A R B E I T S G E R I C H T L Ü N E B URG
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- Hertha Grosse
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1 A R B E I T S G E R I C H T L Ü N E B URG Verkündet am: Gerichtsangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 4 Ca 239/12 Ö In dem Rechtsstreit Klägerin, Proz.-Bev.: gegen Beklagte, hat die 4. Kammer des Arbeitsgericht Lüneburg auf die mündliche Verhandlung vom 13. September 2012 durch die Richterin am Arbeitsgericht..als Vorsitzende, den ehrenamtlichen Richter.., den ehrenamtlichen Richter als Beisitzer für Recht erkannt: 1. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin als Erzieherin mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 23 Stunden zu beschäftigen. 2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte. 3. Der Streitwert wird auf 1.767,54 EUR festgesetzt. 4. Die Berufung wird nicht gesondert zugelassen - 2 -
2 - 2 - Tatbestand Die Parteien streiten über einen Anspruch der Klägerin auf Beschäftigung als Erzieherin. Die am geborene Klägerin ist seit dem bei der Beklagten tätig. Zunächst absolvierte sie das für die Ausbildung zur Erzieherin erforderliche einjährige Anerkenntnispraktikum. Zum übernahm die Beklagte sie als Erzieherin. Seit dem ist der Arbeitsvertrag vom Grundlage des Arbeitsverhältnisses der Parteien (Anlage K1, Bl. 5 d. A.). Danach ist die Klägerin als Erzieherin beschäftigt. Aktuell ist die Klägerin in Teilzeit bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 23 Stunden tätig. Befristet bis zum war die wöchentliche Arbeitszeit auf 26 Stunden angehoben (vgl. Anlage K2, Bl. 6 d. A.). Seit dem ist der Arbeitsort der Klägerin die Kindertagesstätte. Die entsprechende Mitteilung der Beklagten vom liegt als Anlage K3 vor (Bl. 7 d. A.). Das durchschnittliche monatliche Bruttoentgelt der Klägerin beträgt 1.767,54 EUR. Ab dem kam es zu Beschwerden von Eltern, deren Kinder die Tagesstätte. besuchten. Die Eltern verlangten von der Beklagten, sich von der Klägerin als Erzieherin zu trennen, weil deren Ehemann Mitglied der NPD ist. Die Beklagte stellte die Klägerin zunächst von der Erbringung ihrer Arbeitsleistung frei. Seit dem ist die Klägerin arbeitsunfähig erkrankt. Am fand ein Personalgespräch statt. In diesem Rahmen legte die Beklagte der Klägerin nahe, künftig nicht mehr als Erzieherin tätig zu sein. Es schloss sich ein Schriftwechsel zwischen den Parteien an (vgl. Anlagen K5 - K8, Bl d. A.). Mit Schreiben vom teilte die Beklagte der Klägerin mit, sie werde mit sofortiger Wirkung in das Familienbüro umgesetzt und auf dem Arbeitsplatz Tagespflege, Vor Ort-Überprüfung in Teilzeit eingesetzt. (Anlage K9, Bl. 15 d. A.). Aufgrund der Erkrankung der Klägerin wurde diese Maßnahme bislang nicht tatsächlich umgesetzt. Mit Schreiben vom forderten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin die Beklagte zu einer Rücknahme dieser Maßnahme auf (Anlage K10, Bl. 16, 17 d. A.). Die Beklagte antwortete mit Schreiben vom und blieb unter Hinweis auf ihre Fürsorgepflicht bei der getroffenen Entscheidung des Einsatzes der Klägerin im Familienbüro (Anlage K11, Bl. 18 d. A.). Im Februar 2012 bot die Beklagte der Klägerin die Teilnahme an einem betrieblichen Eingliederungsmanagement an, die Klägerin antwortete darauf über ihre Prozessbevollmächtigten (Anlagen K12, K13, Bl d. A.)
