Sehr geehrte Damen und Herren! Heute vor 65 Jahren, am 27. Januar 1945, haben Soldaten der Roten Armee das Konzentrationslager Auschwitz befreit.
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- Ewald Flater
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1 Seite 1 von 16 Rede des Oberbürgermeisters zum Festakt anlässlich des Holocaust-Gedenktages und der Übergabe des Albrecht- Thaer-Haus an die Niedersächsische Gedenkstättenstiftung am 27. Januar 2010 Sehr geehrte Damen und Herren! Heute vor 65 Jahren, am 27. Januar 1945, haben Soldaten der Roten Armee das Konzentrationslager Auschwitz befreit.
2 Seite 2 von 16 Konzentrationslager - für die braunen Machthaber dienten sie von Anfang an einem simplen Zweck: Hier wurden seit Anfang 1933 alle Andersdenkenden und Gegner des Regimes konzentriert: politisch unliebsame Juden, Kommunisten und Sozialdemokraten, oppositionelle Priester und Pastoren, Sinti, Roma, Homosexuelle und Zeugen Jehovas. Seit 1941 dienten diese Konzentrationslager der unfassbaren Vernichtung von Millionen Menschen.
3 Seite 3 von 16 Das KZ Auschwitz steht symbolhaft für den Völkermord und die Millionen Opfer des Nazi-Regimes, insbesondere an den jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern. Es hat 51 Jahre gedauert, bis dieser Tag 1996 durch den damaligen Bundespräsidenten Roman Herzog zum Gedenktag an die Opfer des Nationalsozialismus` wurde. Ich zitiere aus seiner damaligen Ansprache: "Ich wünsche mir, dass der 27. Januar zu einem Gedenktag des deutschen Volkes, zu einem wirklichen Tag des
4 Seite 4 von 16 Gedenkens, ja des Nachdenkens wird. Nur so vermeiden wir, dass er Alibi-Wirkungen entfaltet, um die es uns am allerwenigsten gehen darf. Eine Kollektivschuld des deutschen Volkes an den Verbrechen des Nationalsozialismus` können wir ( ) nicht anerkennen; ein solches Eingeständnis würde zumindest denen nicht gerecht, die Leben, Freiheit und Gesundheit im Kampf gegen den Nationalsozialismus und im Einsatz für seine Opfer aufs Spiel gesetzt haben
5 Seite 5 von 16 und deren Vermächtnis der Staat ist, in dem wir heute leben. Aber eine kollektive Verantwortung gibt es, und wir haben sie stets bejaht. Sie geht in zwei Richtungen: Zunächst darf das Erinnern nicht aufhören; denn ohne Erinnerung gibt es weder Überwindung des Bösen noch Lehren für die Zukunft. Und zum andern zielt die kollektive Verantwortung genau auf die Verwirklichung dieser Lehren, die immer wieder auf dasselbe hinauslaufen: Demokratie, Rechtsstaat, Menschenrechte, Würde des Menschen." Zitat Ende.
6 Seite 6 von 16 Die beste Versicherung gegen Völkerhass, Totalitarismus, Faschismus und Nationalsozialismus ist und bleibt die lebendige Erinnerung an und die aktive Auseinandersetzung mit der Geschichte. Diese Einsicht führte dann 9 Jahre später dazu, dass auch die UN-Generalversammlung 2005 den 27. Januar zum Internationalen Holocaustgedenktag bestimmte. Heute - wiederum fünf Jahre später - wird in vielen Teilen der Welt der barbarischen Geschehnisse in den von den Deutschen organisierten und eingerichteten KZs gedacht.
7 Seite 7 von 16 Des Grauens, das zwischen 1933 und 1945 in Deutschland und weiten Teilen Europas von Deutschen ausgehend herrschte. Wir nutzen diesen Tag heute und übergeben dieses Haus der Stiftung niedersächsische Gedenkstätten. Und ich freue mich darüber! Ich freue mich, dass die Stiftung ihren Sitz in Celle hat, dass sie sich hier unserer Vergangenheit und der damit verbundenen Auseinandersetzung widmen wird. Und ich freue mich, gerade an einem solch` geschichtsträchtigen Tag dieser Einrichtung ein neues Domizil übergeben zu können,
8 Seite 8 von 16 in dem auch im Interesse der Stadt die Weiterentwicklung der Gedenkstättenarbeit unter verbesserten Bedingungen ermöglicht wird. Dieses Gebäude, dieses Albrecht-Thaer-Haus, hat seine eigene Geschichte und sie ist - wie leider so vieles in Deutschland - auch mit dem Nationalsozialismus verbunden wurde das von Albrecht Thaer im Jahre 1793 erbaute Herrenhaus in Teilen an den SS-Sturm 12/17 vermietet.
