Erfahrungsbericht Universidad Pablo de Olavide WS 2007/08

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1 1 WS 2007/08 1. Vorbereitung des Auslandssemesters Die Chance, an einer ausländischen Universität studieren zu dürfen, bekommt man im Leben wahrscheinlich nur ein Mal. Deshalb war mir von Anfang an klar, dass ich das obligatorische Auslandssemester im Rahmen des Erasmus-Programmes absolvieren wollte. Da meine Sprachkenntnisse in Englisch (F1) fortgeschrittener waren als im Spanischen (F2), entschied ich mich dafür, an einer spanischen Universität zu studieren. Nachdem ich mich über Partneruniversitäten der FH Köln in Spanien informiert hatte, fiel die Wahl auf die Universidad Pablo de Olavide (UPO) in Sevilla: Zum einen sagt man (zu Recht!), dass Sevilla eine der schönsten Städte Spaniens ist und man dort das landestypische Flair besonders zu spüren bekommt, zum anderen reizte mich auch die sehr junge, moderne Universität. Nach Abwicklung der organisatorischen Dinge an der FH Köln (Absolvierung des AS-Seminars, Bewerbung um das Erasmus-Stipendium, Annahme des Studienplatzes etc.), habe ich per Kontakt mit der UPO aufgenommen. So erfuhr ich, dass alle Erasmus-Studenten vor ihrer Anreise ein Bewerbungsformular ausfüllen und zur Universität schicken müssen und am 24. September eine Willkommens-Veranstaltung stattfinden sollte. Mit Hilfe eines neu gekauften Reiseführers und den Erfahrungsberichten ehemaliger Erasmus- Studenten habe ich schon vor Abflug einige nützliche Tipps erhalten. Außerdem habe ich einen Flug gebucht, ein Zimmer für die ersten Tage reserviert, mein WG-Zimmer in Köln untervermietet und ein Konto bei der Deutschen Bank eingerichtet, bei der man auch im Ausland an allen DB-Automaten kostenlos Geld abheben kann. 2. Die ersten Tage in Sevilla 2.1. Anreise Ab Flughafen Düsseldorf biete die Fluggesellschaft LTU Direktflüge nach Sevilla an. Air Berlin fliegt Sevilla vom Flughafen Köln/Bonn an. Günstiger sind die Verbindungen mit Ryanair (ab Düsseldorf Weeze oder Frankfurt Hahn) - Statt 20 kg ( LTU, Air Berlin ) liegt die Freigepäcksgrenze hier allerdings bei nur 15 kg. Wegen dieser Begrenzung würde ich diese Verbindung für den Hinflug nicht empfehlen, da man für ein halbes Jahr natürlich viel Gepäck mitnimmt. Am Flughafen Sevilla angekommen, fährt ein Airport-Shuttle-Bus direkt ins Zentrum. Die Fahrtkosten betragen 2,10 pro Fahrt. Die Haltestellen Santa Justa und Prado de San Sebastian, die der Shuttle-Bus anfährt, sind Knotenpunkte für weitere Busverbindungen. Um in Ruhe eine Wohnung finden zu können, sollte man etwa 3-4 Wochen vor Semesterbeginn anreisen Unterkunft Die meisten Erasmus-Studenten verbringen die ersten Tage in einem Hostal. Ich würde schon von Deutschland aus ein Zimmer reservieren da Sevilla eine Erasmus-Hochburg ist und alle Studenten mehr oder weniger zur gleichen Zeit anreisen. Dadurch habe ich schon in den ersten Tagen viele Gleichgesinnte kennengelernt. Ich selbst habe im Hostal Lis gewohnt, welches ich als durchschnittlich beurteilen würde. Viele positive Bewertungen hat das Hostal Oasis erhalten - hier gibt es eine Bar, einen Pool und eine Dachterrasse. Außerdem ist das Frühstück inklusive. Eine Nacht im 8-Bett-Zimmer kostet 18, im Doppelzimmer 20. In jedem Fall ist es empfehlenswert, ein Hostal im Stadtzentrum zu wählen um alle Ziele schnell erreichen zu können.

