Fakten gegen Meinungen

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1 Fakten gegen Meinungen Einführungsreferat Dr. Hartmut Knüppel Geschäftsführender Vorstand des DDV 5. Deutscher Derivate Tag am 20. Oktober 2008 in Frankfurt am Main

2 Sehr geehrte Damen und Herren, zum 5. Deutschen Derivate Tag heiße ich Sie im Namen von Vorstand und Geschäftsführung des Deutschen Derivate Verbands ganz herzlich willkommen. Wir freuen uns, mit Ihnen allen gemeinsam heute über aktuelle Entwicklungen des Zertifikatemarkts diskutieren zu können. Machen wir heute eine Bestandsaufnahme, so lässt sich ganz nüchtern feststellen: Der eisige Wind der größten Finanzmarktkrise seit Jahrzehnten weht auch der Zertifikatebranche, den Zertifikate-Emittenten und ihrem Verband ins Gesicht. Was heißt das in der Konsequenz? Wird uns der Sturm um- oder gar wegblasen, haben vielleicht diejenigen recht, die die Öffentlichkeit glauben machen wollen, wir lägen auf der Intensivstation oder schon gar im Sterbezimmer? Sicher nein! Wir sind sehr viel munterer, als dies unseren ebenfalls durchgeschüttelten Wettbewerbern lieb ist. Sie werden vielleicht überrascht sein, aber ich bin ebenso wie meine Mitstreiter im Vorstand der festen Überzeugung: Das Finanzprodukt Zertifikate und die Zertifikatebranche werden aus dieser Finanzmarktkrise letztlich gestärkt hervorgehen und ich will dies auch begründen. Die Berichterstattung in den Medien lässt zunächst einmal eher das Gegenteil vermuten. Lesen wir Zeitung oder schauen wir Fernsehen, so stellen wir fest, dass den meisten Journalisten die Buntstifte ausgegangen sind, sie malen nur noch mit dunklen Strichen ein düsteres Katastrophenbild. Die Talk-Shows im Fernsehen und teilweise auch die Nachrichten werden dominiert von selbsternannten Anlegerschützern, von Anleger-Gurus und ehemaligen Ministern, die den Anlegern allen Ernstes raten, ihre erlittenen Verluste zu realisieren und den Rest umzuschichten in sogenannte sichere Anlagen wie Sparkonten, deren Verzinsung häufig unter der Inflationsrate liegt. Es kommt ein eloquenter Fernsehpfarrer zu Wort, der stolz darauf ist, von Geld keine Ahnung zu haben, und zugibt, zu bequem zu sein, sich sachkundig zu machen. Ein Sänger, der noch nie richtig singen konnte, droht Bankern Prügel an, was nur noch von dem peinlichen Präsidentschaftskandidaten der Linken übertroffen wird, der zur Befriedigung des eigenen Egos Banker einfach mal verhaften lassen will. Einig ist man sich ganz schnell, dass an der Finanzkrise die modernen Finanzinstrumente schuld sind. Die FAZ schrieb am vorletzten Sonntag über die sog. vergifteten Derivate, die ihren Ursprung in der Subprime-Krise und der besinnungslosen Schuldenmacherei der Vereinigten Staaten von Amerika haben. Es ist aber nur schwer zu vermitteln, dass diese speziellen Kreditderivate mit den Zertifikaten, Optionsscheinen und Aktienanleihen, für die der Deutsche Derivate Verband und seine Mitglieder stehen, nun nichts, aber auch gar nichts zu tun haben.

3 2 In der Massenhysterie, die von den Medien enorm verstärkt wird, wuchern abstruse Forderungen, die von einem neuen Zertifikate-TÜV bis zum Verbot all dieser Instrumente reichen. Wenn dann ein linker Ökonom im Fernsehen genau diese Forderungen aufstellt, aber vorher im persönlichen Gespräch stolz berichtet, dass er mit zwei Zertifikaten prächtige Gewinne gemacht habe, zeigt dies auch die Doppelzüngigkeit dieser Diskussion. Oder die Kritiker beschweren sich, dass es zu viele Zertifikate gebe. Niemand beschwert sich, dass es zu viele Brot- oder Käsesorten gibt, zu viele Handy-Tarife, zu viele Ausstattungsvarianten bei einem Auto oder vielleicht zu viele Wörter in einem Wörterbuch. Die meisten Talk-Show-Teilnehmer und selbsternannten Experten reden vom Finanzmarkt und von Zertifikaten oder anderen innovativen Finanzprodukten wie die Blinden von der Farbe. Wie soll sich in solch einer Situation ein so junger Verband wie der unsrige verhalten? Nur zur Erinnerung: der DDV, der im Februar gegründet wurde, besteht jetzt gerade einmal acht Monate. Sollen wir Meinung gegen Meinung stellen, zu Sachverhalten, die niemand genau kennt, einfach Behauptungen aufstellen, um diese dann kurz darauf widerrufen zu müssen? Sicherlich nicht! Das Leitmotiv unserer Kommunikation lautet: Fakten gegen Meinungen Das mag langweilig klingen, das ist mühsam, das erfordert manchmal auch ein wenig geistige Anstrengung aller Beteiligten. Aber ich bin sicher: Wir werden damit letztendlich Gehör finden und Erfolg haben. Unsere Botschaften, die wir mit Fakten belegen können, lauten unverändert: Zertifikate sind und bleiben attraktive Anlageprodukte. Zertifikate ermöglichen es gerade Privatanlegern in nahezu alle Märkte zu investieren. Jeder Anleger kann entsprechend seiner Risikoneigung und seiner Markteinschätzung maßgeschneiderte Zertifikate erwerben. Zertifikate geben Sicherheit, sie machen die Rendite eines Papiers kalkulierbar, da der Anleger schon beim Kauf des Wertpapiers mit dem Auszahlungsprofil die Höhe der Auszahlung und deren Bedingungen kennt. Dies unterscheidet die meisten Zertifikate beispielsweise ganz wesentlich von Fonds. Mit Zertifikaten können Anleger ihr investiertes Kapital ganz oder teilweise schützen, und vom Kapitalmarkt profitieren, ganz gleich ob die Kurse steigen oder fallen. Zertifikate taugen nicht nur für Schönwetterphasen. Auch in dieser Krise haben sich Zertifikate wie wissenschaftliche Untersuchungen zeigen sehr viel besser behauptet als viele andere Finanzprodukte.

