Vorlesung: Grundfragen der Religionspädagogik Achtes Kapitel: Grundlegende Konzeptionen - wie kann man sich religionspädagogisch orientieren?
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- Karl Giese
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1 Achtes Kapitel: Grundlegende Konzeptionen - wie kann man sich religionspädagogisch orientieren?
2 8. Religionspädagogische Konzeptionen des 20. Jh 8.1. Liberale Religionsdidaktik 8.2. Evangelische Unterweisung 8.3. Hermeneutischer Religionsunterricht 8.4. Thematisch-problemorientierter Religionsunterricht 8.5. Therapeutischer Religionsunterricht 8.6. Elementare Bibeldidaktik 8.7. Symboldidaktik 8.8. Konstruktiv-ideologiekritische Religionsdidaktik 8.9. Performative Religionsdidaktik
3 8.1. Liberale Religionsdidaktik ca ca Abwendung von Katechetik Aufnahme zeitgenössischer Psychologie und Pädagogik nimmt die gegenwärtige Religiosität in den Blick Ziel: Bildung einer sittlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit auf der Grundlage des Christentums wichtige Namen: Richard Kabisch ( ): Konflikt zwischen Abhängigkeits- und Erhebungsgefühl Friedrich Niebergall ( ): Bildung auf dem Grundgedanken der Rechtfertigung aufbauend
4 8.1. Liberale Religionsdidaktik ca ca Abwendung von Katechetik Aufnahme zeitgenössischer Psychologie und Pädagogik bleibend wichtig: nimmt die gegenwärtige Religiosität in den Blick Interesse an den Subjekten des Ziel: Bildung einer sittlichen Lernens, und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit auf Pädagogik der Grundlage Psychologie, des Christentums wichtige Namen: Persönlichkeitslernen Richard Kabisch ( ): Konflikt zwischen Abhängigkeits- und Erhebungsgefühl Friedrich Niebergall ( ): Bildung auf dem Grundgedanken der Rechtfertigung aufbauend
5 8.2. Evangelische Unterweisung Erster Weltkrieg bis 1950er Jahre Kontext: Dialektische Theologie, Kriegserfahrung Ablehnung des Begriffs Religionsunterricht (Christentum ist nicht Religion) Unterweisung im Glauben aber: Glaube ist als Geschenk Gottes unverfügbar Religionsunterricht als Vorarbeit des Eigentlichen Bitte um den Heiligen Geist statt Didaktik religionspädagogisches Handeln wird zur Verkündigung des Wortes Gottes Kirche und Schule (Martin Rang) wichtige Namen: Gerhard Bohne, Oskar Hammelsbeck, Helmuth Kittel
6 8.2. Evangelische Unterweisung Erster Weltkrieg bis 1950er Jahre Kontext: Dialektische Theologie, Kriegserfahrung Ablehnung des Begriffs Religionsunterricht (Christentum ist nicht Religion) Unterweisung im Glauben bleibend wichtig: aber: Glaube ist als Geschenk Gottes unverfügbar Begegnung mit objektiver Religion Religionsunterricht als Vorarbeit des Eigentlichen Bitte um den Heiligen Geist statt Didaktik religionspädagogisches Handeln wird zur Verkündigung des Wortes Gottes Kirche und Schule (Martin Rang) wichtige Namen: Gerhard Bohne, Oskar Hammelsbeck, Helmuth Kittel
7 8.3. Hermeneutischer Religionsunterricht 1950er und 1960er Jahre antwortet auf Krise des RU, die durch historischhermeneutisches Denken gelöst werden sollte entwickelt von den Bultmann-Schülern Martin Stallmann, Hans Stock, Gert Otto und Klaus Wegenast Leitdisziplin: Exegese Gegenstand des RU: Verstehen des Glaubens Bibel im Mittelpunkt: Gegenstand der hermeneutischer Auslegung Entmythologisierung, um die Bibel heute zu verstehen existenziale Auslegung biblischer Texte
