Suizidalität: ein Behandlungspfad der psychiatrischen Pflege in der IV
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1 Suizidalität: ein Behandlungspfad der psychiatrischen Pflege in der IV Klausurtagung des VPSG Februar 2018 Dr. Karin-Maria Hoffmann und QZ Psychiatrische Pflege
2 Beschäftigung mit dem Thema im QZ Psychiatrische Pflege; Ziele: Fortbildung Empfehlungen für den Umgang mit Suizidalität zu erarbeiten Befunde zur Epidemiologie des Suizids Risikogruppen Risiko- und Einflussfaktoren Diagnostik / Einschätzung von Suizidalität NGASR Behandlungspfad für die IV 2 Fallbeispiele (Frau Sill, FELIX)
3 Suizidrate von Jahr Rate gesamt ( Einw.) Männer Frauen ,5 24,9 10, ,7 23,0 8, ,5 20,3 7, ,4 18,6 6, ,3 18,6 6, ,5 18,9 6, ,3 18,4 6,5
4 n Suizidraten in Deutschland nach Bundesländern und Geschlecht im Jahr 2015 (pro Einw.) Quelle: Statistisches Bundesamt
5 Selbstmordrate in Deutschland nach Altersgruppe bis 2015 Suizidrate in Deutschland nach Altersgruppe in den Jahren 2011 bis 2015 (Suizide je Einwohner) Hinweis: Deutschland; 2011 bis 2015 Weitere Angaben zu dieser Statistik, sowie Erläuterungen zu Fußnoten, sind auf Seite 8 zu finden. Quelle: Statistisches Bundesamt ID Quelle: Statistisches Bundesamt
6 Risikogruppen Männer (sehr) alte Menschen Junge Menschen (Adoleszenz) Menschen mit psychischen Erkrankungen (90% der Suizide) Depression, bipolare Störungen Suchtkranke Schizophrenie Angststörungen Persönlichkeitsstörungen Traumatisierte Menschen/Menschen in Veränderungskrisen Menschen mit chron. körperl. Erkrankungen (Schmerz)
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8 Risikofaktoren/-umstände Suizidmethoden in verschiedenen Ländern: Osteuropa: Erhängen (häufigste Methode überhaupt) USA: Feuerwaffen Asiatische / lateinamerikanische Länder: Pestizide Nordische Länder & UK: Medikamente Hong Kong, Malta, Luxemburg: Springen aus der Höhe Unterschiede zwischen den Ländern sind größer als die zwischen den Geschlechtern Prävention: Zugänglichkeit für Mittel verringern, wirksam insbesondere bei impulsiven Handlungen
9 Risikofaktoren/-umstände Zugänglichkeit zu Suizidmethoden life event Tod des Partners: Suizidrate ist 1. Woche nach Verlust 25-30fach erhöht 1. Monat nach Verlust 10fach erhöht 1. Jahr 5fach erhöht
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11 Risikofaktoren/-umstände Zugänglichkeit zu Suizidmethoden (Waffen, Pestiziden etc.) life event Tod des Partners Jahreszeitliche Schwankungen
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14 Risikofaktoren/-umstände Zugänglichkeit zu Suizidmethoden (Waffen, Pestiziden etc.) life event Tod des Partners Jahreszeitliche Schwankungen Werther-Effekt (Bsp. Robert Enke) Vorangegangener Suizidversuch Während stationärer Behandlung: insbesondere schizophrene Pat. bei Urlaub, nach Entlassung bei Therapeutenwechsel
15 Modelle Ringel Präsuizidales Syndrom mit Einengung (situativ, dynamisch, interpersonell, Werte) Aggressionsstau oder -umkehr Suizidphantasien Ausweglosigkeit Pöldinger Stadien: Erwägung (Hinweise, Appell) Ambivalenz, (Ankündigungen, Appell) Entschluss (Resignation, trügerische Ruhe) Woltersdorf Unterscheidung von Krankheits- und Krisenmodell
16 Wolfersdorf, 2012 Modelle
17 Interpersonale Theorie suizidalen Verhaltens 1. die Wahrnehmung, nicht zugehörig zu einer wertgeschätzten Gruppe zu sein (Thwarted belongingness) und 2. der Eindruck, für andere eine Belastung darzustellen (Perceived burdensomeness). 3. die erworbene Befähigung, sich selbst zu suizidieren (Acquired capability). Joiner, 2005
18 Fehlendes Zugehörigkeitsgefühl Wahrnehmung, für andere eine Belastung zu sein Todeswunsch Erworbene Suizidfähigkeit
19 Fehlendes Zugehörigkeitsgefühl Wahrnehmung, für andere eine Belastung zu sein Todeswunsch Erhöhte Schmerztoleranz Erworbene Suizidfähigkeit Furchtlosigkeit vor dem Tod Habituationserfahrung
20 Umgang mit Suizidalität Ziele: Gemeinsamer Wissensstand Procedere beschreiben Handreichung / Empfehlung Kein verbindlicher Standard Diskussion zwischen den Berufsgruppen im Netz anregen Beitrag zur Professionalisierung der psych. Pflege in der IV
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22 Basis-Suizidalität NGASR (Nurses Global Assessment of Suicide Risk): Entwickelt von Cutcliffe und Barker (zwei Pflegewissenschaftlern) in Zusammenarbeit mit einer Mental Health Unit in Großbritannien Ziel: Auf der Basis empirischer Evidenz ein Instrument zu entwickeln, das das Spektrum unterschiedlicher Risikofaktoren abdeckt und damit gerade auch wenig berufserfahrenen Pflegekräften eine klare Struktur an die Hand gibt. It was recognized that the new tool would facilitate the development of clinical judgement in less experienced staff, and supplement rather than replace the experienced nurses clinical Judgement (Cutcliffe und Barker, 2004). 16 Items (Risikofaktoren) in unterschiedlicher Gewichtung
23 Arbeitsgruppe um C. Abderhalden (Bern), B. Kozel (Basel) und K. Michel (Bern) haben die Übersetzung des Instruments ins Deutsche vorgenommen Untersuchung der Interrater-Reliabilität durch Kosel et al. 2007). Im Ergebnis kommen die Autoren zu dem Schluss, dass die deutsche Version der NGASR-Skala ein reliables Instrument zur Beurteilung von Risikofaktoren für Suizid (Kosel et al., 2007 S.17) ist. Für die Durchführung der NGASR-Skala existiert eine Anleitung mit detaillierten Hinweisen, wie die einzelnen Items zu bewerten sind (Kozel, 2014).
