Junge Niere Nachwuchsforschung. Script. Interdisziplinäre Fortbildungsreihe der Österreichischen Gesellschaft für Nephrologie. 15. Jahrgang/Nr.

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1 P.b.b. GZ 02Z M, Benachrichtigungspostamt 1070 Wien ISSN X Falls unzustellbar, bitte retour an: MEDMEDIA Verlag, Seidengasse 9/Top 1.1, 1070 Wien Script ÖGN Interdisziplinäre Fortbildungsreihe der Österreichischen Gesellschaft für Nephrologie 15. Jahrgang/Nr. 3/2012 Junge Niere Nachwuchsforschung 1

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3 NEPHRO Script EDITORIAL Priv.-Doz. Dr. Kathrin Eller Sehr geehrte Leserinnen und Leser Junge Niere nephrologische Nachwuchsforschung in Österreich Auch im Rahmen der heurigen Jahrestagung für Nephrologie in Graz wurde der nephrologischen Forschung wiederholt eine Plattform zur Präsentation ihrer Daten und Erkenntnisse zur Verfügung gestellt. Aufgrund der hohen Anzahl von Einsendungen konnten nicht alle Abstracts als freie Vorträge angenommen werden. Sowohl die freien Vorträge als auch die Posterpräsentation waren aber sehr gut besucht und von einer intensiven Diskussion gekennzeichnet. Dies zeigt, wie aktiv und breit die österreichische Nachwuchsforschung aktuell aufgestellt ist. Auch heuer wurden von der Österreichischen Gesellschaft für Nephrologie Preise für die beste Publikation (ÖGN- Förderpreis), der Hans-Krister-Stummvoll-Preis, der ERA- EDTA-Abstractpreis sowie drei Posterpreise vergeben. Der ÖGN-Förderpreis wurde erstmals von einer internationalen Jury gewählt und ging an Dr. Manfred Hecking für die Publikation Early basal insulin therapy decreases new-onset diabetes after renal transplantation, die im Journal of the American Society of Nephrology erschien. Der Hans- Krister-Stummvoll-Preis wurde vom anwesenden Publikum gewählt. Hier entschied Dr. Emanuel Zitt mit seiner Publikation Interaction of time-varying albumin and phosphorus on mortality in incident dialysis patients, publiziert im Clinical Journal of the American Society of Nephrology, das Rennen für sich. Der ERA-EDTA-Preis wurde vom erweiterten ÖGN-Vorstand aus den eingereichten Abstracts bestimmt. Von über 25 eingeschickten Abstracts wurde die Arbeit von Dr. Johannes Kovarik und Dr. Marlies Antlanger A Novel Proteomic Approach reveals the Dynamics of the Renin-Angiotensin-Aldosterone-System in Hemodialysis Patients: Implications for RAAS blocking Therapy als bester Abstract ausgezeichnet. Zudem wurden die drei besten Posterpräsentationen gewählt. Hier gingen die Preise an Dr. Julia Kerschbaum, Dr. Alexander Kirsch und Dr. Gernot Schilcher. In dieser Ausgabe von NEPHRO Script sollen nochmals die Breite und Qualität der nephrologischen Nachwuchsforschung in Österreich demonstriert werden. Die Beiträge präsentieren rezente Publikationen vieler Arbeitsgruppen, die mit einem Editorial der Seniorautoren versehen sind. Die Editorials sollen v. a. die klinische Implikation der Publikationen aufzeigen. Ich hoffe, mit dieser Ausgabe von NEPHRO Script zu zeigen, wie intensiv und kompetitiv derzeit nephrologische Forschung in Österreich betrieben wird, und hoffe, dass die Artikel Ihr Interesse wecken! Priv.-Doz. Dr. Kathrin Eller Klinische Abteilung für Nephrologie, Medizinische Universität Graz 3

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7 focus Inhalt NEPHRO Script O3 Editorial Seiten der Gesellschaft FOCUS Biomarker bei diabetischer Nephropathie Einleitung von Univ.-Prof. Dr. Gert Mayer 19 Studienpräsentation von OA Dr. Michael Rudnicki 20 Peritonealdialyseassoziierte Peritonitis Einleitung von OA Dr. Michael Rudnicki 21 Studienpräsentation von Dr. Julia Kerschbaumer 22 MicroRNA und Nierentransplantation Einleitung von Univ.-Prof. Dr. Rainer Oberbauer 23 Studienpräsentation von Dr. Julia Wilflingseder 25 Was verursacht die sirolimusinduzierte Phosphaturie? Einleitung von Univ.-Prof. Dr. Rainer Oberbauer 26 Studienpräsentation von Dr. Maria Haller 28 Von der Messung der Splanchnikusperfusion bis zum Risiko einer Proteinpräzipitation in hämodialysekathetern Einleitung von Ao. Univ.-Prof. Dr. Jörg Horina 29 Studienpräsentation von Ass.Dr. Werner Ribitsch 29 Studienpräsentation von Ass. Dr. Gernot Schilcher 31 Proinflammatorische Effekte von Rapamycin bei nephrotoxischer Serumnephritis Einleitung von Dr. Alexander H. Kirsch, Univ.-Prof. Dr. Alexander R. Rosenkranz und PD Dr. Kathrin Eller 32 Studienpräsentation von Dr. Alexander H. Kirsch 34 C4-Dosispolymorphismus und Niertentransplantatüberleben Einleitung von Dr. Markus Wahrmann, Univ.-Prof. Dr. Georg A. Böhmig 35 Studienpräsentation von Dr. Markus Wahrmann 37 Entfernung von Blutgruppenantikörpern durch semiselektive Immunadsorption Einleitung von Dr. Markus Wahrmann, Univ.Prof.- Dr. Georg A. Böhmig 38 Studienpräsentation von Dr. Markus Wahrmann 40 Schwierige Diagnose der renalen Osteodystrophie Einleitung von Ao. Univ.-Prof. Dr. Martin Haas 41 Studienpräsentation von Dr. Daniel Cejka Freie Themen (entgeltliche Einschaltung) Erste medizinisch valide Bestimmung der Körperzusammensetzung Altbewährtes in moderner Form: Von der Ampulle zum Vial Eisenisomaltose : Ein Update über Eisenstoffwechsel und Eisentherapie Sekundärer Hyperparathyreoidismus: Viele offene Fragen, einige Antworten Kardiorenales Anämiesyndrom: Anämietherapie bei Herz- und Niereninsuffizienz Impressum Verlag: MEDMEDIA Verlag und Mediaservice Ges.m.b.H. Herausgeber: Österreichische Gesellschaft für Nephrologie, Prim. Univ.-Prof. Dr. Erich Pohanka, Abteilung für Innere Medizin 2, Allgemeines Krankenhaus Linz, und ao. Univ.-Prof. Dr. Sabine Schmaldienst, Klinische Abteilung für Nephrologie und Dialyse, Universitätsklinik für Innere Medizin III, AKH Wien. Chefredakteur: Priv.-Doz. Dr. Kathrin Eller, Klinische Abteilung für Nephrologie, Medizinische Universität Graz. Anzeigen/Organisation: MEDMEDIA Verlag und Mediaservice Ges.m.b.H., Seidengasse 9/Top 1.1, 1070 Wien, Tel.: 01/ Projektleitung/Produktion: Friederike Maierhofer. Redaktion: Dr. Claudia Uhlir. Layout/DTP: Patrick Kloepfer. Coverillustration: Pan Xunpin/shutterstock.com. Lektorat: onlinelektorat@aon.at. Druck: agensketterl Druckerei, Mauerbach. Druckauflage: Stück im 1. Halbjahr 2012, geprüft von der Österreichischen Auflagenkontrolle. Bezugsbedingungen: Die Zeitschrift ist zum Einzelpreis von 9,50 Euro plus MwSt. zu be ziehen. Grundsätze und Ziele von Nephro Script: Information für nephrologisch interessierte Krankenhaus- und niedergelassene Ärzte. Angaben über Dosierungen, Applikationsformen und Indikationen von pharmazeutischen Spezialitäten müssen vom jeweiligen Anwender auf ihre Richtigkeit überprüft werden. Herausgeber und Medieninhaber übernehmen dafür keine Gewähr. Literatur zu den Fachbeiträgen bei den jeweiligen Autoren. Allgemeine Hinweise: Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben die persönliche und/oder wissenschaftliche Meinung des jeweiligen Autors wieder und fallen somit in den persönlichen Verantwortungs bereich des Verfassers. Mit Freies Thema gekennzeichnete Beiträge sind entgeltliche Einschaltungen gem. 26 Mediengesetz und fallen in den Verantwortungsbereich des jeweiligen Auftraggebers; sie müssen nicht die Meinung von Herausgeber, Reviewer oder Redaktion wiedergeben. Angaben über Dosierungen, Applikationsformen und Indikationen von pharmazeutischen Spezialitäten müssen vom jeweiligen Anwender auf ihre Richtigkeit überprüft werden. Trotz sorgfältiger Prüfung über nehmen Medieninhaber und Herausgeber kei nerlei Haftung für drucktechnische und inhaltliche Fehler. Ausgewählte Artikel dieser Ausgabe finden Sie auch unter zum Download. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt, verwertet oder verbreitet werden. 7