8 8.3. Hermeneutischer Religionsunterricht 1950er und 1960er Jahre antwortet auf Krise des RU, die durch historischhermeneutisches Denken gelöst werden sollte entwickelt von den Bultmann-Schülern Martin Stallmann, Hans Stock, Gert Otto und Klaus bleibend Wegenast wichtig: Bibel als historisches Dokument mit Leitdisziplin: Exegese existentieller Bedeutung für die Gegenstand des RU: Verstehen Gegenwart des Glaubens Bibel im Mittelpunkt: Gegenstand der hermeneutischer Auslegung Entmythologisierung, um die Bibel heute zu verstehen existenziale Auslegung biblischer Texte
9 8.4. Thematisch-problemorientierter RU ab Ende der 1960er Jahre bis 1990er gesellschaftlicher Hintergrund: 68er Bewegung Hintergrund: lerntheoretische Didaktik, Curriculumstheorie, Lernziele und Methoden Zukunftsorientierung Norm- und Wertfragen Orientierung an Sachthemen aus der gegenwärtigen Lebenswelt statt an der biblischen Tradition RU soll Lösungen für Probleme der SuS* bieten biblische Texte werden zur Unterstützung herangezogen und z.t. funktionalisiert emanzipatorische und gesellschaftskritische Impulse
10 8.4. Thematisch-problemorientierter RU ab Ende der 1960er Jahre bis 1990er gesellschaftlicher Hintergrund: 68er Bewegung Hintergrund: lerntheoretische Didaktik, Curriculumstheorie, Lernziele und Methoden bleibend wichtig: Zukunftsorientierung Lebensweltliche Relevanz des Norm- und Wertfragen Religionsunterrichts Orientierung an Sachthemen aus der gegenwärtigen Lebenswelt statt an der biblischen Tradition RU soll Lösungen für Probleme der SuS* bieten biblische Texte werden zur Unterstützung herangezogen und z.t. funktionalisiert emanzipatorische und gesellschaftskritische Impulse
11 8.5. Therapeutischer Religionsunterricht ab Ende der 1960er Jahre seelsorgliche Orientierung wesentlich entwickelt von Dieter Stoodt Ausgangspunkt: Annahme einer falschen und schädlichen religiösen Sozialisation Ziel des RU: Aufarbeitung der Sozialisation und Eröffnung neuer Einsichten Intention einer therapeutischen Wirkung bei den Schülerinnen und Schülern
12 8.5. Therapeutischer Religionsunterricht ab Ende der 1960er Jahre seelsorgliche Orientierung wesentlich entwickelt von Dieter Stoodt bleibend wichtig: Ausgangspunkt: Annahme einer falschen und schädlichen Aufmerksamkeit für die individuellen religiösen Sozialisation Religiositäten und Einstellungen der Ziel des RU: Aufarbeitung Kinder und der Jugendlichen, Sozialisation und Eröffnung neuer Einsichten seelsorgliche Haltung Intention einer therapeutischen Wirkung bei den Schülerinnen und Schülern
13 8.6. Elementare Bibeldidaktik 1980er und 1990er Jahre wesentlich entwickelt von Ingo Baldermann Bibel wird wieder in den Mittelpunkt gestellt, aber weder als Lehrgegenstand noch als Lösungspool folgt der impliziten Didaktik der Bibel selbst Bibel enthält elementare Grunderfahrungen des Lebens (z.b. Angst und Hoffnung), die mit der Bibel entdeckt und bearbeitet werden können biblische Sprache muss erlernt werden v.a. Arbeit mit Psalmen und Reich-Gottes-Gleichnissen
14 8.6. Elementare Bibeldidaktik 1980er und 1990er Jahre wesentlich entwickelt von Ingo Baldermann Bibel wird wieder in den Mittelpunkt gestellt, aber weder als Lehrgegenstand noch als Lösungspool bleibend wichtig: folgt der impliziten Zutrauen Didaktik in die der Begegnung Bibel selbst mit Bibel enthält elementare biblischen Grunderfahrungen Texten des Lebens (z.b. Angst und Hoffnung), die mit der Bibel entdeckt und bearbeitet werden können biblische Sprache muss erlernt werden v.a. Arbeit mit Psalmen und Reich-Gottes-Gleichnissen
