Bindungsstörungen und SAFE Sichere Ausbildung für Eltern

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1 Bindungsstörungen und SAFE Sichere Ausbildung für Eltern Karl Heinz Brisch Kinderklinik und Kinderpoliklinik im Dr. von Haunerschen Kinderspital Abteilung Pädiatrische Psychosomatik und Psychotherapie Ludwig-Maximilians-Universität München

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3 Übersicht Bindungsentwicklung Bindungsstörungen Prävention durch das SAFE-Programm

4 John Bowlby "Bindung ist das gefühlsgetragene Band, das eine Person zu einer anderen spezifischen Person anknüpft und das sie über Raum und Zeit miteinander verbindet."

5 Bindungstheorie Ein Säugling entwickelt im Laufe des ersten Lebensjahres eine spezifische emotionale Bindung an eine Hauptbindungsperson Die emotionale Bindung sichert das Überleben des Säuglings Die Bindungsperson ist der sichere emotionale Hafen für den Säugling

6 Bindungstheorie I Durch Angst und Trennung wird das Bindungsbedürfnis aktiviert Durch körperliche Nähe zur Bindungsperson wird das Bindungsbedürfnis wieder beruhigt

7 Bindungstheorie II Das Bindungsbedürfnis steht im Wechsel mit dem Erkundungsbedürfnis Wenn das Bindungsbedürfnis beruhigt ist, kann der Säugling die Umwelt erkunden

8 Bindungs - Explorations -Wippe Bindung Erkundung Erkundung aktiviert Bindung de-aktiviert Bindung aktiviert Erkundung de-aktiviert

9 Feinfühligkeit Die Pflegeperson mit der größten Feinfühligkeit in der Interaktion wird die Hauptbindungsperson für den Säugling große Feinfühligkeit fördert eine sichere Bindungsentwicklung

10 Feinfühligkeit II Verhalten Sprache Rhythmus Blickkontakt Berührung

11 Feinfühligkeit Die Pflegperson muss die Signale des Säuglings wahrnehmen richtig interpretieren angemessen reagieren prompt reagieren

12 Sprachliche Interaktion Förderung einer sicheren Bindung durch die Verbalisierung der inneren Welt der affektiven Zustände der Handlungszusammenhänge des Säuglings

13 Rhythmus der Interaktion in Handlung und Sprache Förderung einer sicheren Bindung durch Wechselseitige Abstimmung in der MutterSäuglings-Interaktion und Kommunikation Korrektur von Missverständnissen unsichere Bindung über-synchrone Interaktion und Kommunikation absolut asynchrone Interaktion

14 Blickkontakt Blickkontakt mit gelungener Affektabstimmung (Intersubjektivität) zwischen Säugling und Pflegeperson fördert die sichere Bindungsentwicklung

15 Berührung Feinfühlige Berührung und Körperkontakt zwischen Pflegeperson und Säugling fördert die sichere Bindungsentwicklung

16 Bindungsqualitäten Sicher (ca. 60%) Unsicher Vermeidend Ambivalent (ca. 20%) (ca. 10%) Beginnende Psychopathologie Desorganisiert (ca. 5-10%) Psychopathologie Bindungsstörung (ca. 3-5%)

17 Bindung zwischen den Generationen Zusammenhang zwischen Bindung der Eltern und des Kindes sichere Eltern mit sicheren Kindern Mutter-Kind ca. 75% Vater-Kind ca. 65% unsichere Eltern mit unsicheren Kindern traumatisierte Eltern mit desorganisierten Kindern traumatisierende Eltern mit bindungsgestörten Kindern

18 Ursachen von Bindungsstörungen Multiple unverarbeitete Traumatisierungen von Kindern durch Bindungspersonen Massive Vernachlässigung Sexuelle Gewalt Körperliche Gewalt Emotionale Gewalt Verbale Gewalt Häufig wechselnde Bezugssysteme Multiple Verluste von Bezugspersonen Zeugenschaft von Gewalt zwischen Bindungspersonen

