5.3.3 Die Lorentz-Transformationen
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- Irma Ursler
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1 5.3. EINSTEINS SPEZIELLE RELATIVITÄTSTHEORIE 135 Wir kennen bereits die Transformationen zwischen Inertialsystemen der Potentiale der Elektrodynamik. So sind ϕ und A für eine gleichmäßig, geradlinig bewegte Ladung mit v 0 n. Hierbei ist ϕ(r,t) = q R t γ A(r,t) = q R t v 0 c γ 1 γ = 1 v2 0 c 2 Das Inertialsystem IS sei mit q mitbewegt. Also v 0 = u und q ruht. ϕ = q R t A = 0 Damit sind die Koordinatentransformationen von ϕ und A sowie von E und B bekannt. Diese Transformationen zwischen IS und IS ist die sogenannte Lorentz-Transformation. Wir untersuchen die Transformation und Invarianz der Maxwell-Gleichungen systematisch in Abschnitt V Die Lorentz-Transformationen Diese Transformationen wurden bereits 1877 von Voigt gefunden. H.A. Lorentz fand die formale Transformation (x,t) (x,t ) unter denen die Maxwell-Gleichungen invariant sind. Die physikalische Deutung mit den grundlegenden Eigenschaften von Raum und Zeit erfolgte erst durch Einstein. Die Ableitung dieser Transformationen erfolgt aus Einsteins Postulaten. Für eine elektromagnetische Kugelwelle in allen Systemen IS und IS (u) gilt c = c Abbildung 5.13: Kugelwellen in verschiedenen Inertialsytemen Also gilt für die Front der Welle: r = ct, IS, r = ct, IS, wobei r(0) = r (0) = 0 gelte. Hieraus folgt für die folgenden Größen s bzw. s : Wir suchen also eine Transformation Λ(u) mit s 2 = (ct) 2 r 2 = (ct ) 2 r 2 = s 2 (x,y,z,t) Λ (x,y,z,t ) mit s 2 = s 2. Wir benötigen also eine Transformation im Vierdimensionalen, welche den oben definierten Abstand, s 2, invariant lässt.
2 136 KAPITEL 5. SPEZIELLE RELATIVITÄTSTHEORIE Wir erinnern uns nun, welche Transformationen im R 2 den Abstand invariant lassen. Dies sind Spiegelungen und Rotationen. Eine Rotation ist: x = x cosϕ+y sinϕ, y = x sinϕ+y cosϕ, Diese lässt also den üblichen Abstand, s 2 2D = x2 +y 2 = x 2 +y 2 = s 2 2D, invariant bei (x,y) Rot (x,y ). DiesesErgebniskannmannundirektaufdenR 4 verallgemeinern.mannenntfolgendenvierdimensionalenraum den Minkowski-Raum: (ict,x,y,z). Die Norm dieses verallgemeinerten Orts-Zeit-Vektors ergibt genau s 2. Ein Vektor a in diesem Raum hat dann die Komponenten x 0 a = x 1 x 2, x 3 wobei (x 2 0 +x 2 1 +x 2 2 +x 2 3) = invariant gilt. Wir versuchen nun, die Rotation im Minkowski-Raum um einen Winkel ϕ(u) zu finden. Sei hierfür zunächst u = (u,0,0). Dann gilt y = y und z = z. Wir drehen also in der x ict-ebene: x = x cosϕ+ict sinϕ, (5.4) ict = x sinϕ+ict cosϕ. Betrachten wir den Fall x = 0, so gilt: Also folgt: Wir definieren nun folgende Abkürzungen: x ict = tanϕ(u) = 1 ic u. tan 2 ϕ = u2 c2. (5.5) Außerdem nutzen wir: β = u c γ = [1 β 2 ] 1 2 tanϕ sinϕ = 1+tan 2 ϕ 1 cosϕ = 1+tan 2 ϕ (5.6) (5.7) Beachte hierbei: 1 cos ϕ <. Einsetzen von (5.7) in (5.4) ergibt schon die gesuchten Transformationen. Die Lorentz-Transformationen zwischen zwei Systemen mit der Relativgeschwindigkeit u = uê x sind: x = (x +ut )γ (5.8) ( ) t = t + x u c 2 γ (5.9) y = y (5.10) z = z (5.11)
