5 Sphärische Trigonometrie
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- Katarina Raske
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1 $Id: sphaere.tex,v /7/15 18:27:28 hk Exp $ 5 Sphärische Trigonometrie 5.6 Berechnung der Tageslänge Wir beschäftigen uns gerade mit der Berechnung der Tageslänge. Wir betrachten momentan einen fixierten Tag an dem der Einstrahlpunkt Q, also der Schnittpunkt der Erdoberfläche mit der Verbindungsstrecke vom Sonnenmittelpunkt zum Erdmittelpunkt, zum Äquator den Winkel δ hat. Wir hatten δ auch die Deklination genannt. Wir betrachten den Fall das die Nordhalbkugel der Sonne zugewandt ist und dies bedeutet δ. Die Tageslänge hängt dann vom Breitengrad ϕ ab, wobei wir hier einen Breitenkreis der nördlichen Halbkugel betrachten auf dem überhaupt ein Wechsel zwischen Tag und Nacht stattfindet, also mit ϕ π/2 δ. In einer ersten Näherung hatten wir eingesehen das die Tageslänge auf diesem Breitenkreis gemessen in Stunden als T 1 = T 1 (ϕ, δ = 24 π arccos( tan ϕ tan δ gegeben ist. Hierzu wurde das sphärische Dreieck gebildet aus Q, dem Sonnenaufgang P längs unseres Breitenkreises und dem Nordpol N betrachtet, der Winkel H in diesem Dreieck beim Nordpol ist dann der sogenannte Stundenwinkel und gibt die Zeit zwischen Sonnenaufgang und Mittag an. Diese geometrische Tageslänge weicht aber noch recht deutlich von der wirklich beobachteten Tageslänge ab. Dies liegt an zwei Hauptgründen. Zum einen ist die Sonne keine punktförmige Lichtquelle sondern hat eine Ausdehnung und nimmt eine Winkel von etwa 16 ein. Die Sonne ist also schon um den Winkel 16 vor Erreichen des Punktes P sichtbar. Weiter hat die Erde eine Atmosphäre an der sich die eingehenden Lichtstrahlen brechen, und Messungen dieses Effekts ergeben einen weiteren Korrekturwinkel 34. Insgesamt kommen wir auf den Korrekturwinkel ( 5 ɛ := = 5 =, In unserem Dreieck P QN haben wir bei Sonnenaufgang also tatsächlich P Q = π/2+ɛ im Winkelabstand und der Seitencosinussatz ergibt ( π sin ɛ = cos 2 + ɛ = sin ϕ sin δ + cos ϕ cos δ cos H und somit cos H = tan ϕ tan δ sin ɛ cos ϕ cos δ. 26-1
2 Als genaueren Wert für die Tageslänge in Stunden erhalten wir ( tan ϕ tan δ T 1 = T 1 (ϕ, δ = 24 π arccos sin ɛ cos ϕ cos δ Dies ist allerdings noch nicht die gewünschte Form dieser Formel. Wir wollen die korrigierte Tageslänge als eine Störung der geometrischen Tageslänge interpretieren, sie also als eine Summe von T 1 und einem Korrekturterm schreiben. Dieser Korrekturterm beschreibt dann im wesentlichen die Dauer der Dämmerung. Um den Wert von T 1 mit T 1 zu vergleichen machen wir eine kleine Approximationsüberlegung. Zunächst erinnern wir uns daran das die Differenzierbarkeit einer Funktion f in einem Punkt x bedeutet das für kleine Inkremente h die Näherung gilt. Die Ableitung des Arcus Cosinus ist f(x + h f(x + f (xh d dx arccos x = 1 1 x 2,. also haben wir arccos(x + h arccos x h 1 x 2. Der Wert sin ɛ/(cos ϕ cos δ ist vergleichsweise klein, also wird T 1 T π 