8 NEPHRO Script Seiten Der Gesellschaft Die Preisträger 2012 im Rahmen der Jahrestagung der Nephrologen und Hypertensiologen in Graz ÖGN-Förderpreis Dr. Manfred Hecking für die Arbeit Early basal insulin therapy decreases new-onset diabetes after renal transplantation (Koautoren: Haidinger M, Döller D, Werzowa J, Tura A, Zhang J, Tekoglu H, Pleiner J, Wrba T, Rasoul-Rockenschaub S, Mühlbacher F, Schmaldienst S, Druml W, Hörl WH, Krebs M, Wolzt M, Pacini G, Port FK, Säemann MD), die im Journal of the American Society of Nephrology publiziert wurde. Prof. Pohanka verleiht den Preis (gestiftet von der Fa. Amgen) offiziell an den Preisträger im Rahmen der ÖGN-Jahrestagung 2012 in Graz. Hans-Krister-Stummvoll-Preis Dr. Emanuel Zitt für die Arbeit Interaction of time-varying albumin and phosphorus on mortality in incident dialysis patients (Koautoren: Lamina C, Sturm G, Knoll F, Lins F, Freistätter O, Kronenberg F, Lhotta K, Neyer U), die im Clinical Journal of the American Society of Nephrology publiziert wurde. Auch hier erfolgte die Verleihung des Preises (gestiftet von der Fa. Fresenius) im Rahmen der ÖGN-Jahrestagung durch den Präsidenten der ÖGN Prof. Pohanka. ERA-EDTA Abstract Preis Dr. Johannes Kovarik und Dr. Marlies Antlanger für den eingereichten Abstract A Novel Proteomic Approach reveals the Dynamics of the Renin- Angiotensin-Aldosterone-System in Hemodialysis Patients: Implications for RAAS blocking Therapy (Koautoren: Domenig O, Poglitsch M, Hecking M, Haidinger M, Werzowa J, Mayer J, Säemann MD). Die Urkunde wurde vom Tagungspräsidenten der ÖGN-Jahrestagung 2012 Prof. Rosenkranz an die Preisträger übergeben. Fotos: Sabine Schmaldienst 8

9 Seiten Der Gesellschaft NEPHRO Script uunodat ( new-onset diabetes after transplantation ) scheint sich pathophysiologisch und therapeutisch vom herkömmlichen Typ-2-Diabetes zu unterscheiden. uunierentransplantierte Patienten einer am AKH Wien durchgeführten Studie, die eine initiale Insulintherapie erhielten, benötigten nach einem Jahr keine antidiabetische Therapie mehr. uudie Behandlung der postoperativen Hyperglykämie durch initiale Insulingabe verbesserte langfristig die Insulinsekretion, war somit Beta-Zell-protektiv und beschützte die Patienten vor dem Auftreten eines behandlungsbedürftigen NODAT. Verhinderung des Post-Transplant-Diabetes, oder: Wann kann man heutzutage schon eine Erkrankung verhindern? Einleitung Jüngsten Schätzungen zufolge (US Renal Data System, 2011 Annual Data Report) entwickeln über 40 % aller Nierentransplantierten innerhalb von drei Jahren Diabetes mellitus ( new-onset diabetes after transplantation, NODAT). Diese nach der Transplantation erworbene Erkrankung stellt keine zu vernachlässigende Harmlosigkeit dar. Das unterstreichen kürzlich publizierte Daten, denen zufolge eine Hyperglykämie innerhalb des ersten Jahres nach Nierentransplantation das Risiko eines Transplantatverlusts und auch das vor allem kardiovaskuläre Mortalitätsrisiko deutlich erhöht (Wauters RP et al., Transplantation 2012; 94: ). Bislang waren gezielte Strategien zur Therapie und noch wichtiger zur Vermeidung eines NODAT leider nur in sehr begrenztem Umfang verfügbar: Die derzeitig noch immer gültigen Empfehlungen waren zumindest bemüht, die Immunsuppression zu modifizieren, um eine geringere Diabetogenität zu erreichen (Davidson J et al., Transplantation 2003; 75:SS3 24), des Weiteren fehlten und fehlen immer noch ausreichend gepowerte, prospektive Studien, welche der speziellen Pathophysiologie dieser Erkrankung Rechnung tragen und gezielt die verfügbaren antidiabetischen Medikamente auch bei Nierentransplantierten untersuchen. Prof. PD Dr. Marcus Säemann Klinische Abteilung für Nephrologie und Dialyse Universitätsklinik für Innere Medizin III Medizinische Universität Wien NODAT ist nicht gleich Typ-2-Diabetes Die Anlehnung sowohl des pathophysiologischen wie therapeutischen Verständnisses an den herkömmlichen Typ- 2-Diabetes ist irreführend. Würde man wie in den zuletzt 2003 aktualisierten Empfehlungen vorgesehen Patienten nach Nierentransplantation wie Typ-2-Diabetiker behandeln, so hieße das: zuerst Modifikation des Lebensstils, danach orale Antidiabetika und schließlich Insulin. Da die immunsuppressive Belastung durch Steroide und Kalzineurinhemmer unmittelbar nach Nierentransplantation beträchtlich ist, sind frühe Hyperglykämien jedoch die Regel und der Versuch, diese durch Lebensstilmodifikationen (mehr Bewegung, Änderung der Ernährungsgewohnheiten etc.) zu bekämpfen, nicht möglich und/oder ineffizient. 9