3 5.3. EINSTEINS SPEZIELLE RELATIVITÄTSTHEORIE 137 Wir untersuchen nun den nichtrelativistischen Grenzfall u c 0 Dann entstehen wieder die Galilei-Transformationen: x = x +ut +O t = t +O [ u c [ (u c ) 2 ] ], wobei wir auch relativistische Korrekturen finden können. Damit haben wir die Lorentz-Transformationen Λ(u) gefunden. Sie sind im Einklang mit dem universellen Relativitätsprinzip der Elektrodynamik, Mechanik und weiteren Gebieten. Es gibt keinen absoluten Raum und keine absolute Zeit. Raum und Zeit sind abhängig von der Bewegung (u) des Koordinatensystems. Es existiert nun eine einzige vierdimensionale Raum-Zeit. Weder Längen r noch Zeiten sind invariant. Nur ihre Kombination ist invariant für alle Inertialsysteme. s 2 = (ct) 2 r 2 Schauen wir uns die Größe s noch einmal genauer an. Man kann sie mit Hilfe des Minkowski-Kegels interpretieren. Abbildung 5.14: Minkowski-Kegel Der Minkowski (Licht)-Kegel ist eine vierdimensionale Oberfläche und beschreibt die Gesamtheit aller Raum- Zeitpunkte, die Licht (EMW im Vakuum) erreichen kann. Im Inneren dieses Kegels ist s 2 > 0 und man nennt solche Abstände zeitartig. Im Außemraum des Kegels gilt s 2 < 0 Diese Punkte nennt man raumartig verbunden. Vergleiche hierfür: s 2 = c 2 t 2 x 2 Physikalische Ereignisse für Körper mit endlicher Masse(v < c) liegen im kleineren Kegel. Physikalische Prozesse werden durch Linien im Minkowski-Raum beschrieben ( Weltlinien ).
4 138 KAPITEL 5. SPEZIELLE RELATIVITÄTSTHEORIE Zur Relativität der Gleichzeitigkeit Max Born hat ein einfaches Beispiel vorgestellt, das verdeutlicht, dass selbst unter Verwendung der Galilei- Transformation keine absolute Gleichzeitigkeit existiert. Das erläutern wir im Folgenden: Nehmen wir an, wir haben drei Schiffe, welche fest miteinander in gleichen Abständen verbunden sind. Also x AC = x BC Abbildung 5.15: drei äquidistante unbewegte Schiffe im System IS. Das Lichtsignal wird von C nach A und B geschickt und trifft dort gleichzeitig ein. Das Signal, welches bei C losgeschickt wird, wird in A und B gleichzeitig empfangen. Im ungestrichenen Koordinatensystem IS befinden sich die Schiffe in Ruhe. Nun betrachten wir drei identische Schiffe, die mit konstanter Geschwindigkeit u an den Punkten A, B und C (am System IS) vorbeifahren. Die Uhren sind auch in diesem bewegten System IS analog synchronisiert. Also kommt das Signal aus C gleichzeitig in A und B an. Abbildung 5.16: Die drei äquidistanten Schiffe im (relativ zu ihnen) bewegten System IS. Das Signal errecicht B später als A. Jetzt stellt sich die Frage, welches Messergebnis (Zeitpunkkt) für das Eintreffen des Signals in B bzw. in C der Betrachter im Ruhesystem IS registriert. Mit der Galilei-Transformation folgt offensichtlich: t BC = x BC v ph u, t AC = x AC v ph +u = x BC v ph +u, da die Strecken in beiden Systemen die gleichen sind. Dies sind die Zeiten, bei der der Betrachter in IS das Eintreffen des Signals in den Punkten B bzw. A im bewegten System registriert, s. auch Skizzen 5.17 and Die experimentelle Überprüfung würde so verlaufen, dass sich der bewegte und der unbewegte Beobachter treffen (Begegnung findet statt bei A = A und B = B ) und ihre Uhren vergleichen, die jeweils das selbe Ereignis Eintreffen des Signals aus C bzw. C registriert haben. Der Uhrenvergleich liefert dann unterschiedliche Resultate.Selbstwennt A = t A seinsollte,wäreimmert B t B,dasheißt,zweiEreignisse,dieinIS gleichzeitig sind, erscheinen in IS zu unterschiedlichen Zeitpunkten. Eine Uhren-Synchronisierung ist in jedem System möglich. Aus der Gleichberechtigung aller Inertialsysteme folgt die Nichtexistenz einer absoluten Gleichzeitigkeit. Die Kausalität ist jedoch absolut. Das heißt wenn in IS t A > t B gilt, so gilt für alle Inertialsysteme IS auch t A t B. Es existiert also keine Willkür in der Reihenfolge von Ereignissen. So wie für die Galilei-Transformation gilt das Fehlen einer absoluten Gleichzeitigkeit auch für die Lorentz- Transformation. In einem Diagramm kann man dies durch die Weltlinien der Punkte A, B, C parallel zu ct veranschaulichen.
