Sozialmedizinische Aspekte
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- Benjamin Schubert
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1 Sozialmedizinische Aspekte Leistungsabteilung Dezernat 3.3 Sabine Hoffmann 1 Rechtliche Grundlagen Sozialgesetzbücher VI und IX Vereinbarung Abhängigkeitserkrankungen vom
2 Voraussetzungen sachliche und örtliche Zuständigkeit Versicherungsrechtliche und persönliche Voraussetzungen nach 10 und 11 SGB VI kein Ausschlussgrund nach 12 SGB VI 3 Persönliche Voraussetzungen Gesetzestext 10 SGB VI (1) Für Leistungen zur Teilhabe haben Versicherte die persönlichen Voraussetzungen erfüllt, 1. deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung erheblich gefährdet oder gemindert ist und 2. bei denen voraussichtlich a) bei erheblicher Gefährdung der Erwerbsfähigkeit eine Minderung der Erwerbsfähigkeit durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation... abgewendet werden kann, b) bei geminderter Erwerbsfähigkeit diese durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation... wesentlich gebessert oder wiederhergestellt werden kann. 4 2
3 Erwerbsfähigkeit Die Fähigkeit eines Versicherten, sich unter Ausnutzung der Arbeitsgelegenheiten, die sich ihm nach seinen Kenntnissen und seinen körperlichen und geistigen Fähigkeiten im ganzen Bereich des wirtschaftlichen Lebens bieten, einen Erwerb zu verschaffen, d.h. ein Erwerbseinkommen zu erzielen. Im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung (SGB VI) bedeutet Erwerbsfähigkeit, die physische und psychische Leistungsfähigkeit, eine Erwerbstätigkeit unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes in gewisser Regelmäßigkeit ausüben zu können. 5 Allgemeiner Arbeitsmarkt Im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung ist darunter jede nur denkbare Erwerbstätigkeit außerhalb einer beschützenden Einrichtung zu verstehen, für die auf dem Arbeitsmarkt (in einer Vielzahl von Teilarbeitsmärkten) Angebot und Nachfrage bestehen, unabhängig von ihrer qualitativen Einordnung. Der allgemeine Arbeitsmarkt umfasst sowohl alle abhängigen Beschäftigungen als auch selbstständige Tätigkeiten. Der Begriff allgemein soll von Sonderbereichen, wie z.b. Werkstätten für behinderte Menschen, abgrenzen. 6 3
4 Erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit Durch die gesundheitlichen Beeinträchtigungen und die damit verbundenen Funktionseinschränkungen ist in absehbarer Zeit mit einer Minderung der Leistungsfähigkeit im Erwerbsleben zu rechnen. In absehbarer Zeit richtet sich nach den Gegebenheiten des Einzelfalls. Es kann ein Zeitraum von bis zu drei Jahren zugrunde gelegt werden. 7 Minderung der Erwerbsfähigkeit nach 43 SGB VI Jede länger andauernde (d.h. mehr als 6 Monate), nicht unwesentliche Einschränkung der vollen Erwerbsfähigkeit. Teilweise erwerbsgemindert: wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein bzw. voll erwerbsgemindert: nicht mehr mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig sein können. Bezogen auf die gesamte berufliche Qualifikation und nicht auf die zuletzt ausgeübte berufliche Tätigkeit. 8 4
5 Arbeitsunfähigkeit (AU) Arbeitsunfähigkeit liegt vor, wenn der Versicherte aufgrund von Krankheit seine zuletzt vor der Arbeitsfähigkeit ausgeübte Tätigkeit nicht mehr oder nur unter der Gefahr der Verschlimmerung der Erkrankung ausführen kann. Bei der Beurteilung ist darauf abzustellen, welche Bedingungen die bisherige Tätigkeit konkret geprägt haben. Arbeitsunfähigkeit liegt auch vor, wenn aufgrund eines bestimmten Krankheitszustandes, der für sich allein noch keine AU bedingt, absehbar ist, dass aus der Tätigkeit für die Gesundheit oder die Gesundung abträgliche Folgen erwachsen, die AU unmittelbar hervorrufen. Arbeitsfähigkeit bzw. AU ist ein Begriff aus dem SGB V und nicht zu verwechseln mit der Erwerbsfähigkeit nach dem SGB VI. 9 Wesentliche Besserung der Erwerbsfähigkeit Die Minderung der Leistungsfähigkeit im Erwerbsleben kann zumindest teilweise und nicht nur vorübergehend behoben oder eine erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit kann beseitigt werden. Sie ist nicht gegeben, wenn nur eine Linderung des Leidens oder eine sonstige Erleichterung in den Lebensumständen erreicht werden kann. 10 5
6 Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit Die Minderung der Leistungsfähigkeit im Erwerbsleben wird dauerhaft behoben. 11 Erfolgsaussichten Voraussichtlich bedeutet Nach den Umständen des Einzelfalles und im Hinblick auf die Abwendung der Minderung der Erwerbsfähigkeit muss die wesentliche Besserung oder die Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erfolgversprechend sein. Die Erfolgsprognose setzt auch eine positive Einstellung (Motivation) des Rehabilitanden voraus. Ist er nicht bereit mitzuwirken, kann eine Leistung abgelehnt werden, insbesondere wenn zuvor bereits mehrfach eine Leistung zur Teilhabe abgebrochen wurde. 12 6
