Zahnärzte verwechseln oftmals Rückfluß und Rendite. Die wohlhaben Senioren, auch Humanmediziner und Zahnärzte,
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- Damian Rudolf Kaufer
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1 8. August 2009 Zahnärzte verwechseln oftmals Rückfluß und Rendite Die wohlhaben Senioren, auch Humanmediziner und Zahnärzte, sind in den Augen vieler Banken ideale Kunden. Sie haben Geld, sie sind treu, und sie stellen wenig Fragen. Dadurch sind sie für hungrige Verkäufer leichte Beute. Würden nur einfachste Fragen nach den Gebühren, der Sicherheit und der Verfügbarkeit der Anlagen gestellt, kämen viele Geschäfte gar nicht zustande. Für solche Fragen fehlt aber oft der Mut. Daher sind Pannen und Pleiten an der Tagesordnung. Im folgenden Fall konnte das Unheil in letzter Sekunde verhindert werden. Ein vermögendes Ehepaar, beide Partner jeweils 80 Jahre alt, hat vor zwei Jahr drei Wohnungen verkauft und dafür ein Million Euro bekommen. Der Betreuer der Hausbank witterte damals das große Geschäft, doch darauf wurde nichts. Das Ehepaar entschied sich, weil es das Geld einfach und sicher anlegen wollte, für sechs langweilige Anlagen. Zuerst wurden Euro in Festgeld investiert, dann wurden vier Sparbriefe à Euro mit Laufzeiten von 12 bis 48 Monaten gekauft. Außerdem nahm sich das Ehepaar damals vor, bei Fälligkeit eines Sparbriefes immer wieder dieselbe Geldanlage zu kaufen. Jetzt ist der zweite Sparbrief zurück gezahlt worden, und die Verhältnisse haben sich geändert. Die Zinsen sind in den Keller gerutscht. Der alte Betreuer ist im Ruhestand. Auf seinem Stuhl sitzt ein Juniorberater. Außerdem ist der alte 1
2 Anlageplan abhanden gekommen. Das sind für den Verkäufer, der Karriere machen will, beste Voraussetzungen, um ertragreiche Finanzprodukte ins Spiel zu bringen. Mit dem Ausdruck des größten Bedauerns teilt er dem Ehepaar mit, daß die Zinsen für neue Sparbriefe mit einer Laufzeit von 24 Monaten dramatisch gefallen seien. Statt der alten 4 Prozent gebe es zur Zeit nur noch 1,5 bis 2 Prozent pro Jahr, und das sei doch etwas wenig. Die Senioren sind über den Rückgang der Zinsen in der Tat enttäuscht, doch statt sich über die Sicherheit der Geldanlage zu freuen und am dem alten Plan festzuhalten, haben sie nun für die alternativen Vorschläge des Beraters offene Ohren. Hinter den Alternativen verbergen sich aber, wie man vielleicht vermuten könnte, keine Solaranlage und kein Windkraftrad, sondern eine klassische Versicherung mit Sofortrente. Die Anleger sollen auf den Namen der Ehefrau einmalig Euro anlegen. Dafür erhalten sie, erklärt der Verkäufer, lebenslange Jahresrenten, die bei Euro beginnen und im Laufe der Zeit auf Euro steigen Tabelle 1. Das Interesse an dem Vertrag ist auf beiden Seiten groß, und wer die Gründe erfahren möchte, braucht nur einen Blick hinter die Kulissen zu werfen. Die Bank erhält für die Vermittlung der Rentenpolice eine Provision von Euro. Die Anleger leben in dem Glauben, daß die Euro einen Jahresertrag von 7 bis 8 Prozent abwerfen. Außerdem hat ihnen der Berater erklärt, daß die Rückflüsse nicht der Abgeltungsteuer unterliege, so daß die Senioren ganz im Glück sind. Statt dessen seien nur die Ertragsanteile der Renten der Einkommensteuer zu unterwerfen, doch das spiele keine Rolle. 2