10 NEPHRO Script Seiten Der Gesellschaft Protektive initiale Insulingabe Im Sinne eines Bottom-up -Ansatzes wurde nun an der Medizinischen Universität Wien federführend durch Manfred Hecking die TIP-Studie (Treat-to-target trial of basal Insulin in Post-transplant hyperglycemia) entworfen. Diese ging der Frage nach, ob die Inselzellen durch exogene Insulinzufuhr vor Überlastung geschützt und damit das Risiko für das Auftreten eines späteren NODAT reduziert werden kann. Patienten mit einem Blutzucker > 140 mg/ dl erhielten Basalinsulin (Blutzuckerziel mg/dl), wohingegen bei Kontrollpatienten die Insulintherapie nur zweitrangig (nach oralen Antidiabetika) und intermittierend, zur Korrektur erheblicher Blutzuckerüberschreitungen (spätestens ab Blutzucker > 250 mg/dl) eingesetzt wurde. Primärer Studienendpunkt war das HbA 1c nach 3 Monaten. Bemerkenswert war in dieser offenen, randomisiert-kontrollierten Studie zuallererst die exzessive Hyperglykämiefrequenz (BZ > 200 mg/dl) in den ersten Wochen nach Transplantation. Weiters war eine konsistente Blutzuckerdynamik besonders mit abendlichen Blutzuckererhöhungen als NO- DAT-Spezifikum zu beobachten, und schließlich war das Resultat erstaunlich: In der Behandlungsgruppe war sowohl der HbA 1c nach 3 als auch nach 6 Monaten signifikant niedriger, und keiner der insulintherapierten Patienten benötigte nach einem Jahr eine antidiabetische Therapie, während dies bei 32 % der Kontrollpatienten notwendig war. Die initiale Insulingabe und dadurch die Vermeidung einer postoperativen Hyperglykämie erwies sich tatsächlich als protektiv. Therapeutische und prophylaktische Zukunftsstrategien In naher Zukunft soll eine multizentrische Studie in den USA und Europa zeigen, ob das Konzept der initialen Inselzellprotektion durch Insulin tatsächlich jedem nierentransplantierten Patienten empfohlen werden kann. Am Wiener Zentrum laufen Studien, in denen man dem NO- DAT-typischen Blutzuckerverlauf durch eine maßgeschneiderte Insulingabe mit programmierten Insulinpumpen und einer kontinuierlichen Messung mit integrierten Blutzuckermessgeräten gerecht zu werden versucht, um einen noch besseren und sicheren Glukosemetabolismus nach Transplantation zu ermöglichen. Gleichzeitig bietet die Nierentransplantation en passant die Möglichkeit, den Einsatz eines Semi-Closed-Loop-Systems zu testen. In der jüngsten Zeit wurde aufgrund der Besorgnis erregenden Daten, die das unabhängige kardiovaskuläre Risiko des NODAT unterstreichen, wieder vermehrt Augenmerk auf neue und innovative Strategien zur Prophylaxe dieser Erkrankung gelegt. Dies bedeutet, dass weitere intensive Untersuchungen nötig sind, um die Pathophysiologie des NODAT zu begreifen (Insulinsekretionsstörung versus Insulinresistenz), die Diagnostik zu standardisieren (Stellenwert des HbA 1c Wann spricht man von Diabetes?) und neue Antidiabetika prospektiv zu untersuchen. Die kürzlich auf Initiative des Wiener Zentrums etablierte EU-NODAT Working Group wird in den kommenden Jahren alle Anstrengungen unternehmen, um diese Aufgaben zu lösen, was letztlich in einer weiteren Verbesserung der Ergebnisse der Nierentransplantation münden soll. Die TIP-Studie Studienpräsentation Early basal insulin therapy decreases new-onset diabetes after renal transplantation; J Am Soc Nephrol 2012; 23(4): Hecking M, Haidinger M, Döller D, Werzowa J, Tura A, Zhang J, Tekoglu H, Pleiner J, Wrba T, Rasoul-Rockenschaub S, Mühlbacher F, Schmaldienst S, Druml W, Hörl WH, Krebs M, Wolzt M, Pacini G, Port FK, Säemann MD Die TIP-Studie (Treat-to-target trial of basal Insulin in Post-transplant hyperglycemia) war eine prospektiv-randomisierte Studie bei 50 nichtdiabetischen Patienten nach Nierentransplantation unter primärer Immunsuppression mit Tacrolimus. Patienten im Behandlungsarm wurden bei Blutzuckerwerten > 140 mg/dl mit lang wirksamem Insulin (Insulatard, einem NPH-Insulin) behandelt (Blutzuckerziel: Dr. Manfred Hecking Klinische Abteilung für Nephrologie und Dialyse Universitätsklinik für Innere Medizin III Medizinische Universität Wien 10

11 Seiten Der Gesellschaft NEPHRO Script mg/dl), Patienten im Kontrollarm wurden konventionell therapiert (primär Lifestyle-Modifikation, orale Antidiabetika, Insulintherapie spätestens ab Blutzucker > 250 mg/ dl). Die Erfassung der metabolischen Kontrolle erfolgte mittels postoperativen Blutzucker-Tagesprofilen ( 4/Tag) sowie HbA 1c und oralen Glukosetoleranztests nach 3, 6 und 12 Monaten. Des Weiteren wurden Nierenfunktionsparameter (Serumkreatinin), die immunsuppressive Therapie, Körpergewicht, Blutfette, Harnsäure, Risikofaktoren für Diabetes und Komorbiditäten aufgezeichnet. Resultate (Es werden Durchschnittswerte ± Standardabweichung angegeben): Bei gleich langem postoperativem Stationsaufenthalt (22,6 ± 10,6 versus 22,9 ± 7,7 Tage, p = 0,92) lag der durchschnittliche Tagesblutzucker an den Tagen 1 21 bei 163 ± 53 mg/dl gegenüber 139 ± 41 mg/ dl (p < 0,001) und der durchschnittliche Insulinverbrauch bei 3,1 ± 7,5 IE/Tag gegenüber 17,0 ± 11,4 IE/Tag (p < 0,001), jeweils in Kontroll- versus Behandlungsgruppe. Im stationären Beobachtungszeitraum waren 23/25 Patienten (92 %) der Kontrollgruppe zumindest einmalig hyperglykäm (Blutzucker > 200 mg/dl). Im Durchschnitt traten die Hyperglykämien in der Kontrollgruppe an 47,6 ± 29,9 % aller postoperativen Tage, gegenüber 28,4 ± 23,1 % aller postoperativen Tage in der Behandlungsgruppe auf (p = 0,014). Milde Hypoglykämien (Blutzucker < 60 mg/ dl, aber > 40 mg/dl) traten bei den insgesamt Blutzuckermessungen in der Kontrollgruppe und Blutzuckermessungen in der Behandlungsgruppe 1-mal in der Kontrollgruppe und 5-mal in der Behandlungsgruppe auf, das entspricht 0,15 ± 0,8 % versus 1,0 ± 2,2 % aller postoperativen Tage (p = 0,105). In der Behandlungsgruppe waren nach 3 Monaten 23/25 Patienten (92 %), nach 5 Monaten 24/25 Patienten (96 %) und nach 11 Monaten 25/25 Patienten (100 %) insulinfrei. In der Kontrollgruppe wurden nach 3 Monaten 11/25 Patienten (44 %) und nach 11 Monaten 8/25 Patienten (32 %) mit Insulin und/oder oralen Antidiabetika therapiert. Die oralen Glukosetoleranztests in Kombination mit der Evaluierung des klinischen Bedarfs einer antidiabetischer Therapie zeigten NODAT (2-Stunden Blutzucker > 200 mg/dl bzw. antidiabetische Therapie) nach 3 Monaten bei 13/25 Kontrollgruppenpatienten (52 %), im Vergleich zu 7/25 Behandlungsgruppenpatienten (28 %). Nach 6 und 12 Monaten lagen die Diabetesprävalenzen bei 13/25 (52 %) und 12/25 (48 %) in der Kontrollgruppe, gegenüber 3/25 (12 %) und 5/25 (20 %) in der Behandlungsgruppe. Die statistische Aufarbeitung dieser Daten ergab eine Odds Ratio von 0,27 für die Diabetesprävalenz in der Behandlungsgruppe über den gesamten Beobachtungszeitraum (95%-KI 0,10 0,72; p = 0,009). Das entspricht einer Chancenreduktion (Odds Reduction) von 73 % durch die postoperative Insulintherapie. Der HbA 1c in der Kontroll- gegenüber der Behandlungsgruppe lag zum Transplantationszeitpunkt bei 5,3 ± 0,4 % gegenüber 5,2 ± 0,5 % (kein statistisch signifikanter Unterschied), nach 3 Monaten bei 6,2 ± 0,7 % gegenüber 5,7 ± 0,6 %, nach 6 Monaten bei 6,3 ± 0,7 % gegenüber 5,8 ± 0,6 % und nach 12 Monaten bei 6,0 ± 0,6 % gegenüber 5,8 ± 0,6 %. Der HbA 1c war somit nach der Transplantation in der Behandlungsgruppe deutlich niedriger. Die Gruppenunterschiede waren nach 3 und 6 Monaten signifikant, ebenso wie der Gruppenunterschied über die gesamte Zeit. Dass der HbA 1c nach 12 Monaten nicht mehr signifikant unterschiedlich war, könnte durch den verspätet eingetretenen Therapieerfolg in der Kontrollgruppe erklärbar sein (s. o.: Die antidiabetische Therapie erfolgte bei mindestens 32 % aller Patienten ab dem 3. postoperativen Monat). Die aus den oralen Glukosetoleranztests abgeleitete Insulinsekretion in der Behandlungsgruppe war zu allen Zeitpunkten besser als in der Kontrollgruppe, wohingegen die Insulinresistenz keinen Unterschied zeigte. Schlussfolgerung: Hyperglykämien treten in der frühen Post-Transplant-Phase auch bei vor der Transplantation nichtdiabetischen Patienten regelhaft auf. In der vorliegenden Studie reduzierte eine Insulinsubstitution durch Basalinsulin, bei minimaler Nebenwirkungsrate, die späte NODAT- Prävalenz signifikant und könnte somit eine effektive Maßnahme zur Beta-Zell-Protektion darstellen. 11

