Frühe Hilfen Erziehungskompetenz von Eltern stärken. Wiener Pilotprojekt zur Verhinderung von postpartaler Depression
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- Leander Hauer
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1 Frühe Hilfen Erziehungskompetenz von Eltern stärken Wiener Pilotprojekt zur Verhinderung von postpartaler Depression Keineswegs alle Frauen schweben nach der Geburt eines Kindes auf einer Wolke des Glücks. Allgemein erkranken 10 % bis 15 % der jungen Mütter an einer Depression. Dieses Phänomen wird in der Fachliteratur als postpartale Depression beschrieben. Die Befindlichkeit der Mutter hat Auswirkungen auf das Kind. Ob und wie eine positive Bindung zustande kommt und wie gut Aufnahme und Versorgung des Kindes in der Familie gelingt, hängt wesentlich vom psychosozialen Wohlbefinden der Mutter ab. Deshalb hat sich die MAG ELF, das Wiener Jugendamt, mit seinen ExpertInnen in den Jahren 2002/2003 an einer groß angelegten Studie zur Prävention der postpartalen Depression beteiligt. Im Rahmen des Wiener Frauengesundheitsprogrammes wurden 4000 Schwangere und junge Mütter erfasst, befragt und während einer längeren Zeit durch ein multiprofessionelles Team betreut. Dabei hat sich bestätigt, dass eine Reihe von psychosozialen Faktoren für die Entstehung der postpartalen Depression bei jungen Müttern und für das damit einhergehende Risiko für die Kinder verantwortlich sind: depressive Erkrankungen in der Vorgeschichte Stress und Überforderung mit der Versorgung des Kindes allgemeiner Stress wegen ökonomischer Situation geringe Zufriedenheit in der Partnerbeziehung Gewalterfahrungen in der eigenen Kindheit geringe soziale Integration Es ist auf der Basis dieser Erkenntnisse nahe liegend, ein System der Früherfassung, Beobachtung und Unterstützung von schwangeren Frauen, die die oben beschriebenen Risikobedingungen aufweisen, zu konzipieren, und jene Frauen, die hohe psychosoziale Belastungswerte haben, frühzeitig und effizient zu unterstützen.
2 Ich darf Ihnen im Folgenden die Maßnahmen und Angebote des Wiener Jugendamtes zur Frühen Förderung präsentieren. Zur Illustration der sozialpolitischen Herausforderungen, die uns hier begegnen, haben wir die Geburtenstatistik 2005 eines Wiener Gemeindebezirkes mit einer relativ hohen Geburtenrate ausgewertet. Im Anschluss folgt eine kurze Darstellung der rechtlichen Grundlagen unserer Arbeit im Bereich des Sozialen Dienstes für junge Eltern. Analyse der Geburtenstatistik 2005 Im Jahr 2005 wurden in Wien Kinder geboren, davon waren Erstgeburten. Über die sogenannten Geburtsanzeigen wird der Jugendwohlfahrtsträger, also in Wien die MAG ELF, von der Geburt eines Kindes informiert. Wir haben exemplarisch die Geburtsanzeigen, die Familien mit Wohnort 15. Bezirk betreffen, analysiert. Der Bezirk wurde im Hinblick auf die Prognose, dass Wien vor allem durch Migration wachsen wird, ausgewählt. Der 15. Bezirk ist der Stadtteil mit dem größten Migrantinnenanteil und gilt, trotz vieler Verbesserungen in den letzten Jahren, allein schon wegen seiner Bausubstanz als besonders problematisch, was die sozioökonomischen Daten der Bewohnerinnen betrifft. Von den in Wien geborenen Kindern entfallen knapp 800 auf den 15. Bezirk. Eine Auswertung der aus den Geburtsanzeigen ersichtlichen Daten ergibt folgendes Bild: (Auswertungsdifferenzen ergeben sich aus unvollständig ausgefüllten Geburtsanzeigen!)
3 Rechtliche Grundlagen und Arbeitsauftrag der Jugendwohlfahrt Unter dem Motto Familien stützen, Kinder schützen hat die MAG ELF die Zielbestimmungen des Wiener Jugendwohlfahrtsgesetzes 1990 vereint. Gemäß 1 hat die öffentliche Jugendwohlfahrt 1) für die Betreuung der Mütter, werdenden Mütter und ihrer Leibesfrucht sowie von Säuglingen vorzusorgen. (Mutterschafts- und Säuglingsvorsorge) 2) die Entwicklung Minderjähriger durch Anbot von Hilfen zur Pflege und Erziehung zu fördern und durch Gewährung von Erziehungsmaßnahmen zu sichern. (Jugendfürsorge) Gemäß 2 1) kommt der öffentlichen Jugendwohlfahrt die allgemeine Aufgabe zu, die Familie bei der Erfüllung ihrer Aufgaben in der Pflege und Erziehung Minderjähriger zu beraten und zu unterstützen. SOZIALE DIENSTE 2) Öffentliche Jugendwohlfahrt ist zu gewähren, wenn und insoweit die Erziehungsberechtigten das Wohl des Minderjährigen nicht gewährleisten. KINDERSCHUTZ 3) Die öffentliche Jugendwohlfahrt darf in familiäre Bereiche und Beziehungen nur insoweit eingreifen, als dies zum Wohl der Minderjährigen notwendig ist. Dies ist besonders auch dann der Fall, wenn zur Durchsetzung von Erziehungszielen Gewalt angewendet oder körperliches oder seelisches Leid zugefügt wird.