3 - 3 - Die Klägerin hält die Maßnahme der Beklagten, sie in der Tagespflege einzusetzen, für rechtswidrig. Die als Umsetzung bezeichnete Maßnahme, die schon begrifflich weit darüber hinausgehe, sei von dem Direktionsrecht der Beklagten nicht gedeckt. Sie - die Klägerin habe aufgrund ihres Arbeitsvertrages einen Anspruch auf Beschäftigung als Erzieherin. Ihrer Fürsorgepflicht könne die Beklagte dadurch genügen, dass sie ein klärendes Gespräch mit den sich beschwerenden Eltern herbeiführe. Durch eine sensible Moderation durch einen Dienstvorgesetzten sei es möglich, zu gewährleisten, dass Ehrverletzungen ihr - der Klägerin - gegenüber ausblieben. Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, sie als Erzieherin mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 23 Stunden zu beschäftigen, hilfsweise, festzustellen, dass die Versetzung der Klägerin auf den Arbeitsplatz Tagespflege, Vor-Ort-Überprüfung unwirksam und nicht vom Direktionsrecht der Beklagten gedeckt ist. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Die Beklagte vertritt die Auffassung, die als Umsetzung anzusehende Maßnahme sei unter dem Gesichtspunkt der gegenüber der Klägerin bestehenden Fürsorgepflicht gerechtfertigt. Die Beklagte behauptet, eine beträchtliche Anzahl von Eltern habe gegen den weiteren Einsatz der Klägerin als Erzieherin in der Kindertagesstätte. protestiert. Aufgrund der noch im Raum stehenden Vorwürfe und der langen Zeit der Arbeitsunfähigkeit solle die Klägerin aus Fürsorgegründen und zu ihrem eigenen Schutz vorerst nicht in einer städtischen Kindertagesstätte als Erzieherin eingesetzt werden. Sie - die Beklagte - sei im Rahmen ihrer Fürsorgepflicht verpflichtet, die Persönlichkeitsbelange der Klägerin zu schützen. Hierzu gehöre auch der Schutz vor Ehrverletzungen. Es sei davon auszugehen, dass die Klägerin, sollte sie ihre Tätigkeit als Erzieherin in einer städtischen Kindertagesstätte wieder aufnehmen, Beschimpfungen und Ehrverletzungen ausgesetzt sein werde. Gerade im Hinblick auf die Erkrankung der Klägerin seit dem genieße - 4 -
4 - 4 - ihre - der Klägerin - Persönlichkeit einen besonderen Schutz. Die Beklagte behauptet, die zu erwartenden Konflikte zwischen Eltern und der Klägerin führten dazu, dass die Qualität der Arbeit in der Kindertagesstätte leide. Es sei davon auszugehen, dass der Betriebsfrieden im erheblichen Maße beeinträchtigt werde. Auf dem Arbeitsplatz in der Tagespflege könne die Klägerin ihre pädagogischen Kenntnisse und praktischen Erfahrungen einsetzen. Wegen des weiteren Sachvortrages der Parteien, ihrer Rechtsauffassungen im Übrigen, ihrer Beweisantritte und der von ihnen überreichten Unterlagen wird auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen ( 313 Abs. 2 ZPO i. V. m. 46 Abs. 2 ArbGG). Entscheidungsgründe I. Die zulässige Klage ist begründet. Die Klägerin kann verlangen, dass die Beklagte sie als Erzieherin mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 23 Stunden beschäftigt. Die Anordnung der Beklagten vom , wonach die Klägerin mit sofortiger Wirkung in das Familienbüro umgesetzt und auf dem Arbeitsplatz Tagespflege, Vor-Ort- Überprüfung in Teilzeit eingesetzt werde, ist rechtsunwirksam. Diese Versetzung ist nicht vom Direktionsrecht der Beklagten gedeckt. 1. Das Direktionsrecht des Arbeitgebers umfasst sein Recht, die Arbeitspflicht des Arbeitnehmers durch einseitige Weisungen näher auszugestalten (BAG, Urteil vom AZR 444/99 - NZA 2001, 780). Dies betrifft Zeit, Ort und Inhalt und Art und Weise der zu leistenden Arbeit, vgl. 106 GewO. Mit Hilfe des Direktionsrechts ist es dem Arbeitgeber möglich, die Arbeitspflicht inhaltlich näher festzulegen. Die Ausübung des Direktionsrechts unterliegt allerdings vielfältigen Begrenzungen. Der Arbeitsvertrag bildet eine erste Grenze für die Ausübung des Direktionsrechts. In inhaltlicher Hinsicht ist der Spielraum für die Ausübung des Direktionsrechts umso kleiner, je konkreter die Arbeitsaufgabe im Arbeitsvertrag umschrieben ist (vgl. Küttner/Griese, 19. Auflage, Weisungsrecht Rd-Nr. 7). Ist eine Tätigkeitsbeschreibung vertraglich vorgenommen, kann das Tätigkeitsfeld nicht durch Weisungen ohne Versetzung geändert werden (vgl. BAG, Urteil vom AZR 743/95 - NZA 97, 112). Soll dem Arbeitnehmer ein anderer Arbeitsbereich zugeteilt - 5 -