12 NEPHRO Script Seiten Der Gesellschaft uuhöhere Serumalbuminwerte als Ausdruck einer ausreichenden Proteinzufuhr sind mit einem Überlebensvorteil assoziiert. Bei steigenden Phosphatwerten verschwindet dieser Benefit. uueine besonders einweißreiche Ernährung scheint bei Dialysepatienten mit steigenden Phosphatwerten aufgrund der signifikanten und klinisch relevanten Wechselwirkung zwischen Albumin und Phosphat nicht sinnvoll. uubei Patienten mit moderater Hyperphosphatämie und gleichzeitiger Hypalbuminämie scheint eine diätetische Phosphatrestriktion durch verminderte Einweißzufuhr besonders gesundheitsschädlich und bei gleichzeitig niedrigem Albumin und Phosphat mit der höchsten Mortalität assoziiert. Einfluss von Albumin und Phosphat auf die Mortalität von inzidenten Dialysepatienten Einleitung Prim. Univ.-Doz. Dr. Karl Lhotta Abteilung für Nephrologie und Dialyse, Akademisches Lehrkrankenhaus Feldkirch Die Arbeit von Zitt et al. über den Zusammenhang von Serumphosphat und Serumalbumin im Hinblick auf die Mortalität inzidenter Hämodialysepatienten wirft neues Licht auf die Therapie der Hyperphosphatämie bei dieser Patientengruppe. Für die Therapieentscheidung einer phosphatsenkenden Diät oder der Gabe von Phosphatbindern sollten immer der Ernährungszustand und das Serumalbumin in die Betrachtung einbezogen werden. Für die meisten Patienten, mit Ausnahme jener mit sehr hohen Phosphatwerten, gilt wohl: Albumin und Ernährungszustand gehen vor Phosphat. Das heißt, proteinarme Diäten zur Senkung des Phosphatspiegels sollten besser vermieden werden. Lieber gut genährt und etwas höhere Phosphatwerte als optimale Phosphatwerte und mangelernährt. In den Vordergrund tritt die Therapie mit konsequenter Gabe von Phosphatbindern. Bei malnutritierten Patienten erübrigt sich der Blick auf das Serumphosphat. Bei diesen Patienten gilt es, den Ernährungszustand zu verbessern und das Serumalbumin durch ausreichende Ernährung ohne Rücksicht auf das Phosphat anzuheben. Studienpräsentation Interaction of Time-Varying Albumin and Phosphorus on Mortality in Incident Dialysis Patients; Clin J Am Soc Nephrol 2011 Nov; 6(11): Zitt E, Lamina C, Sturm G, Knoll F, Lins F, Freistätter O, Kronenberg F, Lhotta K, Neyer U Abteilung für Nephrologie und Dialyse, Akademisches Lehrkrankenhaus Feldkirch Patienten mit dialysepflichtigem Nierenversagen weisen altersadjustiert im Vergleich zur Normalbevölkerung ein deutlich erhöhtes Mortalitätsrisiko auf. Die traditionellen kardiovaskulären Risikofaktoren allein erklären diese exzessiv gesteigerte Mortalität nicht. In Observations- und Registerstudien wurden verschiedene urämie- und dialysespezifische Risikofaktoren als relevante Mortalitätsprädiktoren gefunden. Unter diesen sind Hypalbuminämie und Hyperphosphatämie von besonderer Bedeutung. Entsprechend den aktuellen KDIGO-Guidelines sollten die Phos- 12