5 5.4. RELATIVISTISCHE KINEMATIK 139 Abbildung 5.17: Weltlinien der Schiffe aus Abb in IS Abbildung 5.18: Weltlinien der Schiffe aus Abb in IS 5.4 Relativistische Kinematik In diesem Abschnitt wenden wir die Lorentz-Transformation (LT) auf die Größen der Mechanik an. 1. LT von Längen: Betrachten wir zwei Systeme IS und IS (u) und messen in ihnen die Länge l bzw. l. Abbildung 5.19: Längenmessung Im System IS, in welchem der Stab ruht rechnen wir einfach: l 0 := l = x 2 x 1 Dies bezeichnen wir als Eigenlänge. Diese Messung ist für alle Zeitpunkte möglich. Messen wir nun in IS : l = x 2 x 1 t = t 1 = t 2 Hier erfordert die Längenmessung eine Uhrensynchronisierung. Nun versuchen wir den Zusammenhang l l zu finden. l 0 = (x 2 +ut )γ (x 1 +ut )γ = γl Die relativistische Längenkontraktion ist gegeben durch: l (u) = l 0 1 u2 c 2 (5.12)
6 140 KAPITEL 5. SPEZIELLE RELATIVITÄTSTHEORIE Die Länge ist also eine Größe, welche abhängig vom Bezugssystem ist. Dies steht im Widerspruch zu Newton und Galilei, wo Abstände invariant in Inertialsystemen sind, vergleiche Abschnitt Die maximale Länge ist die Eigenlänge im Ruhesystem. Das heißt, in jedem bewegten (relativ zum Objekt) System verkürzen sich Strecken. Einen experimentellen Nachweis werden wir bei den π-mesonen besprechen. Die Verkürzung ist unabhängig von der Richtung von u. Es gibt also eine u u-symmetrie. Es gibt keine Symmetrie zwischen IS und IS. 2. LT von Flächen: Betrachten wir eine Fläche A in einem bewegten Bezugsystem. Alle Längen senkrecht zu u sind nach dem zuvor besprochenen Punkt invariant. Daher gilt: A (u) = A 0 1 u2 c 2 Hierbei bezeichnen wir A 0 als die Eigenfläche. Abbildung 5.20: LT von Flächen 3. LT von Volumina Analog zu den Flächen verläuft die LT von Volumina. V (u) = V 0 1 u2 c 2 Hierzu analog kann man eine Transformation der Dichte vornehmen. n = N V n (u) = n 0 γ 4. Zeitintervall (-Dauer) Betrachten wir nun das Inertialsystem IS, in welchem Uhren in Ruhe sind und messen ein Intervall am selben Ort x 1 = x 2 = x. Im Inertialsystem IS messen wir die Zeitdauer: t = t 2 t 1 ( = t 2 xu ) ( c 2 γ t 1 xu ) c 2 γ = t γ Bezeichnen wir nun die Zeitdauer im unbewegten System als Eigenzeit t 0. Die relativistische Zeitdilatation ist: t (u) = t 0 γ (5.13) Im bewegten System vergeht die Zeit schneller. Die Eigenzeit t 0 ist die Zeitdauer auf Uhren, die relativ zu einem Objekt in Ruhe sind. Es existiert für alle Körper ein besonderes Inertialsystem. In diesem sind nicht nur Uhren, sondern auch alle Naturprozesse langsamer!
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