5 - 5 - werden, bedarf dies einer Versetzung. Eine solche ist nur möglich, wenn der Arbeitsvertrag eine Versetzungsklausel enthält. Fehlt eine vertragliche Versetzungsklausel, kann der Inhalt der Arbeitsleistung nur durch eine Änderungskündigung geändert werden. 2. Nach 1 des Arbeitsvertrages der Parteien vom hat die Beklagte die Klägerin ausdrücklich als Erzieherin eingestellt. Diese arbeitsvertragliche Vereinbarung beschränkt das Direktionsrecht der Beklagten in inhaltlicher Hinsicht. Die Beklagte kann der Klägerin nur Tätigkeiten als Erzieherin zuweisen. Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass der von der Beklagten vorgesehene Arbeitsplatz im Familienbüro Tagespflege, Vor-Ort- Überprüfung keine Tätigkeit der Klägerin als Erzieherin darstellt. Es mag sein, dass die Klägerin auf diesem Arbeitsplatz ihre pädagogischen Kenntnisse und praktischen Erfahrungen als Erzieherin einsetzen kann, worauf die Beklagte in ihrem Schreiben vom hinweist. Das von der Beklagten in diesem Schreiben genannte Aufgabengebiet der Beratung von Tagespflegepersonen, der Überprüfung von Tagespflegestellen, der Prüfung der persönlichen Voraussetzungen und Qualifikationen der Tagespflegepersonen sowie der Prüfung der räumlichen Gegebenheiten für eine kindgerechte Kindertagesbetreuung stellt nicht eine Beschäftigung als Erzieherin dar. Davon geht auch die Beklagte nicht aus. Da der Arbeitsvertrag der Parteien eine Versetzungsklausel, wonach die Beklagte berechtigt wäre, der Klägerin andere zumutbare, gleichwertige Tätigkeiten zu übertragen, nicht vorsieht, könnte die Beklagte den Inhalt der Arbeitsleistung nur durch eine sozial gerechtfertigte - Änderungskündigung abändern. Eine solche hat die Beklagte nicht ausgesprochen. 3. Das Direktionsrecht erfährt auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Fürsorgeverpflichtung der Beklagten gegenüber der Klägerin eine Erweiterung. Es mag sein, dass sich die Beklagte auch von ihrer Fürsorgepflicht gegenüber der Klägerin hat leiten lassen, als sie angeordnet hat, die Klägerin werde zunächst für zwei Jahre in das Familienbüro umgesetzt und auf dem Arbeitsplatz Tagespflege, Vor-Ort- Überprüfung eingesetzt. Es kann aber dahinstehen, ob die von der Beklagten erwarteten Konflikte zwischen Eltern und der Klägerin die befürchteten Auswirkungen auf die Qualität der Arbeit in der Kindertagesstätte, den Betriebsfrieden und das Persönlichkeitsrecht der - 6 -
6 - 6 - Klägerin haben würden. Diese führten jedenfalls nicht dazu, dass das Direktionsrecht der Beklagten, das durch den dem Arbeitsverhältnis zugrundliegenden Arbeitsvertrag im Hinblick auf die Tätigkeit der Klägerin ausdrücklich beschränkt ist, wieder aufleben würde mit der Folge, dass die Beklagte die Klägerin losgelöst von der arbeitsvertraglichen Vereinbarung mit anderen Tätigkeiten als denen einer Erzieherin beschäftigen könnte. 4. Auf die Frage, ob die politische Gesinnung des Ehemanns der Klägerin die Maßnahme der Beklagten rechtfertigen kann, kam es nicht mehr entscheidungserheblich an. Die Versetzung ist bereits unwirksam, weil der Arbeitsvertrag das Direktionsrecht der Beklagten im Hinblick auf die der Klägerin zuzuweisenden Tätigkeiten auf diejenigen einer Erzieherin beschränkt II. Der Streitwert war gemäß 61 Abs. 1 ArbGG im Urteil festzusetzen. Die Streitwertentscheidung beruht auf 3 ZPO i. V. m. 46 Abs. 2 ArbGG. Die Kostenentscheidung folgt aus 91 Abs. 1 S. 1 ZPO i. V. m. 46 Abs. 2 ArbGG. Die Kosten des Rechtsstreits waren vollumfänglich der unterlegenen Beklagten aufzuerlegen. Die Berufung war nicht gesondert zuzulassen, weil Gründe hierfür gemäß 64 Abs. 3 ArbGG nicht vorlagen. Die Zulässigkeit ergibt sich bereits aus dem Gesetz. Rechtsmittelbelehrung Gegen dieses Urteil kann Berufung eingelegt werden, a) wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist oder b) wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 EUR übersteigt oder c) in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses. Soweit die Voraussetzungen zu a), b) oder c) nicht vorliegen, ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben. Die Berufungsschrift muss von einem bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sein; an seiner Stelle können Vertreter der Gewerkschaften oder von Vereinigungen von Arbeitgebern oder von Zusammenschlüssen solcher Verbände treten, wenn sie kraft Satzung oder Vollmacht zur Vertretung befugt sind und der Zusammenschluss, der Verband oder deren Mitglied Partei sind
7 - 7 - Die Berufungsschrift muss binnen einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des Urteils bei dem Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Siemensstraße 10, Hannover eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss das Urteil bezeichnen, gegen das die Berufung gerichtet wird und die Erklärung enthalten, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde. Ihr soll ferner eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils beigefügt werden. Die Berufung ist gleichzeitig oder innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils in gleicher Form zu begründen. Dabei ist bei nicht zugelassener Berufung der Wert des Beschwerdegegenstandes glaubhaft zu machen; die Versicherung an Eides Statt ist insoweit nicht zulässig. Die für die Zustellung an die Gegenseite erforderliche Zahl von beglaubigten Abschriften soll mit der Berufungs- bzw. Begründungsschrift eingereicht werden. Das Landesarbeitsgericht Niedersachsen bittet darum, die Berufungsbegründung und die Berufungserwiderung in 5-facher Ausfertigung, für jeden weiteren Beteiligten ein Exemplar mehr, einzureichen.
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