4 Weitere wesentliche Bestimmungen, die das Handeln der Jugendwohlfahrt bestimmen, finden sich im ABGB in den 211 ff. Beispielsweise möchte ich hier besonders auf die in 212 Abs. 1 festgeschriebene INFORMATIONSPFLICHT des Jugendwohlfahrtsträgers hinweisen: 212. (1) Der Jugendwohlfahrtsträger hat, soweit es nach den Umständen geboten scheint, den gesetzlichen Vertreter eines im Inland geborenen Kindes innerhalb angemessener Frist nach der Geburt über die elterlichen Rechte und Pflichten, besonders über den Unterhaltsanspruch des Kindes, gegebenenfalls auch über die Feststellung der Vaterschaft, in Kenntnis zu setzen und ihm für die Wahrnehmung der Rechte des Kindes seine Hilfe anzubieten. Unter Berücksichtigung dieser Informationspflicht aber auch des Verhältnismäßigkeitsgebotes im Jugendwohlfahrtsgesetz und unter Wahrung des Rechtes auf ein ungestörtes Privat- und Familienleben, müssen wir nach Mitteln und Wegen suchen, unsere Angebote an die Zielgruppen zu bringen. Die ExpertInnen der MAG ELF bemühen sich, möglichst früh mit der Schwangeren in Kontakt zu kommen. Dem Mutter-Kind-Pass ist ein Folder Rund ums Baby Serviceangebote der MAG ELF beigelegt. Dazu wird erklärt, wie man zum Wäschepaket, dem Wiener Willkommensgeschenk für alle Neugeborenen samt praktischem Wickelrucksack kommt. Bei der Anmeldung für den Wickelrucksack haben die Frauen Gelegenheit, das Angebot der Eltern-Kind- Zentren kennen zu lernen. Anlässlich dieses Gespräches haben die MitarbeiterInnen die Chance, die soziale Situation der Schwangeren zu erfassen, einen Ersteindruck über einen eventuellen Unterstützungsbedarf zu gewinnen, ziel- und lösungsorientiert Ressourcen zu erschließen und insbesondere die Möglichkeiten unserer verschiedenen Beratungseinrichtungen aufzuzeigen. Dabei überreichen sie den Folder Eigentlich sollte ich glücklich sein, welcher die postpartale Depression thematisiert. Bei dieser Gelegenheit erhalten die Frauen die Wiener Dokumentenmappe, die viele wichtige Informationen zu finanziellen, medizinischen und praktischen Fragen (z.b. Kinderbetreuung) enthält. Außerdem ist der Mappe ein
5 Gutscheinheft beigelegt. Dem Neugeborenen kann die Mappe dann zur Aufbewahrung persönlicher Dokumente und Unterlagen dienen. Der Ratgeber Rund ums Baby greift zusätzlich viele Fragen werdender und junger Eltern auf und gibt auf eine leicht verständliche Weise Tipps und Anregungen. Die MAG ELF ist in allen Spitälern mit geburtshilflicher Abteilung durch eine Sozialarbeiterin vertreten, die nach der Entbindung das Wäschepaket überreicht und als weitere Ansprechperson für soziale Fragen zur Verfügung steht. Das Gespräch soll dazu dienen, nochmals auf unsere Beratungs- und Kommunikationszentren hinzuweisen. In Wien stehen 9 städtische Eltern-Kind-Zentren und 34 Elternberatungsstellen für rat- und kontaktsuchende Eltern zur Verfügung. An bestimmten Standorten haben wir Übersetzerinnen für die häufigsten Fremdsprachen zur Verfügung. Im 15. Bezirk gibt es z.b. zwei Elternberatungsstellen, die durch muttersprachliche Mitarbeiterinnen besonders türkisch und serbisch/bosnisch sprechenden Eltern den Zugang zu den Beratungen erleichtern sollen. In den Eltern-Kind-Zentren bieten wir jungen Eltern die Möglichkeit, mit anderen Eltern ins Gespräch zu kommen, sich über ihre Erfahrungen auszutauschen, Kontakte zu knüpfen und von Fachleuten aus den Bereichen Sozialarbeit, Psychologie und Sozialpädagogik, Informationen, Beratung, Unterstützung und Hilfestellung zu erhalten. Zahlreiche Gruppenaktivitäten (Babytreffs, Krabbeltreffs, Babymassage usw.) unter fachlicher Leitung, sollen Austausch und Begegnung fördern und die Kontaktnahme für individuelle Aussprachen erleichtern. In Einzelfällen führen Kinderpflegerinnen und Familienhebammen auch Hausbesuche durch. Eine Gruppe von Sozialarbeiterinnen kümmert sich intensiv um minderjährige Mütter. Mit der Videoaktionsanalyse bieten unsere Kleinkinder-Psychologinnen ein attraktives Angebot zur Reflexion von Erziehungsverhalten, das in sehr verständlicher und anschaulicher Weise, Beziehungs- und Kommunikationsmuster bewusst macht.
6 Attraktive Standorte mit einem bedarfsgerechten Angebot, haben zu einer erfreulichen Frequenzsteigerung in den Eltern-Kind-Zentren geführt. Waren es 2004 noch Besucherinnen, stieg 2005 die Zahl auf Besucherinnen an. Unser Ziel ist es, möglichst alle Familien mit unseren Informationen zu erreichen und jedenfalls ein Drittel aller Erstgebärenden in unsere Beratungs- und Kommunikationseinrichtungen zu bekommen. Im letzten Jahr ist dies jedenfalls gelungen.
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