1 tan 2 ϕ tan 2 δ sin ɛ cos ϕ cos δ. Weiter haben wir für kleine Winkel φ die übliche Näherung sin φ φ und es wird ( 5 sin ɛ ɛ = = π 18 = π 216, und somit T 2 T 2 := T cos2 ϕ cos 2 δ sin 2 ϕ sin 2 δ = T cos2 ϕ sin 2 δ. Der Dämmerungsterm ist sowohl im Breitengrad ϕ als auch in der Deklination δ monoton steigend, die Dauer der Dämmerung nimmt also für weiter nördlich gelegene Breitenkreise und hin zur Sommersommenwende zu. Die kürzeste Dämmerung tritt also im Frühlings- und im Herbstpunkt bei δ = auf und hat den Wert 1/(9 cos ϕ während die längste Dämmerung bei Sommer- beziehungsweise der Wintersonnenwende mit δ = ±δ ist. Für den Äquator ϕ = ergibt sich eine Dämmerung von mindestens 6, 8 Minuten und höchstens 7, 4 Minuten während für Kiel beim Breitegrad ϕ = 54 2 die Dämmerung mindestens 11, 4 und höchstens 15, 6 Minuten dauert. 26-2
3 Wir wollen uns die bisher hergeleiteten Formeln einmal am Beispiel des durch Kiel laufenden Breitenkreises anschauen. Kiel liegt südlich des Polarkreises bei 66, 56 also gibt es stets eine Tag und eine Nachtphase. In der folgenden Tabelle geben wir die Tageslänge in Kiel als Funktion der Deklination δ für einige Werte von δ in Stunden an δ 4, 69 9, 37 14, 6 18, 75 δ = 23, 44 T 1 12 : 12 : : : : : 57 T 2 12 : : 3 13 : : : : 12 Diese Tabelle gibt uns Werte zwischen dem Frühlingsanfang und der Sommersonnenwende, für andere Werte der Deklination δ lassen sich die Werte durch Symmetrieüberlegungen gewinnen. Die Tageslänge zwischen Sommersonnenwende und dem Herbstpunkt durchläuft dann dieselben Werte in die andere Richtung. Zwischen Herbstpunkt und Frühlingspunkt ist die Deklination negativ und die Nacht ist länger als der Tag. Die hierbei auftretenden Werte von T 1 und T 2 wollen wir uns über Symmetriebetrachtungen herleiten. Für φ π gilt cos(π φ = cos φ und π φ π, also ist für alle 1 x 1 auch arccos( x = π arccos x. Mit dieser Formel ergibt sich für δ δ T 1 (ϕ, δ = arccos(tan ϕ tan δ = π π (π arccos( tan ϕ tan δ = 24 T 1(ϕ, δ Der Länge des Tages zur negativen Deklination δ ist also die Länge der Nacht bei Deklination δ. Diese Formel gilt allerdings nur für die geometrische Tageslänge T 1, die korrigierte Tageslänge ergibt sich dann analog zur obigen Rechnung als T 2 (ϕ, δ = T 1 (ϕ, δ cos2 ϕ sin 2 δ. Damit haben wir die Tageslänge als Funktion der Deklination beschrieben. Um jetzt die Tageslänge als Funktion der Jahreszeit zu berechnen muss also nur noch die Deklination als eine solche bestimmt werden und hierzu beginnen wir mit einer vorbereitenden Überlegung. Ekliptik Zunächst einmal wollen wir den Fortlauf der Jahreszeit als den Winkel α zwischen dem Frühlings- H punkt F und dem Einstrahlpunkt Q bezüglich des M α Erdmittelpunkts M messen, also als den Winkelabstand zwischen F und Q. Sei Q der Schnittpunkt Äquator des Meridians durch Q mit dem Äquator. Dann betrachten wir das sphärische Dreieck = F Q Q. Dieses Dreieck hat bei Q einen rechten Winkel und sein Winkel bei F ist δ. Weiter sind in die Winkelabstände F Q = α und QQ = δ, der sphärische Sinussatz Satz 6 ergibt also sin δ = sin α sin δ sin π = sin α, 2 F Q δ Q 26-3
