Universität Ulm Fakultät für Ingenieurwissenschaften und Informatik. Institut für Psychologie und Pädagogik. Praktikumsbericht

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1 Universität Ulm Fakultät für Ingenieurwissenschaften und Informatik Institut für Psychologie und Pädagogik Praktikumsbericht Praktikum bei der Sozialtherapeutischen Jugendarbeit e.v. Gutenhalde Unter der Leitung von Diplom Psychologin Alexandra Heisrath Vom Vorgelegt von: Name, Vorname: Neu, Mario Adresse: Ottilienhof 1, Esslingen am Neckar -Adresse: Studiengang: Psychologie (B.Sc.) Matrikelnummer: Fachsemester: 5 Wortanzahl: 1241 Wörter im Fließtext Ulm, den

2 Praktikumsbericht 2 Inhaltsverzeichnis 1. Einführung und Kurzdarstellung der Einrichtung bzw. Institution Beschreibung der Institution Art und Zahl der Mitarbeiter Aufgaben der Institution Klientel, Arbeitsauftrag und Zielsetzung Arbeitsweise der Institution Arbeitskonzeption und Arbeitsschwerpunkte Darstellung des Tätigkeits-/Aufgabenfeldes Konkrete Schilderung von spezifischen Tätigkeiten Darstellung der eigenen Tätigkeit Kritische Auseinandersetzung mit der eigenen Tätigkeit Zusammenfassende Einschätzung des Praktikums und der Praxiseinrichtung Voraussetzungen auf Praktikanten/innen-Seite Lernmöglichkeiten Kritik... 7

3 Praktikumsbericht 3 1. Einführung und Kurzdarstellung der Einrichtung bzw. Institution 1.1 Beschreibung der Institution Die Sozialtherapeutische Jugendarbeit e.v. Gutenhalde wurde 1985 gegründet und bietet für Jugendliche zwischen 14 und 21 Jahren medizinische Rehabilitation, Jugendhilfe und ambulante Nachsorge. Durch das Angebot dieser drei Bereiche werden fließende Übergänge kreiert und eine flexible und individuelle Therapieführung ermöglicht. Den Rahmen stellt ein traditionsreiches Hofgut mitten im Grünen zwischen den Fildern und dem Schönbuch. 1.2 Art und Zahl der Mitarbeiter Das Team der Gutenhalde ist interdisziplinär aufgestellt und wird durch weitere externe Mitarbeiter unterstützt. Hierzu zählen diverse Therapeuten wie eine Kunsttherapeutin, eine Heileurythmistin, eine Therapeutin in Sprachgestaltung, eine Therapeutin für Pädagogisches Reiten, eine Therapeutin für Kreativtherapie sowie einen systemischen Familientherapeut. Ergänzt wird dies durch ein pädagogisches Team, das sich aus Sozialarbeiter/innen und Jugend- und Heimerzieher/innen zusammensetzt. Ebenfalls arbeiten verschiedene Arbeitstherapeuten in den Bereichen Landwirtschaft, Kunst, Töpferei und Hauswirtschaft auf der Gutenhalde. Abgerundet wird das Team durch einen Kinder- und Jugendpsychiater, einem psychologischen Fachdienst sowie einem Sozialdienst. 1.3 Aufgaben der Institution Die Aufgaben der Institution sind die Indikationsstellung, Aufnahme, Diagnostik und Behandlung von psychisch kranken Jugendlichen, die in der Regel einen Klinikaufenthalt hinter sich haben und für deren Entwicklung weitere Maßnahmen erforderlich sind. Zusätzlich gehört die Wiedereingliederung nach anerkannten Standards sowie die Begleitung beruflicher und schulischer Entwicklung zu den Arbeiten auf der Gutenhalde. 1.4 Klientel, Arbeitsauftrag und Zielsetzung Die Rehabilitationseinrichtung hat als Zielgruppe Jugendliche, die von einer psychischen Erkrankung betroffen oder bedroht sind. Der Fokus liegt in der Behandlung junger Schizophrener. Aber auch andere Störungsbilder, wie beispielsweise Magersucht, Depressionen oder Borderline-Persönlichkeitsstörungen können häufig erfolgreich in dieser Einrichtung behandelt werden. Die Zielsetzung der medizinischen Reha ist es die psychische Erkrankung zu heilen beziehungsweise zu lindern oder Verschlimmerungen zu verhindern. Dabei wird das Klientel