19 Auslöser ( Trigger ) für Trauma-Erinnerung der Bindungsperson Trigger im Verhalten des Säuglings, Kindes, Jugendlichen Bindungswünsche, Nähe Weinen, Kummer, Schmerz, Bedürftigkeit Ablösung, Abgrenzung Trigger in der affektiven Erregung unbewusste Vorgänge!!! Copyright Copyright Karl HeinzKarl Brisch Heinz München Brisch2011. LMUAlle München Rechte 2009 vorbehalten

20 Re-Inszenierung des Traumas In der Interaktion mit dem Säugling Zurückweisung der Nähewünsche -Vermeidung Abrupte Handlungsabbrüche Gewalt Überstimulation (sexuell-sensorisch) In der affektiven Kommunikation Übertragung der Trauma-Affekte Panik, Wut, Scham, Erregung Copyright Copyright Karl HeinzKarl Brisch Heinz München Brisch2011. LMUAlle München Rechte 2009 vorbehalten

21 Bindungsstörungen ohne Bindung Promiskuität Übererregung Hemmung Aggression Unfall-Risiko Rollenwechsel Sucht Psychosomatik

22 SAFE SICHERE AUSBILDUNG FÜR ELTERN Ein Trainingsprogramm zur Förderung einer sicheren Bindung zwischen Eltern und Kind

23 Ziele der primären Prävention Förderung der psychischen Gesundheit von Eltern und Kindern Entwicklung von sicherem Bindungsverhalten Sensibilisierung der Eltern für die Signale und emotionalen Bedürfnisse ihrer Kinder Einübung von feinfühligem Interaktionsverhalten Verarbeitung von elterlichen Traumatisierungen Durchbrechung von Teufelskreisen

24 Zielgruppen Werdende Mütter und Väter vom 5. bis zum 7. Schwangerschaftsmonat Erst- und Mehrgebärende Motivation, sich auf die emotionale Entwicklung ihres Kindes einzulassen Eigeninitiative und/oder gezielte Zuweisung von Risikoschwangeren durch Hebammen, Jugendamt, Allgemeiner Sozialdienst, Gynäkologen, Kinderärzte u. a.

25 Struktur Geschlossene Gruppe bis zum Ende des 1. Lj. des Kindes Auf Wunsch oder bei besonderem Betreuungs-Bedarf bis zum 3.Lj. des Kindes 5-10 Elternpaare oder alleinerziehende Eltern

26 Inhalte von SAFE Kombination gruppentherapeutischer Effekte und individualtherapeutischer Möglichkeiten in vier Modulen Module Pränatale und postnatale Kurstage Feinfühligkeitstraining Hotline Traumatherapie

27 Modul Kurs - Pränatal 4 Sonntage während der Schwangerschaft, Einmal pro Monat (ab ca. 20. SSW) Inhalte (Video-gestütztes Lernen) Phantasien und Ängste der Eltern Pränatale Bindung Kompetenzen des Säuglings und der Eltern Rollenerwartung und Elternmodell Eltern-Säuglings-Interaktion mit Video-Training Stabilisierungs- und Entspannungsverfahren

28 Modul Kurs - Postnatal Elterngruppen an 6 Sonntagen nach der Geburt Ca. 1 Monat, 2 Monate, 3 Monate, 6 Monate, 9 Monate, 12 Monate

29 Modul Kurs - Postnatal Inhalte (Video-gestütztes Lernen) Geburtsverarbeitung und Postpartale Depression elterliche Kompetenzen Mutter-Vater-Kind Triangulierung Interaktionelle Schwierigkeiten (Füttern, Stillen, Schlafen, Wutanfälle) Entwicklung des Bindungs- und Explorationsverhaltens Entspannungstechniken, Impulskontrolle

30 Feinfühligkeit Pflegeperson mit der größten Feinfühligkeit in der Interaktion wird die Hauptbindungsperson für den Säugling Die Pflegeperson muss die Signale des Säuglings wahrnehmen richtig interpretieren angemessen reagieren prompt reagieren Große Feinfühligkeit fördert eine sichere Bindungsentwicklung