13 Seiten Der Gesellschaft NEPHRO Script phatwerte dieser Patienten in den Normalbereich gesenkt werden. Die Gabe oraler Phosphatbinder und die diätetische Phosphatrestriktion über eine verminderte orale Eiweißzufuhr sind Eckpfeiler der konservativen phosphatsenkenden Therapie. Eine reduzierte Eiweißzufuhr kann andererseits zu Mangelernährung und zum Eiweißverlustsyndrom führen, die für sich mit einer gesteigerten Mortalität bei Dialysepatienten assoziiert sind. Es existieren bislang nur sehr limitierte prospektive Studien, die diese beiden Biomarker und deren Wechselwirkung im Hinblick auf harte Überlebensdaten gleichzeitig und zeitabhängig über einen langen Beobachtungszeitraum untersuchten. Zeitverlauf von Albumin und Phosphat evaluiert Dr. Emanuel Zitt Abteilung für Nephrologie und Dialyse, Akademisches Lehrkrankenhaus Feldkirch Im Rahmen der Vorarlberger INVOR-Studie ( Study of Incident Dialysis Patients in Vorarlberg ) wurden zwischen Mai 2000 und April 2006 alle inzidenten Vorarlberger Dialysepatienten (n = 235) eingeschlossen und über einen maximalen Beobachtungszeitraum von bis zu 7,5 Jahren (bis Ende 2007) nachbeobachtet. Als besondere methodische Stärke der Studie wurden für die untersuchten Parameter Serumalbumin und Serumphosphat nicht Querschnittswerte oder Einmalmessungen zu Studienbeginn herangezogen, sondern sämtliche über den gesamten Beobachtungszeitraum gemessenen Werte für die statistischen Berechnungen verwendet. In Summe lagen hierfür schließlich Albumin- und Phosphatwerte bei 235 Patienten vor (bis zu 52 Albumin- und 188 Phosphateinzelwerte pro Patient). Diese Datenfülle wurde mittels zeitabhängigem multivariat adjustiertem Cox Proportional Hazards Model in Hinblick auf die Gesamtmortalität untersucht. Dabei wurde nach umfassender Adjustierung auf wesentliche andere Risikofaktoren der Zusammenhang zwischen Albumin bzw. Phosphat und der Gesamtmortalität getrennt berechnet, zusätzlich aber auch die Interaktion beider Parameter auf den Endpunkt Gesamtmortalität untersucht. Während einer medianen Beobachtungszeit von 35,1 Monaten starben 82 Patienten (35 %). Ohne Berücksichtigung der Interaktion waren höhere Serumphosphatwerte mit grenzwertiger Signifikanz mit einem um 57 % gesteigerten Gesamtmortalitätsrisiko assoziiert (HR 1,57; 95%-KI 0,97 2,54; p = 0,07), höhere Serumalbuminwerte demgegenüber mit einer hochsignifikanten Mortalitätsreduktion um 77 % (HR 0,23; 95%-KI 0,14 0,36; p < 0,001) vergesellschaftet. Phosphat und Albumin wiesen zusätzlich eine signifikante und klinisch sehr relevante Interaktion auf (p = 0,01). Die Tabelle gibt einen Überblick über die Risikoberechnungen im Cox Proportional Hazards Model. Steigende Phosphatwerte erhöhte Mortalität Bei detaillierter Betrachtung der Wechselwirkung beider Biomarker zeigte sich, dass ab einer gleichzeitig vorliegenden Serumalbuminkonzentration > 3,5 g/dl steigende Phosphatwerte mit einem signifikant höheren Mortalitätsrisiko assoziiert waren, während dieser Zusammenhang zwischen hohen Phosphatwerten und gesteigertem Mortalitätsrisiko bei gleichzeitig niedrigen Albuminwerten nicht bestand. Umgekehrt fand sich auch unter Beachtung der Interaktion die inverse Assoziation zwischen Albumin und Mortalität mit Reduktion des Mortalitätsrisikos bei höheren Albuminwerten. Ab gleichzeitig vorliegenden Serumphosphatwerten > 2,7 mmol/l war dieser Überlebensvorteil höherer Albuminwerte als Ausdruck der signifikanten Interaktion jedoch nicht mehr nachweisbar (Abb.). In dieser Arbeit konnten somit in einem sehr gut charakterisierten Studienkollektiv inzidenter Dialysepatienten einerseits rezente Ergebnisse sehr großer Beobachtungsstudien Tab.: Cox-Regressionsanalyse univariat einfach adjustiert a erweitert adjustiert b HR (95%-KI) P HR (95%-KI) P HR (95%-KI) P Haupteffekte Phosphat und Albumin Phosphat (mmol/l) 1,09 (0,75 1,58) 0,67 1,47 (0,96 2,25) 0,08 1,57 (0,97 2,54) 0,07 Albumin (g/dl) 0,21 (0,15 0,29) < 0,001 0,19 (0,13 0,28) < 0,001 0,23 (0,14 0,36) < 0,001 Haupteffekte + Interaktionseffekt Phosphat und Albumin 0,004 0,01 Hazard Ratio (HR), 95%-Konfidenzintervall (KI) und p-werte der kontinuierlich und zeitvariabel gemessenen Phosphat- und Albuminkonzentrationen sowie ihr Interaktionsterm im univariaten, einfach adjustierten (adjustiert für Alter, Geschlecht, Dialysemodalität) und erweitert adjustierten (adjustiert für Alter, Geschlecht, Dialysemodalität, CRP, Hämoglobin, Kalzium, ipth) Cox-Modell für das Gesamtmortalitätsrisiko. a adjustiert für Alter, Geschlecht, Dialysemodalität b adjustiert für Alter, Geschlecht, Dialysemodalität, CRP, Hämoglobin, Kalzium, ipth 13

14 NEPHRO Script Seiten Der Gesellschaft log HR (95%-KI) für variierende Phosphatwerte bei gleichzeitig fixen Albuminwerten (5%-, 50%-, 95%-Quantile) Phosphat (mmol/l) Phosphat (mmol/l) log HR (95%-KI) für variierende Albuminwerte bei gleichzeitig fixen Phosphatwerten (5%-, 50%-, 95%-Quantile) Albumin (g/dl) Albumin (g/dl) Phosphat (mmol/l) Abb.: Cox-Regressionsanalyse. Log HR (y-achse) für variierende Phosphatwerte bei glz. fixen Albuminwerten (links): oben: 5%-Quantile, Albumin = 3,0 g/dl (p = 0,76), Mitte: 50%-Quantile, Albumin = 4,0 g/dl (p = 0,002), unten: 95%-Quantile, Albumin = 4,7 g/dl (p = 0,002); log HR (y-achse) für variierende Albuminwerte bei glz. fixen Phosphatwerten (rechts): oben: 5%-Quantile, Phosphat = 1,1 mmol/l (p < 0,001), Mitte: 50%-Quantile, Phosphat = 1,8 mmol/l (p < 0,001), unten: 95%-Quantile, Phosphat = 2,8 mmol/l (p = 0,13) Albumin (g/dl) an prävalenten Dialysepatienten bestätigt und erstmalig die Effekte zeitabhängig variierender Serumalbumin- und Serumphosphatwerte sowie deren Interaktion auf die Gesamtmortalität beschrieben werden. Schussfolgerung Die Ergebnisse dieser Studie legen den Schluss nahe, dass zwar eine ausreichende Proteinzufuhr mit Verhinderung einer Malnutrition protektiv ist, aber bei gleichzeitig steigenden Phosphatwerten dieser Benefit nicht mehr zum Tragen kommt. Eine verstärkte oder gar ergänzende eiweißreiche Ernährung bei Dialysepatienten scheint in dieser Konstellation aufgrund der signifikanten und klinisch relevanten Wechselwirkung zwischen Albumin und Phosphat nicht sinnvoll zu sein. Andererseits scheint bei Patienten mit moderater Hyperphosphatämie und gleichzeitiger Hypalbuminämie eine diätetische Phosphatrestriktion über eine verminderte Eiweißzufuhr noch gesundheitsschädlicher zu sein, da diese Konstellation (gleichzeitig niedriges Albumin und Phosphat) mit der höchsten Mortalität in der Studie assoziiert war. Die klinisch bedeutsame und derart erstmals beschriebene Wechselwirkung zwischen Albumin und Phosphat im Hinblick auf die Gesamtmortalität bei Dialysepatienten sollte bei zukünftigen phosphatsenkenden Interventionsstudien, epidemiologischen Untersuchungen und Therapierichtlinien mit Definition anzustrebender Zielwerte berücksichtigt werden. Die vorliegende Arbeit wurde durch einen VIVIT-Nephrologie-Grant von Hr. Hans Drexel sowie einen Grant der Österreichischen Nationalbibliothek (Projekt 13662, Medizinische Universität Innsbruck) unterstützt und in Kooperation mit der Abteilung für genetische Epidemiologie der Medizinischen Universität Innsbruck (Prof. Dr. Florian Kronenberg) durchgeführt. 14