3 Der Vorschlag ist für Beobachter mit wachem Verstand ein Alptraum. Das beginnt bei der Gier des Bankers nach der Provision und endet bei der Meinung der Anleger, daß der Vorschlag rentabel sei. Die Hintergründe der Aussage werden in der Tabelle deutlich. Hier wird in Zahlen dargestellt, wie sich die Police im Vergleich zu anderen Geldanlagen rechnet. Ausgangspunkt der Betrachtung ist die Tatsache, daß die Anlegerin heute 80 Jahre alt ist und niemand weiß, wie alt die Dame werden wird. Denkbar sind 90 Jahre; genauso sind aber auch 95 Jahre möglich. In der Tabelle 1 werden für drei Geldanlagen jeweils 10 Jahre abgebildet. Bei der Kapitalversicherung mit Sofortrente sind Euro anzulegen. Dafür fließen nach Angaben des Unternehmens pro Jahr zwischen und Euro zurück. Gleichzeitig sinkt aber das Kapital. Würde die Anlegerin zum Beispiel in acht Jahren sterben, werden die Hinterbliebenen noch Euro erben. Noch schlechter steht die Anlegerin, wenn der Vertrag aus welchen Gründen auch immer - in acht Jahren wieder aufgelöst werden soll. Dann muß die Versicherung zurückgekauft werden, und die Rückkaufswerte liegen unter den Todesfall- Werten. Damit wird deutlich, daß die jährliche Verzinsung nie und nimmer 7 bis 8 Prozent betragen kann. Durch das sinkende Guthaben kommen im Todesfall lediglich 1,75 Prozent pro Jahr heraus. Beim Rückkauf strebt die Verzinsung gegen 1 Prozent. Die Aussage des Beraters, daß die Erträge nicht der Abgeltungsteuer unterliegen, ist in der Tat richtig. Ganz steuerfrei bleiben die Rückflüsse freilich nicht. Die Ertragsanteile der Renten sind der persönlichen Besteuerung zu unterwerfen, und 3
4 bei einem Satz von 25 Prozent fallen 299 bis 321 Euro pro Jahr an, so daß die effektiven Rückflüsse sinken. Folglich geht die Rendite nach Steuern und im Todesfall auf 1,5 Prozent pro Jahr zurück. Viel wichtiger als die Abgaben ist aber die Frage, was mit den Rückflüssen geschieht. Braucht das Ehepaar die Ausschüttungen, weil die Rente knapp ist? Oder können die Ausschüttungen wieder angelegt werden, weil die Rückflüsse gar nicht benötigt werden? Diese Frage mag zwar für betuchte Senioren keine Bedeutung haben, doch für die Bewertung verschiedener Geldanlagen ist sie von größter Wichtigkeit. Daraus lassen sich die Kapitalstände der Zukunft berechnen, und der Vergleich mit anderen Investitionen weist den Weg in die richtige Richtung. Werden zum Beispiel jährlich Euro oder monatlich Euro für den Konsum benötigt, kann gar nicht viel Geld wieder angelegt werden. Daher beträgt das Kapital bei einem Wiederanlagezins von 1 Prozent in fünf und zehn Jahren nur noch und Euro. Können die Zuflüsse in voller Höhe zum selben Zinssatz wieder angelegt werden, werden in fünf und zehn Jahren aber und Euro herauskommen. In allen Fällen sind bei anderen Geldanlagen höhere Werte möglich Tabelle 1. Bei offenen Immobilienfonds zum Beispiel werden ebenfalls Euro investiert, doch dieser Betrag bleibt in der Regel erhalten. Dafür sind die Ausschüttungen niedriger. Bei guten Fonds winken 4,5 Prozent beziehungsweise Euro pro Jahr. Davon unterliegen etwa 70 Prozent der Abgeltungsteuer, so daß beim Anleger jedes Jahr noch Euro ankommen. 4
