Es gilt das gesprochene Wort! Sehr geehrter Herr Präsident Dr. Tschiersky, meine sehr geehrten Damen und Herren!
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- Swen Waldfogel
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1 Grußwort von Frau Ministerialdirigentin Dr. Bettina Hartwig anlässlich der Übergabe der Stoffliste Pflanzen und Pflanzenteile des Bundes und der Länder am 9. September 2014 in Berlin Es gilt das gesprochene Wort! Sehr geehrter Herr Präsident Dr. Tschiersky, meine sehr geehrten Damen und Herren! Rein pflanzlich und ohne Chemie ist heute in vielen Bereichen gefragter als je zuvor. Es ist offensichtlich, dass pflanzlich in der Verbraucherwahrnehmung oft mit gesundheitlich unbedenklich, häufig sogar mit gesundheitsfördernd gleichgesetzt wird. In vielen Fällen trifft dies auch zu. Doch Fakt ist auch, dass einige der giftigsten Stoffe, die wir überhaupt kennen, pflanzlichen Ursprungs sind, so zum Beispiel der Stoff Ricin. Ricin hat in der Vergangenheit wiederholt spektakuläre Schlagzeilen gemacht und gehört zum sogenannten Dreckigen Dutzend der Kampfstoffe für biologische Waffen. Aber auch das aus Kriminalromanen bekannte Strychnin ist ein Stoff pflanzlichen Ursprungs. Seite 1 von 6
2 Dass die Wirkung ob ein Ding Gift ist oder kein Gift ist von seiner Dosis abhängt, erkannte schon Paracelsus. So fand z.b. das erwähnte Strychnin in unterschiedlichen Konzentrationen Verwendung als Rattengift, als Arzneimittel und als Dopingmittel im Sport. Man fand Strychnin aber auch bereits in Produkten, die als Nahrungsergänzungsmittel angeboten wurden. Es stellt sich somit die Frage, wie man das Vorhandensein solcher Stoffe in Lebensmitteln rechtlich regelt. Vor gut 10 Jahren legte die Europäische Kommission dem Rat und dem Europäischen Parlament einen Vorschlag für eine Verordnung über den Zusatz von Vitaminen und Mineralien sowie bestimmten anderen Stoffen zu Lebensmitteln vor. Nach über 3 Jahren intensiver Beratung trat die Verordnung, die im deutschen Sprachraum als Anreicherungsverordnung bezeichnet wird, unter der Nr. 1925/2006 in Kraft. Die Anreicherungsverordnung regelt den Zusatz von Vitaminen und Mineralstoffen aber auch den von anderen Stoffen, die Lebensmitteln aufgrund ihrer ernährungsbezogenen oder physiologischen Wirkung zugesetzt werden. Artikel 8 der Anreicherungsverordnung verweist auf ihren Anhang III. Dort sind die anderen Stoffe aufzuführen, deren Verwendung bei der Herstellung von Lebensmitteln verboten oder beschränkt ist oder bei denen weiterhin eine wissenschaftliche Unsicherheit Seite 2 von 6
3 besteht. Welche anderen Stoffe in den Anhang III aufgenommen und welche Verwendungsbedingungen und ggf. Beschränkungen für diese Stoffe festgelegt werden, kann die Kommission aus eigener Initiative oder anhand von Informationen der Mitgliedstaaten beschließen, nachdem die EFSA die vorliegenden Informationen bewertet hat. Als die Anreichungsverordnung im Jahr 2006 in Kraft trat, enthielten die Listen keine Einträge; Mitgliedstaaten und Kommission sind gefordert, die Listen zu füllen. Die Entstehung der Stoffliste Pflanzen und Pflanzenteile des Bundes und der Länder, die ich heute für das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft entgegennehmen darf, ist eng mit den beschriebenen Entwicklungen auf europäischer Ebene verbunden. Anfang 2004, also kurz nach Vorlage des Verordnungsvorschlags, wurde im Rahmen einer Bund-Länder-Besprechung am Bonner Standort des Bundesministeriums die Erstellung von Listen anderer Stoffe, deren Verwendung in Lebensmitteln als problematisch angesehen wird, vereinbart. Unter Leitung des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) firmierte sich eine Arbeitsgruppe aus Vertretern der Länder, des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) und des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). Die Arbeitsgruppe beschloss, mit der umfangreichsten der insgesamt 13 identifizierten Kategorien anderer Stoffe zu beginnen, den Pflanzen und Pflanzenteilen. Seite 3 von 6
