Bildungsgerechtigkeit
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- Eike Kohler
- vor 5 Jahren
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1 Bildungsgerechtigkeit Institut für Soziale und Kulturelle Arbeit Nürnberg, 21. Januar 2016 Prof. Dr. Aladin El-Mafaalani Professor für Politische Soziologie Robert-Koch-Straße Münster Tel Fax Soziale Ungleichheit nach dem meritokratischen Modell Übergang von der Grundschule auf das Gymnasium Soziale Schicht An- und ungelernte Arbeiter Leitende Angestellte, Beamte, freie Berufe Eignung nach Test Eignung nach Lehrerurteil Anmeldung durch Eltern 15 % 8 % 5 % 40 % 59 % 71 % Preuß 1970, S. 42 Familie und Umfeld Bildungssystem Individuelle Entscheidungen 2 von 17 Aladin El-Mafaalani I Bildungsgerechtigkeit 1
2 Studienanfänger an deutschen Universitäten nach Beruf des Vaters Paradoxon der Bildungsexpansion Bildungsparadoxon (1): Bildungsparadoxon (2): Weil sich für alle die Chancen verdoppeln, verstärkt sich der ungleiche Zugang zu höherer Bildung Bildungsabschlüsse werden immer wichtiger (für Berufseinstieg) und gleichzeitig verliert jede Abschlussart an Wert (Inflation) Bildungsparadoxon (3): Obwohl sich IQ und Lesekompetenz in jeder Dekade erhöhen, sinken beide Werte durchschnittlich in fast jeder Bildungsinstitution 3 von 17 Aladin El-Mafaalani I Bildungsgerechtigkeit Teilhabechancen auf regionaler Ebene Armut und Reichtum im Ruhrgebiet A 40 Sozialäquator der Ruhr-Metropole 4 von 17 Aladin El-Mafaalani I Bildungsgerechtigkeit 2
3 A 40 A40 Sozialäquator der Ruhr-Metropole 5 von 17 Aladin El-Mafaalani I Bildungsgerechtigkeit Biographische Perspektive auf Bildungsgerechtigkeit 6 von 17 Aladin El-Mafaalani I Bildungsgerechtigkeit 3
4 Nachhaltiger Herkunftseffekt in der Biographie 100 Kinder aus der Oberschicht 85 besuchen gymnasiale Oberstufe 100 Kinder aus unteren Schichten 36 besuchen gymnasiale Oberstufe 81 nehmen Studium auf 11 nehmen Studium auf Studienabbruch Berufseinstieg Einkommen Berufspositionen Bildungsaufsteiger/innen mit & ohne MH 7 von 17 Aladin El-Mafaalani I Bildungsgerechtigkeit Habitus als Vermittler zwischen Struktur und Praxis Habitus als dauerhaftes Wahrnehmungs-, Denk- und Handlungsmuster, von dem aus die soziale Welt erlebt wird Der Habitus beinhaltet vier Dimensionen: Moral (ethos), Körper (hexis), Geist (eidos) und Ästhetik (aisthesis) Der Habitus eines Menschen ist an jenem Ort am funktionalsten, an dem er herausgebildet wurde. Daher wird ein Menschen soziale Situationen und Kontexte suchen, die den eigenen habituellen Mustern entsprechen, also Anschlussfähigkeit gewährleisten. 8 von 17 Aladin El-Mafaalani I Bildungsgerechtigkeit 4