15 Seiten Der Gesellschaft NEPHRO Script uupatienten an der chronischen Hämodialyse (CHD) bringen Angiotensinrezeptorblocker (ARB) einen Überlebensvorteil gegenüber ACE-Hemmern, die mit einer erhöhten kardiovaskulären Hospitalisierungsrate assoziiert sind. Patienten unter ACE-Hemmer/ARB-Kombination haben die höchste kardiovaskuläre Mortalität. uuneben dem klassischen RAAS wurde ein sogenanntes alternatives RAAS charakterisiert: Angiotensin (Ang) 1 7. uugezeigt werden konnte, dass die verschiedenen Formen der RAAS-Blockade zu unterschiedlichen RAAS-Mustern führen. Neue Einsichten in das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System (RAAS) bei terminaler Niereninsuffizienz Einleitung Die Blockade des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems (RAAS) mittels Angiotensin-Converting-Enzyme-Inhibitoren (ACEI) und Angiotensin-Rezeptor-1-Blockern (ARB) ist ein zentraler Bestandteil der antihypertensiven Therapie bei Patienten mit chronischem Nierenversagen. Interessanterweise belegen rezente Daten bei Patienten an der chronischen Hämodialyse (CHD) einen Überlebensvorteil für ARB gegenüber ACEI. ACEI sind mit einer erhöhten kardiovaskulären Hospitalisierungsrate assoziiert, Patienten mit ACEI in Kombination mit ARB weisen die höchste kardiovaskuläre Mortalitätsrate auf. Neben dem klassischen RAAS wurde rezent ein sogenanntes alternatives RAAS charakterisiert: Angiotensin (Ang) 1 7, welches durch das Enzym ACE2 aus Ang 1 8 generiert wird, dürfte durch seine antiproliferativen, antifibrotischen und antiinflammatorischen Eigenschaften eine zentrale Rolle als potenter Antagonist des klassischen RAAS spielen. Pharmaka, welche das alternative RAAS stimulieren können, sind derzeit Gegenstand intensivster Forschung. Bislang Dr. Johannes Kovarik, PhD Klinik für Innere Medizin III, Klinische Abteilung für Nephrologie und Dialyse, Medizinische Universität Wien war aus methodischen Gründen eine exakte Analyse des RAAS, welche auch seiner Dynamik Rechnung trägt, nicht möglich. In der vorliegenden Arbeit haben wir erstmals eine auf Massenspektrometrie basierende Methode verwendet, um das RAAS bei Patienten unter CHD zu analysieren. Hypothetisch wurde ein spezifisches RAAS-Muster für die verschiedenen Formen der RAAS-Blockade angenommen, welches die unterschiedlichen klinischen Resultate erklären könnte. Unsere Studie konnte solche spezifischen RAAS- Muster nachweisen. 15

16 NEPHRO Script Seiten Der Gesellschaft Studienpräsentation Unpublizierte laufende Studie Johannes J. Kovarik 1 *, Marlies Antlanger 1 *, Oliver Domenig 2, Marko Poglitsch 2, Manfred Hecking 1, Michael Haidinger 1, Johannes Werzowa 1, Gert Mayer 3, Walter H. Hörl 1, Marcus D. Säemann 1 1 Klinik für Innere Medizin III, Klinische Abteilung für Nephrologie und Dialyse, Medizinische Universität Wien; 2 APEIRON Biologics AG; 3 Universitätsklinik für Innere Medizin IV (Nephrologie und Hypertensiologie), Medizinische Universität Innsbruck; * equally contributing 52 CHD-Patienten an unserem Zentrum wurden in folgende Gruppen eingeteilt: ACEI (n = 8), ARB (n = 11), ACEI plus ARB (n = 8), keine RAAS-Blockade (n = 10), keine antihypertensive Therapie (n = 6) sowie anephrische Patienten (n = 9). Von allen Patienten wurde eine Quantifizierung unterschiedlicher RAAS-Peptide vor und nach Hämodialyse durchgeführt. Es ließen sich tatsächlich signifikante Unterschiede zwischen den einzelnen untersuchten Subpopulationen mit einzelner oder doppelter RAAS-Blockade nachweisen. Patienten ohne RAAS-Blockade zeigten eine moderate RAAS-Aktivierung mit mäßiger Freisetzung von Ang 1 10 und Ang 1 8, während bei anephrischen Patienten überhaupt kein RAAS nachweisbar war. Interessanterweise zeigten Patienten unter ACE- Hemmer-Therapie zwar deutlich supprimierte Konzentrationen von Ang 1 8, aber eine stark erhöhte Produktion von Ang 1 10 und Ang 1 7. Patienten unter ARB-Therapie hatten ebenso hohe Spiegel von Ang 1 10, jedoch auch hohe Mengen von Ang 1 8, aber nur ein moderat aktiviertes alternatives RAAS. Im Gegensatz dazu zeigten sich bei Dr. Marlies Antlanger Klinik für Innere Medizin III, Klinische Abteilung für Nephrologie und Dialyse, Medizinische Universität Wien Patienten unter dualer RAAS-Blockade massiv erhöhte Werte von Ang 1 10 sowie eine Induktion des alternativen RAAS, gekennzeichnet durch sehr hohe Spiegel von Ang 1 7. Unsere Daten liefern ein differenzielles Bild des RAAS bei Patienten unter CHD mit und ohne RAAS-Blockade, wobei wir erstmals die Existenz des alternativen RAAS nach pharmakologischer RAAS-Interferenz zeigen konnten. Weitere Forschungen sind derzeit im Gange, um die Regulation des RAAS auch bei Patienten in früheren Stadien der Niereninsuffizienz zu analysieren und den prädiktiven Wert individueller RAAS-Muster zu validieren. 16

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18 NEPHRO Script focus uues existieren verschiedene vielversprechende Biomarkerkandidaten für das Auftreten und die Progression der Nephropathie bei Typ-2-Diabetikern. Deren klinische Validität muss jedoch erst in methodologisch hochqualitativen Studien bewiesen und reproduziert werden. uuziel wäre die Etablierung eines Biomarker-Panels für diabetische Nephropathie, vergleichbar mit Biomarkern für kardiale ischämische Ereignisse, wie Troponin T, Troponin I und Kreatininkinase. Biomarker bei diabetischer Nephropathie Einleitung Nach KDOQI-Kriterien leiden in Europa je nach Studie zwischen 9,2 und 12,5 % der erwachsenen Bevölkerung an einer chronischen Nierenerkrankung. Die Prävalenz von Patienten in den Stadien CKD III und IV ist in Norwegen und Holland vergleichbar mit jener in den USA (4.360/ bis 5.300/ ), die Inzidenz der terminalen Niereninsuffizienz ist in den USA interessanterweise fast dreimal so hoch. Wir alle wissen aber auch, dass trotzdem innerhalb von 10 Jahren nur sehr wenige Patienten, die sich in den CKD-Stadien I III befinden, dialysepflichtig oder transplantiert werden (0,5 1/1.000 Patientenjahre) und erst bei Patienten im Stadium IV das renale Risiko gleich hoch ist wie jenes, eine kardiovaskuläre Erkrankung zu entwickeln (ca. 60/1.000 Patientenjahre). Diese Tatsache stellt Screeningprogramme vor große Probleme, da zwar bei sehr vielen Patienten die Diagnose einer Nierenerkrankung gestellt wird, aber nur bei wenigen als Konsequenz die terminale Niereninsuffizienz droht. Ein weiteres Problem ist derzeit die Tatsache, dass jene Parameter, die für die Diagnosestellung der CKD herangezogen werden, nur eine geringe Sensitivität für die Vorhersage der terminalen Niereninsuffizienz in einer Population haben. Eine Albuminurie über 200 mg/tag erfasst nur 31 % aller Hypertoniker und Diabetiker, die 10 Jahre später an der Dialyse sind; wenn eine Kombination von Proteinurie und egfr (mindestens Mikroalbuminurie und egfr unter 60 ml/ min/1,73m 2 ) herangezogen wird, liegt die Sensitivität für eine terminale Niereninsuffizienz innerhalb der nächsten 10 Jahre innerhalb einer Population bei 66 %. Wir brauchen also neue Biomarker, die idealerweise besser als Proteinurie und egfr die renale Prognose von Patienten in Univ.-Prof. Dr. Gert Mayer Medizinische Universität Innsbruck, Universitätsklinik für Innere Medizin IV Nephrologie und Hypertensiologie den Stadien I III der chronischen Nierenerkrankung (oder auch schon vorher) abschätzen lassen. Natürlich kann man argumentieren, dass für den Großteil der renalen Hochrisikopopulation keine spezifische Therapie zur Verfügung steht. Allerdings werden neue, vielversprechende Substanzen auf diesem Gebiet derzeit der klinischen Testung unterzogen. Es ist aber anzunehmen, dass diese Medikamente Nebenwirkungen haben werden bzw. dass ihr Preis relativ hoch sein wird, sodass eine Stratifizierung der Patienten sinnvoll sein wird. SYSKID: auf der Suche nach neuen Biomarkern SYSKID, ein multinationales Projekt, welches im Rahmen des 7. Rahmenprogrammes der EU gefördert wird, hat sich die Suche nach derartigen Biomarkern zur Aufgabe gemacht. Um diese Aufgabe sinnvoll zu bewältigen, wurde in einer Kooperation mit der Universität Groningen, Niederlande, die bereits vorhandene Literatur systematisch hinsichtlich bereits bekannter Marker durchsucht, und deren Validität wurde anhand etablierter Qualitätsparameter analysiert. Die Ergebnisse dieses systemischen Reviews wurden 2011 in Diabetic Medicine publiziert. 18

