Brandenburgisches Oberlandesgericht. Beschluss
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- Helmut Oldwig Jaeger
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1 2 Ss (OWi) 155 Z/05 Brandenburgisches Oberlandesgericht 5323 Ss (OWi) 39/05 Zul Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg 88 OWi 362/04 Amtsgericht Cottbus 1911 Js-OWi 49869/04 Staatsanwaltschaft Cottbus 025 Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss In dem Bußgeldverfahren g e g e n P... S..., geboren am..., wohnhaft:..., Verteidiger: Rechtsanwalt..., w e g e n Geschwindigkeitsüberschreitung hat der 2. Strafsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch die Richterin am Oberlandesgericht... am 26. September 2005 b e s c h l o s s e n :
2 - 2 - Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Cottbus vom 27. April 2005 wird zugelassen. Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das vorgenannte Urteil mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht Cottbus zurückverwiesen. G r ü n d e : I. Gegen den Betroffenen wurde wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit ein Bußgeld von 60 Euro festgesetzt. Den Einspruch des Betroffenen gegen diesen Bußgeldbescheid hat das Amtsgericht mit dem angefochtenen Urteil verworfen, weil er dem Termin zur Hauptverhandlung unentschuldigt ferngeblieben sei. Von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen war er nicht entbunden worden. Dies hatte der Betroffene schriftsätzlich kurz vor Aufruf der Sache am Terminstag und nach Aufruf der Sache durch seinen Verteidiger beantragt, gleichzeitig seine Fahrereigenschaft eingeräumt und erklärt, er werde keine weiteren Aussagen zur Sache machen. Das Amtsgericht hatte mit Beschluß festgestellt, der Betroffene sei nicht von der Pflicht zum persönlichen Erscheinen entbunden, bevor es den Einspruch verwarf. Gegen dieses Urteil richtet sich die Rechtsbeschwerde des Betroffenen, deren Zulassung er beantragt. Er rügt die Versagung rechtlichen Gehörs und erhebt außerdem die Sachrüge. Die Generalstaatsanwaltschaft hält die Verfahrensrüge für unzulässig und beantragt die Verwerfung des Zulassungsantrages. II.
3 - 3 - Die Rechtsbeschwerde war wegen Versagung des rechtlichen Gehörs zuzulassen ( 80 Abs. 1 Nr. 2 OWiG). 1. Die Verfahrensrüge ist in zulässiger Weise erhoben. Zwar trifft es zu, dass bei der Rüge des Gehörsverstoßes in der Regel dargelegt werden muss, was der Beschwerdeführer im Falle der Gewährung rechtlichen Gehörs vorgetragen hätte, weil nur so das Rechtsbeschwerdegericht überprüfen kann, ob das Urteil auf dem gerügten Verfahrensverstoß beruht. Diese Regel erfährt aber dann eine Ausnahme, wenn gerügt wird, die Verwerfung gemäß 74 Abs. 2 OWiG beruhe auf einer rechtsunwirksamen Ablehnung des Antrages des Betroffenen, ihn von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen in der Hauptverhandlung zu entbinden. In diesem Fall rügt nämlich der Betroffene nicht, daß ihm eine Stellungnahme zu entscheidungserheblichen Tatsachen verwehrt worden sei, sondern daß das Gericht seine Stellungnahme nicht zur Kenntnis genommen habe. Der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) gebietet eben nicht nur, dem Betroffenen die Gelegenheit zu geben, zu den für die gerichtliche Entscheidung erheblichen Tatsachen Stellung zu nehmen. Das Gebot umfaßt auch den weitergehenden Anspruch, daß das Gericht diese Stellungnahme zur Kenntnis nimmt und sie bei seiner Entscheidung in Erwägung zieht (zum zweiten Teil dieses Gebots vgl. Schmidt-Aßmann in Maunz-Dürig, Komm. zum GG, Rdn. 94 zu Art.103). Die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde kann dann nicht davon abhängen, ob der Betroffene dargelegt hat, in welcher Weise er sich in der Hauptverhandlung eingelassen hätte (ebenso OLG Köln NZV 1999, 264; Senat, Beschluß vom , NZV 2003, 432). Hier hat der Betroffene erklärt, er habe sich mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 27. April 2005 zur Sache eingelassen und angekündigt, daß er sich in der Hauptverhandlung nicht weiter zur Sache einlassen werde. Gestützt auf diesen Schriftsatz habe der Verteidiger sodann am Tag der Hauptverhandlung - zunächst kurz vor Beginn der Hauptverhandlung per Fax, sodann in der Hauptverhandlung selbst - den Antrag gestellt, den Betroffenen von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen zu entbinden. Der Betroffene rügt somit nicht, dass ihm eine Stellungnahme zu entscheidungserheblichen Tatsachen verwehrt worden sei, sondern daß das Gericht seine Erklärungen zur Sache nicht zur Kenntnis genommen habe.
4 Die Rechtsbeschwerde ist wegen Versagung des rechtlichen Gehörs begründet. Wird ein Antrag des Betroffenen, ihn von der Pflicht zum Erscheinen in der Hauptverhandlung zu entbinden, zu Unrecht zurückgewiesen und ergeht darauf ein Verwerfungsurteil nach 74 Abs.2 OWiG, so liegt die Verletzung des Rechtes auf Gehör darin, daß das Gericht nicht in Abwesenheit des Betroffenen dessen Einlassung oder Aussageverweigerung, auf die der Entbindungsantrag gestützt wird ( 73 Abs.2 OWiG), zur Kenntnis genommen und bei seiner Entscheidung in der Sache erwogen, sondern mit einem Prozeßurteil den Einspruch des Betroffenen verworfen hat. Der Betroffene hat ein Recht darauf, daß das Gericht seine Erklärungen - seine Einlassung oder Aussageverweigerung - zur Kenntnis nimmt und in seiner Abwesenheit in der Sache entscheidet, sofern die gesetzlichen Voraussetzungen eines Abwesenheitsverfahrens erfüllt sind (im Ergebnis ebenso OLG Köln ZfSch 2002, 254; BayObLG ZfSch 2001, 185; Senat, Beschluß vom , a.a.o.). Ob der Betroffene auf seinen Antrag von der Verpflichtung zum Erscheinen in der Hauptverhandlung zu entbinden ist, steht nicht im Ermessen des Gerichts; es hat vielmehr diesem Antrag zu entsprechen, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen nach 73 Abs. 2 OWiG erfüllt sind (vergl. BayObLG ZfSch 2001, 185; OLG Stuttgart, ZfSch 2003, 210). Dies ist hier der Fall: Der Betroffene hat sich schriftlich zur Sache eingelassen, seine Fahrereigenschaft eingeräumt und erklärt, dass er sich in der Hauptverhandlung nicht weiter zur Sache äußern werde. Es ist nicht ersichtlich, dass seine Anwesenheit zur Aufklärung wesentlicher Gesichtspunkte des Sachverhalts erforderlich gewesen wäre; das Urteil, das - insoweit lückenhaft - den Entbindungsantrag nicht erwähnt, enthält ebenso wie der ablehnende Beschluß keine Begründung für die Versagung, der sich Anhaltspunkte für eine Erforderlichkeit der Anwesenheit des Betroffenen entnehmen ließen. Bei dieser Sachlage hätte dem Antrag auf Entbindung von der Pflicht zum persönlichen Erscheinen des Betroffenen stattgegeben werden und unter Würdigung seiner Einlassung und der Erklärungen seines Verteidigers in der Sache entschieden werden müssen.
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