5 Sozialer Wandel Essgewohnheiten Früher Heute Elite Unter- schicht ht 9 von 17 Aladin El-Mafaalani I Bildungsgerechtigkeit Habitus und Lebenswelt Aufwachsen in Knappheit/Überfluss Prekäre Verhältnisse: Grundproblem: strukturelle Knappheit (Geld/Besitz, Anerkennung, Handlungsoptionen etc.) Management der Mangels Kurzzeitorientierung, Funktionslogik und Eindeutigkeitsmuster Für die Entscheidung über die Aufnahme eines Kindes in eine weiterführende Schule sind die [ ] Kenntnisse und Fertigkeiten festzustellen; es sind aber auch Eignung, Neigung und Wille des Kindes zu geistiger Arbeit insgesamt zu werten (KMK 2006: 5) Privilegierte Verhältnisse: Grundproblem: struktureller Überfluss (lediglich der Faktor Zeit stellt Grenze dar) Management des Überflusses Langzeitorientierung, Abstraktion und Denken in Alternativen 10 von 17 Aladin El-Mafaalani I Bildungsgerechtigkeit 5
6 Aufstiegsprozess im sozialen Raum Volumen + Aufsteiger/innen Kulturelles K. + Ökonomisches K. + Ökonomisches K. - Kulturelles K. - Herkunftsmilieu Volumen - 11 von 17 Aladin El-Mafaalani I Bildungsgerechtigkeit Zentrale Ergebnisse I Habitustransformation Habitustransformation als grundlegende Wandlung des (biografischen) Musters bzw. des klassenspezifischen Habitus (Bourdieu) Wandlung der Selbst-Welt-Verhältnisse und des biografischen Entwurfs (Marotzki) Aufsteiger/innen erleben eine umfassende Distanzierung vom Herkunftsmilieu auf mehreren Ebenen (ethos, hexis, eidos, aisthesis) ohne in ein anderes Milieu angekommen zu sein. 12 von 17 Aladin El-Mafaalani I Bildungsgerechtigkeit 6
7 Der Aufstiegsprozess aus der biografischen Perspektive Status Quo Vertikale Distanzierung Ablösung vom Milieu Aufstiegsspezifisch ƒ Horizontale Distanzierung ƒ Ablösung von der Familie bzw. den Eltern ƒ Adoleszenzspezifisch Herkunft 13 von 17 Aladin El-Mafaalani I Bildungsgerechtigkeit Zentrale Ergebnisse II Psychosoziale Herausforderungen Kein klassisches Aufstiegsmotiv, stattdessen: Veränderungsbedürfnis bzw. Veränderungsdrang (Flexibilität) Kein Aufstiegsplan, stattdessen: step-by-step-entwicklung sich ergebende Möglichkeiten werden genutzt (Präferenzlosigkeit und Synthetisierungsfähigkeit) Umfassende Anerkennung der gesellschaftlichen Spielregeln auch bei Rückschlägen (Anpassungsfähigkeit und Frustrationstoleranz) Dauerhaft prekäres Verhältnis zur Herkunft und Verlust sozialen Kapitals was/wer in Kindheit und Jugend wichtig war, erfährt eine Entwertung (Trennungskompetenz) Nicht Rationalität, sondern Krisenbewältigung strukturiert den Aufstiegsprozess Ohne Unterstützung ( soziale Paten ) ging es (bisher) nicht 14 von 17 Aladin El-Mafaalani I Bildungsgerechtigkeit 7
8 Zentrale Ergebnisse III Migrationsspezifika beim Aufstiegsprozess Aufsteiger/innen ohne Migrationshintergrund Milieudifferenz: Zwischen unten und oben Aufsteiger/innen mit Migrationshintergrund Sphärendifferenz: Zwischen innerer und äußerer Sphäre Zentrales Problem: - Geringe Bildungsaspiration - schwache Loyalitätserwartungen Zentrales Problem: - Hohe Bildungsaspirationen - Starke Loyalitätserwartungen - Ethnisierung 15 von 17 Aladin El-Mafaalani I Bildungsgerechtigkeit Sozialstrukturelle Entwicklung Gastarbeitermigration und Unterschichtung Fahrstuhleffekt Oben Mitte (Gastarbeiter-) Migration Unten Unterschichtung der Sozialstruktur 16 von 17 Aladin El-Mafaalani I Bildungsgerechtigkeit 8
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