Einleitung. Wir schauen uns einige Probleme an, die wir im Laufe der Vorlesung genauer untersuchen werden.
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- Reinhold Bäcker
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1 Chr.Nelius: Zahlentheorie (SoSe 2018) 1 Einleitung Wir schauen uns einige Probleme an, die wir im Laufe der Vorlesung genauer untersuchen werden. (1) Zahlbereiche Unsere Zahlentheorie spielt sich im Bereich der ganzen Zahlen ab. Wir benutzen die folgenden Bezeichnungen für die verschiedenen Zahlbereiche: Æ Æ 0 É Ê Menge der natürlichen Zahlen ohne die Null Menge der natürlichen Zahlen mit der Null Menge der ganzen Zahlen Menge der rationalen Zahlen Menge der reellen Zahlen Diese Zahlenmengen sind ineinander geschachtelt. Es gilt Æ Æ 0 É Ê Dabei ist das Symbol für die Teilmengenbeziehung, die die Gleichheit ausschließt. Es ist É = { a b a,b, b 0 } die Menge aller Brüche (Quotienten) ganzer Zahlen, bei denen der Nenner ungleich Null ist. In der Zahlentheorie werden Teilbarkeitseigenschaften ganzer Zahlen untersucht. Zu den grundlegenden Begriffen gehören Teilbarkeit, ggt und kgv, Primzahlen und PFZen. (2) Die gekürzte Form einer rationalen Zahl Es gibt unendlich viele Möglichkeiten, ein und dieselbe rationale Zahl als Bruch zweier ganzer Zahlen darzustellen. Die gekürzte Form, bei der Zähler und Nenner teilerfremd sind und der Nenner positiv ist, ist dagegen eindeutig. a = 60, b = 78, a b = = = Man hat hier die gemeinsamen Primfaktoren aus Zähler und Nenner herausgekürzt, insgesamt also den ggt von a und b.
2 Chr.Nelius: Zahlentheorie (SoSe 2018) 2 Ein weiteres Beispiel: a = , b = , a b =? In diesem Beispiel wäre es sehr aufwändig, die PFZen von a und b zu berechnen. Es ist a 20100,9 und b Stattdessen berechnen wir den ggt von a und b mit Hilfe des Euklidischen Algorithmus: a = 15 b g := ggt(a,b) = b = = a b = g 2287 g = Hierbei gilt automatisch ggt(34308,2287) = 1. Themen: PFZ, ggt, Euklidischer Algorithmus (3) Die Summe rationaler Zahlen Die Brüche werden auf einen gemeinsamen Nenner (= Produkt der Nenner) gebracht, die Zähler dann addiert. Anschließend wird die gekürzte Form bestimmt = = = = = Hierbei ist 36 = ggt(149652,155520) Alternativ: kgv(30, 96, 54) = als Hauptnenner: = = Thema: kgv von zwei und mehr Zahlen
3 Chr.Nelius: Zahlentheorie (SoSe 2018) 3 (4) Irrationale Zahlen Die reellen Zahlen setzen sich aus den rationalen und den irrationalen Zahlen zusammen: Ê = É (Ê \ É) Es lässt sich zeigen, dass p für jede Primzahl p eine irrationale Zahl ist. Damit lassen sich also unendlich viele irrationale Zahlen angeben. Thema: Eigenschaften von Primzahlen (5) Mersenne sche Primzahlen WannisteineZahlderForm M n := 2 n 1 eineprimzahl(einesog. Mersenne sche Primzahl)? Wenn M n eine Primzahl ist, so lässt sich zeigen, dass auch n eine Primzahl sein muss. Für Mersenne sche Zahlen gibt es einen einfachen Primzahltest, den Lucas/Lehmer Test aus dem Jahre Dieser Test hat zur Folge, dass die größten heute bekannten Primzahlen Mersenne sche Primzahlen sind. Die größte, zur Zeit bekannte Primzahl ist die Mersenne sche Primzahl Diese Zahl hat Dezimalstellen und wurde am gefunden. Bis heute sind insgesamt 50 Mersenne sche Primzahlen bekannt. Alle Mersenne schen Primzahlen seit 1996 wurden im Rahmen einer weltweit durchgeführten Suche im Internet gefunden. GIMPS The Great Internet Mersenne Prime Search Informationen findet man unter Ungelöstes Problem: Gibt es unendlich viele Mersenne sche Primzahlen?
4 Chr.Nelius: Zahlentheorie (SoSe 2018) 4 (6) Vollkommene Zahlen Eine natürliche Zahl n heißt vollkommen, wenn die Summe der positiven Teiler von n gleich 2 n ist. Satz (Euler) Eine gerade Zahl n ist vollkommen, wenn n von der Form n = 2 p 1 (2 p 1) ist, wobei 2 p 1 eine (Mersenne sche) Primzahl ist (und umgekehrt). Ungelöste Probleme: Gibt es ungerade vollkommene Zahlen? Gibt es unendlich viele vollkommene Zahlen? (7) Fermat sche Primzahlen Problem: Wann ist eine Zahl der Form F n = 2 2n +1 eine Primzahl (eine sog. Fermat sche Primzahl)? Die ersten 5 Fermat schen Zahlen sind F 0 = = 3 F 1 = = 5 F 2 = = 17 F 3 = = 257 F 4 = = Dies sind alles Primzahlen und Fermat vermutete ( 1650), dass alle Zahlen F n prim sind. Im Jahre 1732 zeigte jedoch L.Euler, dass F 5 = = = keine Primzahl ist. Seitdem versucht man, weitere Fermat sche Primzahlen zu finden, was jedoch bis heute nicht gelungen ist. Ungelöstes Problem: Gibt es unendlich viele Fermat sche Primzahlen?
