schlussfolgert, dass nach diesen Rechtsgrundsätzen das FG im Streitfall den Betrieb der Kindergärten aus steuerlicher Sicht zu Unrecht als Hoheitsbetrieb beurteilt habe, da deren Unterhalten im Wettbewerb mit freigemeinnützigen und privatgewerblichen Anbietern gleichartiger Leistungen nicht juristischen Personen des öffentlichen Rechts als Trägern öffentlicher Gewalt eigentümlich und vorbehalten sei. 2
3 Die Kinderbetreuung als öffentliche Aufgabe der Daseinsvorsorge und ihre gesetzliche Verankerung werden dabei auch vom Bundesfinanzhof nicht in Zweifel gezogen. Allerdings sage weder der sozialgesetzliche Auftrag in 24 SGB VIII, wonach alle Kinder, für deren Wohl eine Förderung in Tageseinrichtungen oder in Tagespflege erforderlich ist, eine entsprechende Hilfe erhalten sollen, noch die die Träger der öffentlichen Jugendhilfe treffende Pflicht, darauf hinzuwirken, dass für jedes Kind vom vollendeten dritten Lebensjahr an bis zum Schuleintritt ein Kindergartenplatz zur Verfügung steht, und das Betreuungsangebot bedarfsgerecht auszubauen, etwas darüber aus, in welcher Weise noch durch wen diese Aufgaben erfüllt werden. Dafür stünden gleichermaßen die öffentlichen, die kirchlichen wie freigemeinnützigen Leistungsträger, aber - wie sich gerade aus dem neugeschaffenen und erstmals für das Streitjahr geltenden Gesetz zum qualitätsorientierten und bedarfsgerechten Ausbau der Tagesbetreuung für Kinder (Tagesbetreuungsausbaugesetz, BGBl I 2004, 3852) und konkret aus 74a SGB VIII in der Fassung dieses Gesetzes ergebe - auch privatgewerbliche Anbieter zur Verfügung Dass für Letztere die Förderungsgrundsätze des 22 SGB VIII und des 2 GTK-NW nicht unmittelbar verpflichtend seien und sie ihnen nur freiwillig Rechnung tragen mögen, ändere daran nichts. Ausschlaggebend sei allein, dass die jeweiligen Kindergarten- und Kindertagesstättenbetreiber unter den entsprechenden fachlichen wie personellen Voraussetzungen tatsächlich wie potentiell in gleicher oder jedenfalls vergleichbarer Weise auftreten und ihr Angebot dem gleichen Kundenkreis anbieten. Der Bundesfinanzhof erklärt, dass die besondere und verpflichtende Aufgabenlage, denen unmittelbar nur öffentliche Leistungserbringer unterworfen sind, den wirtschaftlichen Charakter der betreffenden Unternehmen ebenso wie solcher Mitbewerber, welche den Grundversorgungsanforderungen nicht ausgesetzt sind, unberührt belässt. Aus steuerlicher Sicht könne es deswegen keinen Unterschied machen, ob eine (auch öffentliche) Aufgabe in Gestalt eines Eigen- oder Regiebetriebs, eines BgA oder in einer privatrechtlichen Struktur wahrgenommen wird. Hier wie dort kommt es allein darauf an, ob die Aufgabenerfüllung einem öffentlichen Leistungserbringer eigentümlich ist, oder ob die Leistungen auch in einem wirtschaftlichen Wettbewerb erbracht werden können und werden. Der Bundesfinanzhof führt weiter aus, dass, soweit seitens der Klägerin und auch der Vorinstanz im Ausgangspunkt - vor dem sozialgesetzlichen und -politischen Hintergrund - eine mangelnde Vergleichbarkeit der einschlägig tätigen Kindergartenbetreiber vertreten werde, solches aus den beschriebenen Gründen jedenfalls für das Steuerrecht ungerechtfertigt sei. Auch der Abgleich mit öffentlichen und privaten Schulträgern ist insoweit nicht weiterführend, weil sich die gesetzliche Schulpflicht von der (öffentlichen) Aufgabe, Kindergarten- und Kindertagesstättenplätze zur Verfügung zu stellen (keine "Kita-Pflicht"), jedenfalls unter den Gegebenheiten des Streitjahres schon im Ansatz grundsätzlich unterscheide. Die Annahme eines BgA scheitert nach den Darlegungen des Bundesfinanzhofes schließlich ebenso wenig an der hierfür nach 4 Abs. 1 KStG notwendigen Einnahmeerzielungsabsicht. Denn die zur Finanzierung der Kindergärten eingeforderten sog. Elternbeiträge seien nach Maßgabe des einschlägigen Landesrechts Gegenleistung für die individuelle Inanspruchnahme der Kindergärten. Dass die Beiträge im Rahmen eines hoheitlichen Beitragserhebungsverfahrens durch Verwaltungsakt 3