31 Modul - Feinfühligkeitstraining Individuelles Empathie- und Feinfühligkeitstraining mit den Eltern in Einzelterminen Mindestens je ein Termin für Interaktionsaufnahmen von Wickeln, Füttern und Spielen, Grenzsetzung Bei Bedarf mehr Termine Erkennen von Projektionen aus der eigenen Kindheitsgeschichte

32 Modul Hotline Individuelle Beratung der Eltern, wenn es brennt ( Schreianfall des Säuglings) Am Telefon Emotionale Sicherheit für Eltern Eltern kennen BeraterIn aus der Elterngruppe - Vertrauensverhältnis Stärkung der elterlichen Kompetenzen

33 Modul Traumatherapie Kinder triggern traumatische Erfahrungen der Eltern ( Geister im Kinderzimmer ) Individuelle Psychotherapie für Vater / Mutter Prävention einer Wiederholung des erlebten Traumas mit eigenen Kindern

34 Modul Traumatherapie Vermittlung in Therapie Begleitung bis zum Beginn der Therapie Therapie wird nicht von Mentoren selbst durchgeführt Stabilisierung während der Schwangerschaft Traumaverarbeitung nach der Geburt Netzwerke vor Beginn der SAFE -Gruppe aufbauen

35 Forschung Pilotstudie ( ) Prospektive randomisierte Längsschnittstudie (seit 2006) Randomisierung in SAFE und GUSTA-Gruppe Stichprobe: SAFE Mütter N gesamt=106 SAFE: N=63 Mütter GUSTA: N=43 Mütter Abschluss und Ergebnisse 2012

36 Evaluation Pränatal Fragebögen Bindungsinterviews Physiologische Messungen Postnatal Fragebögen Bindungsinterviews Videos von Mutter/Vater-Kind-Interaktion Bindungsqualität in Fremde Situation Physiologische Messungen

37 Mütterliche Depression 12 Mon. postpartal Keine Mittelgradig Klinisch SAFE GUSTA 82,8% Keine 17,2% Mittelgradig 0% Klinisch 60,5% 32,6% 7%

38 Vorläufige Ergebnisse (1) Fig.1: Infants attachment qualities in SAFE group & control group (in percentage) secure insecure-avoidant insecure-ambivalent disorganised SAFE group control group

39 Vorläufige Ergebnisse (2) Fig. 2: Mothers' unresolved vs. non-unresolved attachm ent representations pre and post intervention (in percentage) 80 AAP pre AAP post non- unresolved (SAFE) unresolved (SAFE) non- unresolved (control) unresolved (control)

40 Innovation Prospektive randomisierte Studie mit Erfassung der pränatalen väterlichen Bindung Nutzung des Gruppeneffektes und Kombination mit Einzelberatung Hotline bietet sichere Basis im Alltag Präventive individuelle Psychotherapie durchbricht Teufelskreis Keine Diskriminierung von High-Risk-Eltern Väter integriert

41 Finanzierung Jugendämter Landratsämter Kirchliche Träger Stiftungen Aktion Mensch Sponsoren Ziel: Kassenfinanzierung Gesundheitsprävention

42 SAFE-Spezialkurse Eltern mit Mehrfachbelastungen Psychisch kranke Eltern Pflege- /Adoptiveltern Eltern von frühgeborenen Kindern Mutter-Kind-Heim Krippe

43 SAFE - Mentor Multiplikatoren - Weiterbildung in SAFE für PsychologInnen Kinderärzte Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten Hebammen Schwangerschaftsberaterinnen Krankenschwestern Geburtshelfer ErzieherInnen

44 Dauer 4 Tage ca. 9 bis 17 Uhr Modul 1, 2, 3 Theorieblöcke und praktischen Übungen (z.b. Feinfühligkeitstraining) Vertiefungsseminare und Supervision