TO P I C S E R V I C E & W I S S E N
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- Artur Giese
- vor 8 Jahren
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Transkript
1 TO P I C 108 SERVICE & WISSEN
2 WISSENSDATENBANKEN IM CALL CENTER ANFORDERUNGEN UND MÖGLICHKEITEN Kurz & bündig Wissensdatenbanken ein Trendthema? Im Kontext des zunehmenden Interesses am Thema Wissensmanagement stand auch die Einführung von Wissensdatenbanken lange Zeit im Fokus betrieblicher Aktivitäten. Viele Organisationen und Bereiche, F & E-Abteilungen, Marketing und andere, versuchten sich am Aufbau von Wissensdatenbanken, um wertvolles Wissen zu sammeln und wiederverwendbar zu organisieren. Tatsächlich waren nur wenige Projekte von Erfolg gekrönt. Die Gründe hierfür sind vielschichtig. Ein wesentliche Ursache mag darin liegen, dass der Begriff Wissensdatenbank eher ein Ziel als eine Methode oder Funktionalität beschreibt. Es zeigt sich bei näherer Betrachtung, dass er für eine Vielzahl verschiedener Anforderungen und Funktionen steht. Gerade im Call Center besitzen Wissendatenbanken ein hohes Maß an Attraktivität. Ziel des Beitrages ist es, spezifische Anforderungen an Funktionen und Nutzung zu skizzieren. Wissen in Wissensdatenbanken? Der Anspruch, Wissen in einer Datenbank ablegen zu können, ist nach Ansicht vieler Kritiker nicht erfüllbar. In der Praxis entpuppen sich Wissensdatenbanken in der Regel als Systeme, in denen notwendige Informationen als Dokumente, Tabellen oder in anderen gängigen Formaten hinterlegt sind. Das Ziel, Mitarbeitern rasch benötigtes Wissen zu Fragen oder Anforderungen zur Verfügung zu stellen, wird unabhängig von der eher akademischen Frage nach Wissen oder Informationen erreicht oder eben nicht. Viel mehr ist die Frage zu stellen, ob betriebliche Ziele erfüllt werden. Diese aber ergeben sich aus dem nutzenden Prozess und den in diesem Prozess erreichten bzw. verbesserten Prozess-Parametern. In der betrieblichen Praxis der Wissensdatenbanken kann dabei oft beobachtet werden, dass Wissensdatenbanken ohne nutzenden Prozess konzipiert werden. 109
3 TOPIC SERVICE & WISSEN Gerade dies scheint der wesentliche Grund für das oft zu beobachtende Scheitern von Wissensdatenbanken zu sein. Wissensdatenbanken im Call Center Der Einsatz von Wissendatenbanken im Call Center bietet den großen Vorteil, dass der nutzende Prozess relativ häufig auftritt, nur wenig komplex und eindeutig wissensintensiv ist. Deswegen überrascht es nicht, wenn gerade in diesem Bereich eine Vielzahl von Projekten erfolgreich realisiert werden konnten. Ein Call Center hat verschiedene Aufgaben, und nicht bei allen Aufgaben passen Wissensdatenbanken gleichermaßen. Zunächst ist ein Call Center ein zentraler Zugang für den Kunden, unabhängig von seiner Frage. Schon an dieser Tatsache lässt sich die beträchtliche Themenbreite eines Call Centers erkennen. Dies stellt entsprechende Anforderungen an die Mitarbeiter. Dabei handelt es sich nicht nur um Fragen bezüglich der Anwendung von Produkten oder der Behebung möglicher Fehler, sondern auch um die Bestellung neuer Waren, die Frage nach technischen Daten, dem Bestellstatus, einer fehlerhaften Rechnung etc. Ein Call Center kann auch mit Service-Anfragen konfrontiert sein, beispielsweise dem Umzugs eines Kunden und der entsprechenden Adressänderung, der Rücknahme oder Korrektur einer Zahlung etc. Nicht zuletzt führen einige Call Center auch Telefonmarketing im vertrieblichen Sinne oder Calls zur Kundenbetreuung durch. In allen Fällen ist der Agent auf Informationen angewiesen, die er in der Regel nicht im Kopf hat. Entsprechend ist eine Unterstützung der Agenten die Norm, keinesfalls die Ausnahme. Typischerweise erhält der Service-Mitarbeiter Unterstützung durch Systeme zu Kundendaten (Adressen, Kontakte), Produktdaten (technische Informationen, Bestellstatus, sonstige Prozessinformationen) und Verfahrensdaten im Sinne von Fragen und Antworten (z. B. Wie erfolgt eine Erweiterung der Versicherung? Wie kann der bestehende Fehler behoben werden... ). Bei einem Teil dieses Wissenstransfers unterstützen Customer Relationship Werkzeuge, Finanzsysteme oder Produktdatenbanken. Verfahrensinformationen hingegen sind häufig noch wenig organisiert. Oft werden diese Informationen in Papierform am Arbeitsplatz hinterlegt, oder der Mitarbeiter verwaltet die 110