4 3 Aber auch die folgenden Sachverhalte sollten die Meinungsmultiplikatoren in den Medien und die politischen Entscheider nicht vergessen: Auf die Zertifikatebranche können die Deutschen stolz sein. Mit über Produkten und einem Marktvolumen von mehr als 100 Mrd. Euro ist der Zertifikatemarkt der einzige Finanzsektor, in dem Deutschland noch die Nase vorn hat. Die Zertifikatebranche ist mit etwa hochqualifizierten Arbeitskräften und mit einem jährlichen Steueraufkommen durch die Zertifikate von etwa 1,3 Mrd. Euro auch ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Jetzt komme ich zu unserer Verantwortung gegenüber den Anlegern, die wir als Verband wahrnehmen. Bei der Kommunikation mit den Anlegern werden wir nicht müde zu betonen: Jeder Anleger soll nur das Finanzprodukt kaufen, das er versteht. Das gilt auch für Zertifikate. Die Bonität der Emittenten ist ein wichtiges Entscheidungskriterium für den Kauf eines Finanzprodukts. Da Zertifikate Schuldverschreibungen sind, sollte jeder Anleger auch bei der Auswahl eines Zertifikats auf die Emittenten- Bonität achten. Einen Überblick über die Bonität der verschiedenen Emittenten gibt der DDV auf seiner Webseite. Jeder Anleger sollte nur die Unterlagen seines Kunden- bzw. Anlageberaters unterschreiben, die er zuvor gelesen und verstanden hat. Wenn er etwas nicht versteht, muss er nachfragen. Es gibt bei den allermeisten Zertifikaten keinen vernünftigen Grund, aus dieser Anlage jetzt auszusteigen und eine vermeintlich sicherere Anlageform zu wählen. und nicht zuletzt Zertifikate gehören in jedes erfolgreiche Depot. Das ist jetzt nicht leicht dahingesagt. Machen Sie doch selbst einfach die Probe aufs Exempel. Schauen Sie einmal in ihr Depot. Die Finanzmarktkrise hat ein Blutbad bei ihren Direktanlagen und bei ihren Fonds angerichtet. Ich bin überzeugt das belegen jedenfalls die uns vorliegenden Zahlen, mit den meisten Anlagezertifikaten haben Sie vergleichsweise besser abgeschnitten. Ich will in diesem Zusammenhang noch einen anderen Grund nennen, der meinen Optimismus für die Zukunft der Zertifikate untermauert. Warum ist der Zertifikatemarkt in den letzen Jahren mit zweistelligen Wachstumsraten gewachsen? Weil Zertifikate wie einige Kritiker meinen Mist sind? Nein, das Gegenteil ist richtig. Anleger haben mit Zertifikaten in aller Regel gute Gewinne gemacht und

5 4 haben deshalb immer wieder Zertifikate gekauft. Das hat sich dann herumgesprochen. Zum Schluss noch ein paar kurze Anmerkungen zu einer Kernaufgabe, die ein Verband wahrnehmen sollte, nämlich Marktstandards zu formulieren und durchzusetzen. Dies beruht auf der Erkenntnis, dass eine funktionierende Selbstregulierung durch die Branche besser ist als eine staatliche Regulierung. Während die Finanzmarktkrise deutlich gemacht hat, dass die Selbstregulierung bei aufsichtsrechtlichen Fragen nicht ausgereicht hat und dass es bei der Aufsicht zweifelsohne staatliche Regulierungsdefizite gibt, kann man für die Zertifikatebranche feststellen: Die Selbstregulierung funktioniert. Hierfür stehen fünf Projekte: Der Derivate Kodex ist ein zusätzlicher Garant für den Schutz der Anleger. Das Zertifikate-Rating ist ein Meilenstein für mehr Produkttransparenz. Es ist eine wichtige Orientierungshilfe für den Anleger, der damit die Vielzahl von Angeboten besser vergleichen und das für ihn am besten geeignete Finanzprodukt leichter auswählen kann. Unsere Marktstatistiken zum Marktvolumen, zu den Marktanteilen und Börsenumsätzen sorgen für mehr Markttransparenz. Mit der Förderung von Beraterschulungen tragen wir zur Verbesserung der Beratungsqualität bei. Und zur Schulung von Anlegern zur Erhöhung ihres Zertifikatewissens haben wir uns auch schon etwas einfallen lassen. Für den Gesetzgeber besteht bei Zertifikaten somit derzeit kein Handlungsbedarf. Um es noch einmal kurz zusammenzufassen: Der DDV und seine Mitglieder sind auf allen diesen Gebieten aktiv, um das Vertrauen der Anleger in Zertifikate wieder zu stärken und auch um neue Anleger für diese innovativen Finanzprodukte zu gewinnen. Wir sind überzeugt, Zertifikate werden aufgrund ihrer Stärken in Zukunft eine wichtige, vielleicht sogar noch größere Rolle spielen als heute. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen für den heutigen Derivate Tag spannende Vorträge sowie interessante und gerne auch kontroverse Diskussionen.