4 und wir haben sin δ = sin δ sin α. Schreiben wir jetzt tan δ = so ergibt sich sin δ 1 sin 2 δ = sin δ sin α 1 sin 2 δ sin 2 α = sin δ 1 sin 2 α sin2 δ = sin δ cot 2 α + 1 sin 2 δ = ( T 1 = T 1 (ϕ, α = 24 π arccos tan ϕ sin δ cot 2 α + cos 2 δ und für die korrigierte Tageslänge ergibt sich T 2 = T 2 (ϕ, α = T 1 (ϕ, α cos2 ϕ sin 2 δ sin 2 α. sin δ cot 2 α + cos 2 δ, Für die weiteren Rechnungen ist es bequemer anstelle von α den Winkel ω von der Wintersonnenwende zu Q zu verwenden, also α = ω π/2. Dann werden ( T 1 = T 1 (ϕ, ω = 24 π arccos tan ϕ sin δ, tan 2 ω + cos 2 δ T 2 = T 2 (ϕ, ω = T cos2 ϕ sin 2 δ cos 2 ω. Nehme wir als eine erste noch recht ungenaue Näherung an, dass die Sonne die Erde mit gleichbleibender Winkelgeschwindigkeit umläuft, so sind der Winkel ω und die Zeit seit der Wintersonnenwende proportional. Zur Bestimmung der Proportionalinätskonstante beachte das einem vollen Umlauf von ω der Winkel 2π entspricht und das dieser ein Jahr benötigt. Als ein tropisches Jahr T t bezeichnet man die Dauer zwischen zwei aufeinanderfolgenden Wintersonnenwenden beziehungsweise gleichwertig zwei aufeinanderfolgenden Frühlingspunkten. In Tagen ist die Dauer eines tropischen Jahres T t = 365, Ist also N die Zeit seit der Wintersonnenwende in Tagen, so wird ω = ω 1 (N = 2π T t N und als Dauer des Tages N bei Breitengrad ϕ ergibt sich in Stunden T 1 = T 1 (ϕ, N = 24 π arccos tan ϕ sin δ (. tan 2 2π T t N + cos 2 δ Diese Formel ist allerdings noch recht ungenau, für den Breitenkreis durch Kiel weicht sie bis über eine Viertelstunde von der wirklichen Tageslänge ab. Dies liegt im wesentlichen daran das die Winkelgeschwindigkeit der Erde um die Sonne eben nicht konstant 26-4
5 ist, um jetzt weiter zu kommen müssen wir uns das System aus Erde und Sonne etwas genauer anschauen. Das erste Keplersche Gesetz besagt das die Erde sich auf einer Ellipse e um die Sonne bewegt und das die Sonne einer der beiden Brennpunkte dieser Ellipse ist. Bezeichne S die Sonne und Z den Mittelpunkt der beiden Brennpunkte von e. Die lannge Halbachse a und die kurze Halbachse b von e sind bekannt und haben die Werte a = km und b = km. E r A Frühlingspunkt, 21.3 Z φ S P b Sommersonnenwende 21.6 Aphel, 4.7 Z a S Perihel, 4.1 Wintersonnenwende l Herbstpunkt, 23.9 Die Ellipse e Situation beim Perihel Gemäß der Formeln aus 4.4 ergeben sich die numerische Exzentrität ɛ und der Parameter p von e als ɛ = a2 b 2 a =, und p = b2 a = ( 2 b a = (1 ɛ 2 a = km. a Den sonnennächsten Punkt auf e nennt man das Perihel, in diesem Punkt liegt der kleinste Abstand zwischen Erde und Sonne vor. Nach 4.Satz 6 ist ZS = a 2 b 2 = ɛ a also ist SP = a ZS = (1 ɛa = km der kleinste Abstand zwischen Erde und Sonne. Den sonnenfernsten Punkt auf e nennen wir dagegen das Aphel P, sein Abstand zu S SP = 2a SP = (1 + ɛa = km ist der größte Abstand der Erde zur Sonne. Die Wintersonnenwende ist am 21.12, dreizehn Tage später am 4.1 erreicht die Erde das Perihel, am 21.3 sind dann der Frühlingspunkt und am 21.6 die Sommersonnenwende erreicht. Wieder dreizehn Tage später ist die Erde am 4.7 im Aphel und schließlich kommt sie am 23.9 am Herbstpunkt an. Bezeichne nun E die Erde und seien r := SE der aktuelle Abstand der Erde zur Sonne und φ der Winkel zwischen SP und SE. Nach 4.Satz 6 gehört zum Brennpunkt 26-5