4 Praktikumsbericht 4 bei sämtlichen Aufgaben in der Einrichtung mit eingebunden damit sie lernen Eigenverantwortung zu übernehmen und Selbständigkeit sowie Selbstversorgung zu erlangen. Des Weiteren wird versucht bestehende Beeinträchtigungen der schulischen beziehungsweise beruflichen Teilhabe abzuwenden, zu verbessern oder eine Verschlimmerung zu verhüten. 1.5 Arbeitsweise der Institution Im Zuge der Indikationsstellung wird zunächst geklärt, ob die sozialmedizinischen Voraussetzungen wie Rehabilitationsbedürftigkeit, Rehabilitationsfähigkeit sowie eine günstige Prognose erfüllt sind. Für eine Aufnahme erfolgt zunächst eine Prüfung der Aufnahmeunterlagen der ein Informationsgespräch folgt. Anhand dieses Gespräches und der Abwägung der therapeutischen Zielsetzung wird über ein 14-tägiges Probewohnen als Belastungserprobung entschieden. Das diagnostische Vorgehen dient der Gewinnung behandlungsbedeutender Informationen für eine individuelle Therapieplanung. Ein weitere Einsatz ist die kontinuierliche Bewertung der rehabilitativen Maßnahme. In einer Abschlussdiagnostik wird die Wirksamkeit der Rehabilitationsbehandlung bewertet sowie Schritte nach der Entlassung geplant. Hierzu finden Einzelgespräche mit dem leitenden Kinder- und Jugendpsychiater, dem Psychologischen Fachdienst sowie den Bezugsbetreuern statt. Ergänzend werden psychologische Fragebögen und Testerfahren sowie somatische Untersuchungen eingesetzt. Die Behandlung setzt sich gemäß dem bio-psycho-sozialen Modell psychischer Erkrankungen aus den drei Säulen der sozialtherapeutischen, psychotherapeutischen und medikamentösen Behandlung zusammen. 1.6 Arbeitskonzeption und Arbeitsschwerpunkte Die Einrichtung orientiert sich an der Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF) der Weltgesundheitsorganisation. Ergänzend dient die anthroposophische Menschenkunde als Grundlage für die Arbeit mit den Jugendlichen. Zusätzlich werden für therapeutisch und pädagogische Maßnahmen anerkannte Forschungsergebnisse der Entwicklungspsychologie und Pädagogik sowie den speziellen Fachkenntnissen der Kinder- und Jugendpsychiatrie verwendet. Der Arbeitsschwerpunkt der Einrichtung setzt sich aus den sozialtherapeutischen und medizinischen Maßnahmen zusammen.

5 Praktikumsbericht 5 2. Darstellung des Tätigkeits-/Aufgabenfeldes 2.1 Konkrete Schilderung von spezifischen Tätigkeiten Vor jeder Aufnahme findet ein Informationsgespräch zwischen psychologischen Fachdienst beziehungsweise Sozialdienst und potentiellen Rehabilitanden statt. In diesem Gespräch geht es primär um das gegenseitige Kennenlernen und der Vorstellung der Einrichtung sowie eine transparente Klärung der möglichen Perspektiven aller Beteiligten. Ein wichtiges Element der Behandlung stellt die Sozialtherapie. Hierbei geht es unter anderem um die Strukturierung des sozialen und zeitlichen Rahmens sowie der Beziehungsarbeit. Ein wichtiges Ziel ist die selbständige Lebensführung. Zur psychotherapeutischen Arbeit gehört unter anderem das Skills-Training im Sinne der Dialektisch-Behavioralen Therapie und wird von der Psychologin hauptsächlich für Jugendliche mit Borderline-Persönlichkeits-Störung angeboten. Das Ziel des Trainings ist das Erlernen von Fertigkeiten um dysfunktionale Verhaltens-, Gefühls- und Denkmuster zu verändern. Des Weiteren sind an dieser Stelle Kinder- und Jugendpsychiatrische beziehungsweise psychotherapeutische Gespräche zu erwähnen. Diese Gespräche dienen zur Besprechung von medikamentösen Behandlungsschritten aber auch in der Zusammenarbeit mit dem psychologischen Fachdienst zur Identifikation von individuellen Störungen des Denkens, Handelns und Erlebens um sie dann mit psychologischen und psychotherapeutischen Methoden zu behandeln. Die medikamentöse Therapie ist neben den sozial- und psychotherapeutischen Behandlungselementen eine wichtige Ergänzung. Hierbei gilt es Themen wie Wirkungsweise, Dosierung, Nebenwirkungen und eine verlässliche Behandlungsbereitschaft (Compliance) zu erarbeiten. Für regelmäßige Fall- und Teamsupervisionen wird eine externe Supervisorin eingeladen. In Teamsupervisionen wird beispielsweise die Verteilung von verschiedenen Aufgaben und Verantwortungen besprochen. Wohingegen in Fallsupervisionen je nach Dringlichkeit und Notwendigkeit bestimmte Jugendliche durchgesprochen werden. Themen wie Auftragsklärung oder bestimmte Dynamiken zwischen Gutenhalde, Familie und Jugendlichen kommen dabei zur Ansprache. In allen beschriebenen Tätigkeiten durfte ich Erfahrung sammeln und erhielt von den verantwortlichen MitarbeiterInnen eine ausführliche Anleitung. Dabei wurden die bevorstehenden Aufgaben besprochen aber auch im Nachhinein bestimmte Themen reflektiert.