2 Wohnungssuche Da, wie gesagt, viele Erasmus-Studenten zur gleichen Zeit anreisen, besteht eine relativ große Konkurrenz um die freien Zimmer. Aus diesem Grund solle man mindestens eine Woche zur Wohnungssuche einrechnen. Als erstes habe ich mir bei einem Turismusbüro (z.b. in der Avenida de la Constitución) einen Stadtplan besorgt um die Entfernungen abschätzen zu können. Hier erhält man außerdem kostenlos einen Plan des Busnetzes und darf eine Stunde lang umsonst das Internet benutzen. Um bei den potentiellen Bleiben für das nächste Semester anrufen zu können, sollte man sich zuerst eine spanische Prepaid-Karte kaufen. Im Phone House (Calle Sierpes) bekommt man für 10 eine Prepaid-Karte des Anbieters Happy Móvil. Damit konnte ich für 0,06 / Minute nach Deutschland telefonieren. Aufladen kann man die Karte im Phone House oder am Kiosk der Universität. Im Hauptgebäude der Universidad de Sevilla (die andere Universität der Stadt Sevilla) findet man zahlreiche Wohnungsangebote. Außerdem ist das Internet ( eine gute Anlaufstelle. Ich habe nach Wohnungen im Stadtkern (beliebte Stadtviertel sind z.b. Santa Cruz, La Macarena oder auch Triana) Ausschau gehalten, die bestenfalls nahe der Haltestelle Prado de San Sebastian gelegen sind, denn von dort fährt der Bus zur UPO ab. Abraten würde ich davon, ein Zimmer in der Nähe der UPO zu suchen, da diese etwas weiter außerhalb liegt und es nachts kaum Busverbindungen ins Zentrum gibt. Der durchschnittliche Preis für ein WG-Zimmer liegt bei etwa 250. Es können aber noch zusätzliche Kosten für Strom, Gas etc. anfallen. Für die Verbesserung der Sprachkenntnisse ist es in jedem Fall nützlich, spanische Mitbewohner zu haben. Ich selbst habe in einer internationalen WG gewohnt (ein Spanier, eine Kanadierin und eine Deutsche). Diese Erfahrung (ein Aufeinandertreffen verschiedenster Kulturen - so wohl im positiven als auch im negativen Sinne- ) möchte ich nicht missen, auch wenn natürlich nicht ausschließlich Spanisch, sondern eben auch Deutsch und Englisch gesprochen wurde. 3. WS 2007/08 an der Universidad Pablo de Olavide 3.1. Allgemeine Informationen zur Universität Die Universidad Pablo de Olavide wurde 1997 gegründet. Diese junge und hochmoderne Universität ist eine Campus-Uni. Dadurch sind alle Gebäude in kurzer Zeit zu Fuß erreichbar. Die UPO liegt leider außerhalb des Stadtkerns. Von der Haltestelle Prado de San Sebastian fährt die Linie 36 alle 8 Minuten zur Uni und zurück. Die Fahrtzeit beträgt je nach Verkehr etwa 30 Minuten. Es gibt 2 Haltestellen an der Universität: Eine nahe der großen Cafeteria, die andere in der Nähe der Bibliothek Willkommensveranstaltung Mitte August informiert die UPO alle Erasmus-Studenten per über das Datum der Veranstaltung. Da man hier alle wichtigen Informationen erhält, ist es empfehlenswert, teilzunehmen. Um tatsächlich immatrikuliert zu werden, habe ich hier ein Formular mit persönlichen Daten ausgefüllt und ein Informations-Paket über die Universität erhalten. Außerdem lernt man so vor Ort schon viele Kommilitonen kennen. Am nächsten Tag gibt es zwei weitere Informationsveranstaltungen das Sportangebot wird vorgestellt und man kann an einer Bibliotheksführung teilnehmen Kurswahl und -system Grundsätzlich konnten die Erasmus-Studenten jeden Kurs, der an der Universität angeboten wird, belegen (unabhängig von Fakultäten etc.). Um endgültig festzulegen, welche Kurse wir belegen möchten, hatten wir 3 Wochen Zeit. Ich empfehle, diese Zeit auszunutzen um mehrere Kurse anzusehen und Informationen über den Professor und die zu erbringende Leistung