15 8.7. Symboldidaktik 1980er und 1990er Jahre Symbole als didaktischer Zugang zur religiösen Dimension Symboldidaktik nach Hubertus Halbfas: Annahme einer universalen Religiosität des Menschen Symbolsinn soll eingeübt und vermittelt werden, keine rationale Erklärung RU als Schulung des Dritten Auges Symboldidaktik nach Peter Biehl: Symbole als kulturell bedingte und damit veränderbare menschliche Ausdrucksformen vorrangig christliche Symbole kritische Symbolkunde: Symbole sollen erkannt und beurteilt werden können, anschließend auch vermittelt
16 8.7. Symboldidaktik 1980er und 1990er Jahre Symbole als didaktischer Zugang zur religiösen Dimension Symboldidaktik nach Hubertus Halbfas: Annahme einer universalen bleibend Religiosität wichtig: des Menschen Symbolsinn soll eingeübt und vermittelt werden, keine rationale Religion wird im RU nicht nur reflektiert, Erklärung sondern Erfahrungen ermöglicht, RU als Schulung des Dritten Auges religiöse Kommunikation Symboldidaktik nach Peter Biehl: Symbole als kulturell bedingte und damit veränderbare menschliche Ausdrucksformen vorrangig christliche Symbole kritische Symbolkunde: Symbole sollen erkannt und beurteilt werden können, anschließend auch vermittelt
17 8.8. Konstruktiv-ideologiekritische Religionsdidaktik 1980er und 1990er Jahre entwickelt von Karl-Ernst Nipkow und Godwin Lämmermann Bildungs- und Subjektbegriff im Zentrum Aufgabe des RU: Schüler*innen befähigen, sich konstruktiv und kritisch mit Gesellschaft, Kirche und eigener Lebensgeschichte auseinanderzusetzen didaktisches Ziel: Entwicklung von Subjektivität der Schüler*innen als Fähigkeit zu einer eigenständigen Urteilsbildung und zu begründetem Handeln kritisch-reflexiver Umgang mit den Inhalten des Glaubens Konzentration auf Schlüsselprobleme
18 8.8. Konstruktiv-ideologiekritische Religionsdidaktik 1980er und 1990er Jahre entwickelt von Karl-Ernst Nipkow und Godwin Lämmermann Bildungs- und Subjektbegriff im Zentrum Aufgabe des RU: Schüler*innen bleibend wichtig: befähigen, sich konstruktiv und kritisch mit Gesellschaft, Förderung eigenständigen Kirche und eigener Denkens Lebensgeschichte auseinanderzusetzen und kritischer Urteilsfähigkeit als Aufgabe des RU didaktisches Ziel: Entwicklung von Subjektivität der Schüler*innen als Fähigkeit zu einer eigenständigen Urteilsbildung und zu begründetem Handeln kritisch-reflexiver Umgang mit den Inhalten des Glaubens Konzentration auf Schlüsselprobleme
19 8.9. Performative Religionsdidaktik ab Ende der 1990er Jahre, gegenwärtig viel diskutiert Ausgangspunkt: religionspädagogische Arbeit kann in der religiös pluralen Gesellschaft nicht mehr eine religiöse Sozialisation der Kinder und Jugendlichen voraussetzen SuS* müssen Religion erst einmal kennen lernen spezifischer Religionsbegriff: Religion ist vorrangig religiöse Praxis und wird über Handlungsformen gelernt Religion wird im religionspädagogischen Zusammenhang konkret inszeniert religiöser Lernprozess verläuft von außen nach innen Ermöglichung eines religiösen Probehandelns Kritik: Gefahr der Missionierung und der Profanisierung?
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