6 Praktikumsbericht 6 Fallbeispiel: Ein junger Mann (18J.) wurde nach einem vollstationären Aufenthalt in einer Kinder- und Jugendpsychiatrie sowie einer ambulanten Weiterführung und einem 14-tägigen Probewohnen in der Einrichtung mit einer organisch wahnhaften (schizophreniformen) Störung (F06.2) aufgenommen. Im Vordergrund stand eine ausgeprägte Negativsymptomatik mit reduzierter Konzentrationsfähigkeit, Affektverflachung, Antriebsschwäche und Interessenlosigkeit, welche ihn in seiner Aktivität und Teilhabe deutlich einschränkten. Zudem waren seine Bewegungsabläufe eher steif und träge. Dementsprechend wurde ein individueller Behandlungsplan erstellt der sich unter anderem aus psychosozialertherapeutischer Begleitung, Kinder- und Jugendpsychiatrischen-psychotherapeutischen Gesprächen, verschiedenen Arbeitstherapien, Künstlerischen Therapien und Bewegungstherapie zusammensetzte. Zusätzlich kam ein atypisches Neuroleptikum zum Einsatz. Übergeordnete Therapieziele waren dabei die Stabilisierung der bisher erreichten Therapieerfolge, die Reduktion von noch vorhandenen Krankheitssymptomen sowie die Verhinderung von Chronifizierung. 2.2 Darstellung der eigenen Tätigkeit Gruppenbetreuung sowie Begleitung der Jugendlichen bei abendlichen Veranstaltungen, wie Sport und diversen Gruppenabenden Vertretung der Arbeitstherapie Hauswirtschaft Hospitation in mehreren künstlerischen Therapien Hospitation in der Arbeitstherapie Landwirtschaft Teilnahme an allen relevanten Besprechungen sowie Team- und Fallsupervisionen Hospitation bei einer Familientherapeutischen Sitzung Hospitation bei der Visite des Kinder- und Jugendpsychiaters Gespräche und Hospitation bei der Psychologin und Unterstützung der diagnostischen Arbeit (Durchführung + Auswertung von psychologischen Tests und Fragebögen) Teilnahme einer Fortbildung über Medikation Einzelgespräche mit Jugendlichen Betreuung der Hausaufgabenstunde 2.3 Kritische Auseinandersetzung mit der eigenen Tätigkeit Trotz der Praktikantenrolle wurde ich sehr gut im Team aufgenommen und konnte mich somit in diversen Besprechungen gut einbringen. Zusätzlich wurde ich schnell von den Jugendlichen als Ansprechpartner akzeptiert. Durch die Übernahme von

7 Praktikumsbericht 7 verantwortungsvollen Aufgaben wie beispielsweise der Arbeitstherapie Hauswirtschaft lernte ich auf die individuellen Fähigkeiten und Fertigkeiten der Jugendlichen einzugehen. Die Hospitation in diversen Bereichen wie der Visite des Kinder- und Jugendpsychiaters mit anschließender Reflexion ermöglichte mir ein tieferes Verständnis der verschiedenen Tätigkeiten. Durch den engen Kontakt mit Jugendlichen mit verschiedenen psychischen Störungen vor allem aber Psychosen, machten mir deutlich, dass besondere Kenntnisse im Umgang mit ihnen nötig sind, weshalb eine Unterstützung und Anleitung von erfahrenen Mitarbeitern außerordentlich wichtig ist. 3. Zusammenfassende Einschätzung des Praktikums und der Praxiseinrichtung 3.1 Voraussetzungen auf Praktikanten/innen-Seite Ein klinisches Hintergrundwissen mit den verschiedenen Störungsbildern, im Speziellen Schizophrenie, entwicklungspsychologische Kenntnisse sowie pädagogische Fähigkeiten und Fertigkeiten erleichtern die Arbeit, sind aber keine zwingende Voraussetzung. 3.2 Lernmöglichkeiten Ein Großteil der Jugendlichen hatten eine Psychose, wodurch ich einen intensiven Einblick in das Störungsbild Schizophrenie erhielt. Durch die selbständige Durchführung und Auswertung von diagnostischen Tests und Fragebögen konnte ich Erfahrung in der diagnostischen Arbeit sammeln. Dank der Hospitation bei den Gesprächen des Kinder- und Jugendpsychiaters sowie einer internen Schulung über Psychopharmaka wurde mein Wissen auf dem Gebiet der Medikamententherapie vertieft und gefestigt. Angesichtes der breiten Therapieangebote auf der Gutenhalde wurde mir die Behandlungsvielfalt sowie die Notwendigkeit einer individuellen Behandlung deutlich. 3.3 Kritik Trotz eines sehr vielseitigen und interessanten Praktikums lassen sich ein paar wenige Kritikpunkte nennen. Auf Seiten der Betreuung hätte ich mir eine regelmäßigere Anleitung sowie eine bessere Abstimmung zwischen den verschiedenen Bereichen und Tätigkeiten gewünscht. Auf Seiten der Universität wäre im Vorfeld eine Veranstaltung zu Themen wie Nähe und Distanz oder Gesprächsführung sehr hilfreich gewesen.