3 3 einzuholen. Es bietet sich an, Erfahrungsberichte von ehemaligen Erasmus-Studenten zu lesen oder spanische Kommilitonen nach ihrer Meinung zu fragen. Auch die zuständige Erasmus- Koordinatorin hilft gerne weiter. Ein weiterer wichtiger Aspekt bei der Kurswahl ist meiner Meinung nach die Sprechweise des Professors. Einige Dozenten haben einen starken andalusischen Akzent und sind somit für ausländische Studierende kaum zu verstehen. Beachten muss man natürlich auch, dass man Kurse mit spanischem Sprachbezug wählt und mindestens 10 SWS belegt damit das Auslandssemester an der FH Köln angerechnet wird. An der UPO beträgt eine Semesterwochenstunde (SWS) 60 Minuten. Anders als in Deutschland finden fast alle Veranstaltungen zwei Mal in der Woche statt. Die Semesterwochen- stunden- Anzahl der Kurse variiert zwischen zwei und sechs Stunden pro Woche. Die spanischen Studenten sind in zwei Gruppen eingeteilt: Die Vorlesungen der ersten Gruppe (M=mañana) finden morgens statt, die der zweiten (T=tarde) nachmittags und abends. Belegt man also einen Kurs, der mehrmals in der Woche stattfindet, muss man sich entscheiden, ob man den M- oder den T-Kurs wählt. In Einzelfällen kann man aber mit dem Professor absprechen, dass man den Kurs einmal morgens uns einmal nachmittags besucht. Es gibt Vorlesungen, die nur im Wintersemester (1. Cuatrimestre) oder nur im Sommersemester (2. Cuatrimestre) angeboten werden. Je nach dem, in welchem Semester man an der UPO studiert, kann man natürlich nur die ein oder anderen Kurse belegen. Außerdem gibt es Vorlesungen die über ein ganzes Jahr laufen (anual). Bei diesen Kursen kann man aber anfragen, ob es möglich ist, schon nach einem Semester eine Prüfung zu absolvieren. Neben den normalen Vorlesungen, die man zusammen mit spanischen Studenten besucht, bietet die UPO auch einen Sprachkurs für Erasmus-Studenten an. Es gibt einen schriftlichen und einen mündlichen Einstufungstest. Je nach Ergebnis wird man in die Anfänger- oder die Fortgeschrittenen-Gruppe eingeteilt. Erfahrungsgemäß kommen aber nur wenige Studenten mit sehr geringen Vorkenntnissen in den Anfängerkurs. Der Kurs findet vier Mal wöchentlich für je 1,5 Stunden statt. Nach Ablauf der drei Wochen, in denen man sich die Vorlesungen ansehen kann, muss man entgültig festlegen, welche Kurse man besuchen möchte. In jedem Kurs wird eine Ficha (eine Art Steckbrief, der ein Passfoto und persönliche Daten der Studenten enthält) verlangt, die man in der Copistería kaufen kann. Ich habe folgende Vorlesungen besucht: 1. Curso de Lengua para Estudiantes Erasmus Wie schon gesagt, umfasst dieser Kurs sechs SWS. Neben der Wiederholung der Grammatik wird auch an der Wortschatzerweiterung gearbeitet. Während der Vorlesungszeit muss man kleinere Arbeiten abgeben, die auch in die Note mit einfließen. Außerdem wird Mitarbeit und Anwesenheit (es besteht Anwesenheitspflicht, nur wer weniger als sieben Mal fehlt, kann den Kurs bestehen) bewertet. Am Ende des Semesters gibt es eine mündliche und eine schriftliche Prüfung. Diesen Kurs kann ich in jedem Fall empfehlen, da sich die Professorinnen sehr bemüht haben, den Unterricht kreativ zu gestalten (, was ihnen auch gelungen ist). Zu bemängeln ist allerdings, dass der Sprachkurs erst recht spät (nach Semesterbeginn) angefangen hat. 2. Traducción General Alemán-Español In vier SWS wurden Allgemeintexte übersetzt. Zwar war der Kurs oft recht langweilig, aber ich habe gelernt, übliche spanische Sätze und Redewendungen zu formulieren. Dieser Kurs ist eigentlich ein Jahreskurs, nach Absprache mit dem Professor (zu Semesterbeginn!) konnten die Erasmus-Studenten aber schon nach einem Semester die schriftliche Prüfung (eine Übersetzung ins Spanische, die Teile aus bereits im Unterricht bearbeiteten Texten enthielt) absolvieren. 3. Historia Contemporánea de España Dieser Geschichtskurs umfasst 2,5 SWS. Vom 18. Jahrhundert bis zur heutigen Zeit wurden wichtige historische Ereignisse und Zusammenhänge erklärt. Der Professor ist bereit, die

4 4 Anwesenheit zu bestätigen. Möchte man benotet werden, muss man eine größere Hausarbeit (20 Seiten) schreiben, an 3 Seminaren teilnehmen und am Ende des Semesters eine Klausur schreiben. 