4 entsprechenden Informationen in seinem Maileingangskorb. Genau hier setzen Wissensdatenbanken an. Die Aufgabe einer Wissensdatenbank ist es, die Agenten im Call Center rasch und callbezogen mit den notwendigen Informationen zu versorgen. Dabei bleibt festzuhalten, dass Wissensdatenbanken im Call Center nichts Neues sind. Es gibt kein Call Center, in dem das benötigte Wissen nicht in irgendeiner Form aktiviert wird. Existiert keine zentrale Funktion, nutzt jeder seine individuelle Strategie. Die Unzahl von Ordnern in manchem Call Center sprechen eine deutliche Sprache. Intelligente Wissensdatenbanken schaffen allerdings neue Möglichkeiten, das Wissen mit besserer Verfügbarkeit und geringeren Bereitstellungskosten in den Prozess zu bringen. Dies ermöglicht das nachhaltige Verbessern vieler Parameter des Call Handling-Prozesses. So kann die gesamte benötigte Zeit zur Abarbeitung eines Calls (die so genannte Call Handling Time) durch die rasche Informationsbereitstellung und entsprechend weniger Rückfragen reduziert werden. Ebenso lassen sich die Vollständigkeit und Korrektheit der Antworten optimieren. Der Anteil der Anfragen, die bereits beim ersten Telefonkontakt abschließend beantwortet werden können, wird erhöht. Wissensdatenbanken im Call Center sind somit auch eine vergleichsweise berechenbare Investition. Kann erst einmal hinreichend sicher angenommen werden, dass sich die Call Handling Time um 5 oder 10 Prozent reduziert, lässt sich durch die hohe Prozess-Wiederholungsrate die erreichbare Einsparung einfach ermitteln. Anforderungen an eine Wissensdatenbank im Call Center Um gute Ergebnisse erzielen zu können, muss eine Wissensdatenbank den Anforderungen eines Call Centers entsprechen. Im Wesentlichen sind dies: Einfache und rasche Suche Die Suche im Call Center-Prozess muss schnell gehen, zumindest beim Erstkontakt. Die maximale Suchzeit sollte bei einem Gespräch mit einer Dauer von zwei Minuten sicherlich nicht höher sein als 5-10 Sekunden. D.h. es darf nicht viele Such-Versuche geben, und die Ergebnisliste muss überschaubar sein. 111
5 TOPIC SERVICE & WISSEN Verschiedene Userinterfaces, verschiedene Suchverfahren. Natürlich muss eine Recherche rasch erfolgen. Aber es gibt nicht nur den Erstkontakt. Ist eine Frage im ersten Telefonat nicht beantwortbar, erfolgen in den weiteren Bearbeitungs-Stufen weitere Suchschritte. Auch hierfür muss eine Wissensdatenbank entsprechende Oberflächen und Suchfunktionen bieten. In diesem Fall sollte die Suche umfangreicher sein, kann mehr Ergebnisse anzeigen und auch mehr Zeit benötigen. Automatische Optimierung der Suche Die Suche nach gleichen Informationen im Call Center tritt häufig wiederholt auf. Daher sollten in einer Wissensdatenbank vor allem jene Informationen leicht aufzufinden sein, die häufiger verwendet werden. Suche auch in anderen Datenquellen Die meisten Call Center stehen der Situation gegenüber, dass sie nicht nur eigene Informationen besitzen, sondern dass zu ihrer Thematik eine Vielzahl wichtiger Daten in externen Datenquellen existieren, beispielsweise im Internet. Diese Inhalte zu kopieren und aktuell zu halten, würde einen entsprechenden Pflegeaufwand nach sich ziehen. Daher ist der Zugriff auf externe Datenquellen eine wichtige Herausforderung. Versorgung mit aktuellen, auskunftsbezogenen Informationen Agenten in einem Call Center müssen oft auf aktuelle und temporäre Situationen reagieren. Beispielsweise liegt ein kurzfristiges Sonderangebot für eine nachgefragte Leistung vor. Oder ein Service Center, dessen Adresse beauskunftet wird, hat geänderte Öffnungszeiten. Diese auskunftsbezogenen Informationen sollten von einer Wissensdatenbank im Call Center dynamisch bereit gestellt werden. Möglichkeit der Ablage von Rückfragen Häufig stellen Kunden nicht alle Fragen. Ist die Frage beispielsweise: Wie kann ich einen neuen Führerschein erhalten, dann sollte der Agent zusätzlich fragen: Ist das ihr erster Führerschein? Haben sie einen Behördenführerschein? Haben Sie einen internationalen Führerschein? 112
6 Die Antworten variieren entsprechend. Eine Wissensdatenbank sollte daher das Hinterlegen derartiger Rückfragen erlauben. Zentrale Auswertung der Fragen und der Wissensnutzung Gibt es Anleitungen und Vorgaben, die nie gelesen werden? Welche Fragen werden besonders häufig gestellt? Derartige Analysen lassen sich mit einer zentralen Wissensdatenbank einfach durchführen, wenn eine entsprechende Reporting-Komponente verfügbar ist. Messbar positive Effekte Im vorliegenden Beitrag wurden die Anforderungen an eine Wissensdatenbank kurz skizziert, die sich aus einer optimalen Unterstützung des Call Handling- Prozesses in einem Call Center ergeben. Das Bereitstellen und der Transfer von Wissen kann durch eine zentrale, elektronische Lösung deutlich verbessert und vereinfacht werden. Der Aufwand, verschiedene Papierunterlagen an den teilweise räumlich verteilten Arbeitsplätzen aktuell zu halten, ist nicht zu unterschätzen. Auch hier steckt Optimierungspotential, das durch intelligente Wissensdatenbanken gehoben werden kann. Autor: Harald Huber 113
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