5 Chr.Nelius: Zahlentheorie (SoSe 2018) 5 (8) Die Konstruktion eines regelmäßigen n Ecks Problem: Für welche Zahlen n ist das regelmäßige n Eck mit Zirkel und Lineal konstruierbar? Bekannt sind Konstruktionen für n = 3,4,5,6. Satz (Gauß,1796) Ist p eine Primzahl, so ist das regelmäßige p Eck genau dann mit Zirkel und Lineal konstruierbar, wenn p eine Fermat sche Primzahl ist. Für die 5 bekannten Fermat schen Primzahlen ist die Konstruktion des regelmäßigen n Ecks auch durchgeführt worden: n Konstruktion des regelmäßigen n Ecks F 0 = 3 bereits im Altertum bekannt F 1 = 5 bereits im Altertum bekannt F 2 = 17 Gauß (1796) F 3 = 257 Richelot (1832) F 4 = Hermes ( ) Konstruktion eines regelmäßigen 5 Ecks D E H F C I A G B Die Längen einer Diagonale (etwa BD) und einer Seite (etwa AB) stehen im Verhältnis 1 2 (1 + 5) 1.62 des Goldenen Schnittes.
6 Chr.Nelius: Zahlentheorie (SoSe 2018) 6 (9) Der kleine Satz von Fermat Satz: Ist a eine ganze Zahl, die von der Primzahl p nicht geteilt wird, so gilt a p 1 = 1 r p d.h. a p 1 hat den Rest 1 bei Division durch p. Dieser Satz erleichtert die Berechnung der Reste von Potenzen mit großen Exponenten bei Division durch eine Primzahl. Beispiel: Wie groß ist der Rest von bei Division durch 101? ist eine Zahl mit immerhin 5612 Dezimalstellen! Es gilt r 101 ( ) = 1 nach dem kleinen Satz von Fermat. = r 101 ( ) = r 101 (( ) 30 ) = = 5476 = = r 101 (74 2 ) = 22 = r 101 ( ) = r 101 ( ) = r 101 (1 22) = 22, d.h hat den Rest 22 bei Division durch 101. (10) Das RSA Verschlüsselungsverfahren Das RSA Verschlüsselungsverfahren ist ein modernes Verfahren, das auf zahlentheoretischen Überlegungen aufbaut. Ein wesentliches Hilfsmittel dabei ist der Kleine Satz von Fermat. Für dieses Verfahren werden große Primzahlen benötigt.
7 Chr.Nelius: Zahlentheorie (SoSe 2018) 7 (11) Warum Beweise? Im Laufe dieser Vorlesung wollen wir Ergebnisse erzielen, die etwa für alle natürlichen Zahlen oder für alle Primzahlen gelten sollen. Das Problem dabei ist, dass die Menge aller natürlichen Zahlen oder aller Primzahlen unendliche Mengen sind. Es reicht dann nicht, diese Ergebnisse in einigen Fällen zu verifizieren, sondern sie müssen allgemein bewiesen werden. In dem folgenden Beispiel ist eine Aussage für alle natürlichen Zahlen von 2 bis richtig, aber für falsch! Das zeigt, dass für Aussagen, die allgemeingültig sein sollen, Beweise erforderlich sind. Es bezeichne G(n) die Anzahl aller natürlichen Zahlen n, die eine gerade Anzahl von Primfaktoren haben, und U(n) die Anzahl aller natürlichen Zahlen n, die eine ungerade Anzahl von Primfaktoren haben. In der folgenden Tabelle sind diese Größen für n = 1,2,3,...,12 berechnet: n PFZ von n G(n) U(n) Wir sehen, dass in diesen Beispielen die Ungleichung G(n) U(n) für n = 2,3,...12 gilt. Rechnet man jetzt weiter bis n = 1000, so gilt auch in diesen Fällen immer die Ungleichung G(n) U(n), so dass man auf die Vermutung kommen könnte, dass diese Ungleichung für alle natürlichen Zahlen n 2 gültig ist.
8 Chr.Nelius: Zahlentheorie (SoSe 2018) 8 Das allerdings ist falsch!!! Denn es ist U( ) = < = G( ) ist das kleinste Gegenbeispiel, und es gibt sogar unendlich viele Gegenbeispiele! Fazit: Allein aus der Tatsache, dass eine Formel oder Aussage für die ersten 10 oder 100 oder natürlichen Zahlen richtig ist (was man wirklich nachgeprüft hat), kann man noch lange nicht schließen, dass sie dann auch für alle natürlichen Zahlen gilt. Um das sagen zu können, müsste man sie richtig beweisen! Eine Beweismethode, mit der man in vielen Fällen zeigen kann, dass eine Formel oder Aussage für alle natürlichen Zahlen richtig ist, ist die vollständige Induktion.
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