Zur Reform des chinesischen Markenrechts, in Kraft getreten am

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1 Zur Reform des chinesischen Markenrechts, in Kraft getreten am Die umfassende Novellierung des chinesischen Markengesetzes hat es für Marktteilnehmer einfacher gemacht, Markenschutz in China zu erlangen und zu verteidigen. Insbesondere wurden die sonst überwiegend langwierigen Eintragungs- und Widerspruchsverfahren gestrafft. Außerdem wurde das Vorgehen gegen bösgläubige Marken und Markenanmeldungen, sog. Piratenmarken, ermöglicht und vereinfacht sowie die Durchsetzung von Maßnahmen gegen die damit einhergehende Produktpiraterie gestärkt. Nachfolgend sollen die wichtigsten Punkte kurz dargestellt werden. 1. Eintragungsverfahren a) Multi-Class-System Bislang durfte eine Markenanmeldung in China jeweils nur eine Waren- oder Dienstleistungsklasse umfassen. In Deutschland hingegen kann unter einer Marke Schutz für alle möglichen Waren- und Dienstleistungsklassen beansprucht werden. Markenanmelder, die in China ein breites Spektrum von Waren und Dienstleistungen anmelden wollten, mussten daher für jede Waren- oder Dienstleistungsklasse eine Marke anmelden. Bei insgesamt 45 möglichen Waren- und Dienstleistungsklassen konnte dies schnell in Unübersichtlichkeit enden und in der Folge zu lückenhaftem Schutz in China führen. Mit der Novellierung wurde nun das ebenfalls in Deutschland geltende Multi-Class-System eingeführt, das nicht nur der Übersichtlichkeit des Markenschutzes dient, sondern auch den Aufwand und die Kosten für Markenanmeldungen beschränkt. b) Beschleunigung des Eintragungsverfahrens Die Neuregelung im chinesischen Markengesetz sieht vor, dass die Markenstelle die Prüfung einer Markenanmeldung in Bezug auf deren Eintragungsfähigkeit innerhalb von 9 Monaten abschließen muss. Kommt die Markenstelle zu einem po- / 2

2 - 2 - sitiven Ergebnis, ist die Markenanmeldung zu veröffentlichen und die Widerspruchsfrist beginnt zu laufen (hierzu siehe unter 2.a)). Über das Rechtsmittel gegen eine negative Entscheidung muss innerhalb von 9 Monaten entschieden werden, wobei diese Frist auf Antrag lediglich 3 Monate verlängert werden darf. Diese zeitliche Begrenzung der Prüfung bzw. Bearbeitungszeit ist, im Vergleich zu Deutschland, wo es diesbezüglich keine entsprechende gesetzliche Regelung gibt, als anmelderfreundlich zu begrüßen. In Deutschland kann lediglich durch eine Zahlung von EUR 200,00 eine beschleunigte Prüfung durch das Markenamt beantragt werden, wobei diese lediglich bewirkt, dass eine Prüfung innerhalb von 6 Monaten erfolgen soll. Gerade für Markenanmelder, die schnell oder zumindest in zuverlässig absehbarer Zeit Markenschutz benötigen, ermöglicht die Neuregelung in China Planungssicherheit. 2. Widerspruchsverfahren a) Beschleunigung des Widerspruchsverfahrens Die Widerspruchsabteilung des chinesischen Markenamtes soll laut der Neufassung des chinesischen Markengesetzes innerhalb von 12 Monaten über die eingegangenen Widersprüche gegen eine veröffentlichte Markenanmeldung entscheiden. Diese Frist kann auf Antrag um weitere 6 Monate verlängert werden. Zum Vergleich: Das Widerspruchsverfahren vor dem DPMA kann nahezu unbegrenzt hinausgezögert werden, was für die ersuchte Rechtssicherheit der Markenanmelder fatal ist. Auch für die Entscheidung über das Rechtsmittel des Widerspruchsgegners gegen die für ihn negative Entscheidung im Widerspruchsverfahren wird die Bearbeitungszeit auf 12 Monate begrenzt, wobei diese Frist nur um 6 Monate auf Antrag verlängert werden darf. Ergeht eine für den Widersprechenden negative Entscheidung, kann dieser nur noch mit der Erhebung einer Löschungsklage gegen die angegriffene Marke vorgehen. Mit der Begrenzung von Bearbeitungszeiten soll die Effektivität des chinesischen Markenamtes gesteigert und dem Markenanmelder ebenfalls Rechts- und Planungssicherheit in absehbarer Zeit verschafft werden. b) Widerspruchsberechtigte Vor der Novellierung des chinesischen Markengesetzes konnte jeder einen Widerspruch gegen eine Markenanmeldung, gestützt auf sämtliche Widerspruchsgründe, einlegen. Nun wurde diese Berechtigung dem europäischen Markenrecht / 3