19 focus NEPHRO Script Validität von Biomarkern für die Entstehung oder die Progression der Nephropathie bei Typ-2-Diabetikern Studienpräsentation Validity of biomarkers predicting onset or progression of nephropathy in patients with Type 2 diabetes: a systematic review; Diabet Med 2012 May; 29(5): Hellemons ME, Kerschbaum J, Bakker SJ, Neuwirt H, Mayer B, Mayer G, de Zeeuw D, Lambers Heerspink HJ, Rudnicki M OA Dr. Michael Rudnicki Universitätsklinik für Innere Medizin IV Nephrologie und Hypertensiologie, Medizinische Universität Innsbruck Albuminurie ist bei Patienten mit Diabetes mellitus eine frühe Manifestation mikrovaskulärer Schädigung, deren Ausmaß mit dem Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse und für renale Endpunkte korreliert. In den vergangenen Jahren wurde eine Vielzahl von Biomarkern in Serum und Harn identifiziert, die 1. bei Patienten mit Normoalbuminurie mit dem Risiko des Auftretens einer Mikroalbuminurie assoziiert sind (frühe Nephropathie) und 2. das Risiko einer Progression der renalen Erkrankung bei Patienten mit Mikro- und Makroalbuminurie (späte Nephropathie) anzeigten. In dieser Arbeit haben wir die methodische Qualität der Studien und den Zugewinn an prädiktiver Information der einzelnen Biomarker (verglichen mit konventionellen Risikofaktoren) beurteilt. Wir führten einen systematischen Review der Literatur der Jahre zum Thema Biomarker und diabetische Nephropathie beim Menschen durch. Wir inkludierten longitudinale Arbeiten mit mindestens 20 Patienten, und wir konzentrierten uns auf Biomarker, die entweder im Harn oder im Serum/Plasma gemessen wurden. Es wurde dann die methodologische Qualität der Studie anhand der STARD-Kriterien bestimmt und des Weiteren wurde evaluiert, ob die neu identifizierten Marker hinsichtlich eines additiven prädiktiven Wertes im Vergleich zu konventionellen Risikofaktoren untersucht wurden. Es wurden 15 Arbeiten zu 27 Biomarkern bei Typ-2-Diabetikern gefunden. Von diesen hatten 6 Studien eine ausreichende methodologische Qualität, und es konnten 13 Biomarker mit einer potenziellen klinischen Validität identifiziert werden. Serum-IL-18, plasmaasymmetrisches Dimethylarginin (ADMA), Harn-Coeruloplasmin, Harn-IgG und Harn-Transferrin wurden als valide Biomarker für frühe Nephropathie identifiziert. Die Spiegel von ADMA, VCAM- 1, IL-6, von-willebrand-faktor (vwf) und ICAM-1 im Plasma waren potenziell klinisch valide Biomarker für späte Nephropathie. Schließlich wurden auch Biomarker publiziert, die sowohl das Auftreten als auch die Progression der Nephropathie vorhersagen können: C-reaktives Protein, E- Selektin, t-plasminogen-aktivator, vwf und Triglyzeride. Die meisten identifizierten Biomarker lassen sich verschiedenen pathophysiologischen Mechanismen zuordnen: subklinische systemische Inflammation (CRP, IL-6, IL-18), endotheliale Dysfunktion (ADMA, vwf, VCAM-1, ICAM- 1), Synthese extrazellulärer Matrix (E-Selektin), glomeruläre und tubuläre Dysfunktion (Harn-Coeruloplasmin, -IgG und -Transferrin). Nur 10 der Moleküle wurden in zumindest einer zweiten Studie untersucht, und in fast allen Fällen konnten die Ergebnisse vermutlich aufgrund fehlender Power der Studien nicht reproduziert werden. Für die Evaluierung des prädiktiven Wertes eines Biomarkers sind spezielle statistische Analyse erforderlich. Odds Ratio und Hazard Ratio ermöglichen nur eine ungenaue Abschätzung des Risikos eines Individuums, einen Endpunkt zu erreichen. Dafür geeignet sind Parameter wie der richtig positive/ falsch positive Anteil, die Grenzwertoptimierungskurve (ROC), eine Statistik zur Verbesserung der Risikoklassifizierung (NRI oder IRI) oder der diskriminative Likelihood- Quotient. Nur eine Arbeit enthielt eine ROC-Kurve für die Biomarker und 4 weitere Studien lieferten genügend Daten, um die Sensitivität und Spezifität zu berechnen. Die Heterogenität der Endpunkte machte eine Metaanalyse zu einzelnen Biomarkern leider unmöglich. Fazit: Für das Auftreten und die Progression der bei Typ- 2-Diabetikern existieren zwar verschiedene vielversprechende Biomarkerkandidaten, deren klinische Validität jedoch in methodologisch hochqualitativen Studien bewiesen und reproduziert werden muss. Das Ziel eines solchen Ansatzes wäre die Etablierung eines Biomarker-Panels für diabetische Nephropathie vergleichbar mit Biomarkern für kardiale ischämische Ereignisse (z. B. Troponin T, Troponin I und Kreatinkinase). 19

