Im Namen des Volkes. Beschluss
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- Kurt Junge
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1 THÜRINGER VERFASSUNGSGERICHTSHOF VerfGH 17/09 Im Namen des Volkes Beschluss In dem abstrakten Normenkontrollverfahren der Fraktion DIE LINKE im Thüringer Landtag, vertreten durch den Vorsitzenden Bodo Ramelow, Jürgen-Fuchs-Str. 1, Erfurt, bevollmächtigt: Rechtsanwalt Dirk Siegfried, Motzstr. 1, Berlin, Antragstellerin, Anhörungsberechtigte: 1. Thüringer Landtag, vertreten durch die Präsidentin, Jürgen-Fuchs-Str. 1, Erfurt, VerfGH 17/09
2 2. Thüringer Landesregierung, vertreten durch die Ministerpräsidentin, diese vertreten durch den Thüringer Justizminister, Werner-Seelenbinder-Str. 5, Erfurt, gegen Normen des Thüringer Beamtenrechts, betreffend die Ansprüche der in eingetragener Lebenspartnerschaft lebenden Beamten hat der Thüringer Verfassungsgerichtshof durch Herrn Dr. Schwan als Vorsitzenden und die Mitglieder Prof. Dr. Baldus, Prof. Dr. Bayer, Dr. Habel, Heßelmann, Dr. Martin-Gehl, Peters, Pollak und Prof. Dr. Ruffert am 2. Mai 2012 beschlossen: Das Verfahren wird eingestellt. Der Freistaat Thüringen hat der Antragstellerin ihre notwendigen Auslagen zu erstatten. Gründe: I. 1. Der für erledigt erklärte Antrag richtete sich gegen Normen des Thüringer Beamtenrechts. Die Antragstellerin griff diese Bestimmungen an, soweit in ihnen Beamte in eingetragener Lebenspartnerschaft gegenüber verheirateten Beamten schlechter gestellt wurden. In der am 6. Juli 2009 eingegangenen Antragsschrift begründete sie im Einzelnen ihre Auffassung, nach der eine Ungleichbehandlung beider Personengruppen im Besoldungs- und im Beihilferecht sowie bei der VerfGH 17/09 2
3 Regelung der Hinterbliebenenversorgung gegen Art. 3 Abs. 2 Thüringer Verfassung verstößt. 2. Im Jahr 2011 wurden die angegriffenen Normen geändert bzw. ersetzt: Die Versorgung der Beamten wurde durch das Thüringer Beamtenversorgungsgesetz vom 22. Juni 2011 neu geregelt (ThürBeamtVG, GVBl. S. 99). 58 Satz 1 ThürBeamtVG legt nun fest, dass die Bestimmungen dieses Gesetzes für hinterbliebene Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft entsprechend gelten. Der Anspruch der in eingetragener Lebenspartnerschaft lebenden Beamten auf den Familienzuschlag der Stufe 1 nach 38 Abs. 1 Nr. 1 Thüringer Besoldungsgesetz (ThürBesG) wurde durch Art. 2 Nr. 1 des Thüringer Gesetzes zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften vom 22. September 2011 geschaffen (GVBl. S. 233). Der in das Besoldungsgesetz eingefügte 1 Abs. 5 erklärt die Bestimmungen dieses Gesetzes, die sich auf die Ehe beziehen, für eingetragene Lebenspartnerschaften entsprechend anwendbar. Diese Änderung wurde rückwirkend zum 1. Juli 2009 in Kraft gesetzt (Art. 11 des Gesetzes vom 22. September 2011). Durch Art. 1 Nr. 3 desselben Änderungsgesetzes wurde der in 87 Thüringer Beamtengesetz (ThürBeamtG) genannte Kreis der Angehörigen, die im Rahmen der Beihilfe zu berücksichtigen sind, um eingetragene Lebenspartner ergänzt. 3. Auf Anfrage des Verfassungsgerichtshofs hat die Antragstellerin am 17. November 2011 das Verfahren für erledigt erklärt. Sie beantragt nun die Erstattung ihrer notwendigen Auslagen. Die anhörungsberechtigte Landesregierung hat sich der Erledigungserklärung angeschlossen. Der Landtag hat sich in dem Verfahren nicht geäußert. VerfGH 17/09 3
4 II. 1. Das Verfahren ist einzustellen, nachdem die Antragstellerin ihren Antrag für erledigt erklärt hat. Es besteht kein öffentliches Interesse an seiner Fortführung (vgl. Thüringer Verfassungsgerichtshof, Beschlüsse vom 17. Februar VerfGH 1/09 und vom 28. April VerfGH 54/08). 