7 Umdeutung ( 116 SGB VI) Gesetzestext Der Antrag auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation... gilt als Antrag auf Rente, wenn Versicherte vermindert erwerbsfähig sind und 1. ein Erfolg von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation... nicht zu erwarten ist oder 2. Leistungen zur medizinischen Rehabilitation... nicht erfolgreich gewesen sind, weil sie die verminderte Erwerbsfähigkeit nicht verhindert haben. Dies bedeutet, dass funktionelle Beeinträchtigungen einem rehabilitativen Behandlungsansatz gar nicht zugänglich sind oder so gravierend sind, dass das Rehabilitationsziel der Rentenversicherung nicht erreicht werden kann. 13 Minderung der zeitlichen Leistungsfähigkeit ist allein aufgrund des Vorliegens einer Abhängigkeitserkrankung nicht berechtigt Abhängigkeitskranke sind lange Zeit leistungsfähig. 14 7
8 Leistungsminderung aufgrund von Organerkrankungen Psychopathologische Auffälligkeiten und vielfältige Schäden an den einzelnen Organen können eine Leistungsminderung bedingen. Eine entsprechende Leistungsbeurteilung und ggf. eine organbezogene Zusatzbegutachtung ist zu fordern. 15 Leistungsminderung aufgrund psychischer Störungen > Persönlichkeitsauffälligkeiten und > psychische Komorbiditäten können schon vor Beginn der Abhängigkeit vorliegen oder eine Ursache für die Abhängigkeitsproblematik sein und > können für sich allein schon zu Leistungsminderungen führen. 16 8
9 Abgrenzung zu Missbrauch Ein schädlicher Gebrauch von Suchtmitteln führt zu keiner Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit, d.h. es besteht kein Rehabilitationsbedarf. Bei Substanzmissbrauch und weiteren psychischen oder somatischen Erkrankungen ist auf die Zuweisung in entsprechend ausgestattete Einrichtungen zu achten. Bei Verdacht auf das Vorliegen einer Abhängigkeitserkrankung erfolgt eine weiterführende Sachaufklärung. 17 Unerlässliche Entscheidungsgrundlage Antragsformular Zustimmungserklärung des Versicherten Sozialbericht auf Vordruck von Fachkräften der Suchtberatungsstellen Gesundheitsämter Sozialdienste der Krankenhäuser Qualifizierten Entgiftungsstationen oder Motivierungsbehandlungen Internen/externen Drogenberatung der JVA/JSAen Ärztliches Gutachten Vom behandelnden Arzt oder unter Umständen von der Gutachterstelle der DRV 18 9
10 Prüfung der persönlichen Voraussetzungen Reha-Bedürftigkeit Reha-Fähigkeit Reha-Prognose Abhängigkeitserkrankung nach den Kriterien der Klassifikation ICD 10 (Internationale Klassifikation der Krankheiten von 1991) oder DSM IV Diagnostisches und Statistisches Manual Psychischer Störungen von 1996) Körperliche und psychische Belastbarkeit abgeschlossene Entgiftung Vorbereitungsmaßnahmen Krankheitseinsicht Abstinenzentscheidung Veränderungsbereitschaft Bereitschaft zur beruflichen Wiedereingliederung Soziale Situation bisherige Entwicklung des Suchtverhaltens Somatischer und psychischer Befund Motivation 19 Rehabilitation Abhängigkeitskranker Rehabilitationsbedarf: bei Erfüllung der Abhängigkeitskriterien nach der ICD 10 und DSM IV Rehabilitationsfähigkeit: bei Mitwirkung und Motivation Rehabilitationsprognose: ist positiv, wenn die Merkmalsbereiche Motivation, soziale Situation, bisherige Entwicklung des Suchtverhaltens sowie die somatischen und psychischen Befunde dafür sprechen. Eine Entwöhnungsbehandlung ist immer in Erwägung zu ziehen, solange keine irreversiblen und gravierenden leistungsmindernde Schäden an den Organsystemen eingetreten sind und solange eine aktive Gestaltung der Rehabilitation aufgrund der somatischen und psychischen Grund-, Begleitund Folgekrankheiten nicht ausgeschlossen ist
11 Entwöhnungsbehandlung wird bewilligt bei Erfüllung der vorgenannten Punkte. Sie wird auch bewilligt, wenn ein allgemein gehaltener Antrag auf Leistungen zur Teilhabe eine Indikation für eine Rehabilitationsleistung bei einer Abhängigkeitserkrankung erkennen lässt. Auch bei psychischen und somatischen Begleiterkrankungen muss die Einleitung einer Entwöhnungsbehandlung ganz im Vordergrund stehen bzw. die Komorbiditäten müssen parallel zur vorrangigen Entwöhnungsbehandlung erfolgen. Bei der Auswahl der Rehabilitationseinrichtung für Abhängigkeitskranke ist auf die jeweils erforderliche Mitbehandlung im Einzelfall zu achten. 21 Leistungsvermögen Nach erfolgreich absolvierter Entwöhnungsbehandlung liegt in der Regel bei bestehendem Arbeitsverhältnis keine Einschränkung der Leistungsfähigkeit vor. Bei arbeitslosen Abhängigkeitskranken besteht die Möglichkeit der Adaption. Eine vorzeitige Berentung von Menschen mit Abhängigkeitserkrankungen erfolgt in der Regel nicht wegen der Störung durch eine psychotrope Substanz selbst, sondern eher durch die somatischen und psychischen Begleit- und Folgeerkrankungen nach einem langjährigen Substanzkonsum
12 Literatur Text und Erläuterungen zum SGB VI Sozialmedizinisches Glossar der Deutschen Rentenversicherung Leitlinien für die sozialmedizinische Begutachtung, Sozialmedizinische Beurteilung bei Abhängigkeitserkrankungen Leitfaden zum einheitlichen Entlassungsbericht in der medizinischen Rehabilitation der gesetzlichen Rentenversicherung 23 Impressum Informationsveranstaltung zu Sozialmedizinischen Aspekten Sabine Hoffmann Deutsche Rentenversicherung Rheinland-Pfalz Leistungsabteilung Dezernat Speyer Telefon: Telefax:
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