4. Estrategia Internacional Die drei SWS dieses wirtschaftlich ausgerichteten Kurses wurden am Stück unterrichtet. Inhaltlich geht es um die Internationalisierung von Firmen: Expansionsstrategien wurden erklärt, Vor- und Nachteile diskutiert. Der Professor schickt den Studenten ein kleineres Skript zu, dass auch Grundlage der Klausur sein wird. Außerdem müssen in Gruppen von 2-3 Studenten Präsentationen gehalten werden. Die spanischen Studenten stellen spanische Firmen und ihre Strategien vor, Erasmus-Studenten präsentieren Firmen ihrer Heimatländer. Die schriftliche Klausur ist machbar, auch wenn man relativ viel lernen muss. Die Notengebung ist meiner Meinung nach ähnlich wie in Deutschland. Wenn man sich etwas Mühe gibt, besteht man die Prüfungen als Erasmus-Student bei fast allen Professoren Bibliothek Die Bibliothek der UPO befindet sich auf dem Campus. Mit einem Passwort, dass man sich im C.A.S.A. (Centro de Atención y Servicio al Alumno) abholt, kann man die Bücher ausleihen. Die reguläre Ausleih-Dauer beträgt eine Woche, man kann aber zwei Mal verlängern. Neben den normalen Arbeitsplätzen gibt es auch Gruppenarbeitsräume, die bei Bedarf reserviert werden können. Die Bibliothek ist von Montag bis Freitag zwischen 8:30 Uhr und 21:00 Uhr geöffnet Internetzugang Die UPO verfügt über ein Drahtlos-Netzwerk, dass man auf dem gesamten Campus nutzen kann. Die Zugangsdaten erhält man, wie die für die Bibliothek, beim C.A.S.A.. In der Bibliothek gibt es Computer mit Internet-Zugang, es gibt aber auch Plätze, wo man seinen eigenen Laptop anschließen kann Sportangebot Im Gebäude 14 findet man das S.D.U.P.O (Servicio Deportivo de la UPO)Gegen eine geringe Gebühr von ca pro Semester kann man eine Sportkarte erwerben, mit der man berechtigt ist, verschiedene Sporteinrichtungen zu nutzen Mensa Die UPO verfügt über 3 Cafeterien. Zwei davon befinden sich im Gebäude Clandestino Mutis, die andere am anderen Ende des Haupt-Korridors. Für 0,75 gibt es Café, ab 0,80 Tostada mit verschiedenen Aufstrichen (sehr lecker!), mittags werden Baguettes (ab 1,50 ) und verschiedene Gerichte angeboten. 4. Sevilla und Andalusien Sevilla ist eine traumhaft schöne Stadt. Geprägt von verschiedenen Kulturen, vor allem aber von arabischen Einflüssen, mediterranem Klima und südspanischem Flair fällt es nicht schwer, sich wohl zu fühlen. Zahlreiche Sehenswürdigkeiten befinden sich direkt im Stadtzentrum. Besonders sehenswert sind meiner Meinung nach das Real Alcázar (eine Königsresidenz aus dem 13. Jahrhundert), die Kathedrale (die größte Kirche Spaniens) und das Barrio de Santa Cruz. Bekannt ist die Stadt außerdem für ihre Flamenco- und Stierkampftradition: In der Carbonería kann man kostenlos eine beeindruckende Flamenco-Show sehen, Stierkämpfe finden von April bis Oktober beim Plaza de Toros de la Maestranza am Guadalquivir (der durch Sevilla fließende Fluss) statt.

5 5 Abends wird die Tapas-Kultur groß geschrieben. Empfehlenswert sind die Tapas-Bars Los Coloniales, El Rinconcillo und Levie s Obwohl Sevilla unglaublich viele Sehenswürdigkeiten bietet, lohnt es sich in jedem Fall, auch andere andalusische Städte zu bereisen. Die Vielfalt der Region und das kulturelle Erbe in vielen nahegelegenen Städten sind nur zwei von vielen Gründen, die Autonome Gemeinschaft zu erkunden. Von den Busbahnhöfen Plaza de Armas und Prado de San Sebastian kann man günstig in viele Städte Andalusiens gelangen; ab Bahnhof Santa Justa fahren Züge verschiedene Ziele an. Besonders begeistert haben mich Granada mit ihrer Alhambra, Córdoba und ihre Mezquita, oder auch Cádiz mit ihrem Strand. 5. Fazit Mein Auslandssemester an der UPO in Sevilla war wirklich traumhaft. Hier habe ich meine spanischen Sprachkenntnisse vertiefen und anwenden können uns sicherlich vieles gelernt, das man nur vor Ort erlernen kann (beispielsweise Umgangssprache). Außerdem bot sich mir die Möglichkeit live die andalusische Kultur zu erleben und daran teilzuhaben. Die Universität Pablo de Olavide ist, wie alles in Sevilla, unorganisierter als in Deutschland. Zwar hat mich diese Unstrukturiertheit das ein oder andere Mal gestört, jedoch lernt man auch, gelassener mit den Dingen umzugehen und selbstständig das universitäre Leben zu organisieren. Die Sevillanos (Einwohner Sevillas) sind zwar auf den ersten Blick kühler als man sich Spanier vorstellt, bei näherem Hinsehen aber sehr hilfsbereit und vor allemlebensfroh. Diese Mentalität kennen zu lernen, hat mich persönlich bereichert. Die Chance, an der UPO in Sevilla studieren zu dürfen, bekommt man im Leben nur ein Mal- und man sollte sie nutzen!