POLYMEDIKATION GERIATRISCHER PATIENTEN
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- Vincent Beck
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1 POLYMEDIKATION GERIATRISCHER PATIENTEN WÜRZBURG, 17. JULI 2018 DR. ERNST ENGELMAYR MBA FACHARZT FÜR ALLGEMEINMEDIZIN FORTBILDUNGSBEAUFTRAGTER DES BAYERISCHEN HAUSÄRZTEVERBANDS
2 Spezifika der geriatrischen hausärztlichen Behandlung Langzeitbetreuung Kenntnis soziales Umfeld Gelebte Anamnese Kennntnis der Multimorbidität Budgetbedingungen
3 Was ist ein geriatrischer Patient? Ein biologisch älterer Patient, Der durch altersbedingte Funktionseinschränkungen bei Erkrankung akut gefährdet ist, Der zur Multimorbidität neigt und Bei dem ein besonderer Handlungsbedarf rehabilitativ, somatopsychisch und psychosozial besteht. Zentraleuropäische Arbeitsgemeinschaft gerontologisch/geriatrischer Fachgesellschaften
4 Therapie im Alter Paradigmenwechsel Von der Risikoorientierung Normnahe Einstellung von Stoffwechsel und Blutdruck zur Minderung potentieller Risiken entsprechend der 10-Jahres- Wahrscheinlichkeit zur Funktionsorientierung und Lebensqualität Verminderung von aktuellen Risiken (Stürze, akute Dekompensation) und Störungen der Befindlichkeit (chronischer Schmerz, Vigilanzstörung, Inappetenz, Schlafstörung)
5 Paradigmenwechsel von der Risikoorientierung zur Funktionsorientierung und Lebensqualität Wie viele Arzneimittel verträgt der alte Mensch? Arzneimitteltherapie bei Multimorbidität ist die Kunst des Weglassens, die Kunst des sich Beschränkens Leitlinien der Einzelkrankheiten können nicht umgesetzt werden
6 Aus vielen Leitlinien kann man dem (multimorbiden) Patienten leicht einen Strick drehen
7 Paradigmenwechsel von der Risikoorientierung zur Funktionsorientierung und Lebensqualität Beispiel Diabetikerbetreuung Nicht mehr normnahe Einstellung, sondern Symptomfreiheit Gefährdung durch Hypoglykämie ist größer als durch hohen Glukosespiegel Keine Mangelernährung zur Gewichtsreduktion, auch keine Verbote - lieber alte Gewohnheiten belassen Therapie dem Patienten anpassen, nicht umgekehrt.
8 Paradigmenwechsel von der Risikoorientierung zur Funktionsorientierung und Lebensqualität Beispiel Diabetikerbetreuung DDG: Zielwert HbA1C. 7,0 % Gefahr der Multimedikation zur Erreichung niedriger Blutzuckerwerte
9 Paradigmenwechsel von der Risikoorientierung zur Funktionsorientierung und Lebensqualität Beispiel Hypertonikerbetreuung Nicht mehr normnahe Einstellung um jeden Preis, sondern Symptomfreiheit Gefährdung durch Stürze bei orthostatischem Blutdruckabfall ist größer als durch höheren Dauerblutdruck
10 Therapieziele im Alter: Funktionserhalt und Lebensqualität Erhaltung der Mobilität Erhaltung der kardiopulmonalen Leistungsfähigkeit Erhaltung der Essfreude sowie Ausscheidungsfähigkeit und Kontinenz Erhaltung von Schlaf und Vigilanz Erhaltung der Kommunikationsfähigkeit Schmerzfreiheit
11 Normale Entwicklung im Alter? Psychischer Leistungsverlust Körperlicher Leistungsverlust Schwindel und Stürze Appetitsverlust Ausscheidungsstörungen
12 Oder sind es Symptome aus der chronischen Intoxikation durch Arzneimittel? Psychischer Leistungsverlust Körperlicher Leistungsverlust Schwindel und Stürze Appetitsverlust Ausscheidungsstörungen
13 Natürlicher Verlauf oder medikamentös? Wie erfahren wir die Ursache? 1. Durch Funktionsuntersuchungen? 2. Durch Bestimmung von Wirkstoffspiegeln? 3. Durch Wechsel in der Wahl der Arzneimittel? 4. Durch Durchsicht der Nebenwirkungslisten der Beipackzettel oder anderer Arzneimittelinfos? 5. Durch Aussetzen der Arzneimitteltherapie?
14 Gefahren durch Vielfachmedikation und alterstypische Einschränkungen der Ausscheidung: Kumulation durch renale (Nieren) Retention oder Leber Entgiftungsstörung durch Konkurrenz bei eingeschränkter Regelungs- und Kompensationsfähigkeit aller Systeme
15 Das habe ich doch immer gut vertragen Die Kumulation setzt allmählich ein, auch bei Therapien, die schon jahrelang gut toleriert wurden und gut wirksam waren. Eine gute Verträglichkeit in der Vergangenheit ist also keine Garantie für die Zukunft. Es muss alles auf den Prüfstand.
16 Arzneimitteltherapie im Alter Einschränkungen der Ausscheidung Kreatininclearance (Nierenfunktion) muss bekannt sein: Geringe Einschränkung bis 60 ml/min Mäßige Einschränkung bis 30 ml/min Starke Einschränkung unter 30 ml/min
17 Leistungsfähigkeit der Niere im Alter 140 Grenzwerte für den Übergang von der geringen zur mäßigen Einschränkung der Nierenfunktion (Kreatininclearance 60 ml/min.). Kreatininwerte bei Frauen in Abhängigkeit von Alter und Gewicht kg 60 kg 70 kg 80 kg Jahre 60 Jahre 70 Jahre 80 Jahre 90 Jahre
18 Eliminationsfähigkeit der Leber EntgiftungssystemSystem verändert sich im Alter auch ohne Erkrankung Ist die Vielfalt der Medikamente für den Arzt überschaubar? Einordnen von Verordnungen anderer Ärzte in die Gesamttherapie ist hausärztliche Aufgabe
19 Eliminationsfähigkeit der Leber Entgiftungs-System ist durch konkurrierende Arzneimittel überfordert Abbau verzögert sich, Spiegel steigen an Nebenwirkungen treten erst allmählich ein
20 Persönliche Positivliste Schmerz Schlafstörungen Übelkeit und Erbrechen Appetitlosigkeit Verstopfung
21 Ein Beispiel zum Schluss: 97 jähriger Patient mit Zn. Schlaganfall, vorher gesund wird aus der Klinik entlassen:
22 97 Jahre alt!
23
24 Rangreihe bei Multimorbidität? Was ist das wichtigste? Frei von Schmerzen Frei von Atemnot Frei von Übelkeit und Schwindel Erhaltung der Essfreude sowie Ausscheidungsfähigkeit und Kontinenz Erhaltung von Schlaf und Vigilanz Erhaltung der Mobilität Ganz individuell!
25 für Ihre Aufmerksamkeit
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