6 S die auf der langen Halbachse von e senkrechte Leitgerade l mit d(s, l = p/ɛ und es gilt r = SE = ɛ d(e, l. Ist also E der Lotfüßpunkt von E auf die lange Halbachse von e, so lesen wir im Dreieck SEE cos φ = SE SE = SE r ab und erhalten also ist schließlich r = ɛ d(e, l = ɛ d(e, l = ɛ (d(s, l r cos φ = p rɛ cos φ r = p 1 + ɛ cos φ. Damit kennen wir den Zusammenhang des Perihelwinkels φ mit dem Abstand r zwischen Erde und Sonne. Um diese beiden mit der Zeit in Verbindung zu bringen benötigen wir das zweite Keplersche Gesetz. Nach diesem überstreicht der Bahnvektor von der Sonne zur Erde in gleichen Zeiten gleiche Flächen, die Fläche A die von SP, SE und dem Bogen von P nach E auf e berandet wird ist also proportional zur Zeit t seit dem Periheldurchgang. Bei einem vollen Umlauf wird die Fläche A zur Fläche der Ellipse A und wie in 4.4 gesehen ist diese gleich A(e = πab = πa 2 1 ɛ 2. Die Dauer eines vollständigen Umlaufs der Erde um die Sonne ist ein sognanntes siderisches Jahr, in Tagen gemessen ist dieses T s = 365, Tage. Beachte das das siderische Jahr etwas länger als das tropische Jahr ist wir haben also T s > T t, dies liegt daran das sich der Frühlingspunkt innerhalb eines Jahres etwas verschiebt und zwar entgegengesetzt zur Rotation der Erde um ihre Achse. Damit hängen A und t über die Formel A = ct mit c = πa2 1 ɛ 2 T s zusammen. Andererseits ist und wir erhalten A = p/(1+ɛ cos ψ r dr dψ = p2 2 dψ (1 + ɛ cos ψ 2 = 2c p 2 t. dψ (1 + ɛ cos ψ 2 Das links stehende Integral kann man exakt berechnen, die entstehende Formel ist allerdings etwas unangenehm. Daher verwenden wir die Tatsache das die numerische Exzentrität ɛ klein ist, um die Näherungen (1 + ɛ cos ψ 2 = 1 + 2ɛ cos ψ + ɛ 2 cos 2 ψ 1 + 2ɛ cos ψ 26-6
7 und 1 (1 + ɛ cos ψ 1 2ɛ cos ψ 2 (1 + 2ɛ cos ψ(1 2ɛ cos ψ = 1 2ɛ cos ψ 1 4ɛ 2 cos 2 ψ 1 2ɛ cos ψ sowie schließlich 2c p 2 t = dψ (1 + ɛ cos ψ 2 1 2ɛ cos ψ dψ = φ 2ɛ sin φ durchzuführen. Um φ durch t auszudrücken muss diese Gleichung nach φ aufgelöst werden. Exakt ist dies nicht vernünftig möglich, daher wird dies wieder nur näherungsweise durchgeführt. Da der Periheldurchgang dreizehn Tage nach der Wintersonnenwende ist haben wir ausßerdem t = N 13 und es ergibt sich schließlich ω = ω 2 (N = 2π T s N + 2ɛ 1 2ɛ sin ( 2π T s (N 13 Setzen wir dies in die Formel für T 2 = T 2 (ϕ, ω ein so ergibt sich die Tageslänge T 2 = T 2 (ϕ, N in Stunden. Umgeschrieben auf Minuten ergibt sich die Tageslänge in Kiel als Datum T 1 T 2 Beobachtete Tageslänge
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