4 festgesetzt werden und im Einzelnen nach sozialen Gesichtspunkten und nach sozialer Bedürftigkeit gestaffelt und begrenzt sind, widerspreche dem nicht. Der konkrete Streitfall wird vom Bundesfinanzhof an das FG zurückverweisen, um die Höhe der Körperschaftsteuer transparent festzustellen. Ebenso bedarf es aus Sicht des Bundesfinanzhofes einer Rechtsprüfung, ob die Klägerin mit ihrem BgA Kindergärten/Kindertagesstätten die tatbestandlichen Erfordernisse der Gemeinnützigkeit gemäß 51 ff. AO - hier konkret von 52 Abs. 2 Nr. 4 und 7 AO - erfüllt. Wertung Prinzipiell hängt an der Frage der Einstufung als BgA nicht nur die Frage der Körperschaftsteuerpflicht. Letztere dürfte für die kommunalen Kindertagesstätten faktisch ein geringeres Problem sein. Da das Umsatzsteuergesetz sich auf das Körperschaftsteuergesetz bezieht und die BgAs als Unternehmen einstuft ( 2 Abs. 3 Satz UStG: Die juristischen Personen des öffentlichen Rechts sind nur im Rahmen ihrer Betriebe gewerblicher Art ( 1 Abs. 1 Nr. 6, 4 des Körperschaftsteuergesetzes) und ihrer land- oder forstwirtschaftlichen Betriebe gewerblich oder beruflich tätig.) stellt sich aber auch die fiskalisch bedeutsamere Frage der Umsatzsteuerbarkeit der Leistungen der Kindertagesstätten. Hinzuweisen ist insoweit jedoch auf die Steuerbefreiung nach 4 Nr. 25 UStG: 25. Leistungen der Jugendhilfe nach 2 Abs. 2 des Achten Buches Sozialgesetzbuch und die Inobhutnahme nach 42 des Achten Buches Sozialgesetzbuch, wenn diese Leistungen von Trägern der öffentlichen Jugendhilfe oder anderen Einrichtungen mit sozialem Charakter erbracht werden. Andere Einrichtungen mit sozialem Charakter im Sinne dieser Vorschrift sind a) von der zuständigen Jugendbehörde anerkannte Träger der freien Jugendhilfe, die Kirchen und Religionsgemeinschaften des öffentlichen Rechts sowie die amtlich anerkannten Verbände der freien Wohlfahrtspflege, b) Einrichtungen, soweit sie aa) für ihre Leistungen eine im Achten Buch Sozialgesetzbuch geforderte Erlaubnis besitzen oder nach 44 oder 45 Abs. 1 Nr. 1 und 2 des Achten Buches Sozialgesetzbuch einer Erlaubnis nicht bedürfen, bb) Leistungen erbringen, die im vorangegangenen Kalenderjahr ganz oder zum ü- berwiegenden Teil durch Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder Einrichtungen nach Buchstabe a vergütet wurden oder cc) Leistungen der Kindertagespflege erbringen, für die sie nach 24 Abs. 5 des Achten Buches Sozialgesetzbuch vermittelt werden können. Damit dürften die Leistungen der Kindertagesstätten nach dem SGB VIII grundsätzlich umsatzsteuerbefreit sein. Inwieweit damit das potentielle Umsatzsteuerproblem vollumfänglich gelöst ist, muss noch näher geprüft werden. Der DLT hat mit einer Pressemeldung (Anlage 2) auf das Urteil reagiert und die umgehende gesetzliche Klarstellung der Steuerfreiheit kommunaler Kindertagesstätten gefordert. Aus Sicht des DLT haben Kitas einen sozialpolitischen und sozialrechtlichen Förderungsauftrag, der letztlich prägendes Merkmal dieser Einrichtungen sei. Die Auffassung des BFH, es liege vielmehr ein Anbieter- und Nachfragewettbewerb vor, wird vom DLT mit Blick auf die gesetzlich vorgeschriebenen Aufgabe der Kinderbetreuung zurückgewiesen. 4
5 Wir bitten um Kenntnisnahme. Mit freundlichen Grüßen Angela Kredig Anlagen 5
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