5 Nun steht wieder die Frage der Entnahme oder Wiederanlage im Raum. Im ersten Fall muß das Ehepaar sein Konto überziehen, weil die notwendigen Ausgaben höher als die Einnahmen sind, und im zweiten Fall kann der Geldsack weiter gefüllt werden. Werden die vier Fälle mit gespitztem Bleistift berechnet, enden die Kapitalkonten bei und Euro und bei und Euro. Das heißt im Klartext: Der Immobilienfonds schlägt trotz eines Ausgabeaufschlages von 5 Prozent Tabelle 1 die Rentenversicherung! Bei der Rechnung mit soliden Staatsanleihen kommen Ergebnisse heraus, die zwischen der Rentenversicherung und dem Immobilienfonds liegen. Die jährlichen Ausschüttungen betragen bei Laufzeiten von zehn Jahren etwa Euro. Davon bleiben nach Abzug der Abgeltungsteuer rund Euro übrig. Sie führen bei jährlichen Entnahmen von jeweils Euro in der Zukunft zu Endwerten von und Euro. Kann auf die Zuflüsse verzichtet werden, winken aber Guthaben von und Euro Tabelle 1. Der kühle Blick auf die Tabelle zeigt also in aller Deutlichkeit, daß die Police mit großer Vorsicht zu genießen ist. Das liegt nicht an der mangelhaften Qualität der Versicherung, sondern an dem Umstand, daß ein gutes Produkt wieder einmal an der falschen Stelle eingesetzt wird. Die beiden Anleger geben Euro aus der Hand. Dafür erhalten sie Rückflüsse, deren Höhe aber noch lange kein Maß für die Rendite der Verträge ist. Entscheidend ist der Kapitalrest bei gegebener Entnahme. Hier muß strikt zwischen Rückkauf und Tod getrennt werden. Außerdem ist die Frage zu klären, wie sicher die Rückflüsse sind. 5
6 Im vorliegenden Beispiel ist die Gefahr des Verlustes bei allen Vorschlägen gering, doch die hohen Rückflüsse der Rentenversicherung verstellen den Blick für deren Rendite. Sie liegen in allen Fällen unter dem jährlichen Rückfluß, so daß massive Zweifel angebracht sind, ob die Rentenversicherung der passende Vertrag ist. Günstiger ist die Investition in Immobilienfonds und Wertpapiere. Hier hat die Anlegerin zu allen Zeiten vollen Zugriff auf ihre Konten. Sie kann Geld entnehmen; genauso kann sie Kapital wieder anlegen. Unabhängig von der Frage, was mit den Ausschüttungen oder Erträgen passiert, sind die Guthaben der beiden Anlagen höher als die Rückkaufs- oder Todesfallwerte der Rentenversicherung. Die Police ist eine Einbahnstraße. Sie ist eine Anlage, bei der Geld aus der Hand gegeben wird und lebenslange Rückflüsse winken. Damit ist der Vertrag in erster Linie für Anleger geeignet, die aus Versorgungswerken keine Renten beziehen, für einen Teil ihres Vermögens aber rentenähnliche Bezüge wünschen. Für vermögende Anleger aber, die für ihr Kapital ordentliche Zinsen suchen, ist die Rentenversicherung nicht geeignet. Hier sind freie Anlagen günstiger. Das bringt dem Verkäufer, wenn beide Anlagen zu gleichen Teilen erworben werden, zwar nur noch Euro, doch das ist besser als gar nichts. Das Ehepaar könnte auch auf den Gedanken kommen, beide Geschäfte über das Internet abzuwickeln. Da lassen sich die Gebühren auf Euro drücken, und sollte das zur Regel werden, wird sich der Bankberater mit hoher Wahrscheinlichkeit nach einem anderen Arbeitsplatz umsehen müssen! 6
7 Volker Looman ist freiberuflicher Finanzanalytiker in Reutlingen und berät Freiberufler auf Honorarbasis in Vermögensfragen. Kontakt Herderstraße Reutlingen Telefon: / Fax: / volker@looman.de Internet: 7
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