4 Ziel der Stoffliste war und ist es, relevante Informationen und Daten zu anderen Stoffen aus unterschiedlichsten Quellen zusammenzutragen und zu konsolidieren, um damit auch einen aktiven und konstruktiven Beitrag zur Füllung der Listen des Anhangs III der Anreicherungsverordnung zu leisten. Wie schwierig dieses Unterfangen werden sollte, war bei Konstituierung der Arbeitsgruppe im Jahr 2004 den Beteiligten sicher nicht bewusst. Denn heute, fast 8 Jahre nach Inkrafttreten der Anreicherungsverordnung, sind die Listen noch immer leer! Deutschland hat der Kommission bislang 11 Stoffe davon 10 Pflanzen bzw. Pflanzenteile jeweils verbunden mit umfassenden Risikobewertungen des BfR - zur Aufnahme in den Anhang III vorgeschlagen. Zwei der von Deutschland vorgeschlagenen Stoffe nämlich Ephedra und Yohimbe werden vermutlich als erste Stoffe überhaupt Einzug in den Anhang III der Anreicherungsverordnung halten. Das BMEL hat sich gegenüber der EU-Kommission immer wieder für eine vollständige europäische Harmonisierung der Regelungen der anderen Stoffe ausgesprochen. Es hält die Regelung des Artikels 8 im Grundsatz auch für ein geeignetes Instrument zur Erreichung dieses Ziels. Nach meiner Kenntnis hat bislang allerdings kein anderer Mitgliedstaat noch die Kommission von den Möglichkeiten des Artikels 8 Gebrauch gemacht, auch nicht, nachdem in 2012 eine entsprechende Durchführungsverordnung in Kraft getreten ist. Offensichtlich sind die Hürden des Verfahrens so Seite 4 von 6
5 hoch, dass Mitgliedstaaten es vorziehen, ihre nationalen Regelungen beizubehalten bzw. sogar neue zu erlassen. Immerhin wird nunmehr mit der Aufnahme von Ephedra und Yohimbe in den Anhang III der Vorschlag Deutschlands aufgegriffen und damit der erste Schritt getan. BMEL spricht sich für eine vollständige europäische Harmonisierung dieses Rechtsbereiches aus, weil der mit den unterschiedlichen Verfahren in den Mitgliedstaaten verbundene Verwaltungsaufwand für die betroffenen Unternehmen ein vermeidbares Hemmnis darstellt, verbunden mit mangelnder Rechtssicherheit. Die Instrumentarien sowohl zur Risikobewertung wie auch zur rechtlichen Umsetzung stehen dazu mittlerweile bereit. Mit der Stoffliste Pflanzen und Pflanzenteile des Bundes und der Länder ist ein weiteres Instrument hinzugekommen. Auch beobachtet das BMEL sehr genau die Initiativen anderer Mitgliedstatten, wie etwa das Projekt BELFRIT, über das im Rahmen dieser Veranstaltung im Laufe des Nachmittags noch berichtet werden wird. BELFRIT ist eine Initiative Belgiens, Frankreichs und Italiens, mit der die in diesen Mitgliedstaaten bestehenden Rechtsvorschriften zwischenstaatlich konsolidiert werden sollen. Mir ist bewusst, wieviel Arbeit und Zeit von allen Beteiligten in die Stoffliste investiert wurde. Das nun vorliegende Ergebnis dieser Arbeit kann sich sehen lassen! Die einzigartige Sammlung von Daten und Informationen über entsprechende Pflanzen und Seite 5 von 6
6 Pflanzenteile wird zukünftig die Beurteilung betroffener Lebensmittel erleichtern und verbessern. Das Äußere einer Pflanze ist nur die Hälfte ihrer Wirklichkeit!. Diese Erkenntnis stammt nicht von mir, meine Damen und Herren, sondern von keinem Geringeren als von Johann Wolfgang von Goethe. Vor diesem Hintergrund danke ich dem BVL und allen anderen am Erfolg des Projektes Stoffliste Pflanzen und Pflanzenteile Beteiligten für ihre engagierte und nachhaltige Arbeit, die dazu beiträgt, die andere Hälfte der Wirklichkeit von Pflanzen ein Stück besser kennenzulernen. Vielen Dank! Seite 6 von 6
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