24 NAGSR Risikofaktoren Vorhandensein, Einfluss von Hoffnungslosigkeit 3 Kürzlich eingetretene mit Stress verbundene Lebensereignisse 1 Deutliche Hinweise auf Stimmenhören, Verfolgungsideen 1 Deutliche Hinweise auf Depression, Verlust von Interesse oder Verlust von Freude 3 Deutlicher Hinweis auf sozialen Rückzug 1 Äußerung von Suizidabsichten 1 Deutliche Hinweise auf einen Plan zur Suizidausführung 3 Familiengeschichte von ernsthaften psychiatrischen Problemen o. Suizid 1 Kürzlicher Verlust einer nahestehenden Person oder Bruch einer Beziehung 3 Vorliegen einer psychotischen Störung 1 Witwe, Witwer 1 Frühere Suizidversuche 3 Vorliegen schlechter sozioökonomischer Verhältnisse 1 Vorliegen von Alkohol- oder anderem Substanzmissbrauch 1 Bestehen einer terminalen Krankheit 1 Mehrere psychiatrische Klinikaufenthalte in den letzten Jahren, 1 Wiederaufnahme kurz nach der letzten Entlassung SUMME Punkte
25 Die Bewertung erfolgt dann wie folgt: 4 Punkte oder weniger: niedriges Risiko 5 8 Punkte: mäßiges Risiko 9 11 Punkte: hohes Risiko 12 und mehr Punkte: sehr hohes Risiko kleines Risiko mäßiges Risiko hohes Risiko sehr hohes Risiko Punkte
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27 Diskussionspunkte: Erreichbarkeit im Krisenfall Kommunikation Arzt Pflegekraft Klinikvermeidung und Suizidalität Wieviel Verantwortung können/wollen psych. Pflegekräfte übernehmen?
28 Danke für das Zuhören und Mitdenken!
29 Abderhalden, C., Kozel, B., Michel, K. (2010) Strukturierte Einschätzung des Suizidrisikos.: Instrumente und praktische Erfahrungen. Vortrag auf dem 5. Pflegesymposium Pflege Hier, Heute und Morgen, LWL-Klinik Gütersloh. Cutcliffe, J.R., Barker, P. (2004). The nurses Global Assessment of Suicide Risk (NGASR): developing a tool for clinical practice. Journal of Psychiatric and Mental Health Nursing, 11, Joiner, T. E. (2005). Why people die by suicide. Cambridge: Harvard University Press.
30 Kozel, B., Grieser, M., Rieder, P., Seifritz, E., Abderhalden, C. (2007). Nurses Global Assessment of Suicide Risk - Skala (NGASR): Die Interrater-Reliabilität eines Instruments zur systematisierten pflegerischen Einschätzung der Suizidalität. Zeitschrift für Pflegewissenschaften und psychische Gesundheit, 1 (1), Kozel, B. (2014) Professionelle Pflege bei Suizidalität. Arbeitsblätter. Köln: Psychiatrie Verlag Teismann, T., Dorrmann, W. (2013). Suizidalität. Psychotherapeut, 58 (3), Berlin/Heidelberg: Springer, S
31 Wolfersdorf, M.: Suizid und Suizidalität aus psychiatrisch / psychotherapeutischer Sicht. Psychotherapie im Dialog, 2012; 2: 2-7. Wolfersdorf, M. & Franke, C.: Suizidalität - Suizid und Suizidprävention. Fortschritte der Neurologie und Psychiatrie, 2006; 74: Psychotherapie im Dialog, 02/2012, Vol. 13. Schwerpunktthema Suizid
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