20 NEPHRO Script focus uubei Patienten an der Peritonealdialyse sollte die Peritonitisrate nicht mehr als 0,67/ Patientenjahr betragen, d. h. nicht mehr als eine Peritonitis alle 18 Monate. uueine Therapie mit oralem aktivem Vitamin D ist bei diesen Patienten mit einem verringerten Peritonitisrisiko assoziiert. Peritonealdialyseassoziierte Peritonitis Einleitung OA Dr. Michael Rudnicki Universitätsklinik für Innere Medizin IV Nephrologie und Hypertensiologie, Medizinische Universität Innsbruck Bei der Peritonealdialyse (PD) repräsentiert die Peritonitis immer noch eine der wichtigsten akuten Komplikationen und ist mit Hospitalisierung, Katheterverlust und Technikversagen assoziiert. Auch das Mortalitätsrisiko steigt bei Patienten mit einer bzw. rezidivierenden Peritonitiden. In den vergangenen Jahrzehnten konnte die Inzidenz der Peritonitis sukzessive gesenkt werden, was hauptsächlich auf die Verbesserung technischer Behelfe, beispielsweise durch Einführung von Plastikbeuteln oder des Y-Set-Twin- Bag-Konnektionssystems, zurückzuführen ist. Weitere Verbesserungen konnten durch Pflegeprotokolle der Exit-Site oder das frühere Erkennen und Behandeln von Exit-Site- Infekten erreicht werden. Die rezenten Richtlinien der Internationalen Gesellschaft für Peritonealdialyse (ISPD) empfehlen eine Peritonitisrate von < 0,67/Patientenjahr bzw. nicht mehr als eine Peritonitis alle 18 Monate. Jedoch wurden von verschiedenen Zentren auch deutlich geringere Peritonitisraten von 0,29 0,23/Patientenjahr (d. h. eine Episode alle Monate) publiziert. Um das Risiko von Morbidität, Mortalität und Technikversagen durch Peritonitisepisoden weiter reduzieren zu können, ist es daher unerlässlich, Risikofaktoren bzw. protektive Faktoren zu identifizieren. Publiziert wurden in der Vergangenheit vor allem Studien, die sich mit demographischen (wie Ethnizität, Alter), klinischen (Komorbiditäten wie Diabetes mellitus) und laborchemischen Risikofaktoren (wie ein erniedrigtes Serumalbumin) auseinandersetzten, wohingegen der Einfluss der Komedikation auf das Peritonitisrisiko bislang kaum evaluiert wurde. Da viele dieser bereits publizierten Risikofaktoren als sogenannte nichtmodifizierbare Faktoren gelten, drängt sich die Frage nach modifizierbaren Faktoren, wie beispielsweise der Komedikation geradezu auf. Ziel der nachfolgend beschriebenen Studie war einerseits die Evaluierung der Rate an PD-assoziierten Peritonitiden und andererseits die Identifikation von Risikofaktoren, insbesondere der Assoziation zwischen der Begleitmedikation und dem Risiko für PD-assoziierte Peritonitiden. Zusammenfassend ließ sich eine Assoziation zwischen der Gabe von oralem aktivem Vitamin D und einem erniedrigten Risiko für Peritonitis zeigen, was in Hinsicht auf die Modifikation von Risikofaktoren von Bedeutung ist. Derzeit werden die Epidemiologie der PD-Peritonitis, der Einfluss der Komorbiditäten und der Einfluss der Komedikation auf die Peritonitisrate in einer multizentrischen österreichweiten Studie bei 720 PD-Patienten untersucht. 20

21 focus NEPHRO Script Vitamin D ist mit einem verringerten Risiko einer PD-assoziierten Peritonitis assoziiert Studienpräsentation Risk factors for peritoneal dialysis-associated peritonitis: the role of oral active vitamin D. Perit Dial Int 2010; 30(5):541 8 Rudnicki M, Kerschbaum J, Hausdorfer J, Mayer G, König P Universitätsklinik für Innere Medizin IV Nephrologie und Hypertensiologie, Medizinische Universität Innsbruck Dr. Julia Kerschbaum Universitätsklinik für Innere Medizin IV Nephrologie und Hypertensiologie, Medizinische Universität Innsbruck Das Ziel dieser Studie war einerseits die Evaluierung der Peritonitisrate in unserem Zentrum über einen Zeitraum von 8 Jahren und andererseits die Identifikation von Faktoren, die das Risiko für eine Peritonitis beeinflussen könnten. Die Patientenpopulation für diese retrospektive Analyse bestand aus 55 (inzidenten und prävalenten) PD-Patienten, die zwischen 2000 und 2007 an der Nephrologie Innsbruck behandelt wurden. Demographische Patientendaten, Komorbiditäten, Begleitmedikation wie Antihypertensiva, orales aktives Vitamin D, Phosphatbinder oder Statine und Laborparameter wurden den Krankenblättern und der elektronischen Patientendatenbank entnommen. Die durchschnittliche Rate an Peritonitiden betrug 0,51 (0,24 0,73) Episoden/Patientenjahr oder eine Episode alle 23,5 (16 50) Monate. Die meisten Peritonitiden wurden von grampositiven Keimen (68,7 % vs. 14,9 % gramnegative Keime) verursacht, in 3 % der Fälle wurden Candidaspezies als Pathogene identifiziert. Basierend auf 26 Patienten ohne Peritonitis und 29 Patienten mit mindestens einer Peritonitisepisode wurde eine univariate Cox-Regressionsanalyse durchgeführt. Weder für demographische, klinische noch laborchemische Parameter konnte eine Assoziation mit dem Peritonitisrisiko gezeigt werden. In Bezug auf die Komedikation war lediglich die Gabe von oralem aktivem Vitamin D mit einem verminderten Risiko für eine Peritonitis assoziiert (HR: 0,21; 95%- KI: 0,08 0,55; p = 0,002). In Abbildung 1 wird dieses Ergebnis in einer Kaplan-Meier-Kurve veranschaulicht. In der Gruppe der mit Vitamin D behandelten Patienten lag die Peritonitisrate bei 0,38 Episoden/Patientenjahr, wohingegen sie in der nicht behandelten Gruppe 1,52 Episoden/ Patientenjahr betrug. In einer multivariaten Analyse, adjustiert für die Gesamtdauer der Peritonealdialyse und das Serumalbumin, war die Gabe von oralem aktivem Vitamin D mit einem um 80 % reduzierten Peritonitisrisiko assoziiert (HR: 0,20; 95%-KI: 0,06 0,64; p = 0,007). Dieses Ergebnis kann möglicherweise durch die pleiotropen Effekte von Vitamin D unabhängig von seiner Rolle im Kalzium- und Phosphathaushalt erklärt werden. Beispielsweise konnte gezeigt werden, dass Vitamin D sowohl antibakterielle als auch immunosuppressive Eigenschaften besitzt. Interessanterweise konnte in einer Studie mit Hämodialysepatienten ein positiver Effekt von oralem aktivem Vitamin D auf das Mortalitätsrisiko gezeigt werden. Da einige Studien ein erhöhtes Kalzifizierungs- wie auch kardiovaskuläres Mortalitätsrisiko durch die Gabe von oralem aktivem Vitamin D erbrachten, bleibt die Frage nach dem Nutzen-Risiko-Profil dieser Therapie bei Peritonealdialysepatienten weiterhin offen. Limitationen dieser Studie sind sicherlich die geringe Patientenzahl, ein möglicherweise vorhandener Single-Center- Bias sowie die Tatsache, dass die Serumspiegel von Vitamin D nicht erhoben wurden. Trotz dieser Limitationen weisen die erhobenen Daten auf eine mögliche immunomodulatorische Funktion von Vitamin D bei Peritonealdialysepatienten hin. Peritonitisfreie Patienten (%) 1,0 0,8 0,6 0,4 0,2 0,0 0 Kein Vitamin D Orales Vitamin D p = 0, Zeit bis zur ersten Peritonitis (Jahre) Abb. 1: Zeit bis zur ersten Peritonitis in Abhängigkeit von der Gabe von oralem aktivem Vitamin D 21