3 - 3 - entsprechend angepasst, dergestalt, dass relative Eintragungshindernisse, wie Ähnlichkeit der Markenanmeldung mit einer prioritätsälteren Marke, nur noch von Rechtsinhabern und Interessierten geltend gemacht werden können. Unter den Begriff Interessierte sollen z.b. Lizenznehmer oder Inhaber von Urheber- und Persönlichkeitsrechten fallen. Die früher oft praktizierte bösgläubige Einleitung von Widerspruchsverfahren, trotz Fehlens einer eigenen schützenswerten Position, wurde damit erheblich erschwert. 3. Maßnahmen gegen Piratenmarken und Produktpiraterie Bislang war es in China aufgrund einer Gesetzeslücke möglich, ausländische Marken anderer zu registrieren, die in China aufgrund ihrer Benutzung schon eine gewisse Bekanntheit erreicht hatten. Einige Unternehmen mussten daher schmerzlich erfahren, dass ihnen die Nutzung und Anmeldung ihrer eigenen Marke in China unmöglich gemacht wurde. Das neue chinesische Markengesetz hat nun einige Regelungen aufgenommen, die eine derartige bösgläubige Ausbeutung von fremden Marken verhindert und ahndet: - Gegen die Eintragung einer Marke kann Widerspruch eingelegt werden, wenn der Anmelder der Marke eine Geschäfts- oder andere Beziehung zum Widersprechenden hat/hatte und deshalb die ältere, benutzte, aber noch nicht eingetragene Marke kennt. - Die Anmeldung und Nutzung einer Marke soll dem Grundsatz von Treu und Glauben folgen. Ein Verstoß hiergegen kann in einem Widerspruchsverfahren geltend gemacht werden. War es also das erkennbare Ziel des Markenanmelders den Dritten in unlauterer, wettbewerbswidriger Weise an der Nutzung seiner Marke in China zu behindern, so wird die Marke nicht zu seinen Gunsten eingetragen. - Der Widerspruch gegen eine Markenanmeldung soll eröffnet sein, wenn diese eine in China bekannte, jedoch noch nicht registrierte Marke, kopiert, imitiert, übersetzt oder leicht zu Verwechslungen führt. Außerdem wird die Benutzung einer derartigen Marke verboten. - Die Markenanmeldung darf bestehende, ältere Rechte anderer nicht schädigen oder behindern, auch in diesem Fall, soll der Widerspruch eröffnet sein. - Wurde eine Piratenmarke bereits eingetragen, d.h. der Angriff mit einem Widerspruch ist aufgrund des Ablaufs der dreimonatigen Widerspruchsfrist nicht mehr möglich, besteht nun auch die Möglichkeit, einen Löschungsantrag gegen diese Marke zu stellen. / 4