2. Der Antragstellerin sind ihre notwendigen Auslagen zu erstatten, 29 Abs. 2 Thüringer Verfassungsgerichtshofsgesetz (ThürVerfGHG). a) Die Erstattung von Auslagen nach 29 Abs. 2 ThürVerfGHG kommt nur in Ausnahmefällen in Betracht. Sie setzt besondere Billigkeitsgründe voraus, die es rechtfertigen, vom Grundsatz des Selbstbehalts eigener Kosten abzuweichen. Derartige Gründe können in einem Verfahren der abstrakten Normenkontrolle zu bejahen sein, wenn mit ihr eine verfassungsrechtliche Frage von grundsätzlicher Bedeutung geklärt wurde. Dies kann insbesondere der Fall sein, wenn der Verfassungsgerichtshof dem Antrag stattgegeben und die Unvereinbarkeit einer Norm mit der Thüringer Verfassung festgestellt hat. Der Umstand, dass die Erstattung der Auslagen zu einem Ausgleich von Kosten einer öffentlichen Kasse zu Lasten einer anderen führt, steht einer positiven Kostenentscheidung nicht entgegen. Verfahren der abstrakten Normenkontrolle werden regelmäßig von Antragstellern eingeleitet, die ihre Aufwendungen aus Mitteln der öffentlichen Hand bestreiten (zur Erstattung von Aufwendungen einer Fraktion des Landtags: Thüringer Verfassungsgerichtshof, Urteile vom 21. Juni VerfGH 28/03; 20. April VerfGH 14/02; 14. Juli VerfGH 2/01; 25. Mai VerfGH 2/99; 16. Dezember VerfGH 20/95). b) Die Erledigung des Verfahrens schließt nach den konkreten Umständen des Falles eine Kostenerstattung nicht aus. Hat ein Verfahren sich in der Hauptsache erledigt, bestimmen die Prozessordnungen der Fachgerichte regelmäßig, die Entscheidung über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu treffen (vgl. 161 Abs. 2 VerfGH 17/09 4
5 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung, 91 a Abs. 1 Satz 1 Zivilprozessordnung). Im Gegensatz zu diesen Regelungen kann in einem Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof nicht auf die überschlägig beurteilten Erfolgsaussichten des ursprünglichen Antrags abgestellt werden. Es wäre mit der Funktion eines Verfassungsgerichts und der Tragweite seiner Entscheidung nicht zu vereinbaren, zu verfassungsrechtlichen Fragen aufgrund einer lediglich kursorischen Prüfung Stellung zu nehmen. Vielmehr kommt hier dem Grund wesentliche Bedeutung zu, der zur Erledigung des Verfahrens geführt hat. Beseitigt die öffentliche Gewalt von sich aus den angegriffenen Akt, so kann es angemessen sein, sie an ihrer Auffassung festzuhalten und dem Antragsteller seine Auslagen in gleicher Weise wie im Fall des Obsiegens zu erstatten (vgl. zu Kostenentscheidungen nach 34 a Abs. 3 BVerfGG: BVerfG, Beschlüsse vom 26. Mai BvR 2189/99, juris Rn. 5; 6. Oktober BvR 856/81, juris Rn. 2 = BVerfGE 91, 146 f.; 19. November BvR 1521/89, juris Rn. 19 f. = BVerfGE 85, 109 ff.; zur ausnahmsweisen Orientierung an den Erfolgaussichten bei bereits geklärter Verfassungsrechtslage: Beschluss vom 30. November BvR 3269/08 u.a., juris Rn. 9 ff.). c) Nach diesen Grundsätzen entspricht es der Billigkeit, die Auslagen der Antragstellerin dem Freistaat Thüringen aufzuerlegen. Ihr Antrag war auf die Klärung verfassungsrechtlicher Fragen von grundsätzlicher Bedeutung gerichtet. Inwieweit Ehe und eingetragene Lebenspartnerschaft in den einzelnen Rechtsgebieten gleich zu behandeln sind, war in jüngster Zeit Gegenstand zahlreicher gerichtlicher Verfahren (vgl. EuGH, Urteil vom 10. Mai Rs. C-147/08 - Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst; BVerfG, Beschluss vom 21. Juli BvR 611/07 - Erbschafts- und Schenkungssteuer; Beschluss vom 7. Juli BvR 1164/07 - betriebliche Hinterbliebenenversorgung; BVerwG, Urteile vom 28. Oktober C u. 2 C Familienzuschlag Stufe I). Eine Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs zur Rechtslage nach der Thüringer Verfassung unterblieb, weil der Gesetzgeber die von der Antragstellerin als verfassungswidrig gerügten Regelungen änderte und so der Gegenstand des Normenkontrollantrags entfallen ist. VerfGH 17/09 5
6 Es liegen keine Gründe vor, trotz der Erfüllung des Begehrens der Antragstellerin von der Erstattung ihrer Auslagen abzusehen. Gegen die Zulässigkeit ihres Antrags wurden weder von den Anhörungsberechtigten Bedenken geäußert noch waren solche ansonsten ersichtlich. Prof. Dr. Schwan Prof. Dr. Baldus Prof. Dr. Bayer Dr. Habel Heßelmann Dr. Martin-Gehl Peters Pollak Prof. Dr. Ruffert VerfGH 17/09 6
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