9 Seite 9 von 16 Ein Jahr später wurde Thaers Garten zum öffentlichen Volkspark umgewidmet und 1938 schließlich von der Stadt Celle zur SS-Schulungsstätte umgebaut. Gerade unter diesen Aspekten ist es eine geschichtliche Gerechtigkeit, dass an dieser Stelle im Sinne der Aufarbeitung und Mahnung an die Zeit des Nationalsozialismus die Gedenkstättenstiftung einzieht.
10 Seite 10 von 16 Ich hatte schon gesagt, dass ich mich freue, mit der Stiftung niedersächsische Gedenkstätten eine Einrichtung in unserer Stadt zu beherbergen, die tatkräftig dazu beitragen kann und wird, das noch immer verbreitet vorzufindende Vorurteil eines braunen Sumpfes in Celle nachhaltig zu verändern. Berichte wie der über Fritz Darges, den letzten Adjutanten Hitlers, in der CZ oder auch im Stern können natürlich dazu verleiten, Celle als einen solchen zu betrachten.
11 Seite 11 von 16 Dabei wird allerdings allzu häufig vergessen, dass hier in Celle zwar mit Darges eine besondere Person aus dem Umfeld Hitlers nach dem Krieg zu Ansehen und Einfluss gelangte, ohne auch nur einmal zu fragen, was er denn in der Zeit zwischen 1933 und 1945 gemacht hat. Aber das war und ist kein Einzelfall. Nein, er ist ein Beispiel dafür, wie generell in Deutschland nach dem Krieg und angesichts des Ost-West-Konflikts, des Kalten Krieges, mit Menschen umgegangen wurde, die in den Nationalsozialismus verstrickt waren.
12 Seite 12 von 16 Ich bin mir sicher, dass es eine Unzahl von vergleichbaren Fällen gibt. Immer wieder hat dann die öffentliche Debatte über solche Fälle dazu geführt, zu hinterfragen, wie es sein konnte, dass niemand etwas gemerkt hatte, dass Karrieren ermöglicht wurden und Menschen sich für ihre Schuld nicht verantworten mussten. Diese Fragen wird die Gedenkstättenstiftung weiter erforschen und aufbereiten. Sie wird die Stadt unterstützen. Sie tut dies schon bei der Frage und Bewertung unserer Konzeption der Dauerausstellung zum Nationalsozialismus im Alten Torhaus.
13 Seite 13 von 16 In einem Gespräch mit Ihnen, Dr. Knoch, haben Sie den neuen Ansatz für die Auseinadersetzung mit dieser Zeit, so wie ihn die Verwaltung jetzt weiter getrieben hat, nämlich unter Einbeziehung auch der Zeit vor 1933 und nach 1945, gewürdigt, wie Sie der Stadt ohnehin bescheinigt haben, dass wir mit einer solchen Ausstellung zu den wenigen Städten in Deutschland gehören, die diese Thematik eigenständig bearbeiten werden und wollen. Und ein Weiteres: unser Umgang mit den Straßennamen.
14 Seite 14 von 16 Ich hatte vor 14 Tagen ein erstes Gespräch mit Professor Dr. Ipsen und gerade heute früh das Gespräch mit den anderen vier Beratern für die Entwicklung eines Bewertungsrasters. Das ist, wie mir dort in diesen Gesprächen bestätigt wurde, ziemlich einmalig, wie wir in unserer Stadt mit diesem Thema umgehen. Wie wir versuchen bei aller erforderlichen Klarheit den sozialen Frieden in der Stadt zu bewahren und wie wir versuchen uns dabei trotzdem eindeutig engagiert mit dem Nationalsozialismus und seinen Spuren hier vor Ort auseinander zu setzen.
15 Seite 15 von 16 Allein diese beiden Beispiele machen deutlich, dass wir uns hinter keiner anderen Kommune zu verstecken haben. Bei uns hat Nationalsozialismus kein Zuhause. Braunes Gedankengut bekämpfen wir aktiv! Neonazis haben hier nichts zu suchen und Rechtsextremismus treten wir engagiert entgegen: letztes Jahr mit einer gemeinsamen Aktion mit dem Ministerium für Inneres, Sport und Integration, dieses Jahr - und die Ausstellung habe ich erst vorgestern eröffnet - gemeinsam mit der Friedrich Ebert Stiftung.
16 Seite 16 von 16 Meine Damen und Herren, wir machen das, was Roman Herzog gefordert hat: Wir erinnern heute an den Holocaust, um daraus Lehren für die Zukunft zu ziehen. Wir freuen uns, dass mit der Stiftung niedersächsische Gedenkstätten hier ein dauerhaftes Erinnern möglich ist. Und wir werden uns gemeinsam für die vier genannten zentralen Aspekte Demokratie, Rechtsstaat, Menschenrechte, Würde des Menschen engagieren und darin nicht nachgeben. Ich danke Ihnen.
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