4 Die neuen Rechtsschutzmöglichkeiten wurden sogar auf Firmenregistrierungen ausgeweitet. So soll das Gesetz über den unlauteren Wettbewerb eingreifen, wenn bei einer Firmenregistrierung eine eingetragene oder nur bekannte Marke benutzt wird und dies beim Verkehr zu Verwechslungen führt. Diese Neuregelungen stärken den Rechtsschutz von ausländischen Unternehmen, die Wirtschaftsbeziehungen zu China unterhalten oder in Zukunft unterhalten wollen, immens, da endlich Schutzmaßnahmen bereits auf der frühest möglichen Stufe der Markenregistrierung geschaffen wurden. Trotz der neuen Möglichkeiten ist jedoch dringend zu empfehlen, in China eigene Marken so früh wie möglich zu registrieren und diese überwachen zu lassen, um überhaupt auf Kollisionen reagieren zu können. In China wurde durch die Novellierung außerdem die Durchsetzung des Markenschutzes im Wege einer zivilrechtlichen Klage vor dem zuständigen Volksgericht verbessert. So wurden die Regelungen zum Schadensersatz bei bereits erfolgter Markenrechtsverletzung überarbeitet. Es wurden drei mögliche Schadensberechnungen eingeführt, nach denen - die Höhe des Schadensersatzes dem erlittenen Schaden entsprechen soll, oder - wenn sich der Schaden nicht bestimmen lässt, der Gewinn des Verletzers zur Festlegung der Höhe des Schadensersatzes dienen soll, oder - wenn sich dieser nicht bestimmen lässt, die Höhe des Schadensersatzes aufgrund einer angemessenen Lizenzgebühr berechnet werden soll. Wird vom Volksgericht festgestellt, dass die Markenrechtsverletzung vorsätzlich begangen wurde, kann der Schadensersatzanspruch gar bis auf das dreifache der errechneten Summe erhöht werden. Außerdem soll der Schadensersatz die Aufwendungen des Rechteinhabers, also z.b. die Rechtsanwaltskosten, abdecken. Darüber hinaus kann der Schadensersatz auch ins richterliche Ermessen des angerufenen Volksgerichtes gestellt werden. Früher war dieser gedeckelt auf RMB ,00 (ca. EUR ,00), durch die Neuregelung wurde die Obergrenze auf RMB ,00 (ca. EUR ,00) erhöht, wobei dieser Betrag für jedes verletzte Schutzrecht gesondert gelten soll, also insgesamt durchaus ein über diesen Betrag hinausgehender Schadensersatz eingeklagt werden kann. / 5

5 - 5 - Mit diesen Möglichkeiten der Schadensersatzberechnung geht die Novellierung sogar über das vom TRIPS-Abkommen geforderte Maß hinaus. Das TRIPS- Abkommen (Agreement on Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights) ist ein im Rahmen der WTO (World Trade Organization) ausgearbeitetes, umfassendes Regelwerk über den internationalen Schutz von Immaterialgüterrechten, das für alle Mitglieder der WTO und damit auch China, verbindlich ist. Die Neuregelung des chinesischen Markengesetzes stellt jedenfalls klar, dass die Höhe des Schadensersatzes durchaus nicht dem nachweislich eingetretenen Schaden entsprechen muss. Damit ermöglicht das chinesische Markengesetz ein rigoroseres Vorgehen gegen Piratenmarken und der damit einhergehenden Produktpiraterie. Fazit: Durch diese Novellierung erreicht der Markenschutz in China ein Niveau, das sich mit großen Schritten europäischen Schutzstandards annähert. Dies stellt nicht nur für chinesische Marktteilnehmer eine positive Entwicklung dar, sondern auch für internationale Marktteilnehmer, die Beziehungen zu China unterhalten bzw. solche in Planung haben. Selbstverständlich bleibt abzuwarten, wie die neuen Regelungen in der Praxis umgesetzt werden, insbesondere, inwiefern die Novellierung des Markengesetzes das zivilgerichtliche Verfahren in Markenangelegenheiten vor den Volksgerichten beeinflussen wird. Ob die neu gefassten Normen tatsächlich auch effektiver gerichtlich durchgesetzt werden, kann wohl erst in einigen Jahren festgestellt werden. Hierzu besteht jedoch eine begründete Hoffnung, insbesondere im Zusammenspiel mit der erst im letzten Jahr durchgeführten Justizreform in China, die vor allem mehr Transparenz für die Öffentlichkeit schaffen soll und damit einen weiteren Schritt in Richtung Rechtsstaatlichkeit in China darstellt. Trotz aller Reformen bleiben leider die nicht zu verhindernden Probleme der Sprachbarriere und der Unwägbarkeiten eines autoritären, kommunistischen Regimes. Wir beraten Sie gerne, sollten Sie hierzu Fragen haben. Singen, den gez. Monika Espy Rechtsanwältin